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Unternehmensentwicklung: Die Zukunft beginnt heute
PERSPEKTIVEN. Entwicklungen vorhersehen, um Korrekturen zeitgerecht durchzuführen und Richtungen einzuschlagen, die erfolgversprechend sind. Speziell für kleine Betriebe scheint Zukunftsforschung weit weg von ihren täglichen Anforderungen. Doch sie lässt sich als handfeste Grundlage für die Unternehmensführung nutzen.
Wie Zukunftsforscher zu ihren Erkenntnissen kommen, ist für viele schon ein spanisches Dorf . Wenn aber schon Zukunftsforschung selbst ein geheimnisvolles Gewerbe darstellt, wie erst soll dann Unternehmensführung mittels Zukunftsforschung funktionieren? Schon Ersteres erscheint unendlich weit weg – aber auch noch die Führung darauf aufzubauen, kommt vielen Betrieben doch etwas gewagt vor . Ist das nicht nur etwas für die Stabsstellen großer Konzerne? Google, Amazon, Apple, mag sein – aber was kann das für einen mittelständischen Tiroler Betrieb bringen?
Mit der Geschwindigkeit des Wandels Schritt halten Auch wenn vieles davon ursprünglich für große Unternehmen entwickelt wurde – auch Kleine können sich von den Grundprinzipien eine Scheibe abschneiden . Der Vorteil liegt auf der Hand: Wer versucht, in die Zukunft zu denken, wer sich anstrengt, nur ein bisschen nach vorne zu blicken, der wird nicht so einfach von Entwicklungen überrascht oder gar überrollt . Er kann Korrekturen zeitgerecht durchführen und eine Richtung einschlagen, die erfolgversprechend ist . So weit, so gut . Eine weitere Frage drängt sich gleich zu Beginn auf: eine Zukunft gab es schließlich immer – warum macht es gerade heute Sinn, sich damit intensiv zu befassen? Die Antwort ist ebenso einfach wie einleuchtend: weil die Geschwindigkeit des Wandels noch nie so hoch war wie aktuell . Was heute noch als Geschäftsmodell prächtig funktioniert, kann morgen schon passé sein – außer, man beschäftigt sich rechtzeitig damit, es Schritt für Schritt weiterzuentwickeln . Der bekannte österreichische Wirtschaftswissenschaftler Fredmund Malik beschreibt in seinem Buch „Navigieren in Zeiten des Umbruchs“ die treibenden Kräfte des Wandels und gibt Führungskräften Instrumente in die Hand, um mit der daraus resultierenden Komplexität fertig zu werden . Dabei geht es um die Funktionstüchtigkeit einer Organisation, ebenso wie um Management für Personen . Und das beginnt „immer bei sich selbst“, wie Malik betont .
Denken und Handeln im Futur II Wie Führung mit Blick in die Zukunft in der Praxis funktionieren kann, findet sich auch in der März-Ausgabe 2018 des Magazins ManagerSeminare . Im Kern geht es darum, wie Menschen morgen ihr Heute sehen werden – und nicht bloß darum, wie wir heute unser Morgen sehen . Dieses Denken und Handeln im „Futur II“ setzt voraus, dass das Management auf drei Feldern neue Wege beschreitet:
1 . Vergessen Sie Ziele und Leitbilder, schon überhaupt solche, die in Zahlen gegossen sind – und ersetzen Sie diese durch umfassende Zweckbestimmungen als Orientierungspunkt . Google beispielsweise begnügt sich nicht damit, die beste Suchmaschine zu sein, sondern denkt weit, indem es seinen Unternehmenszweck so definiert: „Organize the world‘s information“ . Das hat auch in Jahren noch Gültigkeit und ist völlig unabhängig von verfügbaren Technologien .
2 . Vergessen Sie Weisungen und klassische Tools . Moderne Unternehmensführung ermöglicht, sie schafft organisatorische Voraussetzungen, damit Mitarbeiter zu Höchstleistungen auflaufen und ihre Stärken entfalten können.
3 . Vergessen Sie die Sicht auf Trends durch das enge Fernrohr herkömmlicher Prognosetechniken . Nur der weite Blick auch auf fremde Branchen und gesellschaftliche Entwicklungen lässt die Zielrichtung erkennen . Was im ersten Moment theoretisch klingt, erweist sich bei Beschäftigung damit als praktikabler Zugang auch für KMUs . Future Room – klare Handlungsanweisungen für die Gegenwart Auch Harry Gatterer, Zukunftsforscher mit Tiroler Wurzeln und einst Vorsitzender der Jungen Wirtschaft, schaut als Chef des renommierten Zukunftsinstituts ins Morgen – und leitet daraus klare Handlungsanweisungen für die Gegenwart ab . Er hat in seinem aktuellen Buch „Future Room“ eine Methode entwickelt, wie sich das bewerkstelligen lässt . Schon die Liste seiner Praxisbeispiele im Buch – eine Tankstellenkette, ein Immobilienbüro, ein Medizintechnik- und ein Telekom-Unternehmen – zeigt: hier geht es nicht um theoretische Modelle für Großkonzerne, sondern um den Mittelstand .
Im Future Room kann ein Unternehmen seine Zukunftspotenziale erkennen . Aus diesem Wissen kann es die richtigen nächsten Schritte ableiten . Schritt für Schritt wird ein „Big Picture“ erarbeitet, das die Zukunft des Unternehmens darstellt . Doch auch dieses Zukunftsbild bleibt nicht im freien Raum stehen: Gatterer weist den Lesern den Weg, daraus vier klar umrissene Konsequenzen abzuleiten . Damit wird der Future Room zum Führungsinstrument mit einem klaren Fahrplan und anschaulichen Anleitungen für die Umsetzung in die Praxis .
Mit diesen Methoden lässt sich zwar nicht auf Anhieb die Zukunft punktgenau voraussagen – aber es lenkt den Blick in die richtige Richtung und öffnet die Augen dafür, was auf einen Betrieb – egal welcher Branche – in den kommenden Jahren zukommt . Das ist schon eine ganze Menge und kann dazu beitragen, entscheidende Weichenstellungen rechtzeitig vorzunehmen .
„Wir brauchen in unserer schnelllebigen Zeit ein Umfeld, in dem wir uns im wahrsten Sinne des Wortes den Raum nehmen, um reflektiert nachzudenken. Der Future Room bietet eine methodisch gut geführte Möglichkeit, dies zu tun. Er ist Voraussetzung, um das zu verstehen, was rund um uns passiert und um Bilder über die Zukunft zu entwickeln - anstatt panisch auf Veränderungen zu reagieren.“
Harry Gatterer
FAKTEN
Harry Gatterer …leitet das renommierte Zukunftsinstitut mit Hauptsitz in Frankfurt . Gatterer wurde 1974 in Kufstein geboren und gründete sein erstes Unternehmen in Tirol, wohnambiente . Seit 2002 ist er als Trend- und Zukunftsforscher tätig . Seine Kernkompetenz liegt in der Verknüpfung von gesellschaftlichen Trends und unternehmerischen Entscheidungen .
Vier Voraussetzungen für die Beschäftigung mit der Zukunft 1. Gelassenheit Lassen Sie eine Frage einfach einmal auf sich wirken . Die Zukunft hat nichts mit Hektik und Geschwindigkeit zu tun, wie es uns im Moment eingeredet wird . Es muss nicht alles superschnell gehen, fancy, disruptiv und superdigital sein .
2. Systemisches Denken Sie müssen systemischer denken, als wir Menschen es im Alltag gewohnt sind . Banal gesagt: Sie müssen lernen, drei oder vielleicht vier Mal um die Ecke zu denken . Denn der geradlinige, vermeintlich richtige Weg, dieser erste Schluss, ist meist der falsche . 3. Wissen über die eigene Wirksamkeit Der exzessive Blick nach außen ist nicht der Zukunftsblick, der Blick in die Selbstwirksamkeit ist der Zukunftsblick . Sie müssen sich – als Unternehmer genauso wie als Mensch – in den Kontext ihrer Umwelt setzen, Ihre eigene Wirksamkeit kennen und wissen, was gerade in der Welt passiert .
4. Zukunftsoptimismus Sie brauchen einen grundsätzlichen Glauben an die Zukunft . Wenn Sie den nicht haben, warum sollten Sie sich dann mit der Zukunft beschäftigen? Wenn Sie glauben, dass alles den Bach runter geht, dann haben Sie sich für die Beschäftigung mit der Zukunft eigentlich schon disqualifiziert.