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Unternehmensführung: Wo ein Wille, da ein Ziel
ZIELBESTIMMUNG. Unternehmensziele festzulegen, ist in Zeiten des Wandels nicht einfach, aber für Betriebe jeder Größenordnung überlebensnotwendig. Wenn alle im Unternehmen wissen, wo es hingehen soll, kommt es nicht zu blindem Aktionismus. Für agile Zielbestimmungen gibt es mehrere Methoden. Wir stellen drei von ihnen vor.
Wer kennt das nicht? Kaum im Büro angekommen, klingelt das Telefon . Gleichzeitig langt eine Mail ein, die unbedingt beantwortet werden muss . Und ein Kunde kommt vorbei, der einen Auftrag erledigt haben will, am besten gestern . Dieses Szenario passiert nicht ausnahmsweise, sondern regelmäßig . Das setzt Unternehmensführung und Mitarbeiter unter Dauerstrom und führt leicht dazu, in Aktionismus zu verfallen . Oft wird nach dem Motto gehandelt: Wir wissen zwar nicht, wohin wir wollen, aber wir sind schneller dort . Abgearbeitet wird nicht, was die größte Priorität hätte, sondern das, was am dringendsten ansteht . Weil gar nicht klar ist, was am wichtigsten wäre – da schlicht und einfach die Zeit dafür fehlt, strategisch in die Zukunft zu blicken und Ziele festzulegen . Doch diese Zeit muss sein – denn die Zielbestimmung ist das A und O für jedes Unternehmen . Nur wer zielt, kann auch treffen . Und hat auch dann die Motivation durchzuhalten, wenn es einmal kritisch wird . Weil alle im Unternehmen wissen, wo es hingehen soll .
Nur wer zielt, kann auch treffen Ziele zu setzen war für Betriebe zu jeder Zeit wichtig . Nur haben sich die Anforderungen gewandelt . Und damit auch die Methoden, die vielfach noch zu einer Zeit entstanden sind, als Digitalisierung noch nicht einmal als Begriff vorhanden war . In Zeiten der Massenproduktion und der Fließbandarbeit – und damit immer gleicher Produkte – ging es vor allem darum, die einzelnen Arbeitsschritte möglichst exakt abzuarbeiten. Mitdenken war definitiv nicht gefragt . Diese Situation lässt sich mit einem ruhigen See vergleichen . Das Wetter ist schön, kein Lüftchen regt sich . Ideale Bedingungen für einen klassischen Ruder-Achter . Der Steuermann blickt in Richtung Ziel, die Mannschaft vertraut ihm und folgt seinen Anweisungen . Es geht nur darum, die Ruder am kräftigsten durchzuziehen – mit dem Rücken zur Fahrtrichtung . Die Ruderer brauchen nicht zu sehen, wo es hingeht, es reicht, wenn es der Steuermann weiß .
Das hat sich radikal geändert: Die Vernetzung bringt das Ende der Standardisierung . Plötzlich können Kunden Anbieter vergleichen . Werden Produkte auf einzelne Kundenwünsche hin gestaltet . Ist das einzig Beständige die laufende Veränderung . Rezepte, die gestern noch funktioniert haben, können heute bereits völlig versagen . Anders gesprochen: Waren die Anforderungen für Betriebe früher kompliziert, sind sie heute komplex geworden . Das ist eine völlig neue Dimension . Aus dem ruhigen See ist ein reißender Fluss geworden . Hier hat der Ruder-Achter keine Chance . Jetzt braucht es andere Antworten . Das ist das ideale Umfeld für Rafter . Das Boot ist stabiler, alle blicken in Fahrtrichtung und steuern gemeinsam . Doch wenn die Stromschnellen kommen, gelangt sogar das Rafting-Boot an seine Grenzen . Und die Stromschnellen sind längst da: OnlineKonkurrenz, wechselnde gesetzliche Vorschriften, aus dem Nichts auftauchende Mitbewerber, neue Trends und Kundenwünsche . In


Vom Ruder-Achter über das Raftingboot bis zum Kajak – genau so haben sich die Anforderungen für das Wirtschaften in stürmischen Zeiten verändert . Selbstbestimmtes, agiles Lenken ist gefragt . Das setzt voraus, dass alle das Ziel kennen .
derart bewegten Wassern ist der Kajak daheim . Schnell, wendig, effektiv, stabil . Und damit das perfekte Bild für das Verhältnis von Unternehmensführung und Mitarbeitern: Alle im Betrieb sind in der Lage, in schwierigen Lagen selbständig zu entscheiden, weil nicht nur der Boss, sondern auch die Mitarbeiter wissen, wohin die Unternehmens-Reise geht . So sehen die Extrem-Bedingungen aus, unter denen Wirtschaften im 21 . Jahrhundert stattfindet. Aber kann man unter derartigen Verhältnissen überhaupt Ziele festlegen? Ja, kann man . Wenn man die richtigen Werkzeuge benutzt . Das Navigieren in bewegten Gewässern setzt moderne Methoden voraus . Drei davon werden hier vorgestellt . Die gute Nachricht: Sie sind bestens auch für Klein- und Kleinstbetriebe anwendbar, denn Ziele sind keine Frage der Größe .
Objectives and Key Results – Jeder zielt mit Das Instrument „Objectives and Key Results“, kurz OKR, mag kompliziert klingen, ist es aber nicht . Es stellt die entscheidenden Fragen: Wo will ich hin? (Objectives/Ziele) und: Welche konkreten Schritte kann ich unternehmen, um dies zu erreichen? (Key Results/ Schlüsselergebnisse) . OKR ist ein agiles Ziel-Managementsystem und die Antwort darauf, dass ein starres Anvisieren von Zielen in Zeiten stetigen Wandels nicht mehr möglich ist . Die Grundidee besteht darin, die Zielbestimmung in verdauliche Häppchen zu unterteilen und die einzelnen Schritte nach einem fixen Terminplan abzuarbeiten . Das stellt sicher, dass das Unternehmen einerseits jederzeit auf geänderte Bedingungen reagieren kann und andererseits das Ziel ständig im Auge behält . Damit die Ziele und Schlüsselergebnisse nicht im luftleeren Raum herumirren, werden zuerst das Leitbild mit einer Perspektive zwischen drei und zehn Jahren und mittelfristige Ziele mit einer Perspektive von einem Jahr erarbeitet, so genannte Moals (Mid-term Goals) . Dabei steht folgende Frage im Mittelpunkt: Was sind die Meilensteine, die wir im nächsten Jahr erreichen wollen, damit wir unser Leitbild weiterverfolgen können? Um die Kräfte sinnvoll zu bündeln, konzentriert sich ein Unternehmen auf vier oder fünf Moals pro Jahr . Das zwingt darüber nachzudenken was wirklich wichtig ist .
Entscheidend ist, dass die Methode nicht von oben herab verordnet wird, sondern die einzelnen Teams und Abteilungen im Betrieb selbstbestimmt ihre Objectives and Key Results definieren und an diesen arbeiten . Um an das oben genannte Bild anzuschließen: Es wird nicht im Ruder-Achter gerudert, sondern jedes Team und letztlich jeder Mitarbeiter versucht so gut wie möglich in seinem Kajak in Richtung Unternehmensziel weiterzukommen . Damit die Umsetzung in der Praxis gelingt, kommt nun der Zeitplan ins Spiel, der so genannte OKR-Zyklus . Innerhalb von drei bis fünf Monaten findet eine Reihe von fix vorgegebenen Terminen statt, an denen ganz konkret die Ziele und Schlüsselergebnisse abgearbeitet werden . Mit den Ergebnissen wird überlegt, an welchen Stellschrauben gedreht werden muss, um das Unternehmen auf Kurs zu halten . Dann wird der Zyklus wiederholt . So können die kurzfristigen Ziele und deren Umsetzungsschritte immer wieder mit den Realitäten am Markt und im Unternehmen abgestimmt werden . OKR ist somit ein beweglicher Rahmen, der Freiraum für Selbstorganisation lässt .
Scrum – in Etappen-Sprints ans Ziel Scrum ist eine weitere Methode, um Ziele schrittweise und organisiert anzupeilen . Scrum heißt auf Deutsch so viel wie „Gedränge“ – benannt nach einem Spielzug im Rugby . Es ist ein Rahmenwerk für das Projektmanagement nach agilen Prinzipien und hat seinen Ursprung in der Softwareentwicklung . Inzwischen ist daraus längst eine allgemeine Projektmanagement-Methode geworden . Eine wichtige Grundlage ist – wie bei OKR – die Selbstorganisation der Teammitglieder . Einen Projektleiter im traditionellen Sinne gibt es nicht . Die konkrete Anwendung basiert auf Erfahrung und das Vorgehen findet schrittweise in sich wiederholenden Etappen statt, auch hier gibt es Parallelen zu OKR . Es gibt nur wenige Regeln – das Gerüst wäre sonst viel zu starr und die angestrebte Beweglichkeit behindert .
Scrum teilt die Projektlaufzeit in Etappen – sogenannte Sprints – ein . Ein Sprint dauert in etwa dreißig Tage . Während dieser Zeit wird einem Produkt eine neue Funktionalität hinzugefügt bzw . die vorhandene Funktionalität verbessert . Dieses Prinzip lässt sich auf jedes Produkt, auch Dienstleistungen, anwenden . Es ist eine wichtige Grundlage von Scrum, dass ein Sprint niemals ausgedehnt wird – schließlich soll genau das verhindert werden, was im Alltagsleben so oft passiert: dass die täglichen Erledigungen Vorrang erhalten und die strategische Weiterentwicklung auf die lange Bank geschoben wird . Sollten sich während eines Sprints die Anforderungen grundsätzlich ändern, kann er jedoch abgebrochen werden . Am Ende jedes Sprints sollte ein voll funktionsfähiges Zwischenprodukt stehen, das dem Auftraggeber zur Überprüfung vorgelegt wird . Auf der Basis seines Feedbacks wird dann weiter am Produkt gearbeitet . NEW EXCELLENCE – Transformation in die Zukunft Das vom WK-Bildungsconsulting entwickelte New Excellence ist ein praxisorientiertes Programm zur Entwicklung eines wirksamen Zielsystems, des Denkens und Handelns in Reifegraden, zur Förderung der Kompetenz im Team und bei Führungskräften sowie zur Erhöhung der Umsetzungsenergie . Es wurde von Experten auf Basis des Total-Quality-Ansatzes entwickelt und konzentriert sich in der Anwendung auf kleinere und mittlere Unternehmen und Organisationen . Lernende Systeme brauchen einerseits Herausforderungen, andererseits aber auch einen klaren Fokus, um die Entwicklung zielgerichtet voranzutreiben . Fehlt die Orientierung, fehlt auch die Motivation in der Zielfindung und schließlich bei der Umsetzung .
Daher ist die Zielbestimmung ein zentrales Element innerhalb von New Excellence . Der Entwicklungszyklus ist der wichtigste Prozess des New-Excellence-Ansatzes . Er gliedert sich in vier Phasen, die der Reihe nach und immer wieder durchlaufen werden . Ausgehend von der Formulierung des Zielzustandes und dem Erkennen der Herausforderungen werden Aktionen definiert, welche die Transformation von zielgerichteten Entwicklungen im gesamten System auslösen und steuern . Dabei ist entscheidend, wie die Reifegrade in den einzelnen Ebenen bestimmt werden und welche Kompetenzen notwendig sind, um diese zu verbessern . Passend dazu werden anschließend Instrumente zur Entwicklung benannt und vereinbart. Mit der Definition der Erwartungen und beabsichtigten Erkenntnisse wird der Prozess abgeschlossen, um erneut zyklisch in der Zieldefinition zu münden.
Für Unternehmen wird es immer wichtiger, Menschen für Ziele zu gewinnen und durch Innovationen die Zukunft des Unternehmens aktiv zu gestalten . Damit wird vor allem die Formulierung von begreifbaren Zielzuständen zur wesentlichen Aufgabe einer Führungskraft . New Excellence gibt mit einem Leitfaden eine Antwort darauf, wie diese Formulierungen beschaffen sein müssen (siehe Fact-Box) . Nur wenn der Zielzustand klar ist, kann er auch seine Kraft entwickeln . Diese reicht von höherer Motivation über die Fokussierung der Aufgaben bis hin zu gesteigerter Agilität und einer höheren Akzeptanz der Führung . FAKTEN
NEW EXCELLENCE: Zielzustände begreifbar formulieren Denken Sie an klare und einfache
Formulierungen . Denken Sie nicht an das Problem, sondern an den Zustand, der erreicht werden soll . Denken Sie nicht an eine Lösung, sondern lassen Sie sich alle Wege offen . Denken Sie in konkreten Beschreibungen, nicht in abstrakten Begriffen . Denken Sie an mögliche quantifizierte
Größen . Denken Sie an das Positive und vermeiden Sie negative Formulierungen .
Coaching für Führungskräfte: www .bildungsconsulting .at
Weiterbildung für Führungskräfte: www.tirol.wifi.at/excellence
FAZIT
Ziele zu definieren und schrittweise zu erreichen ist nicht schwieriger als früher, wenn man sich der richtigen Werkzeuge bedient . Ob OKR, Scrum oder New Excellence – wer seinen Betrieb auf Erfolgskurs bringen will, hat die perfekten Instrumente zur Hand . Wo ein Wille, da ein Ziel .