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Maßgeschneiderte Jobs

Je besser sich die Anforderungen eines Arbeitsplatzes mit den individuellen Fähigkeiten und Neigungen des jeweiligen Mitarbeiters decken, desto höher sind die Zufriedenheit und die Leistung. Kluge Betriebe nutzen die Kraft dieser Formel. Das Bildungsconsulting bietet die passenden Instrumente dafür.

Das Beratungsunternehmen EY hat in seiner Jobstudie 2019 unter anderem das Thema „Zufriedenheit“ unter die Lupe genommen – mit einigen für Tirol sehr interessanten Ergebnissen . Bei uns ist der Anteil derer, die mit der eigenen Arbeit uneingeschränkt zufrieden sind, am höchsten (54 Prozent) . Am wenigsten zufrieden mit ihrem derzeitigen Job sind Arbeitnehmer aus Salzburg und Vorarlberg (je 42 Prozent) . Darin mag ein Teil der Erklärung liegen, warum der Standort Tirol im österreichweiten Vergleich regelmäßig im Spitzenfeld liegt . Die zahlreichen Tiroler Klein- und Mittelunternehmen erreichen mit einem familiären Klima diese Übereinstimmung von Stelle und Person in vielen Fällen „aus dem Bauch heraus“ . Das bereits erlangte Niveau ist zum einen eine Bestätigung dafür, dass Tiroler Betriebe offenbar vieles intuitiv richtig machen – zum anderen ist es die ideale Ausgangslage, um mit gezielten Maßnahmen diesen Vorsprung gerade in Zeiten akuten Fachkräftemangels weiter auszubauen .

„Vereinfachend kann gesagt werden: Je besser die Passung, desto höher ist das Engagement, das eine Firma von ihren Mitarbeitern erwarten kann . Das Bildungsconsulting verfügt über die entsprechenden Instrumente, um Position und Person strukturiert und praxistauglich möglichst deckungsgleich zu gestalten“, erklärt der Leiter Bildungsconsultings der Tiroler Wirtschaftskammer, Wolfgang Sparer .

Phase 1: Potenzialanalyse Bei dieser Passung zwischen Arbeitsplatz und Person gibt es zwei große Phasen: Die Einstellungsphase und die laufende Entwicklung bei bestehenden Arbeitsplätzen . In der Einstellungsphase bietet das Bildungsconsulting den heimischen Unternehmen ein kostengünstiges und effektives Instrument an: die Potenzialanalyse . Diese Analyse lässt Interessen, Stärken und Begabungen erkennen und macht sie auch für zukünftige Arbeitgeber sichtbar und belegbar . Mit Hilfe der Ergebnisse lassen sich sowohl aus Sicht des Arbeitnehmers Möglichkeiten und Chancen bestmöglich entwickeln als auch aus Sicht des Arbeitgebers optimale Stellenbesetzungen erreichen . Die Prognosequalität der Potenzialanalyse wurde untersucht: Die Trefferquote liegt bei 90 Prozent . Die Testergebnisse bieten damit eine wichtige Grundlage für die berufliche Entscheidungsfindung. „Auf diesem professionellen Niveau führen Testverfahren zu handfesten Vorteilen: Es gelingt besser, Talente zu identifizieren und Berufsentscheidungen zu fällen, die dem eigenen Wesen entsprechen“, erläutert Andreas Zelger, Berufsund Personalpsychologe im Bildungsconsulting der WK Tirol . Das ist sowohl für den Einzelnen als auch volkswirtschaftlich ein Gewinn: Wenn der Beruf der Berufung entspricht, hat das automatisch ein höheres Qualifizierungsniveau zur Folge . Menschen, die ihre Potenziale optimal in ihren Beruf einbringen, sind mit diesem zufriedener und erhöhen somit auch die Wirtschaftlichkeit ihres Betriebes .

Phase 2: Modell FUTUR Das Stichwort in der zweiten Phase, der Personalentwicklung bei bestehenden Arbeitsplätzen, nennt sich Job Crafting . Dieser TrainingsAnsatz aus den USA geht davon aus, dass Mitarbeiter ihren Job nach ihren Bedürfnissen

selbst gestalten, um ihre Motivation aus eigenem Antrieb zu steigern . Dieses aktive Gestalten der eigenen Arbeit ist ein Weg, eine größere Passung zwischen dem Einzelnen, der Arbeit und der Organisation herzustellen . Ein positiver Nebeneffekt liegt darin, dass Unternehmen auf diesem Weg die Fluktuation, also das Ausscheiden von Mitarbeitern, auf ein gesundes Maß beschränken können . Denn zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass bei unbefriedigenden Arbeitsverhältnissen ausgerechnet die Besten die Firma verlassen . Job Crafting entwickelt sich zu einem Wirtschaftsfaktor, der hohe Recruitingkosten spart und Personalfluktuation reduziert. Die Arbeitnehmer der Zukunft suchen nicht nach einem perfekten Job – sie möchten ihn anhand ihrer persönlichen Stärken und Interessen mitgestalten . Dabei darf man sich Job Crafting nicht als revolutionäre Veränderung vorstellen, die zu Anarchie und Chaos führt . Beispiele für eine gelungene Umsetzung sind etwa: eine IT Mitarbeiterin erstellt aus eigenem Antrieb ein kleines Softwareprogramm, um sich die tägliche Arbeit zu erleichtern - was auch ihrer Abteilung Zeit einspart; ein Innendienstmitarbeiter bittet darum, öfter im Kundenkontakt treten zu können und einige Vertriebsseminare zu besuchen - was sich sowohl positiv auf die Mitarbeiterbindung als auch auf die Zufriedenheit der Kunden auswirkt; eine Marketingassistentin, die journalistische Talente hat, führt vertiefende Interviews mit Kunden und bringt so mehr Kundenorientierung in die Marketingkampagnen . Oft entstehen durch Job Crafting Ideen für innovative Projekte und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit, die auf das gesamte Unternehmen positiv ausstrahlen .

Drei Richtungen der Veränderung Der Veränderungsprozess durch Job Crafting kann in drei möglichen Richtungen verlaufen . Erstens: Grenzen verschieben . Jeder Arbeitsplatz ist durch Kompetenzen, Aufgaben und Verantwortung eingegrenzt . Häufen sich innerhalb der gesetzten Grenzen Aufgaben und Situationen, die Mitarbeiter massiv unter- oder überfordern, erfolgen als klassische Reaktion negativer Stress und Unzufriedenheit . Während manche Arbeitnehmer im passiven Zustand verharren, arbeiten andere mit Grenzverschiebungen, um ihre Balance wiederherzustellen . Zweitens: Soziale Beziehungen verändern . Dass gute Beziehungsmuster am Arbeitsplatz zu mehr Erfolg und Effektivität beitragen, erlebt jeder von uns tagtäglich . Job Crafter nutzen die aktive Veränderung sozialer Beziehungen, um einen höheren Grad an Arbeitszufriedenheit und Arbeitseffizienz zu erreichen, indem sie Allianzen eingehen, ihr Netzwerk ausbauen oder neugestalten . Die dritte Richtung, um mehr Zufriedenheit und Engagement im Arbeitsleben zu schaffen, besteht darin, dem Arbeitsalltag, dem Beruf oder einzelnen Aufgaben einen ganz besonderen Sinn zuzuschreiben . Dazu zählen der Erwerb neuen Wissens, das Bewusstsein, anderen durch die Tätigkeit oder das hergestellte Produkt zu helfen, oder die Entscheidung, dass eine ungeliebte Tätigkeit einen wichtigen Baustein für die eigene Karriere darstellt und zeitlich beschränkt in Kauf zu nehmen ist .

Kleine Schritte, große Sprünge Es sind meist kleine Veränderungen, welche die Ordnung im Unternehmen nicht gefährden, aber trotzdem die Arbeitsplatzzufriedenheit des einzelnen wesentlich steigern . Um mit den Worten von Neil Armstrong zu sprechen: Job Crafting ist ein kleiner Schritt für ein Unternehmen, aber ein riesiger Sprung für den einzelnen Mitarbeiter . Da diese Schritte von mehreren Mitarbeitern parallel gegangen werden, ergibt sich in Summe auch für das Unternehmen selbst eine spürbare positive Veränderung – sofern die wohl wichtigste Voraussetzung für diesen Prozess gegeben ist: Dass die Unternehmensführung darin grund-

sätzlich eine Chance und keine Gefahr erkennt und der Prozess gemeinsam mit dem jeweiligen Vorgesetzen erfolgt . Genau an dieser Stelle kommt das Modell FUTUR des Bildungsconsultings ins Spiel . Damit lässt sich der gegebene Verbesserungsbedarf strukturiert analysieren und in ganz konkrete Maßnahmen gießen . Der Veränderungswille seitens des Mitarbeiters wird in Bahnen gelenkt und zum Vorteil für beide Seiten genutzt . FUTUR lässt sich für Ein- Personen-Unternehmen oder Klein- und Mittelbetriebe genauso einsetzen wie für große Organisationen . Es ergänzt in optimaler Weise Ansätze aus dem Mitarbeitergespräch bzw . einer strategischen Personalplanung . Die Begleitung des Prozesses wird vom Team des Bildungsconsultings der Tiroler Wirtschaftskammer übernommen und erfolgt in Form von Beratungen, Coachings, Moderationen und Publikationen . Die große Stärke von FUTUR besteht darin, dass modernste Erkenntnisse in ein Modell eingeflossen sind, das ausschließlich auf die Praxisanwendung ausgerichtet ist. FUTUR ist ein effizientes Werkzeug, um die Kompetenzen von Führungskräften und Mitarbeitern Schritt für Schritt weiterzuentwickeln . Das führt genau zum Perspektiven 67 erwünschten Effekt: die Passung von Arbeitsplatz und Mitarbeiter wird verbessert – und damit steigen Motivation und Leistung .

Fazit: Fitness statt Wellness Somit lässt sich folgendes Fazit ziehen: Mithilfe der beiden Instrumente des Bildungsconsultings, der Potenzialanalyse und dem Modell FUTUR, lässt sich die positive Kraft von Veränderungswünschen gezielt nutzen – soweit das im Rahmen des Unternehmens möglich und sinnvoll ist . Diese Einschränkung ist wichtig, denn in vielen Betrieben besteht Skepsis gegenüber Initiativen von Mitarbeitern . Der Grund dafür liegt in folgendem Gedanken-

MASSESCHNEIDERTE ARBEITSPLÄTZE

Passung von Job und Person wird beachtet

Führung reagiert auf Wünsche der Mitarbeiter aktive Gestaltung der Arbeitsplatzpassung

„Unser Betrieb ist kein Wunschkonzert“ proaktive Planung von Job-Crafting- Maßnahmen

Die traditionelle Denkweise bei der Stellenbesetzung lautet: Die jeweilige Person hat sich einem vorgegebenen Profil anzupassen. Unternehmen, die auch im umgekehrten Sinn denken, schaffen eine viel genauere Passung zwischen den Anforderungen eines Arbeitsplatzes und den persönlichen Stärken der einzelnen Mitarbeiter . Das führt in Summe zu mehr Engagement und einem besseren Unternehmenserfolg .

gang: Arbeit ist schließlich kein Wunschkonzert . Doch es geht nicht um ein Wellnessprogramm für Mitarbeiter, sondern um ein Fitnessprogramm, das beiden Seiten gleichermaßen hilft . Manche Anliegen von Mitarbeitern werden nicht zu erfüllen sein – aber in vielen Fällen gibt es Spielräume, und schon das Drehen an kleinen Schräubchen verbessert die Situation deutlich . Wo diese Spielräume liegen, kann mit FUTUR strukturiert herausgefunden werden . Der Impuls kommt von den Mitarbeitern – aber die konkrete Umsetzung erfolgt nicht chaotisch und zufällig, sondern lässt sich mit diesem Instrument gezielt steuern .

Für die Personalauswahl und -entwicklung gilt der bekannte Grundsatz: Wenn‘s passt, dann passt‘s . Betriebe mit Weitblick entfesseln mit Job Crafting schlummernde Potenziale und können dafür folgende Ernte erwarten: mehr Arbeitszufriedenheit, stärkeres Engagement, besserer Leistung, intensivere Kundenorientierung und ein höherer Beitrag zum Gesamterfolg des Betriebs . Wer kann dazu schon Nein sagen?

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