
6 minute read
Agilität beginnt bei den Menschen
ORGANISATIONSENTWICKLUNG. Agilität ist nur mit agilen Mitarbeitern erreichbar und muss Schritt für Schritt verankert werden. Für die konkrete Umsetzung erweisen sich hybride Organisationsformen als praktikabel.
Viele Unternehmen und Organisationen stehen vor der Herausforderung, ihre Organisation neu zu denken . Dafür gibt es unterschiedliche Gründe und Auslöser .
1 . Der technologische Wandel durch die steigende Digitalisierung . 2 . Die steigende Dynamik und Komplexität aufgrund Informationsfülle und Unübersichtlichkeit . 3 . Die Veränderungen im Kundenverhalten durch steigende Erwartungen . 4 . Hohe Wettbewerbsintensität durch Disruption und Konkurrenzdruck . 5 . Abnehmende Produktivität durch überbordende Bürokratie . 6 . Der Fachkräftemangel und die demographische Entwicklung bedrohen Kompetenz und Performance . 7 . Der Wertewandel innerhalb der Generationen führt zu Verhaltensänderungen bei Mitarbeitern und Kunden . 8 . Der zunehmende Wunsch nach Individualisierung durch erhöhtes Selbstbewusstsein im Personal .
Diese Auslöser für den notwendigen Wandel innerhalb der Organisationen begegnen Unternehmen auf sehr unterschiedliche Art . Es können keine universell gültigen Lösungen angeboten worden, da die notwendige Agilität aus der Organisation heraus entstehen muss . Agilität ist in diesem Zusammenhang die Entwicklung des Unternehmens als Reaktion auf interne und externe Veränderungen mit dem Fokus auf Kundenorientierung . Anders gesprochen: Die Fähigkeit einer Organisation, flexibel, aktiv, anpassungsfähig und mit Initiative in Zeiten des Wandels und der Unsicherheit zu agieren . Dabei reicht es nicht, bloß flexibel zu sein – denn Flexibilität ist bloß die Reaktion auf Druck von außen, während Agilität aus eigenem Antrieb und im vorhinein, also pro-aktiv, geschieht .
Wichtige Grundprinzipien Um den Wandel erfolgreich zu begegnen ist es wichtig, sich an folgende Grundprinzipien zu halten:
1 . Die Strategie muss Wandel und konsequente Kundenorientierung beinhalten . 2 . Die Struktur muss ihre Trägheit überwinden und zu einer agilen Netzwerkorganisation werden . 3 . Führung darf nicht Hierarchie, sondern muss Dienst am Mitarbeiter bedeuten . 4 . Die gemeinsame Kultur muss durch Vertrauen und Prinzipien geprägt werden . 5 . Die Prozesse müssen auf den Kundennutzen ausgerichtet sein und iterativ erfolgen . 6 . Auch die Personalentwicklung muss agil werden .
Vom Silo zum Hybrid Der größte Stolperstein vieler Unternehmen besteht darin, dass diese noch in traditionellen, hierarchischen Strukturen organisiert sind und der rapide Übergang zu einer durchgängig agilen Organisation zu einer Überforderung führen würde . Das sogenannte „Silodenken“, also das unkoordinierte Arbeiten verschiedener Team-, Abteilungs-, Bereichs- oder Geschäftsleitungsebenen sorgt für geringe Effektivität und mangelnde Erfolgserlebnisse bei den Mitarbeitern – aber die komplette Durchbrechung dieser langjährigen Praktiken ist ein zu großer Schritt, um ihn auf einmal zu
gehen . Widerstände kommen auch daher, dass die einzelnen Bereiche durchaus schlagkräftig arbeiten können und daher die Notwendigkeit nicht erkannt wird. Häufig gibt es das Gefühl, dass Erfolge „trotz“ und nicht „wegen“ des Managements erzielt werden – doch das ist nicht der Sinn von Führung . Insgesamt kämpfen traditionell organisierte Unternehmen mit hohen Reibungsverlusten, die dadurch entstehen, dass die gemeinsame Ausrichtung auf die jeweiligen Ziele fehlt .
Mithilfe unterschiedlicher Methoden kann zwar kurzfristig ein besseres Systemverständnis erzeugt und die Zusammenarbeit verbessert werden . Doch solche Systeme sind nicht dauerhaft effizient. Es kommt immer wieder zu Störungen und/oder durch Interventionen von oben zu Neuausrichtungen, die aber strategisch nicht zu Ende gedacht sind . Deshalb ist es sinnvoll, zu einer Hybridlösung zu greifen, die sowohl die Vorteile der großen Organisation als auch die Spezifikation von kleinen agilen Teams berücksichtigt . Einerseits können relativ hierarchische Strukturen in starren Märkten mit wenig Veränderungstendenz durchaus funktionieren – welche Struktur für einen bestimmten Betrieb die richtige ist, lässt sich nicht über einen Kamm scheren . Andererseits kann nicht erwartet werden, dass große Unternehmen sich in allen Bereichen einheitlich und gleichzeitig neu reorganisieren . Es ist genau zu überlegen, welche Bereiche eben dieses neue Verständnis brauchen, und welche Anbindung diese gleichzeitig an das große Ganze benötigen . In diesen neuen Bereichen können dann moderne Arbeitstechniken, ein neues Verständnis und vor allem eine höhere Selbstverantwortung direkt in den einzelnen Teams gelebt werden . Wichtig ist auch, diese Teams crossfunktional einzusetzen, was dabei hilft, Silos mehr und mehr aufzubrechen . Mithilfe einer geteilten Führung werden sowohl die Anforderungen des großen Systems als auch die Notwendigkeiten der agilen Teams gut berücksichtigt – und vor allem kommt dadurch ein laufender Veränderungsprozess in Gang, den das Gesamtunternehmen „verdauen“ kann . In Tirol haben die Unternehmensberater Eder & Partner konkrete Erfahrungen in der Begleitung von Unternehmen zu hybriden Organisationen . „Wir sind mehr denn je der Meinung, dass hybride Organisationsformen die passende Antwort auf die aktuellen Herausforderungen sind . Wichtig ist es, in kleinen überschaubaren Experimenten den Change zu organisieren und die Mitarbeiter aktiv mitzunehmen . Jedes Unternehmen muss auf dem Weg zur hybriden Organisation seinen eigenen Weg zu finden. Copy and paste funktioniert sicher nicht!“ betont Albert Eder .
Um die Veränderung in der Organisation erfolgreich zu gestalten und die Verbindung zwischen den klassischen Strukturen und den agilen Teams zu implementieren, braucht es eine neue Unternehmenskultur, in der vor allem Führungskräfte ihre Komfortzone überwinden und die persönlichen Interessen zugunsten der Gesamtorganisation aufgeben . Die Erfahrung zeigt, dass gerade hier die größten Widerstände zu erwarten sind, wenn es darum geht, eine zukunftsorientierte Struktur einzuführen . Das liegt daran, dass nach dem traditionellen Verständnis Hierarchie und Status eng miteinander verknüpft sind . Deshalb ist es verständlich, dass Veränderungen Verlustängste auslösen und sich Neuerungen nur langsam durchsetzen lassen . Idealerweise werden Organisationen nicht in einem Zug verändert, sondern zuerst in Teams unterschiedliche Prototypen für die Neuorganisation entwickelt, geprüft und erprobt .
Nicht ohne meine Mitarbeiter Für die Umsetzung braucht es konsequente Kundenorientierung, ehrliche Zusammenarbeit und Mut zur Neugestaltung als wichtigsten Erfolgsfaktor . Die wesentlichen Engpässe liegen allerdings nicht in der Organisation und im Prozessmanagement, sondern vor allem in der Persönlichkeit der Mitarbeiter, besonders der Führungskräfte . Sie bestimmen mit ihren Werten, Haltungen und Kompetenzen, ob die Entwicklung zu einer zukunftsorientierten Organisation gelingt oder bereits nach kurzer Zeit im Keim erstickt wird . Im Gegensatz zu früheren Change-Projekten, die von externen Beratungseinrichtungen entwickelt und implementiert wurden, muss die Entwicklung zu einer agilen Organisation von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getragen werden . Fehlt dieser innere Antrieb, bleiben alle Bemühungen in der Hälfte stecken und droht bei jeder Schwierigkeit der Rückfall in alte, bewährte Muster – die jedoch nicht mehr zu den aktuellen Anforderungen passen .
Deshalb kommt in diesem Zusammenhang der Personalentwicklung und der Persönlichkeitsentwicklung größte Bedeutung zu . Die nachhaltige Ausrichtung des gesamten Unternehmens auf den Kunden gelingt nur durch den Fokus auf die internen Ressourcen und Veränderungspotenziale . Die neue agile Organisation ist somit ein Ergebnis eines gemeinsamen Prozesses .
Der Faktor Mensch als entscheidende Variable Das Bildungsconsulting der Wirtschaftskammer Tirol unterstützt Unternehmen dabei, jene Mitarbeiter zu identifizierten, die den Wandel aufgrund ihrer Persönlichkeit optimal auslösen und gestalten können . Der Faktor Mensch ist die entscheidende Variable für den Verwandlungsprozess in ein agiles Unternehmen, auch
DIE SCHRITTE AM WEG ZUR AGILITÄT
Änderungsbedarf für die Organisation wird anerkannt Kundenorientierung wird zum Organisations- prinzip Agilität entsteht in wesentlichen Bereichen
Die Organisation ist von Hierarche geprägt In allen Bereichen werden algile Prinzipien lebendig
Agilität ist alles andere als Schwarz-Weiß-Denken. Agilität ist alles andere als Schwarz-Weiß-Denken . Auch der Weg zur Agilität selbst lässt Graustufen und Übergänge zu . Hybride Organisationsformen – in denen sowohl traditionelle Strukturen als auch einzelne agile Teams existieren – ist ein praxistauglicher Weg, notwendige Veränderungsprozesse umzusetzen und Schritt für Schritt Widerstände zu überwinden . Agilität will gelernt sein und muss erst langsam in die Unternehmenskultur Eingang finden. Erst wenn Agilität dort verankert ist, ist sie wirklich angekommen .
wenn dieser Weg schrittweise über hybride Strukturen führt . Deswegen ist es entscheidend, dass geeignete Mitarbeiter als Katalysator fungieren und den Prozess in Schwung halten – und zwar auf allen Ebenen des Betriebs . Agilität lässt sich nicht von oben herab „verordnen“, sondern muss in Zusammenarbeit mit den passenden Mitarbeitern vorwärts getrieben werden . Dabei ist eine klassische Ausgangssituation, dass drastische Veränderungen auf unterschiedliche Typen in der Belegschaft stoßen: ein Drittel Macher, ein Drittel Mitmacher, ein Drittel Miesmacher . Es gilt, mit der Auswahl des richtigen Teams für den Change Prozess die Kraft der Macher zu nutzen, die Mitmacher zu animieren und die Miesmacher vom neuen Weg zu überzeugen . „Wer glaubt, den Weg zu einem agilen Unternehmen im Alleingang durchziehen zu können, hat zum einen das Prinzip nicht verstanden und wird zum anderen ziemlich einsam am Ziel ankommen“, erklärt der Leiter des Bildungsconsultings, Wolfgang Sparer .