
8 minute read
Generationenmanagement
Wer Mitarbeiter nach unterschiedlichen Altersgruppen differenziert, erhöht die Treffergenauigkeit vor allem im Recruiting und in der Personalentwicklung. Das ersetzt aber nicht die individuelle Betrachtung.
Arbeitnehmer nach Geburtsjahrgängen einzuteilen geht unter anderem zurück auf eine Studie mit dem Titel „Generations at work“ aus dem Jahr 2000 . Ein Blick auf diese Generationenmodelle ist für Führungskräfte und Personalverantwortliche deswegen lohnenswert, da auf dem Arbeitsmarkt Mitarbeiter zwischen 16 und 67 Jahren anzutreffen sind . Dazwischen liegen fünf Jahrzehnte mit einem laufenden Wertewandel, der mit unterschiedlichen Vorstellungen von Beruf und Arbeitsleben verbunden ist .
„Firmen, die zwischen unterschiedlichen Altersgruppen differenzieren, erreichen mit ihren Maßnahmen eine höhere Zielgenauigkeit als Betriebe, die alle Arbeitnehmer über einen Kamm scheren,“ erklärt dazu Markus Abart vom Bildungsconsulting der WK Tirol . Wer mit (zukünftigen) Mitarbeitern kommunizieren, sie begeistern und mit ihnen arbeiten will, der muss wissen, wie sie „ticken“ . Das ist besonders bei jüngeren Mitarbeitern notwendig, da sie im Wesentlichen jene Gruppe bilden, die neu in einen Betrieb eintritt, und normalerweise aus einer anderen Generation als die Führungsebene stammt . Die Vorgesetzten können hier also nicht von sich auf „die Neuen“ schließen . Natürlich handeln nicht alle Mitglieder einer Generation nach denselben Werten – aber es gibt altersspezifische Gemeinsamkeiten, die Auswirkungen darauf haben, welche Erwartungen Arbeitnehmer an ihren Berufsalltag haben . Die Generationenmodelle Als Generation ist eine Gruppe von Menschen definiert, die als Altersgruppe in ihrer Gesellschaft oder aufgrund gemeinsamer Prägung durch eine spezifische historische und kulturelle Konstellation eine zeitbezogene Ähnlichkeit aufweist . Derzeit erfolgt die Differenzierung in vier Generationen: Die Babyboomer, die Generationen X, Y und Z . Die fünfte Generation, die in den kommenden Jahrzehnten auf den Arbeitsmarkt kommen wird, hat bereits das Kürzel Alpha erhalten . Die Gruppen zeichnen sich im Allgemeinen durch folgende Merkmale aus:
Babyboomer (ab 1950) Sie haben als prägende Einflüsse das Wirtschaftswunder, Woodstock und die Mondlandung erlebt . Die Babyboomer, kurz auch Boomer genannt, bringen als typische Eigenschaften Pflichtbewusstsein und Optimismus mit . Ordnung und Loyalität zählen zu ihren zentralen Werten . Sie zeichnen sich durch hohe Arbeitsmoral und Karrieredenken aus . Die Boomer sind mit einem traditionellen Rollenverständnis aufgewachsen und denken auch geschäftlich in Hierarchien und ordnen sich entsprechend ein . In ihrem Arbeitsumfeld gab es im Laufe der Jahre starke Veränderungen – von einem sehr patriarchischen Führungsstil zu mehr Diversität – und mehr Konkurrenz: Frauen, Gastarbeiter, besser Qualifizierte. Daher lernte die Generation der Babyboomer früh hart zu arbeiten, sich anzustrengen um sich so im Arbeitsleben zu behaupten .
Generation X (ab 1965) Zu den prägenden Einflüssen dieser Generation gehören der Mauerfall, Tschernobyl und die RAF . Die Eltern gingen vielfach arbeiten – was sie zu „Schlüsselkindern“ machte . Ende der 1980er Jahre schlitterte die Weltwirtschaft in eine Krise und sorgte für Orientierungslosigkeit und Resignation bei der Generation X . Das führte dazu, dass der Konformismus der Babyboomer abgelehnt und Autoritäten häufig in Frage gestellt wurden . Mit dem Einzug von Computern und neuen Technologien in die Arbeitswelt – aber auch im Privatleben – kam es zu einer gesteigerten Effizienz, schnelleren Abläufen und neuen Möglichkeiten . Karriere hat für die Generation X einen hohen Stellenwert – und diese war nur mit viel Zeit, viel Arbeit und langen Arbeitstagen zu erreichen . Im Gegenzug erwartet sich diese Generation wirtschaftlichen Wohlstand und Statussymbole .
Generation Y (ab 1980) Prägenden Einflüsse für die Generation Y oder Why sind die Globalisierung, der Klimawandel, weltweiter Terror – alles erstmals durch das Internet und aufkommende Plattformen wie MySpace oder Facebook auf multimedialen Kanälen rund um die Uhr und frei Haus geliefert . Die auch als Millenials bekannte Generation hat die rasanten technologischen und gesellschaftlichen Umbrüche weniger in Frust, Aggression und Resignation umgewandelt wie ihre Vorgängergeneration – sondern in einer anderen Mentalität ausgelebt . YOLO – You only live once, Just do it – das sind die Schlachtrufe dieser vermeintlichen Spaßgeneration . Verwöhnt und behütet von ihren Eltern erwartet die Generation Y auch ein kollegiales Arbeitsumfeld mit flachen Hierarchien. Im Gegensatz zur Generation X lebt die Generation Y nicht um zu arbeiten – sondern arbeitet um zu leben, sich selbst zu verwirklichen, persönliche Ziele zu erreichen und Spaß zu haben .
Generation Z (ab 1996) Wer die Generation Z verstehen will, muss sich ebenfalls das Umfeld ansehen, in dem diese aufgewachsen ist . Durch neue Technologien und immer vielfältigere und globale Informationskanäle kann diese Generation realistisch abschätzen, wie es wirklich um unsere Welt steht . Sie kennen die Hintergründe der Klimakrise, die Abgründe der Politik, die Beweggründe internationaler Konzerne . Sie sind es gewohnt, dass alles on-demand passiert bzw . auch konsumierbar ist . Die Vertreter der Generation Z sehen aber auch die negativen Risiken und Folgen der ständigen digitalen Erreichbarkeit und beginnen, über freiwillige Aus-Zeiten nachzudenken . Das führt zu einer klaren Trennung von Arbeit und Privatleben . Work-Life-Balance war einmal – für die Generation Z zählt Work-Life-Separation .
Generation Alpha (ab 2010) Noch spielt diese Generation höchstens in der Ausbildung eine Rolle – doch in nicht allzu ferner Zukunft werden die ersten Lehrlinge und Praktikanten in die Unternehmen kommen . Dann ist es ganz gut zu wissen, wie man sie erreichen kann . Die Bezeichnung Alpha soll ausdrücken, dass es sich um jene Generation handelt, die mit einem nochmals beschleunigten Wandel zu Recht kommen muss . Der ebenso verwendete Ausdruck „Screenager“ sagt alles: Sie sind seit Kindesbeinen an digitale Geräte aller Art gewöhnt, was auch auf ihr Weltbild ausstrahlt . Wie sich diese Verwurzelung im digitalen Raum allerdings auswirkt, ist noch nicht absehbar . Entweder werden die Alphas zu einer Generation Z 2 .0 – oder die digitale Reizüberflutung führt zu Gegenbewegungen und einer Rückbesinnung auf analoge Tugenden . So oder so – die Digitalisierung spielt auf jeden Fall eine treibende Rolle .
Generationenmodelle im Praxiseinsatz Was lässt sich in der Praxis mit den Modellen anfangen? Sie haben vor allem in zwei Bereichen ihre Berechtigung und führen zu ganz konkreten Handlungsanleitungen .
1. Generationenmanagement im Recruiting Bei der Suche nach neuen Mitarbeitern bleibt gar nichts anderes übrig, als einen generellen Maßstab anzulegen – denn die potenziellen Arbeitnehmer müssen ja erst einmal gefunden werden . Wer sein Stellenangebot undifferenziert kommuniziert und ein 0815-Inserat in einer Tageszeitung schaltet, braucht sich über Streuungsverlust nicht zu wundern . Jüngere Generationen wollen über digitale Kanäle und
Unternehmen mit dem geringsten Reifegrad differenzieren in Personalfragen weder über Generationen, noch über Milieus, noch individuell . Zwei-Stern-Betriebe nutzen bereits Generationenmodelle im Recruiting . Die nächste Entwicklungsstufe setzt die Berücksichtigung derartiger Modelle auch in der Personalentwicklung voraus . Betriebe auf Stufe 4 differenzieren nach Altersmilieus sowie persönlichen Stärken und Schwächen . Der höchste Reifegrad ist erreicht, wenn Unternehmen über ein auf die Organisation zugeschnittenes, eigenes Differenzierungsmodell für Mitarbeitergruppen verfügen und in Kombination mit einer individuellen Betrachtungsweise einsetzen .
vorzugsweise mit bewegten Bildern angesprochen werden – aber bitte kurz und bündig . Facebook ist für die jüngsten Generationen bereits out, Instagram oder Pinterest sind angesagt . „Wer das weiß und jüngere Kandidaten erreichen will, stimmt seine Kommunikation auf diesen Zweck ab“, so Abart . Das bedeutet konkret etwa für potenzielle neue Mitarbeiter der Generation Z: Die Stelle wird über die Firmen-Website und über Socia-Media-Kanäle ausgeschrieben, möglichst auch noch mit einem Video, das die kurze Aufmerksamkeits-Bereitschaft dieser Altersgruppen berücksichtigt . Garantie für einen Treffer ist das keine – aber die Firma erhöht mit dieser
Vorgangsweise die Chancen drastisch . So gibt es seitens einiger Tiroler Unternehmen bereits die Möglichkeit, sich beispielsweise per WhatsApp zu bewerben . Die Generation Z konsumiert zwar global, agiert bei den Anwendungen und Plattformen, die sie aktiv selbst nutzen, aber sehr lokal . Dabei sind das Erscheinungsbild und der Wiedererkennungswert des Unternehmens zentral – denn die jungen Generationen sind sehr markenbewusst .
Offline sind die Jugendlichen am besten über Schulen, Lehr- und Ausbildungsinstitutionen erreichbar . Moderne Unternehmen nutzen Workshops und elektronische Plattformen wie berufsreise .at für die Präsentation . Dabei ist es immer wichtig, authentisch zu bleiben, denn: Erfahrungen (positiv und negativ) werden in sozialen Netzwerken und in den Peer Groups schonungslos geteilt . Es lohnt sich auch, Bewerbungsabsagen nicht als lästige Pflicht, sondern als Chance zu sehen, das Image des Unternehmens zu fördern . „Wer statt Stillschweigen oder einem Brief voller Floskeln eine persönliche Absage formuliert, kann auf Mundpropaganda zählen und erreicht so möglicherweise auf Umwegen genau die Nachwuchsfachkraft, die er gesucht hat“, rät Abart . 2. Generationenmanagement in der Personalentwicklung Der zweite Einsatzbereich für Generationenmodelle liegt im Zuschneiden der Personalentwicklung auf unterschiedliche Altersmilieus . Da unterschiedliche Altersgruppen unterschiedliche Werte haben, braucht es auch unterschiedliche Maßnahmen, um etwa die Motivation zu steigern oder Anreize für die Weiterentwicklung zu setzen . Wer den ausgeprägten Wunsch der jüngsten Generationen zur Trennung von Arbeits- und Privatleben kennt, muss sich ganz genau überlegen, inwieweit Home Office oder ein flexibler Arbeitsplatz Sinn machen . Für Vertreter der Generation Z kann es attraktiver sein, sich für einen Arbeitsplatz mit auf vier Tagen komprimierter Arbeitszeit zu bewerben .
Individuelle Betrachtung und Beratung Die meisten Beiträge über Generationenmodelle hören an dieser Stelle auf . Denn hier sind die Möglichkeiten dieses Konzeptes ausgeschöpft . Was danach kommt, richtet sich ganz am einzelnen Mitarbeiter aus . „Generationenmodelle können einen ersten Anhalt geben, aber letztendlich zählt das einzelne Individuum . Das Bildungsconsulting bietet eine ganze Reihe an Instrumenten, um die Passung von Person und Position zu optimieren“, erklärt der Leiter des Bildungsconsultings, Wolfgang Sparer .

Dazu gehören beispielsweise die Talent-Card in der Berufsorientierung . Die Talent-Card ist ein unabhängiges Beratungsangebot, das die Stärken von jungen Menschen ermittelt . Aufgrund der bei der Testung erzielten Ergebnisse werden in der Beratung konkrete Ausbildungen und Berufe vorgeschlagen . Oder die Potenzialanalyse, die das geeignete Instrument ist, um Lehrlinge und Fachkräfte zu identifizieren . Zukünftige Mitarbeiter können angesprochen und ihre Fähigkeiten ermittelt werden . Oder das Modell FUTUR zur Entwicklung von Kompetenzen, mit dem sich die Effektivität der Personalentwicklung steigern lässt . Gemeinsam mit diesen und weiteren Instrumenten bietet das Bildungsconsulting immer individuelle Beratung durch ihre Experten an . „Nur so lassen sich die Möglichkeiten der einzelnen Tools ausschöpfen und eine seriöse Anwendung garantieren“, erklärt Wolfgang Sparer .
Diese Kombination aus Generationenmodellen und vertiefender individueller Analyse unterstützt heimische Betriebe jeder Größenordnung bei der Stellenbesetzung genau den passenden Mann bzw . die passende Frau zu finden.