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Der Virus-Effekt
VIER ZUKUNFTSSZENARIEN für Wirtschaft, Gesellschaft und Bildung. Die Corona-Krise birgt viele Risiken. Aber sie birgt auch Chancen für positive Veränderungen - auch und gerade im Bereich Bildung.
Die drastischen Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus halten das Land in Atem . Tirol ist einer der Hotspots, wo noch schärfere Bestimmungen als im Rest Österreichs gelten . Die aktuelle Lage schafft Verunsicherung und wirft viele Fragen auf . Was werden die nächsten Schritte sein? Wie lange kann die Wirtschaft diesen Einschnitt verkraften? Wie können wir positiv mit dieser Situation umgehen?
Das Zukunftsinstitut beschäftigt sich seit seiner Gründung durch Matthias Horx im Jahr 1998 mit Trend- und Zukunftsforschung und hat sich genau diese Frage gestellt: Wie leben und wirtschaften wir nach der Pandemie? Das renommierte Forschungs- und Beratungsinstitut beschreibt in seiner brandneuen Publikation vier mögliche Szenarien, wie die CoronaKrise die Welt verändern kann . So ungewiss der konkrete Verlauf der Krise aktuell erscheint: Mit den Methoden und Werkzeugen der Trend- und Zukunftsforschung lassen sich die möglichen Folgen der Pandemie einschätzen . Das ist keine unnötige Spielerei, sondern hat handfeste Auswirkungen: Es lässt sich besser steuern, wenn man weiß, wo man hinwill und vor allem auch weiß, wo es nicht hingehen soll . Die aktuelle Lage ist eine enorme Herausforderung für unser gesamtes Wirtschafts-, Finanz- und Bildungssystem, aber sie kann auch eine Chance sein, wenn die richtigen Lehren daraus gezogen werden . Bei dieser Betrachtung gibt es einen doppelten Tirol-Bezug: Zum einen ist der Geschäftsführer des Zukunftsinstituts Harry Gatterer . Er ist ein weit über die Grenzen anerkannter Zukunftsforscher mit Tiroler Wurzeln, der einst Vorsitzender der Jungen Wirtschaft war und daher unseren Standort genau kennt . Zum anderen ergänzt das Bildungsconsulting der Tiroler WK diese vier Szenarien aus Sicht der Bildung – unter spezieller Betrachtung von Bildungsberatung und Berufsorientierung . Da das vierte Szenario jenes ist, auf das wir zusteuern sollten, wird diesem auch der meiste Platz eingeräumt . „Viren sind für den menschlichen Körper nicht nur eine Belastung, sondern sie erfüllen auch eine lebensnotwendige Funktion als eine Art Trainingslager für das Immunsystem . Genau auf diesen Effekt konzentrieren wir uns in Szenario 4, das auch für den Bereich Bildung völlig neue Perspektiven bringt“, erklärt der Leiter des Bildungsconsultings, Wolfgang Sparer .
Szenario 1: Die totale Isolation Das Zukunftsinstitut beschreibt diese Variante so: „Am Anfang war der Shutdown – und der Shutdown ist zur Normalität geworden . Es ist normal, beim Betreten der Metro den Chip im Handgelenk zu scannen oder sich vor dem ersten Date gegenseitig die Gesundheitsdaten zu schicken . Bei der Ausreise brauchen wir eine Genehmigung . Für Länder außerhalb der EU muss sogar ein langwieriges Visumverfahren durchlaufen werden . Handelsabkommen einzelner Staaten untereinander gewährleisten die Grundversorgung, aber auch nicht mehr . Wir leben gerne in der totalen Isolation .“
Dieses Szenario hat auch auf den Bereich Bildung drastische Auswirkungen: Die Isolierung von Lernen . Isolation durch digitale Bildung: Jeder schaut auf Sicherheit und Abstand und lebt seinen persönlichen Egoismus aus . Bildungsprogramme zielen nur mehr auf den Vorteil einzelner und das Überleben eng definierter Zielgruppen ab. Das Kollektive hat keine Bedeutung mehr oder wird bewusst in den Hintergrund gedrängt . Events und Open Space Veranstaltungen werden nicht mehr angeboten, da kein Bedürfnis nach vielen Kontaktmöglichkeiten an einem Ort besteht und ein Großteil der Interaktion sich in den digitalen Raum verabschiedet hat . Emotionen werden hinter Masken versteckt, die körperliche Distanz ist auch Ausdruck für den sozialen Abstand . Berufe, bei denen soziale Interaktion und körperliche Nähe notwendig ist, verlieren aus Angst vor dem Wiederaufkommen einer Pandemie an Attraktivität . In der Bildungsberatung stehen vor allem Fragen nach individuellen Vorteilen und möglichst wenig Verantwortung für andere im Vordergrund .
Szenario 2: System-Crash Das Zukunftsinstitut findet auch hier deutliche Bilder: „Das Virus hat die Welt ins Taumeln gebracht, und sie kommt nicht mehr heraus . Die Fokussierung auf nationale Interessen hat das Vertrauen in die globale Zusammenarbeit massiv erschüttert . Jede Nation ist sich selbst die Nächste . Die Sorge vor einer erneuten Pandemie macht jede noch so kleine lokale Verbreitung eines Virus zum Auslöser drastischer Maßnahmen, von Grenzschließungen bis zum Kampf um Klopapier und medizinische Geräte . An die internationale Zusammenarbeit glaubt kaum noch jemand . So wankt die Welt nervös in die Zukunft .“ Diese Nervosität greift auch auf den Bildungsbereich über und bedeutet: Die permanente Bildungskrise . Durch den wirtschaftlichen Zusammenbruch und die existenziellen Probleme bestimmter Branchen haben sich viele Zukunftsperspektiven als unrealistisch herausgestellt . Bei jungen Menschen entsteht Ratlosigkeit bezüglich des Sinns von Bildung und der eigenen Berufsentscheidung . Durch den zurückgehenden Optimismus kommt es zusätzlich zu Isolation und psychischen Problemen . Zur angeblichen Steigerung der Sicherheit werden immer mehr Daten über Personen und Zielgruppen gesammelt . Diese sind Grundlage für die sogenannte künstliche Intelligenz, welche die Bedeutung von internationalen Lernportalen steigert . Eine große Zahl von Daten und Informationen vermittelt Verlässlichkeit - auf die Expertise einzelner Lehrer und Trainer wird hingegen immer weniger vertraut . In der Bildungsberatung werden vor allem Fragen nach krisensicheren Arbeitsplätzen und digitalen Bildungsthemen gestellt .
Szenario 3: Neo-Tribes Diese Entwicklungsvariante wird seitens des Zu- Perspektiven 31 kunftsinstituts so dargestellt: „Nach der Corona- Krise hat sich die globalisierte Gesellschaft wieder stärker zurück zu lokalen Strukturen entwickelt . Es wird mehr Wert denn je auf regionale Erzeugnisse gelegt . Die Kartoffel vom Bauern nebenan ist die neue Avocado, an Poke Bowls im Szene-Lokal denkt niemand mehr . Die Rückbesinnung auf Familie und Haus und Hof hat Einzug gehalten . Kleine Gemeinschaften entstehen neu und verfestigen sich – immer in vorsichtiger Abgrenzung zu „den Anderen“ . Nachhaltigkeit und Wir-Kultur sind wichtige Werte, die jedoch nur lokal gedacht werden, nicht global .“
Dieser Rückzug auf regionales Denken bewirkt auch am Bildungssektor ein neues Biedermeier, das den Blickwinkel einschränkt . Seitens des WKBildungsconsultings wird dieses Szenario so beschrieben:
Neue Lernwelten im vertrauten Raum . Es entstehen neue Lernwelten, die vor allem auf den Kontakt zu vertrauten Personen aufbauen . Das findet seinen Niederschlag sowohl hinsichtlich der Vernetzung in virtuellen Lerngruppen als auch in der Angst vor innovativen und damit unsicheren Lösungen . Die virtuelle Realität wird zum Ersatz für das Lernen in der Bildungseinrichtung . Durch das Lernen im digitalen Raum kommt es nicht mehr auf die Anwesenheit als Person, sondern vor allem auf die Steigerung des Lernertrags an . Deshalb gewinnen auch überprüfbare und kognitive Themen an Bedeutung, währenddessen soziale und emphatische Kompetenzen nur mehr im eigenen engen privaten Umfeld gezeigt und entwickelt werden . Der persönliche Kontakt zueinander wird vorwiegend durch digitale Medien vertieft und über längere Zeiträume aufrechterhalten . Vernetzung hat somit eine inhaltliche, aber auch eine emotionale Dimension . Es entsteht weniger Innovation, da es zu weniger Austausch von unterschiedlichen Ansätzen kommt und mit Zielgruppen nur mehr auf Distanz kommuniziert wird . In der Bildungsberatung stehen vor allem Fragen zur Bedeutung von formalen Abschlüssen und den digitalen Kompetenzen im Vordergrund .
Szenario 4: Adaption Wenn wir es schaffen, nicht in die Szenarien 1, 2 oder 3 abzubiegen, entfesselt die CoronaKrise völlig neue Perspektiven . Das Zukunftsinstitut umreißt diese positive Entwicklung so:
VERÄNDERUNGSBEWUSSTSEIN - REIFEGRADE
Verlagern
Verleugnen Verarbeiten
Verdrängen Verbessern
Die Corona-Krise bringt massive Veränderungen. Es kommt darauf an, wie wir damit umgehen – mit anderen Worten: Der Schlüssel liegt im Veränderungsbewusstsein . Am niedrigsten Reifegrad dominiert die Verdrängung: Wir wollen nicht wahrhaben, dass es Veränderungsbedarf gibt . Reifegrad zwei besteht aus Verleugnung: Wir leugnen, dass es uns betrifft . Auf der mittleren Entwicklungsstufe kommt es zur Verlagerung: Wir geben anderen die Schuld und fordern von ihnen Veränderung . Auf Reifegrad vier wird daraus Verarbeitung: Wir erkennen die Notwendigkeit von Anpassung . Die höchste Entwicklungsstufe macht aus der Not eine Tugend: Wir verbessern unser Denken und Verhalten .
„Die Welt lernt und geht gestärkt aus der Krise hervor . Wir passen uns besser den Gegebenheiten an und sind flexibler im Umgang mit Veränderung . Die Weltwirtschaft wächst zwar weiter, aber deutlich langsamer, mancherorts zeigt sich bereits Stagnation . Unternehmen in solchen Umfeldern brauchen neue Geschäftsmodelle und müssen unabhängiger vom Wachstum werden . Damit stellt sich automatisch die Sinnfrage nach dem Zweck des Wirtschaftens: Immer mehr Profit? Oder vielleicht doch bessere, sozial und ökologisch vorteilhaftere Problemlösungen für Kunden und andere Stakeholder? Eines ist klar: Das gemeinsame Überstehen der Krise verhilft zu einem neuen, achtsamen Umgang miteinander .“
BildungsConsulting
BILDE DIE ZUKUNFT
Berufsberatung Potenzialanalyse Personalberatung Berufsorientierung Berufs-Safari Berufsreise
bildungsconsulting.at
Und im Bereich Bildung? Das Bildungsconsulting sieht in diesem Szenario große Chancen für den Stellenwert von Aus- und Weiterbildung, ebenso für eine Neuausrichtung der Berufsorientierung und Bildungsberatung:
Die New Excellence Bildungsidee. Bildung hat durch das Vorbild des gemeinsamen Kampfes und Erfolges gegenüber einem feindlichen Virus an Qualität und Bedeutung gewonnen . Bei vielen Themen (Gesundheit, Umgang mit Medien, Führung und Krisenbewältigung) kann auf diese positive Erfahrung aufgebaut werden . Das Lernen von Fehlern und Vorbildern und führt zu einer neuen Qualität effektiver Lernprozesse . Diese fußen auf einem höheren Verantwortungsbewusstsein für sich selbst und andere . Daraus ergibt sich ein wachsender Optimismus für die Bewältigung von Zukunftsthemen . Anstelle von egoistischen und teilweise ängstlichen Hedonisten werden soziale Intellektuelle zu Vorbildern . Diese stellen sich als Begleiter von individuellen und kollektiven Lernprozessen zur Verfügung und genießen besonders bei der Jugend eine hohe Akzeptanz . Gemeinsam wird an vorausschauenden Lösungen für unterschiedliche Szenarien zur Bewältigung von Zukunftsaufgaben gearbeitet . Dadurch steigen die Innovationskraft und das kollektive Lernen in Organisationen und Unternehmen . Anpassungsfähigkeit hat zu einer steigenden Resilienz geführt und sich im kollektiven Lernbewusstsein verankert . Die mentale Überwindung einer großen globalen Krise stabilisiert die Psyche vieler, die sich in Veränderung befinden . Damit konnte ein gemeinsames positives Narrativ geschaffen werden, das die Lernprozesse der Zukunft prägt . Die Bildungsberatung orientiert sich im diesem Szenario an den Talenten des Einzelnen und einem umfassenden Kompetenzbegriff . Dazu zählen neben den fachlichen Themen auch persönliche Kompetenzen wie Resilienz und Stressstabilität, soziale Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit und Leadership sowie methodische Kompetenzen wie Problemlösungsfähigkeit und unternehmerisches Handeln . Wesentlich ist hierbei vor allem eine ausführliche Beratung und Reflexion zu den Zukunftsaufgaben jedes Einzelnen . Neben der Potenzialanalyse werden vor allem im Coaching die Erkenntnisse aus der Krise reflektiert und der persönliche und kollektive Umgang mit Herausforderungen thematisiert . Das Coaching bietet vor allem für junge Menschen und Teams sowie für Mitarbeiter mit Führungsverantwortung eine wichtige Begleitung in Veränderungs- und Entwicklungsprozessen . Das New Excellence Programm des Bildungsconsultings bewährt sich als Instrument für die Zukunftsorientierung von Tams und Organisationen .
Die Herausforderung für unsere Entscheidungsträger ist, die nächsten Wochen so zu gestalten, dass Gesundheit und Wirtschaft diese Krise überstehen, ohne unser Gesamtsystem zu gefährden . „Für die Zeit danach kommt es darauf an, die richtigen Schlüsse aus dieser globalen Krise zu ziehen und Veränderungen einzuleiten, die derzeitige Fehlentwicklungen korrigieren“, erklärt Wolfgang Sparer, „der Bildungsbereich kann dafür wichtige Impulse liefern und diesen Richtungswechsel unterstützen .“ Das Bildungsconsulting hat heute schon die passenden Instrumente dafür .