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mographie. „Der Röntgenarzt ist der Facharzt für bildgebende Verfahren. Wir verwenden Röntgenstrahlen, Ultraschall und Magnetresonanz. Alle drei Verfahren sind notwendig. Welche Diagnosetechnik angewandt wird, entscheidet die Indikation“, bestätigt Rolando Lorenzini, Primar des Dienstes der Röntgendiagnostik am Krankenhaus Bruneck. Seine Abteilung sei seit April 2005 gänzlich digitalisiert worden. Sowohl Befunde wie Bildgebung werden seitdem archiviert: „Unsere Befunde werden digital archiviert und mittels digitaler Unterschrift beglaubigt. Für die Aufbewahrungszeit der Befunde gibt es keine zeitliche Einschränkung. Für die Bildgebung schreibt die nationale Gesetzgebung bei
die Vernetzung digitaler Daten zwischen den Strukturen. In jedem Fall sei eine Grundzustimmung der Patienten Voraussetzung, ehe Daten derselben innerhalb der Abteilungen oder auch in zweiter Ebene über das Dossier an Berechtigte weitergegeben werden.
PATIENTENAKTE „Die Vernetzung schreitet voran. Einmal zwischen den Abteilungen, dann mit dem Sanitätsdossier innerhalb des Südtiroler Sanitätsbetriebes und nun gibt es die gesamtstaatliche Bemühung einer Vernetzung aller Krankenhäuser und Gesundheitsdienstanbieter über die elektronische Patientenakte, dem sogenannten „Fascicolo sanitario
Reinhard Schwingshackl, Informatikabteilung, Krankenhaus Bruneck: Die Abhängigkeit von digitalen Daten nimmt zu.
stationären Patienten eine Archivierung von zehn Jahren vor.“
DIGITALE VERNETZUNG Die Digitalisierung in Pustertals Krankenhäusern kennt eine lange Tradition. „In den späten Achtzigern haben wir begonnen, digitale Patientenblätter, die sogenannte „cartella clinica di reparto“, in den einzelnen Abteilungen anzulegen. Ein Austausch dieser Daten war sodann zwischen den Abteilungen innerhalb des Krankenhauses unter den Berechtigten möglich. 1990 kam das Krankenhaus Innichen dazu. In den Neunzigern wurde südtirolweit ein Radiologie- und Laborsystem in Betrieb genommen. 2004 haben wir in unserem Gesundheitsbezirk das heute noch aktuelle Krankenhausinformationssystem eingeführt. Dieses haben wir auch den Hausärzten zur Verfügung gestellt, welche über das sogenannte Sanitätsdossier Zugriff zu Befunden ihrer Patienten haben. Seit 2012 sind die Krankenhäuser Brixen und Sterzing mit uns über dieses System verbunden“, bestätigt Amhof
eine gewisse Bewertung. Das kann auch eine Verschiebung bestimmter Kompetenzen in Richtung Maschine bedeuten.“
HILFE KEIN ERSATZ Die gewaltige Datenmenge, die schnell und effektiv unter den Berechtigten auf Staatsebene verfügbar sein wird, wird den individuellen Entscheidungsraum einschränken, weiß Schwingshackl: „Viele Daten, das klingt zunächst vielversprechend, bedeutet aber auch, dass die vorhandenen Informationen durch bestimmte Standards gewichtet werden. Sie dürfen deshalb immer nur als Ausgangspunkt dienen und können keine Behandlung erset-
Walter Amhof, Direktor des Gesundheitsbezirks Bruneck: Schutz der Privacy hat oberste Priorität.
eletronico (FSE)“, erläutert Reinhold Schwingshackl, Informatikabteilung im Krankenhaus Bruneck. Die Vorteile der neuen Patientenakte seinen gleichzeitig die Nachteile derselben. „Der schnelle und effiziente Zugriff auf Patientendaten ist unter dem klinischen Aspekt wie unter dem betriebswirtschaftlichen ein Vorteil. Parallel dazu steigt aber auch das latent vorhandene Missbrauchsrisiko.“ Eine gewisse Skepsis bei der Einführung der elektronischen Patientenakte ist vorhanden. Daten- und Persönlichkeitsschutz sowie Cyberkriminalität spielen eine Rolle. „Die Gefahr, dass der Patient ‚gläsern‘ wird, ist ganz klar gegeben, nicht nur im Gesundheitswesen. Man hinterlässt Daten, die über Jahre und Jahrzehnte gespeichert bleiben, das ist sicher kein Vorteil“, räumt Direktor Amhof ein. Und mittelfristig habe man sich auch in der klinischen Arbeit mit der Einführung der elektronischen Patientenakte auf Änderungen einzustellen, so Schwingshackl: „Diese enorme Datenmenge muss strukturiert werden und mit der Strukturierung erfolgt per Definition
zen. Weshalb der Kontakt zwischen Arzt und Patient Voraussetzung bleiben wird.“ Auch Primar Weger ist überzeugt: „Der gute Arzt wird immer der sein, der zuhört und auf den Patienten eingeht. Hier einen Mittelweg zu finden zwischen Unter- und Überdiagnostik wird eine Herausforderung werden. Die Maschine wird den Arzt aber nie ersetzen.“ Primar Lorenzini sieht in der Digitalisierung einen wichtigen Aspekt für die Zukunft: „Wir gehen in Südtirol einem Ärztemangel entgegen, der nicht aufzuhalten sein wird. Die Vernetzung durch Digitalisierung erlaubt eine Möglichkeit, diesem Problem ernsthaft entgegenzutreten.“ Angst macht hingegen, dass heikle Daten, auch jene über den Gesundheitszustand, in falsche Hände geraten könnten. Wenn belastende Gesundheitsangaben öffentlich werden, könnte das den Abschluss einer Krankenversicherung verunmöglichen oder enorm verteuern. „Für den Sanitätsbetrieb haben Datenschutz, Datensicherheit und Zugriffsberechtigungen oberste Priorität“, versichert Direktor Amhof. (SP)
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