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ie Diplom-Agraringenieurin und promovierte Naturwissenschaftlerin Judith Sitzmann lebt mit Mann und Kindern in der Steiermark. Die Wurzeln der 41-Jährigen liegen aber in Onach, ihr ganzer Halt ist ihre Familie. Was zog Sie aus Südtirol fort? Ich bin in Dietenheim aufgewachsen, meine Kindheit aber verbrachte ich vielfach in Onach bei den Großeltern, im Geburtshaus meines Vaters, wo heute noch mein Bezugspunkt ist. Nach dem Realgymnasium besuchte ich Kurse für Wirtschaftsinformatik und arbeitete als Gemeindebeamtin. Aber das war nicht mein Job. So hab ich als 25-Jährige die fixe Anstellung an der Gemeinde sausen lassen und beschloss, in München Agrarwissenschaft zu studieren. Dort lernte ich auch meinen Mann kennen, später zogen wir aus beruflichen Gründen in die Steiermark. Was bewog Sie zum Agrarstudium? Meine Liebe zur Natur, landwirtschaftlichen Hintergrund hatte ich keinen. Ich spezialisierte mich auf Heilkräuter, es freut mich, das Wachstum von Pflanzen zu beobachten, wo der Mensch nicht zu sehr eingreift. Nach dem Studium arbeitete ich am Lehrstuhl für Gemüsebau an einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt für die Züchtung der Pfefferminze, eine sehr erfüllende Arbeit. Ich untersuchte die ätherischen Öle von Minzesorten auf ihre Inhaltsstoffe und Antioxidantien. Für
Windel verwendet, auch nachts nicht. Nur ganz selten gab es beim dritten und vierten Kind zur Sicherheit Stoffwindeln. Ich konnte dadurch bestimmt tausende Windeln sparen und zudem werden die Babys durch diese Methode viel schneller sauber. Diese Methode üben Naturvölker im Polarkreis oder in den Tropen noch heute aus, ebenso wie langes Stillen und naher Körperkontakt. Man muss halt eine andere Perspektive und einen intensiveren Umgang zum Kind entwickeln, sonst geht es nicht, und man darf es nicht als Belastung sehen, sondern als Geschenk.
Judith Sitzmann aus Onach
„Zeit ist das schönste Geschenk, das man seinen Kindern geben kann.“
einen weltweiten Vermarkter von Heilkräutern habe ich Minzesorten in Bezug auf Wachstum, Ertrag, ätherischen Ölgehalt, Inhaltsstoffe und Krankheitsresistenz selektiert und bei der Züchtung neuer Sorten mitgearbeitet. Die Wirksamkeit der ätherischen Öle ist ein weites Feld und noch lange nicht zur Gänze erforscht. Jedes Öl hat eine ganze Palette an Inhaltsstoffen, aus deren Zusammenspiel sich erst die Wirkung ergibt bzw. sich verstärkt oder aufhebt.
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Was machen Sie heute? Nach unserem ersten Kind machte ich Redaktionsarbeiten und verfasste Gutachten für eine Wissenschaftszeitung. Mittlerweile haben wir vier Buben und ich bin Hausfrau, ich möchte meine Zeit voll und ganz unseren Kindern widmen. Dabei ist mir der Gedanke an den Umweltschutz sehr wichtig. Wie ist das zu verstehen? Ich wollte meinen Kindern nicht eine Unmenge Verpackung bzw. Abfall mit auf den Weg geben, weshalb ich bei unserem ersten Kind Stoffwindeln benutzte. Damals kannte ich noch nicht die windelfreie Säuglingspflege. Danach erfuhr ich davon und ich habe unsere drei weiteren Kinder nach dieser Methode aufgezogen. Windelfrei - wie geht das? Es geht um das Einfühlungsvermögen der Mutter zum Baby. Mittlerweile merke ich genau, wann mein Kind ausscheiden muss und ich halte es über das Klo oder ein Gefäß. Bei unserem zweiten Kind habe ich so gut wie keine
Es ist aber zeitintensiv… Mag sein, dass für viele Mütter diese Methode aus Zeitgründen nicht möglich wäre. Ich denke halt, wir sollten in unserer Schnelllebigkeit einfach mehr Zeit unseren Kindern widmen und auch erkennen, dass nicht alles Moderne nur Vorteile bringt. Die Zeit mit den Kindern verbringen zu können ist so wichtig und so kurz, ich will sie möglichst nutzen, meine Familie ist mein Ein und Alles. Ich bin gewiss nicht perfekt, aber ich versuche, meine Kinder naturnah aufzuziehen und sie auch zu erziehen, indem ich Grenzen setze. Auch selbst bin ich mit gewissen Regeln und Vorschriften aufgewachsen und sie haben mir keineswegs geschadet. Kinder brauchen einen Halt, das ist mehr als materieller Besitz. Am wichtigsten ist, das eigene Tun zu hinterfragen und Zeit sinnvoll zu nutzen und genießen. Wie sehen Sie Südtirol? Wir fühlen uns in der Steiermark wohl, aber mein großer Wunsch wäre, wieder für ganz in Südtirol zu sein. Dazu müsste mein Mann, er ist Forstingenieur, hier eine passende berufliche Anstellung findet. Südtirol lebt im Wohlstand, es könnte wirtschaftlich nicht besser dastehen. Dabei besteht die Gefahr, dass man zu arrogant wird. Zu viel Selbstbewusstsein lässt den Respekt für andere schwinden. Wir sollten uns wieder mehr auf Werte fokussieren. (IB)