Ausgabe Juni 2015

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Fotos: flickr.com/photos/morgenlandfestival (oben); Michael Dreyer (unten); Datteln: shutterstock

Alim Qasimov und Nader Mashayekhi (unten)

Die Jazzer tun sich leichter mit den östlichen Klängen, weil sie offene Ohren haben.

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Am einfachsten haben es die Interpreten der Alten Musik, weil sie sowieso nicht wohltemperiert spielen, und die Jazzer, weil sie offene Ohren haben, weil sie es gewohnt sind, musikalisch spontan zu reagieren, und weil Experimentierfreude zu ihrer Grundausrüstung zählt. Ein für mich besonders gelungenes Beispiel ist die Kompositionstechnik des iranischen Komponisten Nader Mashayekhi. Er versucht erst gar nicht, beide Systeme zusammenzubringen, weil immer die Gefahr besteht, beide auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu reduzieren und damit gerade ihrer Schönheit zu berauben. Also stellt Mashayekhi traditionelle persische Musik parallel zu seinen zeitgenössischen Orchesterklängen. So entstehen Momente von unglaublicher Dichte und Schönheit – und ganz nebenbei eine zauberhafte Metapher auf unser Zusammenleben im 21. Jahrhundert: Wenn jeder seine kulturelle Identität behält, kann aus dem Zusammenklang etwas Neues, nie Dagewesenes entstehen. Vielleicht ist dies die neue Avantgarde. In keinem anderen Land ist der Mugham so stark in alle Genres einbezogen worden wie in Aserbaidschan, er gilt dort geradezu als identitätsstiftend. Die einstige Sowjetrepublik ist mehrheitlich schiitisch, aber doch 

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