
2 minute read
Resilienz von Lieferketten stärken
dann in der Regulierung wiederfinden. Dabei muss dringend beachtet werden, dass die Zusammenarbeit in der Coronapandemie deutlich gezeigt hat, dass die industrielle Gesundheitswirtschaft ein Partner auf Augenhöhe ist. Diese Erkenntnis muss nun auch in konkrete Aktionen münden.
Resilienz von Lieferketten stärken
Es ist zu begrüßen, dass die EU-Pharmastrategie ein robustes Welthandelssystem als Grundlage für stabile Lieferketten anerkennt und die EU dabei einen signifikanten Beitrag leisten möchte.
Während zu Beginn der Coronapandemie kurzfristig Tendenzen eines Marktprotektionismus in der Beschaffung von Gütern zur Gesundheitsversorgung beobachtet werden konnten, wurden zuletzt Rufe nach einer europäischen Autonomie bei der Produktion von Gesundheitsgütern laut. Die deutsche Industrie versteht unter einer Autonomie nicht eine Autarkie von internationalen Lieferketten. Vielmehr bedeutet dies, Schlüssel-Know-how in Europa zu erhalten, unter gleichzeitiger Diversifizierung der Lieferketten aus EU-Drittländern.
Deshalb muss die globalisierte Wirtschaft mit diversifizierten Lieferketten weiter gestärkt werden. Sie ist für einen exportstarken Standort wie Europa die Grundlage des Wohlstandes. Stabile, internationale Netzwerke der privaten Gesundheitsforschung und -produktion sind unerlässlich für den Fortschritt. Die Stärkung entlang der gesamten Wertschöpfungskette innerhalb Europas kann einen wichtigen Beitrag zu mehr Versorgungskontinuität leisten.
In der Corona-Krise haben die unternehmenseigenen Risikomanagementsysteme weitestgehend gut auf Beeinträchtigungen der Lieferketten reagiert. Sofern es zu vorübergehenden Unterbrechungen kam, waren diese überwiegend auf logistische Herausforderungen zurückzuführen, die zeitweise durch plötzliche und neuartige Grenzkontrollen entstanden waren. Durch neue Regelungen der Regierungen (z. B. „Fast Track Procedures“ oder „Green Lanes“ bei Nahrungsmitteln und Medikamenten) konnten diese Probleme schnell überwunden werden. Etwaige Maßnahmen und Verbesserungen der globalen Handelsregeln müssen daher ein wichtiger Teil der Strategie für die Versorgungssicherheit sein. Fest steht: Diversifizierte Produktions- und Lieferketten mit Kapazitätsreserven haben ihre Krisensicherheit auch in der Coronapandemie gezeigt.
Insofern besteht die bestmögliche Resilienz aus einem langfristig verlässlichen Dreiklang:
1. Ausbau der Robustheit internationaler Lieferketten durch multilaterale Abkommen und eine Stärkung des Welthandelssystems.
2. Förderung von Innovation und Produktion in Europa: Die aktuellen Beispiele der Entwicklung von Impfstoffen gegen Covid-19 zeigen, dass Europa hier eine gute Position hat, die sich ausbauen lässt.
3. Ausbau der europäischen Pandemie- und Krisenvorsorge durch strategische Notfallreserven für besonders essenzielle Arzneimittel sowie Medizinprodukte und ggf. dem Vorhalten von Notfallproduktionskapazitäten besonders kritischer Wirkstoffe als Maßnahmen der öffentlichen Hand. Die bestehenden Lieferketten müssen dabei ausreichend gewürdigt und das Industrie-Know-how genutzt werden, um den Aufbau solcher Reserven realistisch zu gestalten und um nicht an anderer Stelle Lieferengpässe zu provozieren.
Bei allen regulatorischen Eingriffen gilt es, die Stellung der global agierenden Unternehmen in Europa zu beachten und nicht im Wettbewerb der Standorte durch Überregulierung geschwächt zu werden. Anstelle von protektionistischen Tendenzen gilt es, in Europa die Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass es für Unternehmen zunehmend attraktiv wird, ihre Produktionskapazitäten nach Europa zu verlagern bzw. hier zu belassen. Gemäß der Theorie der komparativen Kostenvorteile sollten sich demnach nur jene Produktionsprozesse in Europa niederlassen, für die hier bei vergleichbaren Anforderungen z. B. an Umwelt- und Sozialstandards nachweislich komparative Vorteile gegenüber dem Rest der Welt bestehen. Diesem Mechanismus sollte gegenüber protektionistischen Maßnahmen jederzeit Vorzug eingeräumt werden.
BDI-Handlungsempfehlung:
Das BMG wird gebeten, den Fokus auf den oben genannten, ausgewogenen Dreiklang aus multilateralen Abkommen, Innovations- und Produktionsförderung sowie staatliche Reserven zu legen. Eine einseitige Fokussierung auf die Idee der Autonomie beispielsweise bei der Produktion von vor längerer Zeit eingeführter Arzneimittel würde dringend benötigte Ressourcen für neue und innovative Gesundheitsprodukte gefährden, die z. B. in Deutschland hergestellt werden.