Programmheft 3. Abo-Konzert Saison 2023/24

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03.03.24 Sonntag, 19 Uhr

Burghof Lörrach (D) 3. Abo-Konzert

GESTALTUNG: CHRISTOPHE CAFFIER ONCLAME.COM . FOTO: BFI-PARK CIRCUS

IN KOOPERATION MIT

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Variations Variationson onBuenos BuenosAires Aires Variations on Buenos Aires 03.05.24 03.05.24| |20 | 20 20Uhr Uhr 03.05.24 Uhr

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#Metoo, Hitchcock 3. Abo-Konzert Sonntag, 3. März 2024, 19 Uhr Burghof Lörrach (D)

→ Alfred Hitchcock (1899-1980) / Moritz Eggert (*1965) Blackmail (1929) / neue Filmmusik für Orchester (2024) UA

(Dauer: 76')

Titus Engel, Dirigent In Kooperation mit ZDF/ARTE und 2eleven music film und dem Burghof Lörrach

Konzerteinführung um 18.15 Uhr | Einzelkartenpreise: CHF 76.– / 54.– / 34.– UA Uraufführung

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#Metoo, Hitchcock Wer Stücke wie «Ballack, du geile Schnitte» oder «Bad Attitude» komponiert, den darf man gewiss als unkonventionell bezeichnen. Tatsächlich ist Moritz Eggert ein Mann klarer Worte, gibt sich gern salopp und leger. Dieses Bild verbreitet der 1965 in Heidelberg geborene Komponist und Pianist im Internet, zumal mit seinem «Bad Blog of Muzick». Die Kommentare des einstigen, heute selber in München lehrenden Schülers von Wilhelm Killmayer sind berüchtigt und gefürchtet. Pionier Herrmann Er ist eben ein «Bad Boy of Muzick», doch was er schätzt, kann er genauso inbrünstig loben. Das gilt für die Filme von Alfred Hitchcock und für dessen kongenialen Filmkomponisten Bernard Herrmann. Aus der Feder des 1911 geborenen und 1975 verstorbenen US-amerikanischen Komponisten und Dirigenten mit russisch-jüdischen Wurzeln stammen die Partituren zu Hitchcock-Filmen wie «Psycho», «Vertigo», «Der unsichtbare Dritte» oder «Marnie». In «Der Mann, der zuviel wusste» von 1956 tritt er auch als Dirigent auf.

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Für den Tierhorror-Klassiker «Die Vögel» hatte Herrmann zudem die Entwicklung künstlicher Vogelstimmen mit dem Trautonium betreut: ein Vorläufer des Synthesizers. Auch im kommunistischen Ostblock

genoss Herrmann hohes Ansehen. So war Dmitri Schostakowitsch von Herrmanns «Psycho»-Partitur von 1960, eine nur mit Streichern besetzte Musik, sehr angetan, was man seiner Sinfonie Nr. 14 für Sopran, Bass, Streicher und Perkussion von 1969 stellenweise anhört. Herrmann wiederum schätzte Schostakowitschs Filmmusiken sehr: sowohl die frühen wie «Das neue Babylon» oder «Odna» aus den 1920er/30er Jahren, beide von der Basel Sinfonietta exemplarisch eingespielt, als auch die späten Shakespeare-Filmmusiken aus den 1960er/70er Jahren. Als Dirigent hat Herrmann selber SchostakowitschPartituren eingespielt. Mit seiner Musik zum frühen Hitchcock-Film «Blackmail – Erpressung» von 1929 möchte Eggert auch Hermann würdigen. Der Film selber ist ein Kuriosum. «Master of Suspense» Gemeinhin gilt er als erster britischer Tonfilm, was nur in Teilen zutrifft. Als Stummfilm 1929 begonnen, wurden Dialoge und Geräusche ergänzt, was indes nur bedingt gelungen ist. Es geht um die Braut eines ScotlandYard-Beamten aus London, die sich mit einem Maler trifft. Als dieser sie zu vergewaltigen versucht, bringt sie ihn um und flüchtet. Ihr Partner wird mit dem Fall beauftragt und lässt am Tatort Beweisstücke verschwinden, aber: Es gibt einen Zeugen der Tat. Der Stoff wirkt einerseits wie eine aktuelle «#Metoo»-Geschichte. Andererseits fängt der Film auch das Erstarken eines emanzipierten Selbstbewusstseins der Frauen


in den 1920er Jahren ein. Rein dramaturgisch erprobt Hitchcock hier erstmals Mittel des «Suspense», also des Spannungsaufbaus, wofür er später berühmt wird. Hitchcock selber trennte strikt zwischen «Suspense» (die Erwartung eines Ereignisses) und «Surprise» (ein unerwartetes Ereignis). Beim «Suspense» weiss oder ahnt das Publikum mehr als die Figuren im Film. In «Blackmail» wagt Hitchcock zudem erstmals den finalen «Showdown» an einem spektakulären Ort, hat einen ersten Cameo-Auftritt und arbeitet mit kühnen KameraPerspektiven und Schnitt-Techniken. Für «Blackmail» hat Eggert eine Musik im Geiste Hermanns kreiert. Wie der Filmmusik-Experte Lothar Heinle ausführt, zeichneten sich die Filmpartituren von Herrmann zuvörderst durch eine «individuelle Klangfarbe als musikdramatisch relevante Substanz» aus.

«Gute Filmmusik muss alles, was sie leistet, gleichsam sichtbar, an der Oberfläche leisten, darf sich nicht in sich selber verlieren», so Eislers Credo. In Eggerts «Blackmail»Musik kommt überdies ein HörbarMachen hinzu, zumal sie mitunter auch Geräusche nachahmt, wo einst der Ton fehlte. Das kann durchaus humorvoll wirken, ganz im Sinne Hitchcocks. Er selber war bekanntlich nicht nur ein «Master of Suspense», sondern ebenso ein Meister der subtilen Ironie und des englischen Humors. — Marco Frei

Im Geiste Hermanns Herrmann selber sprach stets von «Fingerabdruck» und meinte auch eine Orchestration, die psychologisch-mental sowohl Handlung als auch Charaktere einfängt. Weitschweifige Melodik ist Herrmanns Sache nicht. Er verwendet bevorzugt kurze Motive, die sich beliebig addieren lassen, um flexibel auf die jeweilige filmische Dramaturgie reagieren zu können. Ostinate Strukturen und eine Vorliebe für tiefe Register runden seine filmmusikalische Sprache ab. Gleichzeitig gilt für Herrmann ein Grundsatz, den bereits Hanns Eisler frühzeitig formuliert hatte.

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Moritz Eggert über «Blackmail» «Blackmail» (1929) ist der zehnte Film von Alfred Hitchcock, entstanden in seiner Anfangszeit als Regisseur in Großbritannien. Bis dahin hatte Hitchcock vor allem romantische Liebesfilme und Komödien gedreht. In «Blackmail» erleben wir Hitchcock zum ersten Mal auf der Höhe seiner späteren Kunst. Die Handlung ist heute noch aktuell, da es sich um eine waschechte #metoo-Geschichte handelt, in der eine Frau sich gegen einen aufdringlichen Liebhaber wehrt und diesen tötet, dann aber von einer zwielichtigen Gestalt erpresst wird. «Blackmail» ist filmhistorisch ein Kuriosum, da er sowohl stumm als auch mit Ton gefilmt wurde. Da letztere Version durch die unbeholfene off-KameraSynchronisation von Anny Ondra teilweise unfreiwillig komisch ist, gilt die Stummfilmversion als die «definitive» Fassung und ist damit Hitchcocks letzter Stummfilm. Eine neue Musik

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Wir assoziieren heute Hitchcock vor allem mit der kongenialen Musik seines wichtigsten musikalischen Mitstreiters, dem Komponisten Bernard Herrmann. Aber schon in «Blackmail» (ohne Herrmanns Mitwirkung) zeigt sich Hitchcocks Faible für «musikalische» Schnitte, die tatsächlich einen eigenen Rhythmus haben und den späteren filmischen Stil schon evozieren, ohne dass es die Musik dazu schon gab.

Eine neue Musik für einen HitchcockFilm zu schreiben, muss sich also in irgendeiner Form dieser Stilistik stellen, es wäre fast pervers, das Ganze mit einer generischen «Neue Musik»-Ästhetik zu unterlegen, die nichts mit den Intentionen von Hitchcock zu tun hätte und das Ganze einfach nur vage illustrierte. Inspiration Bernard Herrmann Ich habe mir daher die Herangehensweise von Bernard Herrmann als Vorbild genommen und versucht, eine Musik zu schreiben, die zutiefst psychologisch ist und eine Einheit mit den Bildern eingeht. Das Innenleben der Charaktere soll überall dort zum Ausdruck gebracht werden, wo man ihre Worte nicht hört. Gleichzeitig stellt die Musik mit klar erkennbaren Motiven als eigener Charakter eine Erweiterung der Bilder dar. Überall dort, wo man tatsächlich merkt, dass Hitchcock der Ton gefehlt hat, wird meine Musik auch zur Klangkulisse, klingelt, klopft und hustet zum Beispiel. Beim Komponieren habe ich gänzlich auf die in der Filmmusik üblichen «Hit Points» verzichtet, sondern habe versucht, den eigenen Rhythmus jeder Szene zu analysieren und die Musik bis ins kleinste Detail hin diesem anzupassen, so dass eine Einheit entsteht. Sehr oft stellte ich mir beim Komponieren die Frage: «Wie hätte Bernhard Herrmann dies heute, 2023, komponiert?». Da die Ästhetik von Bernard Herrmann definitiv meine eigene musikalische Ästhetik beeinflusst hat, war diese Frage für mich keine Last, sondern eher Inspiration. — Moritz Eggert


Moritz Eggert

Basel Sinfonietta

Moritz Eggert wurde 1965 in Heidelberg geboren. Nach Studien in Frankfurt, München und London erweiterte er sein kompositorisches Schaffen stetig mit den Schwerpunkten Musiktheater (bisher 19 Opern), Vokal- und Instrumentalmusik sowie konzeptionelle und performative Werke. Seine Arbeit erforscht oft Extreme in der Zuspitzung von Aspekten des musikalischen Materials. Entgegen dem typischen Bild «seriöser» akademischer Musik nutzt seine Kunst oft Ironie, Parodie oder Satire als Mittel, um das Publikum zu fesseln, scheut aber bei Bedarf auch nicht vor Emotionalität oder Melodie zurück. Als Blogger («Bad Blog of Musick») und Autor ist er eine bekannte kritische Stimme in der zeitgenössischen Musik.

Die Basel Sinfonietta ist ein auf zeitgenössische Musik spezialisiertes Orchester mit sinfonischer Besetzung – und insofern ein in der klassischen Musikszene einzigartiger Klangkörper. Getragen vom Anspruch, Musik am Puls der Zeit zur Aufführung zu bringen, überwindet die Basel Sinfonietta seit ihrer Gründung im Jahr 1980 klassische Konzertkonventionen und zeigt sich in ihren Programmen erkundungsfreudig gegenüber anderen Genres und Kulturen. Die Basel Sinfonietta arbeitet mit den führenden Komponist:innen der Gegenwart zusammen. Das Orchester hat zahlreiche Werke in Auftrag gegeben und konnte seit seiner Gründung mehr als 220 Uraufführungen und nationale Erstaufführungen präsentieren.

Titus Engel Titus Engel studierte Musikwissenschaften und Philosophie in Zürich und Berlin und erlernte sein Dirigierhandwerk in Dresden bei Christian Kluttig. Der Schweizer ist nicht nur der Mann für die komplizierten OpernpartiturFälle, er beweist auch in seinen Konzertprogrammen eine Repertoireund Stilistik-Bandbreite wie kaum ein Zweiter. Der Principal Conductor der Basel Sinfonietta ist stets auf der Suche nach dem nicht Offensichtlichen, einer Subebene der Partitur, die er offenlegen und in ihrer (gesellschaftlichen) Relevanz dem Hörer vor Ohren führen möchte. Und das mit aussergewöhnlichem Erfolg – nicht nur in der Presse, sondern und vor allem beim Publikum.

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07.04.24

Sonntag, 19 Uhr

Stadtcasino Basel

4. Abo-Konzert

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7. April 2024, 19 Uhr Stadtcasino Basel

5 | Ritual Groove 26. April 2024, 19 Uhr Reithalle, Kaserne Basel

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Konzeption und Redaktion: Ophelias Culture PR Texte: Dr. Marco Frei, Moritz Eggert Gestaltung: www.onclame.com Cartoon: Magi Wechsler

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