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EIN WAHRZEICHEN DER STADT – UND AUCH
Der Bachwoche
Alabaster-Relief mit der Marienkrönung (rechts) und die Grabplatte eines Kindergrabes (unten).
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Licht flutet in der Ansbacher Johanniskirche durch die prächtigen bunten Spitzbogenfenster in den Chorraum. Die Fenster stammen aus der Zeit um 1900, doch das Gotteshaus, in dem die Bachwoche auch in diesem Jahr eröffnet wird, ist viel älter. Fast ein ganzes Jahrhundert hat es einst gedauert, St. Johannis zu errichten. Das Langhaus wurde 1410 begonnen, der Chor 1441 grundgelegt und 1458 fertig gestellt. Die ungleichen Türme – der höhere mit einer Maßwerk-Galerie – wuchsen dann zwischen 1504 und 1508 in den Himmel. Das Turmpaar der bürgerlichen Pfarrkirche bestimmt bis heute die Ansbacher Stadtsilhouette – neben den drei Türmen der ehemaligen Hofkirche St. Gumbertus.
Außen prägen massive Strebepfeiler mit Skulpturenschmuck den mächtigen Baukörper von St. Johannis, während das Innere der Kirche schlicht und klar im Stil der späten Gotik gegliedert ist. In der dreischiffigen Staffelhalle bietet sich dem Besucher ein ob der architektonischen Geschlossenheit eindrucksvolles Raumerlebnis. Die Halle überspannt ein unregelmäßiges Rippengewölbe im Mittelschiff und den Chor ein elegantes Netzgewölbe mit einem Rautenstern.
Wer ganz genau hinschaut, entdeckt in manchen Gewölbefeldern liebevoll gestaltete Schlusssteine – Wappen zum Beispiel, Handwerkerzeichen und Engel. Gleich neben dem Hauptportal im Westen blickt ein Taufengel mit einem Tauftuch in den Händen herab. Unter ihm stand im Mittelalter der Taufstein – direkt am Eingang der Kirche. Dieser Platz hat symbolische Bedeutung: Das Portal öffnet den Weg in die Kirche und die Taufe den Weg in die Gemeinschaft der Christen. Von einem Schlussstein im Gewölbe des südlichen Seitenschiffs, vorne neben dem Chor, lächelt ein Verkündigungsengel mit rotem Gewand und goldenen Flügeln den Kirchenbesuchern zu.
FRESKEN, RELIEF, EIN KINDERGRAB
Noch genauer hinsehen muss man, um ein weiteres Kleinod an einer anderen Säule in der südlichen Reihe zu erspähen: ein winziges Alabaster-Hochrelief aus der Zeit um 1500, das Marias Krönung durch zwei Engel zeigt. Der Schatz hat die Barockisierung des Gotteshauses im 18. Jahrhundert überdauert und wurde bei der umfassenden Restaurierung zwischen 1958 und 1962 wiederentdeckt. Damals erhielt die Kirche ihre ursprüngliche gotische Gestalt zurück.

Besonders schön sind die Reste spätgotischer Fresken an einigen Pfeilern: Der Evangelist Johannes hält da einen Kelch in der Hand, aus dem eine Schlange trinkt. Der Legende nach musste er einen Becher Gift leeren, starb aber nicht daran. Ein weiteres Fresko zeigt Johannes den Täufer, den Patron der Ansbacher Stadtkirche, mit einem purpurroten Umgang vor warmgelbem Grund. Ursprünglich trug er ein Lamm auf dem Arm, das nicht mehr zu erkennen ist.
Eindringlich ist das Fragment der Platte eines Kindergrabes rechts an der Wand im Chorraum: eine betende Gestalt, die Hände fest gefaltet, das Gesicht zum Himmel erhoben. Vermutlich stammt das Relief aus dem 15. Jahrhundert, doch niemand weiß, wer hier betrauert wurde. An den Tod gemahnt auch das Epitaph der Barbara von Seinsheim mit einem geflügelten Skelettschädel und einer Auferstehungsszene. In ihrem Testament von 1593 richtete die kinderlose Adelige eine Stiftung für die Armen in der Umgebung Ansbachs ein, die bis zur Geldentwertung 1923 von St. Johannis verwaltet wurde.
Eines Der Fr Hesten Werke
Kunsthistorisch außerordentlich bedeutend ist der Flötner-Altar im nördlichen Seitenschiff nahe dem Chor. Geschaffen wurde er zwischen 1520 und 1525 vermutlich von dem damals sehr bekannten Künstler Peter Flötner, der sich nach einem Italienaufenthalt zunächst in Ansbach niederließ, ehe er 1522 nach Nürnberg zog. Das Retabel wurde wohl für eine Hofkirche der Ansbacher Markgrafen, die im Schloss entstehen sollte, in Auftrag gegeben. Diese Residenzkapelle wurde von Hofbaumeister Leopoldo Retti geplant, jedoch nie realisiert, sodass der Flötner-Altar schließlich auf Umwegen in die Johanniskirche gelangte. Das Retabel mit seinen Nischen und Bogenfeldern gilt als eines der frühesten Werke der Renaissance im süddeutschen Raum.