LENZBURGER WOCHE
DONNERSTAG, 30. AUGUST 2018
Amtliches Publikationsorgan für den Bezirk Lenzburg und angrenzende Gemeinden.
PP 5600 Lenzburg · Nummer 35 · Post CH AG
SALZKORN Einpacken Sommerferientouristen haben ihn längst hinter sich, den schweren Entscheid des Einpackens: Was braucht man, was ist entbehrlich? HausHelene Basler frauen (pardon: auch Hausmänner) haben das Ausgepackte bereits wieder sortiert, gewaschen, gebügelt und versorgt.
Finanziell kein Happy End: Szene mit Ramiro und Angelina aus der Produktion «La Cenerentola» der Oper Schloss Hallwyl.
Foto: Ingo Höhn
Zu wenig Publikum für das Aschenputtel Seengen Offiziell nur 8000 statt der erwarteten 9000 Zuschauer besuchten die 21 Vorstellungen der Oper Schloss Hallwyl. Nach «La Cenerentola» sind die Verantwortlichen ratlos. ■
FRITZ THUT
D
as Wetter kanns nicht gewesen sein. Erst am drittletzten Tag regnete es während Vorstellung 19 erstmals stark – allerdings nur die letzte Viertelstunde. Vorher profitierte die sechste Produktion der Oper Schloss Hallwyl vom Prachtssommer. Abgesehen von einigen wenigen Nieselschauern ging alles trocken über die im Schlosshof erstellte Bühne. Vielleicht war aber die samstägliche Derniere symptomatisch. Es wurde kalt und spätestens zur Pause schüttete es,
was das Zeug hielt. «Trotzdem kehrten alle Besucher nach dem Unterbruch wieder auf ihre Plätze zurück. Ich werte dies als Zeichen für die Qualität der Aufführung», sagt Esther Egger, die Präsidentin des Trägervereins.
Kein Schaden für Gläubiger
Diese Durchhaltewilligen waren die letzten von total lediglich 8000 Zuschauern; die Verantwortlichen hatten mit mindestens 9000 Besuchern gerechnet. Das Manko von 1000 Personen gegenüber dem Budget und der Rückgang um gar 3000 gegenüber der «Zauberflöte» 2015 hat finanzielle Auswirkungen: «Es ist wohl ein Defizit zu erwarten», heisst es in der Bilanzmedienmitteilung. Man verfüge jedoch über genügend finanzielle Reserven, versichern die Organisatoren: «Gläubiger kommen keine zu Schaden», so Gesamtleiter Christoph Risi. «Es ist eine Crux, dass ich im Moment nicht sagen kann, weshalb die Zuschauerzahl so tief liegt», hält Präsiden-
tin Egger fest. Für sie wie für viele andere Beobachter kann es unmöglich an der künstlerischen Qualität der Aschenputtel-Produktion gelegen haben: «Man hörte lauter zufriedene Reaktionen und auch die Medienbesprechungen waren allesamt positiv.» Im Moment mache sich ein wenig Ratlosigkeit breit.
Schonungslose Analyse
In einer zweiten Phase wird der Vorstand des Trägervereins die Gründe analysieren. Bereits diese Woche fand eine erste Sitzung statt, doch Esther Egger will «nicht dreinschiessen». Mit einer Umfrage bei aktuellen Zuschauern und Besuchern von 2015, die diesmal kein Ticket lösten, will man eine Diskussionsgrundlage erheben. «Über die Zukunft wird frühestens im Spätherbst entschieden», so die Präsidentin. «Persönlich hoffe ich, dass es weitergeht», so Esther Egger: «Die aktuellen Zahlen tun weh, aber für mich persönlich überwiegt auch bei dieser Produktion das Positive, die gute Stimmung.»
Einpacken kann aber auch eine künstlerische (und erfreulichere) Tätigkeit sein. Die Verpackungskünstler Christo und seine Frau Jeanne-Claude haben 1998 rund 160 Bäume im Park des Beyeler-Museums in Riehen bei Basel mit Polyestergewebe (fixiert mit 23 Kilometer Seil) eingepackt. Danach sahen die Bäume wie grauweisse Riesenpilze aus. Sie sollten Betrachter anregen, die derart verfremdete Parklandschaft mit anderen Augen anzusehen. Die Bäume wurden nach einer gewissen Zeit wieder ausgepackt. Sie hatten die Prozedur offensichtlich überstanden. Teile der Landschaft werden neuerdings auch aus anderen Gründen eingepackt. Gemäss einer TV-Sendung sind durch den Klimawandel (und die diesjährige Sommerhitze) die Gletscher enorm zurückgegangen. Am Titlisgletscher bei Engelberg würden Schneekanonen eingesetzt, die bis zur Wintersaison dem Schwinden der Eismasse Einhalt gebieten sollen. Das genüge nicht. Gletscherteile würden zum Schutz vor der Hitze mit einem Vlies überdeckt. Auch dies halte langfristig das Gletschersterben nicht auf. Verschwände der Gletscher, sterbe auch der Tourismus. Das würde den Verlust mehrerer hundert Arbeitsplätze bedeuten. Es ist bekannt, dass im Laufe der Zeit die Gletscher kamen und gingen. Sie haben unsere Regionen nachhaltig geprägt. Neu ist, dass das Schmelzen in so kurzer Zeit vor sich geht. Unser Energieverbrauch, den wir nicht missen möchten, ist Mitverursacher, sagen uns die Forscher. Die Video-Aufnahme der eingepackten Eiszunge liess an eine filmische Science-Fiction-Szene denken. Leider ist sie Wirklichkeit. Helene Basler-Märchy, Niederlenz