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LENZBURGER WOCHE

DONNERSTAG, 10. MAI 2018

Amtliches Publikationsorgan für den Bezirk Lenzburg und angrenzende Gemeinden.

PP 5600 Lenzburg · Nummer 19 · Post CH AG

SALZKORN Big Data im Big Apple Mit Jahrgang 1983 bin ich ein Digital Native. Ein Eingeborener der digitalen Welt – zumindest per Definition. Denn tatsächlich bin ich keiner, den man fraRolf Kromer gen kann, was zu tun ist, wenn der Computer nach einem Update schreit. Bei Updates schreie ich selber und schiebe sie so lange wie möglich hinaus. Vergangenes Jahr verlor ich wohl deshalb alle meine Fotos und Kontakte auf dem Handy. Nein, ich bin in der neuen digitalen Welt nie richtig angekommen. Was mir aber klar ist: Sei vorsichtig mit deinen Daten im Internet. Gib nur preis, was du auch einer unbekannten Person am Bahnhof in Lenzburg mitteilen würdest. Lade nur die Fotos ins Netz, die du ausgedruckt den Arbeitskollegen und künftigen Vorgesetzten oder der Krankenversicherung zeigen könntest. Sie stehen hinter dem Projekt «Artenvielfalt auf 100 Quadratmetern»: Initiant Theo Büchli und seine Mitstreiter Christian Siegrist, Martin Schmid, Alois Burch und David Hegnauer. Foto: Fritz Thut

Ein Mini-Biotop als Beispiel Seengen Rentner Theo Büchli hat an der Altackerstrasse auf einer Are ein Mini-Biotop erstellen lassen – als Beispiel für andere. Gestört hat ihn nur etwas. ■

FRITZ THUT

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heo Büchli, der pensionierte Berufsschullehrer und ehemalige Inhaber eines Malergeschäfts an der Seenger Söigasse, wollte der Natur etwas zurückgeben. «Im Obstgarten meines Grossättis habe ich ein Ruderalprojekt verwirklicht.» Mit diesem Satz machte er auf das kleine, aber feine Biotop an der Altackerstrasse, einer viel befahrenen Quartierstrasse, aufmerksam. Auf einer Fläche von genau 100 Quadratmetern am südlichen Ende des familieneigenen Bungarts wurden Lebensräume für bedrohte Pflanzen und

Tiere geschaffen. Hier sollen einheimische Wildpflanzen in ihrer «bunten Vielfalt» wieder spriessen können. Ein Drittel dieser Pflanzenarten sind gemäss Büchli in der Schweiz «gefährdet oder bereits ausgestorben».

Ein Teamwork

Noch wichtiger ist die Schaffung von Lebens- und Rückzugsorten für bedrohte Kleintiere. Totholz, Kieshügel und Steinhaufen etwa sind für Amphibien und Reptilien gedacht, wobei man hier nicht an der Oberfläche blieb. Der sichtbare Teil des Steinhaufens sei nur «die Spitze des Eisbergs», steht auf der Infotafel am Rande des Biotops: Über einen Meter geht die potenzielle Heimat von Eidechse, Feuersalamander und Co. in die Tiefe, um so den Bewohnern ein frostsicheres Winterquartier bieten zu können. Besonders angetan haben es Theo Büchli die Wildbienen. Ohne diese fleissigen Bestäuber tragen etwa die berühmten Seetaler Hochstammbäume

keine Früchte. Für die Bienen wurde hier ein Hügel aus leicht lehmhaltigem Sand erstellt, der Brutgänge bis in eine Tiefe von 60 Zentimeter ermöglicht. Büchli weist darauf hin, dass die Ruderalfläche ein Gemeinschaftswerk ist. Geholfen haben ihm David Hegnauer und Christian Siegrist, Naturnahe Gestaltung. Zudem waren mit Alois Burch und Martin Schmid zwei Mitglieder des Natur- und Vogelschutzvereins dabei.

Die Gebühr für die Tafel

Theo Büchli will Vorbild sein: «Vielleicht ist dies ein Beispiel für andere, etwas Ähnliches zu realisieren.» Er hat sich für das Mini-Biotop einen Kostenrahmen von 10 000 Franken gesteckt. Ob die Summe reicht, weiss er noch nicht. Etwas hat ihn am Schluss gestört: Während für das Biotop selbst keine Baubewilligung nötig war, musste für die Infotafel, die Passanten auf Details aufmerksam macht, das Verfahren mit Publikation und den nötigen Gebühren von 350 Franken durchgespielt werden.

Als ich mir kürzlich ein Konto bei Airbnb, der Plattform zur Vermittlung privater Unterkünfte, zulegen wollte und ich aufgefordert wurde, meinen Pass zu fotografieren, meine Kreditkarteinformationen zu hinterlegen, die Wohnadresse zu erfassen und ein Profilbild von mir hinzuzufügen, wurde ich stutzig. Und dann habe ich es einfach gemacht: Ich habe mich angemeldet. Ich hatte keine Wahl. Ein Hotel in New York hätte das Dreifache gekostet. Angenommen, ich würde Wert auf Datenschutz legen und möchte allem Digitalen fernbleiben: Selbst dann ist es unmöglich, keinen digitalen Fussabdruck im Neuschnee des Internets zu hinterlassen. Auch wenn ich keinen Computer besässe, würden andere Daten von mir sammeln. Man kann also nur darauf vertrauen, dass Plattformen wie Airbnb nicht gehackt werden. Das Internet weiss vermutlich mehr über uns als der Staatssicherheitsdienst in der DDR knapp vor der Wende. Die Bürger fühlten sich zu Recht überwacht und unfrei. Wir aber lassen uns freiwillig überwachen – und dies sogar von nicht-staatlichen Firmen. Ich habe übrigens eine Visa-Kreditkarte, sie läuft im September 2019 ab, die Prüfzahl ist 597. Meine Kreditkartennummer müssen sie selber googeln. Rolf Kromer, Lenzburg


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