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LAUFENTAL LIESBERG

Donnerstag, 17. April 2014 Nr. 16

BRISLACH

Der Sprung auf die Bühne

«Posaune ist das beste Stück, das man spielen kann» keine «Hemmige hei». Musikalisch natürlich.

Zufrieden mit seinen Leuten: Dirigent Thomas Scherrer präsentiert seine Liesberger Brass Band. FOTO: BEA ASPER bea. Der Musikverein Brass Band Liesberg geht in der Programmgestaltung neue Wege und setzt auf die Nachwuchsförderung. «Einfach sensationell.» Nach der Zugabe verlangten die Zuschauer letzten Samstag noch weitere musikalische Leckerbissen. «Das beste Konzert aller Zeiten», sagten einige. Die Dorfbewohner klopften beim geselligen Zusammensein im Seemättli den Musikern der Brass Band Liesberg anerkennend auf die Schulter. «Experiment gelungen», freut sich Dirigent Thomas Scherrer. Er hat zusammen mit der Musikkommission der Brass Band dem Konzertabend eine besondere Note verliehen. Jahrhundert alte Klassiker wurden neu interpretiert und Pop-Ohrwürmer von Queen, Gotthard, George Michael und John Miles im Brass Band Klang wiedergegeben und mit zusätzlichen Instrumenten neu vertont. Spannung und Takt mit dem Schlagzeug – von Oliver Hendry – sowie Spezialeffekte mit der E-Gitarre – gespielt vom Laufner Gastsolisten Timon Düblin – sorgten für ein noch nie gehörtes Klangvergnügen am traditionellen Konzertabend im Frühjahr. Bei einem anderen Musikprojekt sei er auf den talentierten 14-jährigen Gitarristen aufmerksam geworden und da Düblin mit dem Schlagzeuger der Liesberger Brass Band befreundet sei, habe sich ein Zusammenspiel angeboten und sei im Verein auf positives Echo gestossen, erzählt Scherrer. Und für Nachwuchsmusiker ist ein solcher Konzertabend die Chance, auf der Bühne Erfahrung zu sammeln.

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Auch zum Herbstanlass Anfang September wollen die Liesberger Brass Band Mitglieder Neues ausprobieren: Geplant ist ein Duett mit der Brass Band Konkordia Zwingen am Samstag in Liesberg auf dem «Rössliplatz» und am Sonntag im Zwingener Schloss-Areal. «Natürlich werden wir die Besucher auch kulinarisch verwöhnen», verspricht Präsident Iwan Nussbaumer. Die Werbetrommel rührt er auch für die Nachwuchsförderung. Der Verein bietet interessierten Jugendlichen die Möglichkeit einer doppelten Ausbildung, zum einen in der Musikschule LaufentalThierstein, zum andern innerhalb des Vereins und mit Auftritten in der Juband. Der Verein will den Jugendlichen sogar die Instrumente zur Verfügung stellen. Mit einer modernen Auffassung und der ausgeklügelten Nachwuchsförderung wollen die Liesberger dem 135jährigen Verein die Zukunft sichern, erklärt Nussbaumer. «Natürlich freuen wir uns auch auf ältere Neumitglieder», meint der Präsident. Wie viele andere Dorf-Vereine haben auch Brass Bands zunehmend Mühe, Mitglieder langfristig zu binden und für jedes Instrument einen Spielenden zu finden. Ohne Musikverein würden all die Liesberger Dorfanlässe wie der Banntag und der Nationalfeiertag sowie Jubilaren-Feste verstummen. Und auf einen so wundervollen Anlass wie das Konzert vom Samstag möchten die Liesberger auf keinen Fall verzichten. Sie zeigen dies mit zahlreichem Erscheinen und tosendem Applaus und einer breiten Unterstützung als Passivmitglied.

Hommage an die Posaune: Rahel Bieli begeisterte mit ihrem tonakrobatischen FOTO: ROLAND BÜRKI Posaunensolo «The Acrobat».

Mit dem Frühling sprossen neue Ideen: Die «Junior Drummers» und «BrazzLine» setzten zusätzliche Farbtupfer ins bunte Jahreskonzert des unter neuer Leitung auftretenden Musikvereins.

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a rieben sich die die Leute in der Brislacher Turnhalle die Augen. Der Kontrast zwischen den feinen «Cha Cha Cha» rufenden Stimmchen der zwei Mädchen und fünf Knaben und dem wuchtigen Rhythmus

der Pauken, Trommeln und Xylophone hätte nicht grösser sein können. Die «Junior Drummers Laufental-Thierstein», angehende Schlagzeuger, zeigten etwa mit karibischen Klängen, was sie schon an Drive drauf haben. Den von ihrem Leiter Sebastian Schmid aufgezeigten Mangel an Schlagzeugern in der Region dürften die «Drummers» schon bald lindern helfen. Bleiben noch die andern elf jungen Leute, die nach dem Schluss des Jahreskonzertes die immer dünner besetzten Tischreihen in der Halle musikalisch aufmischten. Unter dem aussagekräftigen Namen «BrazzLine» spielte sich das Brass-Ensemble keck in die Herzen derjenigen, die zu Recht im Saal ausharrten. Ob als «Lustige Buam» (und Dirndl), als Blues- and Swingband oder beim schmusigen «Killing me softly», sie begeisterten einfach. Weil sie eben

Flottes Jahreskonzert Schon der rassige Auftakt mit dem Marsch «Army of the Nile» machte es deutlich: Der Musikverein Brislach wollte seine Gäste mit flotter Musik unterhalten. Aus «Freude an der Sache», wie der neue Dirigent Mathias Christ dem schlagfertigen Moderator des Abends, Colin Tresch, offenbarte. Seine Musikanten hätten für das Konzert hart gearbeitet, manchmal gar einiges über 22.00 Uhr hinaus. Erstes Beispiel dafür war «The Acrobat», ein schwieriges Solo gespielt von Rahel Bieli auf der Posaune. Laut dem nicht ganz unbefangenen Moderator «das beste Stück, das man in einer Musik spielen kann». Die Posaunistin begeisterte derart, dass sie es gleich nochmals so akrobatisch zum Besten geben musste. Joël Bieli im GrossvaterLook stand ihr in seinem EuphoniumSolo in nichts nach. Zwar rannte in «Grandfathers Clock» oder Grossvaters Uhr die Zeit immer schneller davon, doch Bieli wusste auch die schnellsten Passagen bravourös zu meistern. Dirigent Mathias Christ musste da mit dem Taktstock ganz ordentlich Gas geben. Urchig und bodenständig kam dagegen der «Swiss Ländler» daher, den Michael Bieri und Manuel Hügli als perfektes Cornet-Duett in einer lustigen FondueNummer servierten. Zu diesen Heimatgefühlen passten exakt der «Louenensee» oder der als Zugabe stark beklatschte Marsch «Brislach». Dem Publikum jedenfalls gefiel die Musikauswahl von Marsch- und Volksmusik über Blues bis hin zum Rock ausserordentlich, was sich in einer gelösten applaudierfreudigen Stimmung niederschlug. Beste Unterhaltung also, was der MV Brislach am letzten Wochenende bot und damit seine Zielsetzung erreichte.

IN EIGENER SACHE

Abschiednehmen auf dem virtuellen Friedhof Gedenkportale im Internet helfen Hinterbliebenen, mit ihrer Trauer umzugehen. Aber auch sonst stellt sich die Frage, was mit unserem digitalen Erbe geschehen soll. Viele Internetdienste schenken dem möglichen Tod ihrer Nutzer zu wenig Aufmerksamkeit. Raffael Schuppisser Am Grab von Julien brennen 3664 Kerzen. Die erste wurde im September 2012 angezündet, wenige Tage nachdem der zehnjährige Bub verstarb. Die letzte gestern Abend. Sie stammen von den Eltern, Verwandten und Freunden, aber auch von Fremden. Und alle Kerzen brennen noch - vielleicht werden sie nie erlöschen. Denn es handelt sich um virtuelle Kerzen. Auf einem Trauerportal im Internet haben die Eltern für ihren verstorbenen Sohn ein Profil eingerichtet. Dort können sie, auch eineinhalb Jahre nachdem ihnen Julien entrissen wurde, ihrer Trauer Ausdruck geben und symbolisch eine Kerze anzünden. «Du fehlst uns so sehr Schatzi», steht dort. Und Fotos zeigen, was für ein fröhliches Kind Julien einmal war. Die Trauer wird öffentlich Während die Friedhöfe in der realen Welt zunehmend verwaisen, boomen virtuelle Gedenkstätten im Internet. Die Portale heissen «trauer.de», «hommages.ch» oder «memorta.com». Dieser Tage lancieren auch die AZ Medien, Herausgerberin dieser Zeitung, mit «gedenkzeit.ch» ein eigenes Gedenkportal (siehe Box). Trauerportale sind virtuelle Friedhöfe, die von jedem Ort der Welt immer nur einen Klick entfernt sind. Wenn ein Freund am anderen Ende der Welt stirbt, bietet das virtuelle Grab einem die Möglichkeit, sich von ihm zu verab-

Egal, wo man sich auf der Welt befindet. Das virtuelle Grab ist immer nur einen Klick entfernt. FOTO: ISTOCKPHOTO schieden, ohne eine teure, beschwerliche Reise auf sich nehmen zu müssen. Virtuelle Gräber sind für alle erreichbar. «Eine neue Öffentlichkeit der Trauer entsteht», sagt die Soziologin Nina Jakoby von der Universität Zürich, die das Phänomen erforscht. Die Web-Memorials können zwar mit Passwörtern geschützt und so nur dem Bekanntenkreis zugänglich gemacht werden. Die meisten Nutzer verzichten aber darauf. So erhalten die Hinterbliebenen oft auch Mitgefühl und Verständnis von anderen. «Als ich die Anzeige von dem Kleinen sah, musste ich weinen. Ich wünsche den Eltern viel Kraft», schreibt etwa eine Mutter auf die Profilseite von Julien. Die Gedenkportale verändern aber das Abschiednehmen noch in einer anderen Hinsicht. In der westlichen Gesellschaft gäbe es neben der Bestattung keine wirklichen Trauerrituale, welche die Beziehung mit den Toten weiterführten, sagt Nina Jakoby. In unserem Alltag wird erwartet, dass die Hinterbliebenen nach einer Trauerphase den Schmerz überwinden und sich neu auf das Leben einstellen. «Die Portale im

Internet bieten den Menschen nun eine Möglichkeit, lang andauernde Trauergefühle auszudrücken und zu verarbeiten», erklärt die Soziologin. Neben den Trauerportalen bietet auch Facebook die Möglichkeit, Verstorbener zu gedenken. Nach dem Tod eines Facebook-Nutzers lässt sich dessen Profil in den «Gedenkzustand» versetzen. Das Profil ist dann nur noch für die Facebook-Freunde des Toten einsehbar, Gruppenzugehörigkeiten werden gelöscht. Familienangehörige und Freunde können jedoch weiter Posts anbringen. Auf Wunsch können die Hinterbliebenen sogar ein kurzes Rückblickvideo mit den wichtigsten auf Facebook geteilten Momenten und Fotos des Verstorbenen generieren lassen. Die Spuren der Verstorbenen Um das Profil in den «Gedenkzustand» zu versetzen, muss der Nachweis des Todes in Form einer Todesanzeige oder einer Sterbensurkunde erbracht werden. Gleiches gilt, wenn man das Profil löschen will – sofern man das Passwort des Verstorbenen nicht kennt. Reagie-

ren die Angehörigen nicht, bleibt das Profil bestehen. Alle 20 Sekunden stirbt irgendwo auf der Welt ein Facebook-Mitglied. Alleine in der Schweiz sind es hochgerechnet jährlich über 3000. Hält der Erfolg des sozialen Netzwerks an, könnten einmal mehr tote als lebende Nutzer auf dem Portal anzutreffen sein. Ein sinnvoller Umgang mit dem digitalen Nachlass von Verstorbenen ist deshalb nicht unwichtig. Doch nur die grossen Online-Dienste wie Facebook oder Google bieten dafür ein standardisiertes Verfahren an. «Die Mehrheit der Internetdienste beruft sich auf den Datenschutz und verweigert den Zugriff auf die Daten von Verstorbenen für Hinterbliebene kategorisch», sagt Elke Brucker-Kley, die an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) das Forschungsprojekt «Sterben und Erben in der digitalen Welt» leitet. Oft ist nicht klar, wo der Verstorbene im Netz überall seine Spuren hinterlassen hat. Verschiedene Anbieter wie Semno oder Columba haben sich deshalb auf das Aufspüren des digitalen Erbes spezialisiert. Um den digitalen Nachlass im Netz zu sichern, suchen die Spezialisten auf dem Computer und dem Smartphone des Verstorbenen nach Zugangsdaten. Sind die im Netz hinterlassenen Fotos, Dokumente, Filme und Musikstücke erst einmal gesichtet, stellt sich die Frage, was man damit macht. Die Daten löschen oder im Internet belassen? «Für Hinterbliebene kann diese Frage sehr belastend sein», weiss Elke Brucker-Kley. Digital sind wir unsterblich Wer es seiner Familie einfach machen will, regelt seinen digitalen Nachlass bereits zu Lebzeiten, indem er die Passwörter an seine nächsten Verwandten

hinterlegt - auch dafür gibt es Dienste im Netz wie etwa Death Switch oder Secure Safe oder Ziggur - und Anweisungen hinterlässt, was mit den Daten passieren soll. Dafür muss man sich aber zuerst einmal selber klar werden, wie man nach seinem Tod im Netz weiterleben möchte. Denn das Internet kann uns alle ein bisschen «unsterblich» machen so wie den grossen Dichtern ihre Werke zur «Unsterblichkeit» verholfen haben. Denn unsere Daten bleiben in der digitalen Sphäre konserviert. Sie sind zugänglich für alle, wer nach uns sucht, der findet uns. «Im virtuellen Raum wird eine Nähe zwischen Verstorbenen und Hinterbliebenen neu hergestellt», sagt Nina Jakoby. Die technische Entwicklung macht es möglich: Als digitale Identität überleben wir unseren Tod.

Neues Portal: Gedenkzeit.ch WoB. Ab sofort können Traueranzeigen und Danksagungen auch auf «gedenkzeit.ch», unserem neuen Trauer- und Gedenkportal, aufgeschaltet werden. Die Aufgabe von Todesanzeigen oder Danksagungen ist jetzt von zu Hause aus möglich. Für die Gestaltung stehen Muster, Hintergründe und Bilder zur Verfügung. Für jede Traueranzeige wird eine «Gedenkseite» für den Verstorbenen erstellt. Eine Gedenkseite bewahrt die schönen Momente und bietet einen Ort des Erinnerns. Angehörige nehmen Einträge im Kondolenzbuch vor oder zünden eine virtuelle Gedenkkerze an. Ergänzt wird das Angebot durch den «Ratgeber» zu den Themen Todesfall, Trauerhilfe und Bestattung sowie mit wichtigen Adressen aus der Region.


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