15_2021_Stadtanzeiger_Olten

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Wo sich Gottfried nicht über den Stutz ärgert,bin ich am richtigen Ort.

Olten, Donnerstag, 15. April 2021 | Nr. 15 | 89. Jahrgang | Auflage 34 383 | Post CH AG

Finja Basan Hey, du!

Finja Basan, Wahloltnerin und Kommunikationsmitarbeiterin. (Bild: Nathanael Frank)

Ursula Hellmüller, Geschäftsleiterin Suchthilfe Ost, und Simon Gomm von der Brauerei Dreitannenbier, konnten am letzten Samstag auf neue Öffnungszeiten und das hauseigene Leichtbier der Stadtküche anstossen. (Bilder: Franz Beidler)

Auftakt mit Würsten und Bier OLTEN KANN ZUKUNFT!

STADTKÜCHE OLTEN Am vergangenen Samstag waren die Oltner Stadtküche und die Kontakt- und Anlaufstelle zum ersten Mal seit Jahren wieder am Wochenende geöffnet. FRANZ BEIDLER

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ie Öffnungszeiten der Oltner Stadtküche und der Kontaktund Anlaufstelle wollte Ursula Hellmüller ändern, seit sie die Arbeit als Geschäftsleiterin der Suchthilfe Ost aufnahm. Das war Ende des letzten Sommers. «Schliesslich hört Sucht nicht freitags um fünf Uhr auf», sagte sie damals, als Stadtküche und Kontakt- und Anlaufstelle an Wochenenden noch geschlossen blieben. Am letzten Samstag, 10. April, wurde das Vorhaben nun erstmals umgesetzt: Neu ist die Stadtküche unter der Woche von 11.30 Uhr bis 19 Uhr und die Kontaktund Anlaufstelle von 12 Uhr bis 19 Uhr geöffnet. An Wochenenden öffnen beide Räumlichkeiten von 12 Uhr bis 16 Uhr ihre Türen. Mehrkosten entstehen dabei keine. Bisher waren die Stadtküche und die Kontakt- und Anlaufstelle von je zwei Mitarbeitenden betreut. Mit den angeglichenen Öffnungszeiten können nun drei Mitarbeitende sowohl die Stadtküche als auch die Kontakt- und Anlaufstelle betreuen. Zur Feier des Umbruchs wurden am Samstag in der Stadtküche Würste gebrätelt. Denn neben den neuen Öffnungszeiten schenkt die Stadtküche nun auch wieder eigenes Bier aus. Die Oltner Brauerei Dreitannenbier braut für die Suchthilfe Ost ein Leichtbier. Von nun an darf in der Stadtküche ausschliesslich dieses getrunken werden. Wer Zutritt zur Stadtküche hat, bekommt eine Stange für sechzig Rappen. Selbstverständlich sind daneben auch Tee oder Mineralwasser erhältlich.

Suchthilfe Ost fragt Dreitannenbier an

«Früher war hier eine Brauerei», kennt Hellmüller die Geschichte des Gebäudes der Suchthilfe Ost an der Aarburgerstras-

se. Das habe sie auf die Idee gebracht, dass die Suchthilfe eigenes Bier brauen könnte. «Wir wollten aber keine Brauereien konkurrenzieren», erklärt sie. Deshalb habe sie im Dezember des letzen Jahres bei der Oltner Dreitannenbrauerei angerufen. «Wir fanden das eine tolle Idee», erklärt Simon Gomm, Bierbrauer der Brauerei Dreitannenbier. Das Vorhaben passe zur Philosophie der Brauerei: «Massvoller und bewusster Konsum mit Genuss.» Noch vor Weihnachten trafen sich Hellmüller und die Brauer. «Wir wurden uns sehr schnell einig», berichten Gomm und Hellmüller. Für die Suchthilfe konzipierten sie ein Leichtbier mit einem Alkoholgehalt von nur 3,3 Volumenprozent. Anfangs März braute Dreitannenbier den ersten Sud à 550 Liter. Der zweite ist bereits in Produktion. In kleiner Charge ist das Leichtbier auch in Flaschen erhältlich. «Es ist aber ganz klar das Bier für die Suchthilfe», bekennt sich Gomm zur Zusammenarbeit. Der Auftrag kam für die Kleinbrauerei zu einem günstigen Zeitpunkt. «Wegen Corona brach unser Umsatz um achtzig Prozent ein», berichtet Gomm. Die Herausforderung, das passende Leichtbier zu brauen, nahm Dreitannenbier umso lieber an. Im geringen Alkoholgehalt stecke eine wichtige Botschaft, hält Hellmüller fest: «Man muss nicht immer gleich abstinent sein, sondern kann vielleicht auch mal etwas weniger konsumieren.» Sucht sei nicht einfach schwarz oder weiss. «Ebenso gefährlich ist die Vereinsamung, die oft damit einhergeht.» Mit dem eigenen Leichtbier kann die Stadtküche dem entgegenwirken und kommt mit den Betroffenen ins Gespräch.

Zugang dank eigenem Bier

«Das eigene Bier wird mir die Arbeit erleichtern», be- Patrizia Twellkräftigt Patrizia mann, AbteilungsTwellmann die leiterin StadtEinschätzung von küche/KontaktHellmüller. Twell- und Anlaufstelle. mann arbeitet seit dreizehn Jahren als Abteilungsleiterin der Stadtküche und der Kontakt- und An-

laufstelle. Schenkt sie das Bier selber aus, kann sie den Konsum besser einschätzen. «Und ich kann zum Beispiel mit den Leuten schon beim ersten Bier abmachen, wie viele es heute noch werden sollen.» Twellmann hält fest: «Kommt einer schon im Zickzack rein, dann kriegt er sowieso nichts mehr.» Dass sie in Zukunft das Verbot von mitgebrachtem Alkohhol durchsetzen muss, bereitet ihr keine Sorgen. «Wir haben einen guten Zugang zu den Leuten.» «Von den neuen Öffnungszeiten erhoffen wir uns, dass die Leute zu uns kommen, anstatt die Wochenenden auf der Strasse oder alleine zuhause zu verbringen», erklärt Twellmann. Seien die Stadtküche und die Kontakt- und Anlaufstelle geschlossen, fehlten vielen Betroffenen der soziale Kontakt. «Wir können zuhören», sagt Twellmann. Für viele sei die Gemeinschaft um die Suchthilfe Ost wie eine Familie.

Wegen den Leuten und dem Essen

Das streicht auch Roland heraus, der in der Zeitung nur mit Vornamen genannt werden möchte. «Ich komme wegen den Leuten und dem Essen.» An etwa drei Abenden die Woche sei er in der Stadtküche, um zu essen, zu plaudern oder Billard zu spielen. Vor allem im Winter wünsche er sich schon lange, dass die Stadtküche auch am Wochenende geöffnet ist. «Das Leichtbier mag ich sehr», hält er fest. «Ein Qualitätsbier aus Handarbeit.» Dass er seinen eigenen Alkohol nicht mehr konsumieren darf, stört ihn nicht. «So entsteht viel weniger Abfall.» Dem schliesst sich Rolands Tischnachbar an. «Die Leute nennen mich Iggypop», antwortet er auf die Frage nach seinem Namen. Er sei fast täglich in der Stadtküche. «Das neue Bier ist geschmacklich so gut, dass ich den geringeren Alkoholgehalt nicht bemerke», erklärt er und streicht heraus: «Wir kommen sowieso nicht zum Saufen hierher.» Das Wichtigste sei die Gemeinschaft. Deshalb wünsche auch er sich seit Jahren, dass die Stadtküche an Wochenenden geöffnet ist. Roland und Iggypop stellen klar: «An Samstagen und Sonntagen existieren wir schliesslich auch.» w w w. s u c h t h i l fe - o s t . c h

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allo Kurt, ich hoffe das Du ist für dich in Ordnung?», starte ich meine Mail an die mir unbekannte Person. Ist es. Mehr oder weniger. Der Trend zum Du liesse sich wohl genauso wenig wie das Altern aufhalten. In meiner Welt ist das Du normal. Es ist eine schwedische Gepflogenheit, die ich früh mit auf den Weg bekam. Meine Mutter hat viele Jahre für den gelbblauen Möbelriesen gearbeitet. Viele Geschäftsreisen gingen in den Norden. Ins schwedische Älmhult durfte ich mitkommen, einen Blick hinter die Kulissen werfen, und einige Ferientage verbrachte ich im schwedisch geprägten Hamburger Grossraumbüro. Hier wurde geduzt. Konsequent, über alle Hierarchien. Für mich auch jetzt noch völlig normal. Das Du als Entwicklung. Ich war überrascht und begann zu hinterfragen. Was kann das Du, was das Sie nicht kann? Und umgekehrt: Was verpasse ich beim Siezen? Kurt schreibt, Annett Louisan singe von der «Siezgelegenheit»: «Sagt man ‹Naja, ich bitte Sie› / Übt man Kritik voll Harmonie». Ist es das? Liesse sich mit dem Sie Kritik mit der nötigen Distanz äussern, damit sie genau so ankommt, wie sie gemeint ist? Ich lese mich ein. Das Siezen zeige Respekt. Das liesse für mich spontan die Schlussfolgerung zu, das Du sei respektlos. Oder wäre es nur respektlos einfach zu duzen, ohne vorher zu fragen? Für mich hängt Respekt von mehr als einem Wort ab, ist mehr der Umgang mit dem Gegenüber zwischen den Zeilen, abseits der Worte. Ich kann Kurt und Annett verstehen. Das Sie hat seinen Reiz, doch möchte ich es nicht hergeben, das Du, und bevorzuge es weiterhin. Auch wenn die Nähe, die man mit dem Du gewährt, angreifbar macht, sie vereinfacht auch. Aber: Ich frage nun weiterhin und bewusster, ob ok, das Du.


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