HZ Special «Marketing»

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Special marketiNg

«Kern jeder Strategie ist der gleiche»

Stefan Michel Der Jurypräsident des gfM-Marketingpreises über die auszeichnung im allgemeinen, den neuen gewinner im Speziellen und marktorientierte unternehmensführung.

IntervIew: SuSanne wagner

Sie haben auf dieses Jahr als Jurypräsident des GfM-Marketingpreises den langjährigen Vorgänger Manfred Bruhn abgelöst. Er war Marketingprofessor an der öffentlichrechtlichen Universität Basel und Sie sind Marketingprofessor an der privaten Kaderschmiede IMD in Lausanne. Wird nun alles anders? Stefan Michel: Sicher nicht. Der Präsident des Stiftungsrates steht ja nicht im Mittel­ punkt, sondern die GfM. Wir wollen Unter­ nehmen auszeichnen, die marktorientiert erfolgreich arbeiten. Für den Auswahlpro­ zess ist der gesamte Stiftungsrat zuständig. Wir hatten gute Diskussionen und einigten uns auf einen würdigen Preisträger. Also keine Revolution. Sind Sie ein Bewahrer? Natürlich wollen wir die GfM weiterent­ wickeln. Die Anforderungen ans Marketing ändern ständig und die GfM will der Marke­ tingpraxis in diesem Prozess helfen, zum Beispiel mit ihrer Forschungsreihe. Eine Revolution im Marketingpreis ist aber nicht notwendig, weil wir von den Kriterien über­ zeugt sind. Seit 1984 respektive 31 Jahren würdigt die GfM mit dem «Jahrespreis der Stiftung für Marketing in der Unternehmensführung» Persönlichkeiten und Organisationen, die sich durch herausragende Marketingleistungen ausgezeichnet haben. Was ist in die Moderne übersetzt darunter zu verstehen? Im Gegensatz zu anderen Preisen zeichnen wir nicht Kampagnen aus, sondern suchen Vorbilder für eine langfristige marktorien­ tierte Unternehmensführung. Selbstver­ ständlich haben sich die Parameter des Marketings stark verändert, aber der Kern jeder Strategie bleibt der gleiche: Sie müs­

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handelszeitung | Nr. 44 | 2015

sen erstens verstehen, was im Markt pas­ siert. Zweitens müssen Sie entscheiden, in welchen Segmenten Sie mit welchen Ange­ boten erfolgreich sein können. Und drittens müssen Sie dafür sorgen, dass die Organisa­ tion diese Strategie umsetzen kann und will. Solche Awards gibt es hierzulande quasi wie Sand am Meer. Was sind die Alleinstellungsmerkmale des GfM-Marketingpreises? Von den 30 Preisträgern seit 1984 ist erst eine Marke verschwunden. Das ist ein deut­ liches Zeichen für unsere Absicht, Unter­ nehmen mit nachhaltigen Strategien auszu­ zeichnen. Der Stellenwert des Marketings leidet global darunter, dass viele Geschäfts­ führer und Verwaltungsräte Marketing mit kurzfristigen Abverkaufsaktionen und farbi­ gen Broschüren verwechseln. Dabei achten wir auf die Dimension der Innovation und wollen Preisträger mit einem starken Bezug zur Schweiz auszeichnen.

«Wir achten auf die Dimension der innovation und wollen preisträger mit starkem Bezug zur Schweiz auszeichnen.» Die GfM zeichnet also nationale Vorbilder aus. Wie passt der diesjährige Preisträger Pilatus Flugzeugwerke in dieses Big Picture? Die Firma Pilatus hat mit dem PC­24 einen eigenen Businessjet entwickelt und erfolg­ reich auf den Markt gebracht. Dabei hat sie auf ihren Kernkompetenzen aufgebaut und das Kundenwissen in jedem Schritt des Prozesses integriert. Die Lancierung ver­ läuft äusserst erfolgreich – und der Fran­ kenschock vom 15. Januar 2015 trübt die Erfolgsaussicht kaum. Die Pilatus Flugzeug­ werke sind ein Vorbild für Schweizer Unter­

Der marketiNgexperte Name: Stefan Michel Funktion: Direktor executive MBa und Marketingprofessor am IMD; Jurypräsident gfM-Marketingpreis Alter: 48 Wohnort: Hünenberg Zg Ausbildung: Dr. oec. publ., universität Zürich Die Schule Das IMD ist eine privat geführte wirtschaftshochschule in Lausanne, die 1990 aus der Fusion zweier Kaderschmieden hervorgegangen ist. Die vorgänger waren von Konzernen primär für die ausund weiterbildung des eigenen Führungskräftenachwuchses ins Leben gerufene Bildungsstätten – die 1946 von alcan gegründete IMI in genf und die 1957 von nestlé gegründete IMeDe in Lausanne.

nehmen, die sich in einem globalen Markt und einer überbewerteten Währung be­ währen müssen – und die sich um die Ar­ beitsplätze in der Schweiz sorgen. Pilatus gehört nicht gerade zu den grossen Werbern? Im klassischen Business­to­Business­Mar­ keting hat Werbung einen ganz anderen Stellenwert als im Marketing für Konsum­ güter. Was uns jedoch besonders gut gefal­ len hat, ist der Einbezug der gesamten Bevölkerung bei der Präsentation des Jets am 1. August 2014. Ist die Bekanntheit von Pilatus mit Patron Oscar J. Schwenk nicht zu stark an eine Persönlichkeit gekoppelt? Viele erfolgreiche Firmen werden auf eine Person reduziert. Ich glaube nicht, dass Oscar J. Schwenk den Erfolg alleine seiner Arbeit zuschreibt, auch wenn er Grossar­ tiges geleistet hat. Einen Jet zu entwickeln und im globalen Markt einzuführen, ist im­ mer das Resultat eines Teams.


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