MANAGEMENT
Christoph Mussger setzte alles auf eine Karte – doch es war die falsche: Nachdem eine Richterin entschied, dass ihm kein Investitionsersatz für den Chevrolet-Rückzug zustehe, scheiterte auch das Nachfolgeprojekt. Von Dr. Friedrich Knöbl
Ein Foto aus besseren Zeiten: Christoph Mussger (l.) und Peter Schweighofer vor dem Autohaus in Deutschlandsberg
Analyse eines Scheiterns I
m Dezember 2012 sah die Welt für Christoph Mussger noch rosig aus. Mit Brief und Siegel bestätigte ihm die Chevrolet Austria GmbH, dass sein Kfz-Betrieb in Kapfenberg in Kürze einen Chevrolet-Markenvertrag bekommen werde. Allerdings habe er dafür einiges Geld in die Hand zu nehmen, um die Chevrolet-Standards zu erfüllen. Ende 2013 war dieser Traum zu Ende: General Motors hatte beschlossen, Chevrolet in Europa sterben zu lassen. Mussger blieb auf den für die Chevrolet-Standards erforderlichen Krediten sitzen. Im April 2015 versuchte er mit der Übernahme des Autohauses Schweighofer in Deutschlandsberg einen Neustart. Ein Jahr später urteilte das Handelsgericht Wien, dass GM für die frustrierten Investitionen der Chevrolet-Händler nicht haftet. Das veranlasste Mussger, seine Mussger-Schweighofer & Partner Automobil GmbH mit 130.000 Euro Passiva in Konkurs zu schicken.
Keinen Opel-Vertrag bekommen Mussger ist eines der größten Opfer des ChevroletUntergangs. Mit dem Totalumbau seines Betriebes und den damit verbundenen Kosten hatte er alles auf eine Karte gesetzt – auf Chevrolet. Kurz nach dem angekündigten Ende von Chevrolet sagte GM-Manager Mag. Alexander Struckl am 10. Jänner 2014 im Nachrichtendienst „AUTO-Information“: „Zwetschkenmarken mit 1 oder 2 Prozent Marktanteil stellen kein signifikantes Business-Modell dar.“ In diese Kategorie fallen Marken wie Alfa, Honda, Volvo, Mitsubishi – und mit 1,23 Prozent (2013) auch Chevrolet.
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GM hatte Ende 2013 angekündigt, Chevrolet bis Ende 2015 am Leben zu lassen. Allerdings haben die bereits zu Jahresbeginn 2014 entfalteten Aktivitäten den eindeutigen Schluss zugelassen, dass GM keinesfalls beabsichtigt, das Begräbnis so lange hinaus zu zögern. Viele Chevrolet-Händler waren hauptberuflich Opel-Händler. Sie wurden von Struckl aufgefordert, sich künftig verstärkt auf diese Marke zu konzentrieren. Damit sei der Verlust des Chevrolet-Geschäftes locker auszugleichen. Trotz anders lautender Lippenbekenntnis war somit bereits im März 2014 die europaweite GM-Strategie erkennbar, so bald wie möglich alle Opel-Partner mit Chevrolet als Zweitmarke exklusiv auf Opel einzuschwören. Der Rest sollte billig abgefertigt werden, um den Importladen schnell dicht zu machen.
Neustart in Deutschlandsberg Für Mussger war es fatal, dass er keinen Opel-Vertrag hatte – und von GM auch keinen bekam. Er musste schauen, ob er seine Chevrolet-Investitionen anderweitig nutzen kann. Er sah im Herbst 2014 die Möglichkeit, seinen Betrieb in Kapfenberg zu verpachten und in Deutschlandsberg mit einem Viermarkenbetrieb als Subhändler von Renault, Dacia, Kia und Mazda neu zu beginnen. Anfang 2015 wurden sich Mussger und Ing. Peter Schweighofer einig. Mit dem Pachterlös aus Kapfenberg sollten laufende Kreditraten abgedeckt werden – mit dem Investitionsersatz von Chevrolet die Kreditbelastung reduziert werden (siehe „AUTO & Wirtschaft“ 10/2015). Mussger ging davon aus, dass ihm ein Ersatz für frustrierte
AUTO & Wirtschaft • JULI/AUGUST 2016