Sonderheft Wild & Jagd_22

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in Südtirol Jagd Wild

So jagt Südtirol

Rund 6000 Jägerinnen und Jäger gibt es in Südtirol. Ihre Interessen vertritt der Südtiroler Jagdverband, er organisiert die Jagdaufsicht und informiert über Jagd und Wild. Landesjägermeister Günther Rabensteiner und der Geschäftsführer des Südtiroler Jagdverbandes, Benedikt Terzer, über das Weidwerk in Südtirol.

Günther Rabensteiner

Herr Landesjägermeister, wer darf denn in Südtirol zur Jagd gehen?

Günther Rabensteiner: Die Jägerinnen und Jäger sind bei uns Einheimische und kommen aus allen Einkommens- und Berufsschichten. In Südtirol hat nämlich jeder Einwohner die Möglichkeit, im Jagdrevier seiner Wohnsitzgemeinde die Jagd auszuüben. Die Voraussetzung dafür ist, dass er oder sie mindestens 5 Jahre ununterbrochen dort ansässig ist. Außerdem haben auch Eigentümer einer landwirtschaftlichen Fläche, die eine im Jagdgesetz definierte Mindestgröße haben muss, Anrecht auf eine Jagdkarte in dem betreffenden Jagdrevier. Es gibt zwar auch 51 Eigenjagdreviere, wo das Recht zur Jagdausübung beim jeweiligen Grundeigentümer bzw. beim Pächter der Eigenjagd liegt, diese nehmen zusammen aber nur rund 2 Prozent der Landesfläche ein. Die Jagd ist in Südtirol also keine elitäre Angelegenheit wie vielleicht anderswo.

Die Wildtiere werden ja nicht aufs Geratewohl erlegt, da gibt es genaue Abschusspläne, an die sich die Jäger zu halten haben? Wer legt diese Zahlen fest?

Benedikt Terzer: Wie in anderen Ländern auch, werden in Südtirol Wildtiere nicht wahllos und ohne Beschränkung bejagt. Für Reh-, Gams- und Rotwild erstellt eine Fachkommission jedes Jahr Abschusspläne, die genau festlegen, wie viele Tiere welcher Altersklassen erlegt werden sollen. Diese Kommission legt die Zahlen anhand mehrerer Faktoren fest. Dazu ge-

hören Zählungen und die Analyse der Altersstruktur anhand der getätigten Abschüsse der vergangenen Jahre. Die Reviere müssen diese Abschusspläne erfüllen, ansonsten können sie von der Landesverwaltung zur Kasse gebeten werden, wenn zu wenig Tiere erlegt worden sind und es im betreffenden Revier zu Wildschäden im Wald oder an den landwirtschaftlichen Kulturen kommt.

Es werden immer wieder Stimmen laut, die Jagd solle abgeschafft werden. Was entgegnen Sie da? Warum braucht es überhaupt die Jagd?

Rabensteiner: Wir leben in einer vom Menschen geprägten Landschaft, in der das natürliche Gleichgewicht aus dem Lot ist. Es braucht die Jagd, um die Bestände von Rot-, Gams- und Rehwild auf einem Niveau zu halten, das die Tragfähigkeit des Lebensraumes nicht übersteigt. Zu hohe Wildbe-

stände können nämlich Schäden am Jungwald verursachen. Auch die Forstbehörde betont, dass die Jäger wichtige Partner sind, um den Südtiroler Wald zu erhalten. Ein guter Teil der Wälder erfüllt eine wichtige Schutzfunktion, das bedeutet, er bewahrt Siedlungen und Straßen vor Muren und Steinschlägen. Angesichts des Vaia-Windwurfs 2018, der massiven Schäden durch Schneedruck im Jahr 2019 und dem aktuell akuten Problem mit dem Borkenkäfer wird die Jagd in Zukunft noch wichtiger sein, um die Verjüngung des Waldes zu unterstützen. Was dagegen die Landwirtschaft anbelangt, reicht ein Blick in andere Regionen, um zu verstehen, welche Schäden überhöhte Wilddichten anrichten. Allein die Toskana beklagt jedes Jahr Wildschäden in zweistelliger Millionenhöhe.

Terzer: Für die Notwendigkeit der Wildregulierung gibt es auch vor unserer Haustür ein gutes Beispiel. Wir müssen nur schauen, was im Nationalpark Stilfser Joch nach dem Jagdverbot im Jahr 1983 passiert ist. Das Rotwild hat sich dort derart stark vermehrt, dass schwerste Schäden am Wald entstanden sind. Auch Rom hat dann eingesehen, dass der Hirsch im Nationalpark reguliert werden muss. Dieselbe Situation haben wir auch im Schweizer Kanton Genf erlebt: Im Jahr 1974 ist dort die Jagd mittels Volksbefragung verboten worden. Die Wildbestände sind daraufhin so stark angestiegen, dass der Kanton staatlich besoldete Beamte als Jäger einsetzen musste. Und diese Wildhüter erlegen heute mehr Wild als die privaten Jäger vor dem Jagdverbot! Das Wild reguliert sich also nicht von alleine, weshalb auch in den allermeisten Nationalparks gezielt gejagt wird.

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„Dolomiten“-Sonderheft: „Wild & Jagd in Südtirol“, Oktober 2022

Herausgeber, Verlag und Druck: Athesia Druck GmbH, Bozen

Redaktion und Druckerei: Weinbergweg 7, 39100 Bozen, Tel. 0471/928888

Chefredakteur: Dr. Toni Ebner, Redaktion: Dr. Monika Knoll

Texte: Südtiroler Jagdverband

Titelbild: Burkhard Kaser

Layout: Athesia Druck GmbH, Tel. 0471/925358

Anzeigenkoordination: Lidia Galvan, „Dolomiten“-Anzeigenabteilung, Tel. 0471/925312, E-Mail: dolomiten.spezial@athesia.it

Jagen wurde in den letzten Jahren immer anspruchsvoller. Wir lernen immer mehr über die Ökologie und Wildbiologie, gleichzeitig wachsen die Anforderungen der Gesellschaft. Um dem gerecht zu werden, braucht es viel Erfahrung.
Foto: Nicol Santer
Benedikt Terzer

Das Jagdsystem in Südtirol

Frau Revierleiterin

Dass die Führung eines Reviers nicht unbedingt Männersache sein muss, beweist Karin Oberhammer. Seit über 20 Jahren ist sie nun schon Revierleiterin im Revier Innichen. Respekt und Rücksicht gegenüber Mensch und Tier sind der erfahrenen Jägerin die wichtigsten Werte, die sie in der Jagd, aber auch im Alltag ständig begleiten.

145 Jagdreviere gibt es in Südtirol. Fast überall sind sie deckungsgleich mit der Gemeindefläche.

NAnspruchsvolle Aufgabe: Revierleiter sind ehrenamtlich tätig – im Bild Revierleiterin Karin Oberhammer in ihrem Element, inmitten der prächtigen Natur.

eben diesen Jagdrevieren kraft Gesetzes, wo die Gemeindeansässigen jagen dürfen, gibt es in Südtirol noch 51 Eigenjagdreviere. Dort liegt das Recht der Jagdausübung beim jeweiligen Grundeigentümer bzw. beim Pächter der Eigenjagd. Auf 16 Prozent der Landesfläche ist die Jagd gänzlich verboten oder aber stark eingeschränkt, nämlich im Schongebiet Nationalpark Stilfser Joch und in den Wildschutzgebieten und Biotopen des Landes.

Blick ins Jagdrevier

Was in einer Gemeinde der Bürgermeister, ist im Revier der Revierleiter. Seine Aufgaben und Zuständigkeiten sind sehr vielfältig und verlangen der Person, die dieses Amt ehrenamtlich übernimmt, einiges ab.

Der Revierleiter vertritt das Revier von Rechts wegen. Er ist verantwortlich für die Führung der Mitglieder und sorgt unter anderem auch für die Umsetzung der jagdlichen Regelungen. Der Revierleiter ist Ansprechperson für die Fragen vonseiten der Jäger und oft auch das Bindeglied zwischen Jägern und Behörden.

Frau Oberhammer, Sie sind seit 25 Jahren aktive Jägerin. Was hat Sie dazu bewegt, dieses Handwerk zu erlernen?

Karin Oberhammer: Die Jägerei liegt mir in den Genen. Mein Urgroßvater und mein Großvater gingen zur Jagd. Mein Vater ist immer noch aktiver Jäger. Ich selbst habe die Jägerprüfung erst mit 30 gemacht, da hatte mein Vater die Hoffnung schon aufgegeben, dass aus mir noch mal eine Jägerin wird. Die Jagd gibt mir sehr viel. In die Natur gehen, das Beobachten, die Spannung, ob Wildtiere in Anblick kommen oder nicht. Jeder Tag ist anders. Kein Jagdgang ist mit einem anderen vergleichbar. Es ist vollkommen unvorhersehbar,

was passiert. Und egal wie lange man schon Jäger ist, man hat nie ausgelernt. Die Natur hat ständig neue Überraschungen parat. Außerdem genieße ich auch den Ausgleich, den ich in der Natur finde. Da kann ich meinen Gedanken freien Lauf lassen. Schon so manch wichtige Entscheidung im Leben habe ich auf einem Hochsitz getroffen. Wenn es mir dann ab und zu gelingt, ein passendes Stück Wild zu erlegen, dann rundet das die ganze Sache zusätzlich ab.

Sie sind außerdem seit 21 Jahren Revierleiterin von Innichen. Wie wird man denn Revierleiter?

Oberhammer: Der Revierleiter wird alle 5 Jahre von den Jägern des Revieres gewählt. Die Voraussetzung ist, dass man Mitglied des betreffenden Revieres ist. Bei mir war es so, dass ich schon 2 Jahre vorher Schriftführerin und Kassierin im Revier Innichen war. Als der damalige Revierleiter dann zurückgetreten ist, hat er mich für dieses Amt vorgeschlagen. Da war ich erst 3 Jahre Jägerin und hatte noch viel Erfahrung zu sammeln. Zu Beginn musste ich schon noch mit etwas Gegenwind kämpfen und hatte weiß Gott nicht alle auf meiner Seite, aber mit der Zeit habe ich mir dann die Unterstützung fast aller mit einer geraden Linie erarbeiten können und mir ein dickeres Fell zugelegt. Mein Beruf als Ortspolizistin hat dabei sicher auch geholfen.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Jagd über die Jahre? Ist die Jagd zukunftsfähig, so wie sie zurzeit ausgeübt wird?

Oberhammer: Ich glaube schon, dass die Jagd, wie wir sie in Südtirol betreiben, zukunftsfähig ist. Unser soziales Reviersystem, wo jede Person unabhängig von Stand und Einkommen zur Jagd gehen kann, sehe ich sehr positiv. Es ist wichtig, dass wir Mensch und Tier gleichermaßen mit Respekt begegnen und die Zeichen der Natur lesen und verstehen lernen. Wir Jäger müssen uns an einen Abschussplan halten, der von Fachgutachten begleitet wird. Wir können nicht einfach schießen, was wir wollen, und das ist auch gut so. Die Zählungen und die Analyse der vergangenen Jagdstatistiken garantieren, dass wir die Natur nachhaltig nutzen. Wir tragen die Verantwortung dafür, sorgsam mit der Natur umzugehen, damit auch die künftigen Generationen diesen Schatz nutzen können.

Die Jagd wird von Teilen der Gesellschaft kritisch gesehen. Was leistet die Jagd Ihrer Meinung nach für die Öffentlichkeit?

Oberhammer: Das mag abgedroschen klingen, aber ich sehe uns Jäger und Jägerinnen wirklich als Heger und Pfleger der Wildtiere und der Natur. Ganz einfach, weil wir Jäger rund ums Jahr im Revier sind und den Zustand des Wildes im Auge haben. Sehr viele Reviere führen beispielsweise gezielte Projekte zur Lebensraumverbesserung für die Raufußhühner wie Auerund Birkwild durch. Über die Jagd versuchen wir zu vermeiden, dass es zur Überpopulation kommt und die Wildtiere durch Seuchen elend zugrunde

Die Ortspolizistin ist begeisterte Jägerin und seit über 20 Jahren auch Revierleiterin in Innichen. Fotos: Karin Oberhammer

gehen. Auch bei Wildunfällen sind die Jagdaufseher und Revierleiter wichtige Ansprechpersonen, und das rund um die Uhr.

Jagd wird oft als „Männersache“ gesehen. Die Anzahl der Jägerinnen steigt jedoch stetig an. Von den rund 6000 Südtiroler Jägern sind derzeit 382 Frauen, das sind 6,4 Prozent. Jagen Frauen anders?

Oberhammer: Ich denke, die Passion für die Jagd hat nichts mit dem Geschlecht zu tun. Wir Frauen bringen aber sicher andere Fähigkeiten ein, die unsere männlichen Jagdkollegen vielleicht nicht so haben. Oft sind wir etwas zurückhaltender und gehen bestimmte Dinge überlegter an. Wenn es jedoch darum geht, einen Gamsbock vom Berg ins Tal zu tragen, dann bin ich ehrlich gesagt schon froh, wenn ein Mann hilft. Ich denke, wir Jägerinnen müssen uns nicht verstecken und auch niemandem etwas beweisen. Auf jeden Fall freut es mich, dass es immer mehr Jägerinnen gibt.

DIE BESTE LÖSUNG

Mit neuestem Know-how,

Karin Oberhammer

Im Einsatz

für das Jungwild

Im Mai und Juni bringen viele Tiere ihre Jungen zur Welt.

Gleichzeitig beginnt in den meisten Gegenden die Heumahd.

Eine gefährliche Zeit für Rehkitze, Hirschkälber und Junghasen.

Vor dem grausamen Tod durch Mähmaschinen gerettet: ein Rehkitz

Rehgeißen legen ihre Kitze in den ersten Wochen nach der Geburt im hohen Gras ab und suchen sie nur zum Säugen auf. Das Kitz hat in dieser Zeit keinen Fluchtinstinkt. Bei Gefahr drückt es sich nur fest auf den Boden und hofft auf seine gute Tarnung. Hirschkälber und Junghasen machen es ähnlich. Dieses Verhalten wird vielen Jungtieren zum Verhängnis, wenn die Mähmaschinen anrücken, denn oft fällt die Setzzeit mit der ersten Mahd der Wiesen zusammen. Jedes Jahr machen sich Jäger, Jagdaufseher, Landwirte und Freiwillige auf, um den grausamen Mähtod vieler Hunderter Jungtiere zu verhindern. In diesem Jahr wurden rund 1300 Rehkitze gerettet, das sind so viele wie noch nie.

Bunt, laut und immer in Bewegung

Die Jungtiere im hohen Gras zu erkennen, ist gar nicht so einfach. Dafür gibt es mehrere Methoden: Am Tag vor der Mahd versucht man, die Rehgeiß mit verschiedenen Mitteln zu verscheuchen, damit sie ihre Kitze aus der Wiese bringt. Je greller, bunter und lauter, desto wirkungsvoller die Scheuche. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Von selbst gebastelten Attrappen aus alten Kleidern und Blechdosen über die gelben Warnblinker der Feuerwehr bis hin zu Rasierschaum und Piepsgeräten ist alles dabei. Wichtig ist, dass die Scheuchen nicht bereits mehrere Tage vor der Mahd aufgestellt werden, da sich die Tiere sonst an sie gewöhnen, sobald sie feststellen, dass keine Gefahr von den bunten, tönenden Gestalten ausgeht.

Moderne Technik

Am Tag der Mahd selbst gilt es dann, die noch in der Wiese verbliebenen Tiere zu finden und aus dem Gefahrenbereich zu bringen. Auch dafür gibt es verschiedene Techniken. Immer mehr Jagdreviere setzen hier Drohnen ein. Mittels Wärmebildkamera kann in relativ kurzer Zeit eine große Fläche abgesucht werden. Das Fliegen mit der Drohne ist allerdings nur in den frühen Morgenstunden und in den Abendstunden sinnvoll, wenn der Boden nicht zu stark von der Sonne aufgeheizt ist. Ansonsten werden nicht nur die Kitze, sondern auch Maulwurfshügel und Steine als Wärmequellen im Wärmebild dargestellt, da diese die Sonnenenergie lange speichern. Alternativ zum Drohneneinsatz werden die Flächen zu Fuß abgesucht.

Der Kitzretter

Einer, der sich in Sachen Rehkitzrettung sehr gut auskennt, ist der Jagdaufseher Andreas Gasslitter. Er ist für das Jagdrevier Kastelruth zuständig und kümmert sich dort seit vielen Jahren unter anderem um die Rehkitzrettung.

Herr Gasslitter, wie läuft eine Kitzrettung ab?

Andreas Gasslitter: Am Vorabend teilen wir immer die Flüge für den nächsten Morgen ein. Start mit der Drohne ist meist um 4.30 Uhr in der Früh, und dann fliegen wir bis maximal 7,30 Uhr, solange die Sonneneinstrahlung noch nicht zu stark ist. Wenn ich selbst mit der Drohne fliege, habe ich immer 2 zusätzliche Personen bei mir, die mit mir auf den Bildschirm schauen. Als Pilot muss ich ja auch darauf achten, wo die Drohne hinfliegt, damit sie nicht gegen ein Hindernis prallt und abstürzt. Wenn es nach Sonnenaufgang dann noch Wiesen gibt, die abzusuchen sind, gehen wir vor der Mähmaschine oder dem Traktor her und halten im hohen Gras nach Kitzen Ausschau. Dabei ist es wichtig, dass man genügend freiwillige Helfer hat, damit jede Person mit Ruhe den zugeteilten Mähstreifen absuchen kann. Hektik ist da fehl am Platz, denn so ein kleines Rehkitz übersieht man schnell. Wenn man ein Kitz findet, wird es in Sicherheit gebracht und während der Mahd in einer Kiste verwahrt, damit es nicht unbemerkt wieder ins hohe Gras huscht. Nach der Mahd wird das Kitz möglichst an denselben Ort wieder zurückgelegt, an dem man es gefunden

hat, damit sich Mutter und Jungtier auch wieder finden.

Wie funktionieren die Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Landwirten?

Gasslitter: Bei uns in Kastelruth haben wir die Überwachung der Mähwiesen auf die Jäger des Reviers aufgeteilt. Die Jäger und Jägerinnen kontrollieren dann die ihnen zugeteilten Flächen in den Wochen vor der Mahd, damit man schon vorher einen Überblick hat, ob Rehgeißen vor Ort sind oder nicht. Die Landwirte teilen dem zuständigen Jäger mit, wann sie das Heu ernten möchten, und dieser leitet es dann an mich weiter. Wichtig ist, dass die Landwirte nicht zu kurzfristig Bescheid geben, damit wir die Arbeit gut einteilen können. Schließlich müssen auch Helfer organisiert werden. Ich muss sagen, die Zusammenarbeit mit den Landwirten wird immer besser, und die Rückmeldungen sind durchaus positiv. Wenn die Landwirte sehen, dass die Sache gut funktioniert, dann melden sich die meisten gerne im darauffolgenden Jahr wieder.

Wie hat sich die Rehkitzrettung in den letzten Jahren entwickelt?

Gasslitter: Früher haben wir viel mit selbst gebauten Rehscheuchen gearbeitet, die am Tag vor der Mahd in der Wiese aufgestellt wurden. Am Tag der Mahd selbst haben wir dann mit mehreren Leuten die Wiese abgesucht. Im Jahr 2017 kam dann die erste Drohne mit Wärmebildkamera zum Einsatz, die wir damals gemeinsam mit der Freiwilligen Feuerwehr von Kastelruth angekauft haben. Das war ein großer Fortschritt. Trotzdem bin ich aber der Meinung, dass eine Kombination aus den verschiedenen Techniken und Methoden zur Kitzrettung am effektivsten ist.

Es gibt immer wieder Stimmen, die sagen: Die Jäger retten die Kitze nur, weil sie die Rehe selber schießen wollen. Was antworten Sie da?

Gasslitter: Wer das sagt, hat noch nie gesehen, welche Qualen ein Kitz durchmacht, wenn es unter die Mähmaschine kommt, und noch nie gehört, wie so ein Kitz schreit. Die meisten Kitze sind nämlich nicht auf der Stelle tot, sondern gehen elend zugrunde. Die Rehgeiß kommt noch tagelang zu der Stelle, wo sie das Kitz abgelegt hat, und ruft ihr Junges. Wir retten die Kitze nicht, weil wir mehr Wild im Revier haben wollen, wir retten die Kitze, um den Tieren dieses Leid zu ersparen. Das hat nichts mit jagdlicher Berechnung zu tun, sondern mit Tierschutz. Auch für die Landwirte ist es alles andere als lustig, wenn sie ein Kitz zermähen. Wenn ein Kadaver unbemerkt im Heu verwest, kann außerdem das Heu vergiftet werden. Es hat schon Fälle gegeben, wo die Kühe an diesem verseuchten Heu eingegangen sind.

Südtirols Jagdaufseher: Immer im Dienst

Rund 70 hauptberufliche Jagdaufseher leisten in Südtirols Revieren ihren Dienst. Ihr Aufsichtsgebiet darf nicht größer als 10.000 Hektar sein, so sagt es das Gesetz. Jagdaufseher sind Experten in den Bereichen Wildkunde, Wildkrankheiten, Lebensraum, Waffen, Wildbrethygiene, Jagdhunde und Jagdrecht. Sie haben die Wildtierbestände im Auge und wachen über deren Gesundheit und Schutz. Daneben koordinieren sie die Kitzrettung und nehmen die Wildzählungen vor, welche als Grundlage für die Abschusspläne dienen. Die Jagdaufseher wirken bei der Wiederansiedlung des Steinbockes mit und werden gerufen, wenn Wildtiere bei Verkehrsunfällen verletzt werden oder wenn sich diese in Zäunen und Drähten verfangen.

Naturtalente auf vier Pfoten

Wo Jäger sind, da sind auch Jagdhunde. Und genauso wie es verschiedene Jagdarten gibt, gibt es auch speziell für bestimmte Zwecke gezüchtete Rassen.

Den Jagdhunden wird ein guter Teil ihrer Fähigkeiten also schon in die Wiege gelegt. Der Rest ist aber dann doch noch ein gutes Stück Arbeit für Herrchen und Frauchen, bis aus dem vierbeinigen Naturtalent ein firmer Jagdhund wird.

Bracken

Für die Hasenjagd sind Bracken und Brackenmischlinge am besten geeignet. Mit ihrer feinen Nase spüren sie Feld- oder Schneehasen auf und folgen ihnen, ohne diese allzu sehr aus der Ruhe zu bringen. Dabei gibt die Bracke Laut, das heißt sie bellt, sodass der Jäger weiß, wie der Hase läuft.

Rassen: Brandlbracke, Tiroler Bracke, Rauhaarbracke

Vorstehhunde

Auch die Aufgabe der Vorstehhunde ist es, nach Wild zu suchen, vor allem nach Federwild. Wenn ein Vorstehhund zum Beispiel eine Ente ausgemacht hat, bleibt er stocksteif stehen, bis der Jäger kommt. Dabei winkelt er einen der Vorderläufe an, um seinen Fund anzuzeigen. Er „steht vor“, sagt der Weidmann.

Rassen: Setter, Münsterländer, Deutsch-Drahthaar, Deutsch-Kurzhaar

Bauhunde

Für die Baujagd braucht man kleine Hunde. Sie haben nämlich die Auf-

gabe, den Fuchs aus seinem unterirdischen Bau herauszutreiben. Bauhunde sind unerschrockene, kleine Draufgänger. Die Baujagd wird in Südtirol kaum noch praktiziert, doch Bauhunde sind auch sehr gut für die Suche nach verletztem Wild geeignet.

Rassen: Jagdterrier, Dackel

Apportierhunde

Besonders bei der Entenjagd sind Apportierhunde unerlässlich. Sie holen das erlegte Federwild aus dem Wasser und bringen es dem Jäger. Apportierhunde sind heute beliebte Familienhunde, sodass sich bei ihrer Zucht eine Arbeitslinie für sportliche Jagdhunde und eine sogenannte Showlinie für ruhige Familienhunde ausgebildet hat.

Rassen: Labrador Retriever, Golden Retriever

Schweißhunde

Schweiß, so nennt der Weidmann das Blut des Wildes. Schweißhunde folgen also der Fährte kranker oder verwundeter Tiere. Nachsuche heißt das in der Jägersprache. Schweißhunde kommen zum Beispiel zum Einsatz, wenn bei einem Straßenunfall Wild verletzt wurde. Es sind ruhige, ausgeglichene Hunde und bilden mit ihrem Herrchen und Frauchen ein eingespieltes Team.

Rassen: Hannover’scher Schweißhund, Bayerischer Gebirgsschweißhund, Dachsbracke

Apportierhund
Vorstehhund
Schweißhund
Bauhund
Bracke Foto: Leo Werth

Ein gutes Team

Paul Gassebner ist Jagdaufseher im Revier Kastelbell-Tschars. Er und sein Bayerischer Gebirgsschweißhund Bruno sind ein gutes Team. Man sieht die beiden praktisch nie allein. Auf rund 5000 Hektar Fläche wachen sie über die Gesundheit des Wildbestandes und die Einhaltung der Jagdgesetze. Auch wenn ein Wildunfall passiert, werden Paul als Jagdaufseher und Bruno als geprüfter Schweißhund gerufen, um das verletzte Tier zu finden und von seinem Leiden zu erlösen.

gut

Herr Gassebner, wie oft passieren denn Wildunfälle auf unseren Straßen?

Paul Gassebner: Im vergangenen Jahr wurden in Südtirol 931 Wildunfälle gemeldet. Die Dunkelziffer wird wohl viel höher sein, weil manche Autofahrer bei einem Wildunfall einfach weiterfahren. Doch selbst wenn der Lenker sieht, wie das angefahrene Tier scheinbar unverletzt weiterläuft, ist es nach einem Aufprall fast immer schwerst verletzt und geht an inneren Verletzungen ein. Die bei Weitem meisten Unfälle passieren mit Rehwild, aber auch Rotwild, Dachs, Fuchs und Hase werden oft überfahren. Die Unfallursache ist meist überhöhte Geschwindigkeit.

als reinen Familienhund anzuschaffen. Jagdhunde brauchen viel Auslauf und Beschäftigung, damit sie ausgelastet sind. Dann funktioniert das Zusammenleben meist gut. Natürlich gibt es auch Jagdhunderassen, die sich besser zum Familienhund eignen als andere, zum Beispiel der Labrador und der Golden Retriever.

Sie sind nicht nur Jagdaufseher, sondern auch Präsident der Vereinigung der Südtiroler Schweiß- und Gebrauchshundeführer. Warum müssen denn Hunde zur Nachsuche und ihre Führer eine eigene Prüfung ablegen?

Gassebner: Diese Hunde sind vielleicht die wichtigsten aller Jagdhunde, denn ihre Aufgabe ist es, Tierleid abzuwenden. Der Führer muss sich darauf verlassen können, dass sein Hund einzig und allein der Fährte des verletzten Tieres folgt. Und auch für die Jägerinnen und Jäger, die diese Aufgabe übernehmen und so einen Hund führen, ist es eine große Verantwortung und viel Arbeit, auf die sie vorbereitet sein müssen. Nicht zu vergessen ist dabei auch das Risiko für Herr und Hund bei der Sucharbeit im unwegsamen Gelände.

Sie sind selbst zweifacher Hundebesitzer. Eignen sich Jagdhunde als Familienhunde?

Gassebner: Ja und nein. Meine beiden Jagdhunde sind zwar Teil der Familie, und ich halte sie in unserer Wohnung. Dennoch würde ich niemandem empfehlen, einen Jagdhund

Der Jäger und sein Jagdhund: Was macht dieses Duo so besonders?

Gassebner: Ein Jagdhund ist ein toller Partner. Er ergänzt den Jäger mit Nase, Scharfsinn und Jagdpassion. Nicht umsonst wurde der Wolf vor Tausenden Jahren domestiziert, weil das Zusammenspiel mit dem Menschen einfach gut funktioniert. Wenn ich mich mit meinem Hund auch ohne Kommandos verstehe, wenn wir gemeinsam als Team etwas erreichen, ist das ein ganz besonderes Gefühl. Der Lohn für sehr viel Arbeit, Mühe und Zeit.

Vorsicht: Wild!

Statistisch gesehen springen in Südtirol jeden Tag 2 Rehe oder Hirsche einem Fahrzeuglenker vors Auto. Dabei entstehen bei Wildunfällen jährlich 2 Mio. Euro Sachschaden an Fahrzeugen. Viele Jagdreviere sind in Sachen Wildunfallverhütung aktiv und bringen blaue Reflektoren am Straßenrand an. Diese lenken das Scheinwerferlicht so in das Gelände um, dass das Wild zurückweicht und nicht auf die Fahrbahn springt, wenn ein Fahrzeug kommt.

Paul Gassebner
Ein eingespieltes,
ausgebildetes Duo: Bruno und Herrchen Paul Gassebner

Als es noch kein Handy gab

Ursprünglich war das Jagdhorn als Mittel der Verständigung zwischen Jägern auf weite Distanz gedacht, da die Hornsignale weithin zu hören sind.

Aufruf zum Sammeln, Aufbruch zur Jagd, Jagd vorbei … dort, wo Gesellschaftsjagden auch heute noch gebräuchlich sind, ist es für die Sicherheit unverzichtbar, dass die Jäger sich aus der Ferne verständigen können und die Bedeutung der verschiedenen Hornsignale kennen. Nicht zuletzt, wenn das Handy keinen Empfang hat.

Dem erlegten Wild Ehre erweisen

Das Jagdhornblasen ist aber auch ein Zeichen guten Weidwerks. Nach der Jagd erweisen traditionsverbundene Jäger dem erlegten Wild die letzte Ehre, indem sie „die Strecke

verblasen“. Da gibt es für jede Wildart ein eigenes Hornsignal. Seit dem Barock hat das Jagdhornblasen auch eine schmückende musikalische Rolle bekommen. In Südtirol ist das Jagdhornblasen relativ jung. Wohl auch deshalb, weil es bei uns keine Treibjagden gibt, wo das Jagdhorn als Mittel der Verständigung dient. Die erste offizielle Bläsergruppe wurde erst 1966 gegründet. Heute gibt es in Südtirol 29 Jagdhornbläsergruppen mit 261 Mitgliedern. Sie zaubern den stimmungsvollen musikalischen Rahmen zu vielen jagdlichen Festlichkeiten.

Zwei Arten von Hörnern

Es gibt verschiedenste Arten von Jagdhörnern. In Südtirol ist das Parforcejagdhorn sehr gebräuchlich. Es stammt aus der Zeit der prunkvollen Reitjagden im Mittelalter und konnte mit seinem großen Durchmesser von rund 50 Zentimetern leicht über die Schulter gehängt werden, sodass der Reiter beide Hände zum Halten der Zügel frei hatte. Das kleinere FürstPless-Horn wird vor allem als Signalinstrument bei der Jagd verwendet. In Südtirol wird es relativ selten gespielt. Es gibt aber den einen oder anderen Jagdhornbläser, der das leichte, handliche Horn mit auf die Jagd nimmt und dem erlegten Tier damit die letzte Ehre erweist. Ein wirklich schöner Brauch, wenn der erhebende Hörnerklang durch den Wald tönt.

Die Jagdhornbläserin

Wenn sie von der Jagd und vom Jagdhornblasen erzählt, strahlt sie noch mehr als sonst. Stephanie Gapp aus Naturns ist Jägerin und eine der 23 Jagdhornbläserinnen Südtirols.

Das Jagdhornblasen ist ein eher ungewöhnliches Hobby für eine junge Frau. Wie sind Sie zum Jagdhornblasen gekommen?

Stephanie Gapp: Das Jagdhorn hat mich immer schon fasziniert und die Gänsehaut, die ich schon als Kind bekam, sobald die Hörner einer Bläsergruppe erklangen, habe ich bis heute. Als ich dann als junge Jägerin dem Revier Naturns beigetreten bin und

Die Gruppe „Hubertusbläser Naturns“ ist aus Mitgliedern mehrerer Reviere zusammengewachsen. Mittlerweile ist neben Stephanie noch eine weitere Jagdhornbläserin mit von der Partie.

bald darauf gefragt wurde, ob ich in der Bläsergruppe mitspielen möchte, habe ich zugesagt.

Welche Voraussetzungen sollte man als Jagdhornbläser mitbringen?

Gapp: Am wichtigsten sind die Leidenschaft und der Spaß am gemeinsamen Musizieren. Ein gutes Gehör und Musikalität sind von Vorteil, denn das Jagdhornblasen erlernt man am besten beim Zusammenspiel in der Gruppe. Und ab und zu braucht man auch eine gute Portion Humor (lacht).

Unsere Gruppe „Hubertusbläser Naturns“ steht auch Nichtjägern offen. Es reicht die Freude zur Musik und zur jagdlichen Tradition. Wenn man schon ein Blasinstrument spielen kann, fällt der Anfang natürlich leichter. Ich selbst habe davor weder ein Instrument gespielt noch die Noten lesen können, aber mit einigen Stunden beim Musiklehrer, viel Übung und etwas Geduld meiner Kollegen habe ich das Jagdhornblasen dann doch recht bald erlernt. Nach kurzer Zeit hieß es dann schon mitspielen. Bei den ersten Auftritten habe ich allerdings noch ein bisschen leiser gespielt als meine Kollegen …

Sie sind seit 8 Jahren bei den Naturnser Hubertusbläsern. Wie sieht denn der musikalische Alltag einer Jagdhornbläserin aus?

Gapp: Wir proben einmal die Woche. Dazu kommen dann noch eine ganze Reihe von Auftritten, Wild verblasen, Hubertusfeiern, Geburtstage, Auf-

tritte mit anderen Gruppen, Ausflüge … also muss man schon auch ein wenig Zeit mitbringen. Aber der Spaß und der Zusammenhalt, den wir in unserer Gruppe haben, wiegt das alles bei Weitem auf. Es ist richtig flott, zur Probe zu gehen.

Das klingt, als wäre es nie langweilig. Was ist denn Ihr lustigstes Erlebnis als Jagdhornbläserin?

Gapp: Oh je, das darf ich hier nicht erzählen (lacht) … Unsere Gruppe ist immer gut gelaunt unterwegs, da würden mir viele Erlebnisse einfallen … Wir sagen immer: Was in der Gruppe ist, bleibt unter uns. Auf jeden Fall kommt das Gesellige nie zu kurz, wobei wir schon ernsthaft proben, so ist es nicht.

Sie sind seit 10 Jahren Jägerin im Revier Naturns. Wieso sind Sie Jägerin geworden?

Gapp: Ich habe einige Jahre auf einer Alm gearbeitet, die sich im Jagdrevier Naturns befindet, und habe dort sehr viel mitbekommen vom Drumherum der Jagd. Die leidenschaftlichen Erzählungen der Jäger, die bei uns eingekehrt sind, und ihre Freude über einen Abschuss oder über einen schönen Tag am Berg haben mich einfach fasziniert. In meiner Familie hat es damals keine Jäger gegeben. Heute gehen mein älterer Bruder und ich gerne auch einmal gemeinsam auf die Jagd.

Wer sich für das Jagdhornblasen interessiert, kann sich gerne an eine der 29 Gruppen des Landes wenden. Stephanie Gapp: „Traut euch zu fragen, und probiert es aus! Ich kann nur von unserer Gruppe sprechen: Wir freuen uns über jedes neue

Ansonsten begleitet mich manchmal auch mein Partner, der ebenfalls Jäger ist. Und unsere treue Jagdhündin Pia darf auch nicht fehlen.

Was begeistert Sie so an der Jagd?

Gapp: Ich genieße die Momente, wenn ich frühmorgens allein am Berg bin. Die Ruhe, die Achtsamkeit, das Beobachten der Tiere, dem Spielhahn lauschen, die Natur erleben. Da denke ich oft, wenn ich nicht Jägerin wäre, dann würde ich das alles hier versäumen. Der Ehrgeiz und die vielen Pirschgänge, bis man ein Stück erlegt, gehören auch dazu. Was mich absolut an der Jagd begeistert, ist das Wildfleisch. Für mich ist es ein enormes Geschenk, so ein Naturprodukt ernten und genießen zu können. Das ist einfach ein richtig gutes Gefühl, das die Jagd, zusammen mit den vielen schönen Erlebnissen, unbezahlbar macht. Wobei ich schon dazu sagen muss, dass die Jagd bei mir nicht an erster Stelle steht. Da stehen meine Familie, meine Eltern und Geschwister, mein Partner und meine Freunde.

Stephanie Gapp

Vernetzte Jäger

Social Media ist überall und per Smartphone immer zur Hand. Facebook, Instagram, TikTok, YouTube … die meisten Menschen nutzen in unterschiedlichem Ausmaß die eine oder andere Social-Media-App. Auch die Jäger.

Über die sozialen Medien können die buntesten Bilder und Eindrücke zu allen möglichen Themen auf der ganzen Welt abgerufen werden, auch von der Jagd. Eine Welt voller Naturerlebnisse und kleiner Abenteuer. Es sind nicht nur die jungen Jägerinnen und Jäger, die in den sozialen Netzwerken unterwegs sind und die über dieses Medium zeigen wollen, wie sie die Jagd erleben und was diese für sie bedeutet.

Bilderreise in die Welt der Jagd Patente Jägerinnen beweisen auf den Social-Media-Kanälen, dass die Jagd keine Männerdomäne mehr ist. Kernige Burschen lassen erahnen, mit welcher Kraftanstrengung die Jagd oft verbunden ist. Viele von ihnen bringen es dabei auch in der Kunst des Fotografierens und Filmens zur Meisterschaft und lassen eine faszinierende Bilderwelt im Netz entstehen.

Botschafterin für die Jagd

Jasmin Stauder ist begeisterte Jägerin. Die sympathische Toblacherin möchte anderen Menschen die Faszination der Jagd, der Natur und der Wildtiere mit ihrem Account auf der Plattform Instagram näherbringen.

Frau Stauder, Sie sind seit 7 Jahren Jägerin. Was begeistert Sie so sehr an der Jagd?

Jasmin Stauder: Die Nähe zur Natur und das Beobachten der Wildtiere sind die Dinge, die mich am meisten faszinieren. Wer die Natur zu schätzen weiß, dem wird sie sich auch von ihrer schönsten Seite zeigen. Dabei ist es mir wichtig, nicht nur zur Jagdzeit von Mai bis Dezember, sondern das ganze Jahr im Revier unterwegs zu sein, damit ich die Wildtiere im Jahresverlauf begleiten kann. Jede Jahreszeit hat ihren besonderen Reiz. Der stille und verschneite Winter, der Frühling, wenn wieder alles zum Leben erwacht und der Wald zur Kinderstube wird, der pulsierende Sommer, der Herbst, wenn es draußen kühler und ungemütlich wird und es bei den Hirschen während der Brunft richtig zur Sache geht. Diese spürbare Spannung im Wald treibt dann auch mich als Jägerin an. Es hat einen ganz besonderen Reiz, mich als stille Beobachterin dem Wild unbemerkt zu nähern. In der Natur gibt es keine Routine, jeder Jagdtag ist anders,

Auch die Schönheit der Natur begeistert die Jägerin immer wieder.

und immer wieder kommt es zu Überraschungen und neuen Erlebnissen. Die Jagd ist für mich auch eine gute Möglichkeit, den Alltag loszulassen. Auch wenn ich vom Regen durchnässt und frierend heimkomme, von einem Reviergang kehre ich immer voller Glück im Herzen zurück.

Jägerinnen und Jäger lassen eine faszinierende Bilderwelt im Netz entstehen.
Foto: Jasmin Stauder

Auf Ihrem Instagram-Account " _jagaweibile_" sind sehr viele stimmungsvolle Bilder und Videos zu sehen. Was bedeutet das Fotografieren und Filmen für Sie?

Stauder: Durch das Festhalten besonderer Erlebnisse mit der Kamera kann ich diese im Nachhinein immer wieder aufleben lassen. Das Fotografieren und Filmen dienen mir auch zur Dokumentation. Ich erkenne die Tiere an ihren unterschiedlichen Merkmalen wieder und kann Rückschlüsse auf Alter, Verhaltensweisen oder auch auf ihre jahreszeitlichen Wanderungen ziehen.

Was wollen Sie mit Ihren Beiträgen in den sozialen Medien erreichen? Wen möchten Sie ansprechen?

Stauder: Als Jägerin hat man eine große Verantwortung. Mein Wunsch wäre es, meinen Mitmenschen einen respektvollen Umgang mit der Natur zu zeigen, denn nur so ist ein harmonisches Miteinander möglich. Jeder hat das Recht, die Bergwelt in vollen Zügen

zu genießen, dabei sollte jedoch stets Rücksicht auf die Wildtiere und deren Lebensraum genommen werden. Leider haben viele Menschen den Bezug zur Natur teilweise verloren. Sie wird oft nur noch als Kulisse für Fotos oder als Erholungsort gesehen. Dass sie jedoch auch Lebensraum der Wildtiere ist und diese durch unser Verhalten oft gestört werden, bedenken viele nicht. Wir sind eben nur Gäste in der Natur und sollten uns daher auch rücksichtsvoll verhalten.

Jasmin Stauder

Wie wird man Jäger?

Ich möchte mit meinen Bildern den Menschen die verschiedenen Facetten der Jagd näherbringen und zeigen, dass Jagen mehr bedeutet, als nur Beute zu machen. Wir leben auf einem wunderschönen Flecken Erde mit einem unglaublichen Artenreichtum und können uns darüber sehr glücklich schätzen.

Wer hierzulande zur Jagd gehen will, muss die Südtiroler Jägerprüfung bestehen. Diese zählt im nationalen und internationalen Vergleich zu den anspruchsvolleren und besteht aus 4 Teilen. Bei der Theorieprüfung müssen ein schriftliches Quiz und eine mündliche Prüfung bestanden werden. Danach folgt die praktische Schießprüfung mit Büchse und Flinte. Im dritten Teil der Prüfung gilt es, ein Revierpraktikum zu absolvieren, und auch ein Erste-Hilfe-Kurs ist vorgeschrieben, um die Sicherheit am Berg zu garantieren. Bis die Jungjägerinnen und Jungjäger alle 4 Prüfungsteile abgelegt haben, dauert es mindestens 6 Monate, meistens aber deutlich länger. Jedes Jahr durchlaufen rund 150 angehende Jäger erfolgreich diesen Weg. Um den Waffenpass zu beantragen, müssen die Jungjäger auch noch eine zusätzliche Ausbildung für die Waffenhandhabung auf einem Schießstand absolvieren.

Superfood aus dem Wald

Fakten zum Wildfleisch

• Wildfleisch hat nur 2 – 4 Prozent Fett.

• Es enthält 6 Mal mehr Eisen als Rindund Schweinefleisch.

• Der Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren ist doppelt so hoch wie bei Lachs.

• Im Herbst und frühen Winter ist Wildfleisch besonders zart, weil das Muskelfleisch der Tiere dann noch mehr „gute“ Fette enthält.

Die Jagd ist so alt wie die Menschheit selbst. Lange bevor Ackerbau und Viehzucht betrieben wurden, haben unsere Vorfahren gejagt. Gute Jäger wurden gefeiert, weil sie das Überleben der Sippe sicherten. Damals wie heute ist die Jagd ein Miteinander von Mensch und Natur, das uns eines der wertvollsten Lebensmittel schenkt: Wildfleisch.

Gesundes Wildfleisch

Wildfleisch ist gesund. Es hat einen geringen Fett- und Cholesteringehalt, ist

reich an Eiweiß, Eisen, Selen und Zink und vielen anderen Nähr- und Mineralstoffen. Der Anteil an ungesättigten Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren ist doppelt so hoch wie bei Lachs. All diese Eigenschaften machen Wildfleisch zu einem wertvollen Lebensmittel, das zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zur Unterstützung des Immunsystems beitragen kann.

Heimvorteil und Tierwohl

Heimisches Wildbret ist ein zu 100 Prozentlokal erzeugtes Produkt. Reh, Hirsch, Gams und Co. leben in Freiheit, fressen nur frische Gräser, Kräuter und Knospen und führen ein weitgehend stressfreies Leben. Durch einen gezielten Schuss wird dem Tier ein schnelles und schmerzfreies Ende bereitet. Kein Tiertransport und keine Todesangst auf dem Schlachthof, wie es bei Massentierhaltung der Fall ist. Das macht unser heimisches Wildbret zu einer ethisch korrekten Fleischquelle bester Qualität, gut für das Tier und gut für die Umwelt.

Qualität im Visier

Der verantwortungsbewusste Umgang mit dem kostbaren Lebensmittel und die vollständige Verwertung des erlegten Stückes gehören zur Ausbildung eines jeden Jägers und einer jeden Jägerin. Nach dem Erlegen wird das Stück gleich aufgebrochen, d. h. die Organe werden entnommen und die Fleischqualität untersucht. Anschließend wird es möglichst rasch in einen Kühlraum gebracht, wo das Fleisch abhängen und reifen kann.

Wo bekomme ich Wildfleisch?

Heimisches Wildbret ist bei den Südtiroler Jagdrevieren und Jägern sowie in gut sortierten Metzgereien und Feinkostläden erhältlich. Fragen Sie einfach bei einem Bekannten, der Jäger ist, oder beim Metzger Ihres Vertrauens nach.

Eines der wertvollsten Lebensmittel: heimisches Wildfleisch.

Jäger und Koch: Wild pur genießen

Herr Gostner, welche Rolle spielt Wildfleisch bei Ihnen in der Küche?

Hubert Gostner: Ich führe gemeinsam mit meiner Familie einen „Urlaub auf dem Bauernhof"-Betrieb und bereite für uns und unsere Gäste fast ausschließlich Fleisch aus eigener Haltung zu. Ich gehe seit über 20 Jahren selbst auf die Jagd, und natürlich kommt bei uns auch sehr viel Wild auf den Tisch.

Wildgerichte haben mittlerweile einen festen Platz auf der Speisekarte vieler Südtiroler Gasthäuser. Das war nicht immer so. Warum?

Gostner: Als ich vor 35 Jahren angefangen habe zu kochen, habe ich eine Zeit lang in der Schweiz gearbeitet. Da brachten uns die Jäger Stücke in die Küche, die schon 3 Tage im Rucksack hinter sich hatten. Das Wildfleisch mussten wir dann 14 Tage lang in eine Beize legen, weil es schon gerochen hat. „Hautgout“ nennt man diesen Geschmack in der Küchensprache, der bei vielen so negativ in Erinnerung geblieben ist. Er entsteht, wenn das Fleisch nicht richtig gekühlt wird.

Das Wildbret von heute hat damit überhaupt nichts mehr zu tun. Vor gut 20 Jahren haben die Jäger angefangen, Kühlzellen zu errichten, in denen das Fleisch hygienisch einwandfrei reifen kann. Seit 2005 gibt es auch eine EURichtlinie, die den Bereich Wildbretvermarktung überaus streng regelt. Heute wird das Wildfleisch sehr viel mehr geschätzt, und mit der einwandfreien Fleischqualität haben sich auch die

Wildrezepte geän dert und sind viel fältiger geworden.

Worauf muss man bei der Zubereitung von Wildfleisch achten? Welches Rezept empfeh len Sie, wenn jemand noch nie Wildfleisch zubereitet hat?

Der heilige Hubertus ist der Schutzpatron der Jäger. Wenn jemand Hubert heißt, liegt es also nahe, dass er Jäger wird. Beim Kastelruther Revierleiter Hubert Gostner hat sein Beruf den Ausschlag dazu gegeben, das Weidwerk zu erlernen. Er ist nämlich Koch und weiß, dass Wildfleisch zu den wertvollsten Lebensmitteln zählt, die es gibt.

Wichtig ist, das Fleisch nach dem kurzen Anbraten auf einem Gitter rasten zu lassen, es muss sich wieder entspannen. Auf keinen Fall das Fleisch zudecken oder im Saft liegen lassen, sonst gart es zu viel.

Gostner: Wildfleisch kochen ist wirklich einfach. Zu beachten ist aber, dass es einen geringen Fettanteil hat. Deshalb braucht man die edlen Teile Rücken, Kaiserteil und Nuss nur ganz kurz heiß anbraten. Sehr einfach zuzubereiten ist zum Beispiel eine Rehnuss. Das Fleischstück im Ganzen kurz von allen Seiten 1 bis 2 Minuten scharf anbraten, einen Rosmarinzweig dazu und dann bei 72–75 Grad Celsius auf dem Gitter eine Stunde ins Rohr. Herausnehmen und in einer Pfanne mit heißer Butter schwenken. Das Fleisch ein bisschen salzen und pfeffern, noch etwas mit der heißen Butter übergießen, aufschneiden und servieren. Auch Schnitzel vom Kaiserteil gehen leicht und superschnell: 1–2 Minuten auf der einen Seite, 1 Minute auf der anderen anbraten und rasten lassen. Mit etwas Salz und Olivenöl würzen und das Wildfleisch pur genießen oder mit dem Bratensatz, Wurzelgemüse und Rotwein in der Zwischenzeit eine Soße machen und diese zum rosa Fleisch servieren.

Andere Stücke, etwa Schulter, Keule und Hals, sollten schön langsam einige Stunden bei geringer Temperatur schmoren können, beispielsweise als Gulasch oder Schmorbraten, dann werden sie schön mürbe.

„Nose to tail“ ist ein Schlagwort, das in letzter Zeit in Zusammenhang mit dem Fleischkonsum gerne verwendet wird, also die Verwendung möglichst vieler Teile eines Tieres.

Gostner: Dieser Ansatz ist ja gar nicht so neu. Die Zeiten sind noch nicht so lange her, als man es sich nicht leisten konnte, verwertbare Teile eines geschlachteten Tieres einfach wegzuwerfen. Leider ist das Wissen um die Zubereitung von weniger edlen Teilen etwas in Vergessenheit geraten. Ich selber bereite auch sehr gerne Innereien zu und Fleischstücke, die etwas länger brauchen, bis sie zart sind. Das hat für mich auch mit Respekt vor dem Wild zu tun. Ich denke, das sind wir dem erlegten Tier einfach schuldig, dass es so gut und so vollständig wie möglich verwertet wird.

Bei Hubert Gostner kommt nur Wild und Fleisch aus eigener Haltung auf den Teller.
Hubert Gostner

Alles rund um die Jagd

Das offizielle Ausbildungsbuch „Wild-Wissen“ des Südtiroler Jagdverbandes steht für kompetentes Wissen rund um das Thema Jagd. Für die mittlerweile dritte Auflage hat ein Expertenteam das Buch auf den neuesten Wissensstand gebracht. Eine Erweiterung des Tierspektrums sowie eine neu überarbeitete grafische Gestaltung sorgen beim Anwender für zusätzliche Attraktivität. „Wild-Wissen“ wird so zum unverzichtbaren Begleiter auf dem Weg zum Jagdschein sowie zum beliebten Nachschlagewerk für den gestandenen Profi.

Wild-Wissen

Lebensraum – Biologie – Jagd Lernbuch für die Jägerprüfung und Praxis

Südtiroler Jagdverband (Hrsg.)

416 Seiten, Athesia-Tappeiner Verlag

ISBN 978-88-6839-332-8

29,90 €

Kompetentes Wissen rund um das aktuelle Jagdrecht in Südtirol - Stand 2021.

Wild-Wissen: Ergänzungsheft

Das Jagdrecht in Südtirol

Benedikt Terzer, Südtiroler Jagdverband (Hrsg.) 64 Seiten, Athesia-Tappeiner Verlag

ISBN 978-88-6839-563-6

9,90 €

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