Leseprobe zu: Peter Hahne Schluss mit lustig Das Ende der Spaßgesellschaft
Welche Wirkung er sich von seinen Theaterstücken erhoffe, wurde der amerikanische Dramatiker Edward Albee (»Wer hat Angst vor Virginia Woolfe?«) einmal gefragt. Die Antwort schockiert in ihrem Sarkasmus: »Ich möchte die Zuschauer derart packen und betroffen machen, dass sie nach der Aufführung vor das nächstbeste Auto taumeln.« Diese Absicht habe ich nicht. Abgesehen davon, dass dies Buch kein Drama und meine Vorträge kein Theater sein sollen. Ich möchte Sie durch meine Gedanken, durch meine Ansichten und durch meine Sicht der Dinge einfach anregen. Und hoffentlich auch ein wenig aufregen. Denn nur, wer durch Nachdenken zum Neudenken kommt, kann auch umdenken. Oder anderen helfen, das zu tun. Es geht mir um provokante Gedankenanstöße und nicht um ein akademisches Oberseminar, das auf den harmoniesüchtigen Samtpfoten des Zeitgeistes daherkommt. Keine trockene wissenschaftliche Abhandlung, sondern ein (Auf-)Ruf in die Verantwortung. (...) Bereits vor 100 Jahren prophezeite der Soziologe Max Weber eine Gesellschaft, die nur noch ein »seines religiös-ethischen Sinnes entkleidetes Erwerbsstreben« kennt: »Fachmenschen ohne Geist, Genussmenschen ohne Herz: Dies Nichts bildet sich ein, eine nie vorher erreichte Stufe des Menschentums erstiegen zu haben.« Was wir heute brauchen, sind Menschen, die über einen Wertevorrat verfügen. Denn ohne ein Mindestmaß gemeinsamer Werte ist kein gesellschaftlicher Konsens mehr möglich. Kein Wunder, dass die Elite, auch die journalistische das Werte-Thema ganz oben auf die Tagesordnung setzt. Die beiden großen deutschen Meinungsmagazine titeln unisono: Sehnsucht nach Werten! »Focus« fordert unter der Schlagzeile »Die ratlose Gesellschaft« die Rückkehr der Tugenden. Und im »Spiegel« prangt auf dem Titel das Bild einer Biedermeier-Familie mit der Zeile: »Die neuen Werte: Ordnung, Höflichkeit, Disziplin, Familie«. Die seitenlangen Artikel lassen auch nur die kleinste Spur von Ironie und Häme vermissen. Wie sich die Zeiten doch ändern ... Knigge hat Konjunktur. Anstand und Benimm sind wieder gefragt. Die »Welt« schreibt, dass mit den beiden Zäsuren, die sich hinter den Chiffren 9/11 (Terror New York) und 11/9 (Fall der Mauer) verbergen, die letzten Kapriolen der Spaßgesellschaft geschlagen sind. Mit dem »Ende des ironischen Zeitalters« beginnt die »Rückkehr des Pathetischen und Ästhetischen«. Das Buch »Manieren« des äthiopischen Prinzen AsfaWossen Asserate, eines in Frankfurt am Main lebenden frommen evangelikalen Christen, Unternehmensberater und Urahn des legendären