

www.fontis-verlag.com
Infos berdieAutorinund ber
«MayaundDomenico» gibtesauf: www.schreibegern.ch
Widmung: F ralldiejenigen,diesichgew nschthaben, dassesmitMayaundDomenicoweitergeht.
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«MayaundDomenico» gibtesauf: www.schreibegern.ch
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2025byFontis-VerlagBasel
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VerantwortlichinderEU: FontisMediaGmbH Baukloh1 58515L denscheid Deutschland fontis@fontis-media.de
Umschlag:SusanneWittpennig Satz:InnoSETAG,JustinMessmer,Basel
Druck:Finidr
GedrucktinderTschechischenRepublik
ISBN978-3-03848-291-8
IchsaßeingepferchtzwischenmeinemMann,zweiTeenies,zwei Koffern,einerReisetasche,zweiRucks cken,einerProvianttasche, meinerHandtascheundzweiKindern.DieKofferhattenaufderAblagekeinenPlatzmehrgehabt,alsohattenwirsiezwischenunsere BeineundhalbaufunsereF ßegestellt.
Bequemwaranders.
Dazuwarichnervçs.Tierischnervçs.DennderZughattemassiv Versp tung.UnderwarzumBerstenvoll.GanzDeutschlandschien mitdemZugunterwegsinRichtungNordenzusein.Wirh ttenvor einerDreiviertelstundeinHamburgankommensollen,umdenAnschlusszugnachKopenhagenzuerwischen.AberwegeneinesunvorhergesehenentechnischenDefektsstandenwirnunmittenin derPampa.PersonalmangelamStellwerk.Unddaf rließensieuns indemvollbesetztenZugaufeinemAbstellgleiswarten!
DomenicodçsteanmeinerSchulter.Unglaublich,dasserinall demTrubelunddemL rm,dendieaufgebrachtenReisendenveranstalteten,nichtwachwurde.
Ichhattewiedermalrechtgehabt:Erwarm der,alsereszugebenwollte.UnsereTochterArianaschliefinseinemArm,undDavid lagenganmeinerBrust,gesch tztdurchdieBabytrage.
MeineganzeFamilieschliefseligundbekamnichtsvondemDesastermit,indaswirwahrscheinlichgeradehineinmançvriertwurden.DennallerWahrscheinlichkeitnachw rdenwirdenAnschlusszugverpassen,undwanndern chstegehenw rde,stand indenSternen.BeziehungsweiseimInternet. Unddaswarunzug nglichf rmich.
Oderumespr ziserauszudr cken:unzug nglichf rjeden,der keinSmartphonehatte.Sowiewir.DieSchaffnerinwarauchweit undbreitnichtzusehen.UndDurchsagenkamenebenfallskeine mehr.
IchschautedenLeutenummichherumzu,wiesiealleihre Smartphonesz cktenundversuchten,einpaarInformationen ber dieseungeplanteSituationzukriegen.Nurichsaßaufdemdigitalen
Trockenen.DiebeidenTeenagermirgegen berwarenseelenruhig mitihrenSmartphone-Gamesbesch ftigtundschertensichnicht umdasDramaumsieherum.
OhneSmartphoneunterwegs–dashatteesindenletztenzehn Jahrenbeimirnichtmehrgegeben.
SeitTagenversuchteich,dieseninnerenDruck,deraufmeiner Brustgegendlastete,zulindern.AberdaswareinDingderUnmçglichkeit,wennmanineinersoprek renSituationstecktewiewir. Unddazualshochsensibelund ber ngstlichgalt.WiesehrbeneideteichdieMenschen,diealldasnichtwaren.Dielockerundeasy mitHerausforderungenumgehenkonntenundesschafften,das Ganzenichtsonaheansichheranzulassen.
Zudenengehçrteichnicht.
LautzahlreicherSelbsttestsimInternetwaricheinMensch,der Gef hleetwadreimalsointensivwahrnahmwiederDurchschnitt.
DiekleinsteUnstimmigkeitschlugmiraufdieSeele.Egal,wasich dagegenunternommenhatte,egal,wievieleOnline-Tutorialszum ThemaSelbstsicherheitichabsolvierthatte–ichwar,wieich war.WenigstenstriebmirmittlerweilenichtmehrjedeKleinigkeit dieTr nenindieAugen.Dasverdankteichmeinen berdreißig JahrenErdendasein.
UndmeinemMannDomenico,dereineganzbesondereGabe hatte,mitmeinerSensibilit tumzugehen.
IchwandtedenKopfundbetrachteteihn.SeineAugenwaren zwargeschlossenundseinkupferbraunesHaarfielihmtiefindie Stirn,dochichwusste,dassergenausp rte,dassichihnanschaute. Immerhinerlaubteermirnun,ihmdasHaarvonZeitzuZeitzu schneiden,sodassesihmnichtmehr berdieAugenfiel.SchließlichwarerkeingeheimnisvollerTeenagermehr,derseineVerletzungenvorderWeltverbergenmusste,sonderneinerwachsener Mann,dermitbeidenBeinenfestimLebenstand.
AuchwenndieNarbeninseinemGesichtundanseinemKçrper niemalsaufhçrenw rden,vonseinerGeschichtezuerz hlen.
SeineGeschichte,dieauchmeinewarunddieunssotiefverband,dasswirtrotzallerUnterschiededenBundf rsLebengeschlossenhatten.
MeineAugenwandertenweiterzuunserenbeidenKindern,die genausofriedlichschliefenwieihrVater.Unseretemperamentvolle kleineTochterAriana,dieihmnichtnur ußerlich,sondernvorallenDingeninihremWesensehr hnlichwar.DocheinTeilihres Aussehenshattesieauchvonmirgeerbt,besondersdiegroßenbraunenAugen.Diewilden,dunkelbraungelocktenHaarehattesievon ihrersizilianischenGroßmutterMaria.WasdenRestihrerGesichtsz geundvorallemdasspitze,keckeKinnanging,kamsieganz nachihremVater.
MeinHerzschmolzjedesMalvorLiebe,wennichsieansah.Ich liebtemeinerebellische,klugeKleinevonganzemHerzen.Wenn mansiesoseligaufdemSchoßihresVatersschlafensah,konnte mankaumglauben,wasf reinwillensstarkesPersçnchensiewar. VorsichtigschlossichdieArmeumDavid,meinendreieinhalb MonatealtenSohn,dessenwarmesKçpfchensichanmeineSchulterschmiegte.Ichsp rteeinleichtesVibriereninihm,dasmirandeutete,dasseramAufwachenwar.Was sein Wesenbetraf,kamer ganznachmir:Hochsensibel,wieerwar,wimmerteerbeider kleinstenAufregung.BeiseinemAussehenwarenwirunsnoch nichtsicher.Mamameinte,ers heDomenico hnlich,Papsmeinte, erh ttemehrvonmir.DieerstenkupferfarbenenHaaresprossen schon.Wahrscheinlichw rdesichDomenicosHaarfarbedurchsetzen,derRestw rdesichdannzeigen.
MeinBlickmachtenochmalsdieRunde,wandertevonArianazu DomenicounddannzuDavid,dernundieerstenLautevonsich gab.
Ach,wenndocheinfachallesinButterseinkçnnte!
WennwireinfacheineganznormaleFamilieaufeinerganznormalenReisenachNordenseinkçnnten,aufdemWegzumnordischenTeilvonDomenicosFamilie,zuseinemVaterundzuseinen Halbgeschwistern.
Dochsowaresnicht.
WirwarennichtaufeinernormalenReise.
WirwarenaufderFlucht.
EinleichtesRuckelnschrecktemichauf.
DerZugsetztesichendlichinBewegung!
PromptfingDavidanzuweinen.
Davonalarmiert,wachtenauchDomenicoundArianaauf.
«Schscht,meinKleiner»,fl sterteichundstrichDavid bers Kçpfchen.
«Wasist,am ?»,fragteDomenicoundsetztesichgeradehin.
«WirhabeneinProblem,Nicki»,sagteichsoruhigwiemçglich.
«Achja?Nocheins?»ErhieltArianafest,dasssienichtvonseinemSchoßpurzelte,alssiesichaufsetzenwollte.
«Mamma»,qu ktesie.«Ilfisch,dov` ?»
IchsahmichsuchendumundfandArianasPl schfischhinter miraufdemSitz.
«WirsindeineDreiviertelstundestillgestanden»,informierteich DomenicounterdemimmerlauterwerdendenWeinenunseres SohnesunddenverstohlenenBlicken,diewirvondenanderen Fahrg stenumunsherumzugeworfenbekamen.
«Wosindwireigentlich?»DomenicoblickteausdemFensterin demVersuch,sichzuorientieren.
«EtwaeinehalbeStundevonHamburgentfernt.AberwirverpassengeradedenAnschlusszugnachKopenhagen.»
«Achwirklich?»Diebadnewsschienenihn berhauptnichtzu kratzen.SeineNervenwarendurchdievielenAbenteuer,diesein Lebengepr gthatten,ziemlichgest hlt.
«Undichweißnicht,obheutenocheinsp tererZugnachKopenhagenf hrt»,f hrteichmeineHiobsbotschaftweiteraus.
«Meinstdu,daswarderletzte?»
«Ichweißesnicht.IchkannjaohneHandykeinenFahrplanaufrufen.»
«FragenwirebendenSchaffner.»Domenicoschautesichum.
«DerhatsichschonseitStundennichtmehrblickenlassen.AußerdemisteseineSie.»
«Siemussjairgendwosein.»ErschobArianavorsichtigvonseinemSchoß.Dasgefieldernat rlichgarnicht,wassieauchlautstark zumAusdruckbrachte.
«Pap !Nonandare!»
«Oratorno,Ari.Ichmusswasnachsehen.Ehi,Davy…tranquillo,vatuttobene,nicu!»ErstrichunseremweinendenBabyberuhi-
gend berdenKopfundverschwanddanndurchdenGanginden hinterenTeildesWagens.Arianawollteihmnachrennen,dochich hieltsieam rmelfest.
«Ari,stattic !»ManchmalmusstemanSizilianischmitihrsprechen,damitsiehçrte.
EinpaarMinutensp terkamDomenicowiederzur ck.Ichhatte DavidmitdemSchnullerberuhigt.Stillenwollteichihnnichtvor allenLeuten,dasmusstenocheinekurzeWeilewarten,biswirdas hiergekl rthatten.
«Und?»
ErzucktemitdenSchultern.«Keinerda.»
«Verstehstdu,wenndern chsteZugerstmorgenfr hf hrt,was machenwirdann?»,dr ngteich.«SollenwirdanninHamburgauf demBahnhof bernachten?OderunsaufdieSchnelleeinHotelsuchen?Aberdannm ssenwirunsereAusweisezeigen,unddasw rdeSpurenhinterlassen.»
«Schonklar.»Ersetztesichwieder.
«AußerdemwerdenwirmitmassiverVersp tunginOsloankommen»,fuhrichfort.«ObwiresdannmorgenbiszumAbendschaffen,inNittedalzusein,stehtnochindenSternen.Undwirkçnnen MortenohneSmartphonejanichtmalkontaktierenundihn ber unsereVersp tunginformieren.»
DomenicoatmetetiefeinundhçrtesichmeineWehklagegeduldigan.Erschiensichetwaszu berlegen,w hrendArianawieder aufseinenSchoßkletterteunddieWeltumsichherummitihren kastanienbraunenAugeninsichaufsog.
«Wichtigist,dasswirerstmalHamburgerreichen»,entschieder. «DenRestkl renwirsp ter.»VielleichtgehtjanocheinZug.Es bringtnichts,sichjetztschonSorgenzumachen. ndernkçnnen wirjadochnichts.»
«DassindkeineSorgen,sondernvorausschauende berlegungen,Nicki.»
«Hey»,fl sterteerundstreicheltez rtlich bermeineWange. «Easy,corimia.Ognicosaasuotempo.Esgibtf ralles’neLçsung. LassunserstmalinHamburgankommen,dannsehenwirweiter.»
Manchmal–oderziemlichoftsogar–w nschteichmir,mein
Mannw rebesserimVorausplanen.Andererseitshatteerjanicht unrecht:ImMomentkonntenwirnichts ndern.Ichtatalsodas N chstliegendeundMachbare:Ichk mmertemichumdieBed rfnissemeinesSohnesundzogmichzumStillenineineetwasverborgenereNischedesZugeszur ck,w hrendDomenicomitArianaam PlatzbliebundaufunserGep ckaufpasste.
WirstiegenwiediemeistenanderenFahrg steinHamburgausund landetenaufeinem berf lltenBahnsteig.Eswarunglaublich,wie vieleLeutekurzvorHeiligabendunterwegswaren.Ich berließDomenicounsereGep ckst ckeundk mmertemichumArianaund David.
NickimeistertedievielenKilosmitLeichtigkeit,indemereinen Rucksackvorneundeinenhintentrug,dieReisetascheunddieTaschemitdemProviantjeaufeinenKofferpackteunddiesebeiden Unget mehintersichherzog.MeineHandtascheh ngteersich auchnochum.Wennicheinesoftnichtverstehenkonnte,dann dies:wohermeinMannseineganzeKrafthatte.DieharteArbeit alsFischerhatteihnnat rlichgest hlt,dochmanchmalschienes mir,dassesmehrwaralsnurdas.
IchtrugDavidinderTragenahanmeinemKçrperundnahm ArianaanderHand.MeinegrçßteSorgewar,unsereneugierige KleineinderMenschenmengezuverlieren.
WirsuchtenunsinderPassage,diedieBahnsteigemiteinander verband,erstmaleinenfreienPlatz,wowirunshinstellenundorientierenkonnten–wasallesanderealsleichtwar,daesdankder L denundImbissbudenaufsogutwiejedemQuadratmetervon Menschenwimmelte.
«Ichschlagevor,duwartesthiermitdenKidsunddemGep ck», sagteDomenico.«IchgehmichmalwegenAnschlussz generkundigen.»
«Nein,wirmachenesumgekehrt»,widersprachichenergisch.
«Ich gehe,undduwartesthier.»
Ersahmicheinwenigpikiertan.
«Nicki,wennirgendwasmitdenKinderngeschieht,bistduder St rkereundSchnellerevonuns.Ichmein,stelldirvor,Du-weißt-
schon-wertauchtaufeinmalauf,undichstehohnedichdamitden Kindern!Wennichalleinunterwegsbin,kannnur mir waspassieren,aberAriundDavidsindbeidirsicherer.»
Dasleuchteteihmein.«Vabb .Hairagione.»
IchbandDavidvonmirlosundschnallteihnDomenicoum,der dieRucks ckemittlerweileabgesetzthatte.
DieStelle,anderichNickiunddieKinderbeiderImbissbudestehenließ,pr gteichmirein,umsienachherwiederzufinden,und marschiertelos.EswareinKampfdurchdieMenschenmassen,bis ichschließlichdenInformationsschalterderDeutschenBahnfand.
Ichdr cktedenKnopf,umeineNummerzuziehen.Verflixtund zugen ht:393spucktedieMaschineaus,unddieaktuelleNummer, dieanderAnzeigetafelstand,wargerademal345!Bisichander Reihewar,waresHeiligabend.GabeskeineschnellereLçsung?
DochirgendwiekammirderHimmelzuHilfe:FastwievonunsichtbarerHandgelenkt,fielmeinBlickaufeinenweißenZettel,der achtlosamBodenlag.Blitzschnellhobichihnauf.
378standdarauf!
Dankbardr ckteichdasPapierchenanmeineBrustundstellte michineineEckederWartehalle,danat rlichkeinSitzplatzmehr freiwar.Ichwarfroh,dassichDavidvorherimZugnocheinmal gestillthatte.
AlsichnachzwanzigMinutenanderReihewar,hattederMann hinterdemSchalterkeinegutenNachrichten:Esgingzwarheute nocheinZugnachKopenhagen,dochvondortausw rdeder n chsteAnschlusszugnachGçteborgerstamfr henMorgenfahren.InGçteborgkçnntenwirwiederumerstumsiebzehnUhr nachOsloweiterfahren,weilwegeneinesgeplantenStreikswohl mehrereZ geausfallenw rden.
ImKlartext:Wirw rdenerstnachzwanzigUhrinOsloankommen–stattumvierzehnUhr,wieurspr nglichgeplantundmitMortenvereinbart.Demzufolgew rdenwirwohlerstumeinundzwanzigUhrinNittedalsein,unddamitwarHeiligabendfastgelaufen. MitdiesenunerfreulichenNeuigkeitengingichzur ckzuDomenicounddenKindern.SiekamengeradeausderImbissbude,DomenicomiteinerT tePommesundeinerFlascheEisteeindereinen
HandundArianderanderen,diewiederumeinenHotdoginden FingernhatteundmichmiteinemKetchup-Bartanstrahlte.
«Dabistduja»,sagteNicki.«Ichh ttemichschonfastaufdie Suchenachdirgemacht.ArihatteHunger.»
«Ichmusstelangewarten»,seufzteichundnahmihmDavidab. DerKleineschliefwundersamerweise.
IchhieltDomenicodenFahrplanunterdieNase,denderMann amSchaltermirfreundlicherweiseausgedruckthatte.Erwarfeinen Blickdarauf.
«Wirhabenmindestensf nfProbleme,Nicki»,sagteich.
«Unddiew ren?»,fragteerunger hrt,w hrendersicheine HandvollPommesindenMundsteckteundmirdieT tedannhinhielt.
«Erstens:Wirm ssenMortenanrufenundihmBescheidsagen, dasswirHeiligabendwohlkaummitihnenfeiernkçnnen.Biswirin Nittedalsind,wirdesvielzusp t.»
«Okay,okay»,sagteNickiundb cktesich,umAridenketchupverschmiertenMundabzuwischen.«He,Kleine,sowardasnicht gedacht,dassdudenganzenHotdogalleineverschlingst,ja?Die Ideeist,ihnmitMammaundmirzuteilen.»
«EtwasGes nderesw rewohlkeineOptiongewesen?»,seufzte ichundnahmArianavorsichtigdenklebrigenHotdogausdenFingern,wasihrnat rlich berhauptnichtpasste.
«EswarnurgraddashierinderN he»,meinteDomenico.«Ich wolltemichjanichtzuweitvonunsermTreffpunktunddemGep ckentfernen.»
«Nagut,auchwiederwahr.»
«Also,dannerledigenwirdasmitdemAnrufalsErstes.Undwas istProblemNummerzwei?»DomenicohobArianaaufseineArme, damitsieaufhçrtezuquengeln.
«IchhabMortensNummernichtaufgeschrieben,nochweißich sieauswendig.Du?»IchschaukelteDavid,dernunleiseanmeiner Brustjammerte.
«Nein»,sagteer.
Ichh ttemireinenTrittindenHinterngebenkçnnen,dassich nichtansowasgedachthatte!Niemandvonunshattedarange-
dacht.WiesehrmandochmittlerweilevomSmartphoneabh ngig war…
«UnddasdritteProblem?»
«SelbstwennwirdieNummerirgendwieausfindigmachenkçnnen– wie sollenwirihnanrufen?WirhabenjakeineSmartphones dabei.UndTelefonzellengibteshierwohll ngstnichtmehr.Und E-Mailgehterstrechtnicht,wegenderSpurenimInternet.» DavidsWeinenwurdest rker.
«Ach,daf lltmirschonwasein»,beruhigteermichundgew hrteArianaeinenweiterenkleinenBissenHotdog.«Weiter?»
«WirwerdensomitdieNachtaufdemBahnhofinKopenhagen verbringenm ssen»,jammerteichweiter.
«M ssenwirdas?»ErwarfnocheinmaleinenBlickaufdieFahrzeiten,w hrendArianaihmmitihrenPatschh ndchenKetchupin dieHaareschmierte.
«Ari», chzteichundsuchteinmeinerJackentaschenacheinem Taschentuch.IchwischteunsererTochterdieFingersauber,w hrendDomenicodenFahrplanstudierte.
«Stimmt,wirhabenf nfStundenAufenthaltinKopenhagen.Na gut,dasregelnwir,wennwirdortsind.K mmernwirunsumProblemNummereins:Mortenanrufen.»
«Dasgehtnicht.Jetztkommtn mlichProblemNummerf nf», sagteichgrimmig.«UnserZugnachKopenhagenf hrtinf nfzehn Minuten.Daf rreichtdieZeitnicht.»
«DannrufenwirihnebenvonKopenhagenausan.»MeinMann warwirklichnichtausderRuhezubringen!
«DannistesMitternacht!»
«Denkstdu,Mortengehtsofr hinsBett?»
«Okay–wahrscheinlichnicht»,gabichihmrecht. WiederSohn, soderVater…oderumgekehrt?
«Dannschlageichvor,wirfangenmitProblemNummerf nfan undgehenjetztschnurstrackszumZug»,kommandierteDomenico. «Los,Ari,amun ,siparte.»
Ichseufzte,weilDavidsWeinennunineinKr hen bergegangenwar.MeinSohnwarhungrigundm de,undalles,wasichihm bietenkonnte,warenL rmundStress.Schnellstopfteichdenrestli-
chenHotdogunddiePommeszur ckindieT teunddasallesin meineHandtasche.Zuallem berflussfingnunauchnochAriana anzukreischen,weilihrderschnelleAufbruch berhauptnichtin denKrampasste.
NunstandenwirdamitzweischreiendenKindern.
«Emad …»DomenicosblaugraueAugenrichtetensichaufdie UhreinerAnzeigetafelinunsererN he.«Maya,nimmdudeneinen Rucksack,ichsetzAriaufmeineSchulter.Sonstdrehtdienochdurch.»
Ach,wassindwirf rRabeneltern,unserenKindernsowaszuzumuten, dachteichbetr bt,w hrendwirunsmitzweipl rrenden Kindernunddenunz hligenGep ckst ckenerneutdurchdieMenschenwogenk mpften.
Wirschafftenesgeradenochp nktlichzumZugundschnappten unsdieerstbestenfreienSitzeinderHoffnung,dassdiePl tzenicht reserviertwaren.AllerdingserntetenwireinigemissbilligendeBlickevondenLeutenumunsherum,diewohlahnten,dassdieselauteFamiliemitdemvielenGep cksichernichtzurRuhedesAbteils beitragenw rde.
Tja,liebeLeute, dachteichtrotzig. WillkommeninderabenteuerlichenWeltvonMayaundDomenicodiLoreno.Darfichvorstellen?Deutsch-sizilianischeundeinkleinesbisschennorwegische FamilieaufderFluchtvorderMafia.LassteuchnichtweiterineurergeordnetenRuhestçren.
ViereinhalbanstrengendeStundensp terwarenwirinKopenhagen. Umdien chtlicheUhrzeitwarderBahnhofnichtmehrsobelebt, docheswarenimmernochvereinzeltMenschenunterwegs.Wir suchtenunseineEcke,inderwirKinderundGep ckmçglichstunauff lligplatzierenkonnten.IchzogdeneinenKoffer,weilDomenicoeinenArmbrauchte,umArianazutragen,diem de berseiner SchulterhingundzwischenWachenundSchlafenwankte.
«Undjetzt?»,fragteich.«SollenwirMortenjetzttats chlich nochanrufen?»EinBlickaufdieUhrzeigtezehnMinutennachMitternacht.«BiswirseineNummerrausgefundenundeineMçglichkeitzumTelefonierengefundenhaben,wirddaseinUhrfr h. AuchMortengehtirgendwanninsBett.»
Ichfragtemichwirklich,wiedieLeutedasfr herangestellthatten,alsesnochkeineTelefone,Smartphonesund hnlicheKommunikationsmittelgegebenhatte.DamalshattemanseinenGastgebernjanichtsoeinfachmirnichts,dirnichtseineNachricht sendenkçnnen,wennmansichversp tete.
Domenico berlegtekurz.«Ichdenke,esreicht,wennwirihn morgenvonGçteborgausanrufen.WirsindjavorMittagda.Schauenwirlieber,wowirdieNachtverbringen.Wiewardas,wannf hrt unsern chsterZug?»
«UmhalbsechsUhrfr h.»
«Lohntsichjafastnicht,unsnacheinemHotelumzusehen», meinteer.
«Kçnnenwirjanicht»,erinnerteichihnmiteinemSeufzer.«Wie schongesagt,m sstenwirdortunsereNamenundAusweisehinterlegen,unddaswirdinsSystemeingegeben.Undalles,waswironlinetun,hinterl sstSpuren.»
«Ichweiß,ichweiß.»
«AußerdemwerdenwirhierinD nemarkkaummitBargeldbezahlenkçnnen.Undwenn,habenwirnurEurosdabei.»
MeineElternhattenunsvorderAbreisegroßz gigmitCashausgestattet–f rdenNotfall.Wirh ttendasGeldbeiBedarfaufder Bankind nischeodernorwegischeKronenwechselnkçnnen.Nur: Bankenhattenjetztnat rlichgeschlossen.Undichwusstenochvon fr herenReisen,dassinSkandinavieninzwischenfastallesbargeldloslief.
MeineEltern…beidemGedankenansielegtesicheinstiller Kummer bermeinHerz.
Hoffentlichgehtesihnengut.
HoffentlichsindsieinSicherheit…
DomenicofasstemichbehutsamamArm.«Komm.Wirfinden was…»
«IchsollteDaviddringendwickeln»,seufzteich.
«Ichweiß.Dortdr benisteinWC.»Domenicowiesaufdie SchildermitdenentsprechendenPiktogrammen.Wirmançvrierten KinderundGep ckst ckeeinpaarMeterweiter,direktnebenden EingangzudenToiletten.
«Nasuper»,murmelteich,alsichdasDrehkreuzentdeckte.«Nat rlichkostetdaswas.Undnat rlichnurmitKreditkarte.M nzen nimmtdasDingnichtmehr.»
TypischSkandinavien.SolcheKleinigkeitenw rdenunswohl nochh ufigerzuschaffenmachen.
IchbesaßzwareineKreditkarte,aberjedeNutzung–selbstf r einenToilettengang–hinterließdigitaleSpuren.Undseitdiesem mysteriçsenAnrufausSizilienwarich bervorsichtiggeworden.
Wennjemandesgeschaffthatte,meineNummerherauszufinden undmichbeimeinenElterninBaselaufzusp ren,dannwardemjenigensogutwiealleszuzutrauen.
«Okay,hocapito.Aspettamiqui.»Domenicodr cktedieimmer nochhalbschlafendeArianafestanseineSchulterundschautesich um,danngingeraufeinindischaussehendesP rchenzuund sprachsiean.OffenbarhatteerErfolg,denndiebeidenMenschen folgtenihm,undderMannmachteunsbereitwilligmitseinerKreditkartedenWegzurToilettefrei.Ichwundertemichnachallden Jahrenimmernoch,wieDomenicosowasimmerhinkriegte,und dazunochmitseinemeherbescheidenenEnglisch.
Domenicobedanktesichundnicktemirzu.«Da,bittesehr»,sagteer.«GehdumitdenKindern.IchbleibebeimGep ck.»
AuchichbedanktemichbeidemMann,derunsdenToilettengangspendierthatte,undverschwandmitDavidundArianaimInnern.
Estatsogut,michselbstunddieKindereinwenigfrischzumachen.EinBlickindenSpiegeloffenbarteeinerschçpftesGesicht–großebrauneAugen,vonSchattenumrandet,undzerzaustesHaar, dasmirwirr berdieSchulternfiel.SelbstdieSommersprossen schienenheuteihreLebendigkeitverlorenzuhaben.Nunja,was konntemanauchaufeinersolangenReiseandereserwarten?Ich f hltemichindieZeitzur ckversetzt,alsDomenicoundichuns aufdieSuchenachseinemVatergemachthattenundzumersten MalaufdemWegnachNorwegengewesenwaren–zweiTeenager aufeinemderverr cktestenAbenteuerihresLebens.
DamalswarenwirperAnhalterbisnachNorddeutschlandgereist.Icherinnertemichsolebhaftdaran,alsw reesgesterngewe-
sen.Niemalsh ttenwirunsseinerzeitvorstellenkçnnen,wohinunsereSuchef hrenw rde.EssollteeinesderbestenErlebnissein DomenicosLebenwerden.Eins,dasmirgezeigthatte,dassesimmernochWundergibt.UndsooftichmichvomLebenentmutigt f hlte,riefichmirdiesesWunderinsGed chtniszur ck.
Alswirfertigwaren,kehrtenwirzuDomenicozur ck,dergeduldigaufunswarteteundinderZwischenzeitwohldenganzenBahnhofmitseinenAdleraugengescannthatte.
«KeineGefahrinSicht»,meinteer.«Dortdr bengibteseinpaar Sitzb nke.DortkçnntenwirdiepaarStundenverbringen.»
«MusstdudennnichtzurToilette?»,fragteich.
«Ichkannwarten.Lassunslieberdortdr benbeiderImbissbude fragen,obsieauchEurosnehmen.Sonstversuchich,unsnochein paarKronenzusammenzukriegen.»
DochdaswarzumGl cknichtnçtig.WirdurftenmitEurosbezahlenunderhieltenKronenalsWechselgeld.Immerhinwardie letzteMahlzeitschonwiedereinigeStundenher,undderStand, deroffenbarrundumdieUhroffenhatte,verkauftewirklichleckere d nischeSmçrrebrçds.
Guteingedeckt,steuertenwirdieSitzb nkean,dieNickivorhin entdeckthatte.
«Siehessorum»,meinteer.«EssindnurnochviereinhalbStunden,biswirweiterfahren.Kçnnteschlimmersein.»
«SolangedieKinderschlafen,binichzufrieden»,sagteich.
Alswirunseingerichtethatten,legteichDavidandieBrust.Hier indieserNischehattenwirwenigstenseinbisschenPrivatsph re, auchwennesnichtgeradebesonderswarmwarinderHalle.Von draußenstrçmten mlichkalteWinterluftherein.– Hoffentlich wirktsichdieK ltenichtnegativaufDomenicosLungeaus…, berlegteichwieautomatisch.SeitdemLungenrissinseinerJugend hatteDomenicomitBeeintr chtigungenzuk mpfen.Aberich wusste,dassersichdavonnichtunterkriegenlassenwollte,alsobehieltichmeineSorgef rmich.
NachdemStillengçnntenauchwirunsnocheinenkleinenHappen.Trotzsp terStundehatteichtats chlichetwasHunger.Danach setzteDomenicosichsohin,dassichmeinenKopfbequemanseine
Schulterlegenundeinwenigdçsenkonnte,Davidfestanmichgedr ckt.Ichwusste,dassmeinMannWachehaltenundunsbesch tzenw rde.Dasgabmirtrotzdesungem tlichenSchlafplatzesGeborgenheit.DomenicohatteAugenwieeinAdlerundOhrenwie einLuchs,trainiertvonseinenjahrelangenErfahrungenalsStraßenkind.
ImD mmerzustanddriftetenmeineGedankenwietreibendeNebelschwadenvonderZukunftindieVergangenheit,vondem,was inNorwegenaufunszukommenw rde,zudem,wasmicheinst mitDomenicozusammengef hrthatte.
IchversuchtedieK ltezuignorieren,diesichzunehmendwie einfeinerSchleier berunslegte.MeinenSchalhatteich berArianaausgebreitet,damitsieeswarmhabensollteaufPapasSchoß.
DaseinzigWarme,wasichf hlte,warDomenicosKçrperund dervonDavid,denichfestinseinerTrageummichgebundenhatte.MeineF ßef hltensichanwieEisklçtze,aberdaskonnteich nicht ndern.
Warum,warumsindwirnurindiesermisslichenSituationgelandet?, fragteichzumgef hlttausendstenMal.
WardasnunalsoderPreis,denichzahlenmusste,ummeinLebenmitDomenicoteilenzud rfen?
IchhatteesvonAnfangangewusst:AnseinerSeitew rdedas Lebennieeinfachsein.
Erwarders ße,gef hrlicheTraummeinerJugendgewesen–einer,derflirrtewieSommerhitzeaufAsphalt:schçn,betçrend, abernichtohneRisiko.
Dieserumwerfendh bsche,temperamentvollejungeSizilianer mitdermysteriçsenVergangenheit,dermichsoinseinenBanngezogenhatte.Vielehattenmichgewarnt,vonallenSeitenher.Sie sagten,esw rdeniegutenden.DassichmichanderSeiteeines Manneswieihmzerm rben,aufreiben,irgendwannzerbrechen w rde.
Unddochwardaimmerdiesezarte,unersch tterlicheVerbindungzwischenunsgewesen.EineTiefe,gewachsendurchalldie K mpfe,diewirgemeinsamdurchgestandenhatten.K mpfe,die unsereFreundschaftundLiebesounauflçslichverwoben,dasswir
einandernieganzhattenloslassenkçnnen–sooftwiresauchversuchten.
AufsundAbs.Hçhenfl geundAbst rze.LiebeundTrennung, wiederundwieder.
UndamEndewuchsdochzusammen,wasnieganzauseinandergefallenwar:UnsereTraumhochzeitaufSizilienwaralles,wovon ichalsM dchengetr umthatte.
UndDomenico–erhattegek mpft.GegendieSchattenseiner Vergangenheit,gegendieStimmeninsich.ErwollteeinneuesLeben,einsicheresLeben,mitmir.
Underhatteesgeschafft.
VierJahrelang.VierJahrevollerSchçnheit,vollerStolpersteine, aberauchvollerHoffnung.UndunserUmfeldstaunte:Wiekonnte einMannmitsolchdunklerGeschichteeinsoliebevollerEhemann sein,einsohingebungsvollerVater?
Ja,daswarer:hingebungsvoll–bisheute.
Nur:DieSchattenhattenihnnieganzlosgelassen.Siekehrten zur ck,leise,beharrlich,rissenanihm–undhinterließenauchin unsererBeziehungihreSpuren.
Undnunfragteichmich:HattenwirdenMomentverpasst,an demwireinenanderenWegh tteneinschlagenm ssen?
DabeihattedochallessogutbegonnennachderHochzeit.
IndenerstenJahrenaufSizilienarbeiteteichimKrankenhaus–vollesPensum,wechselndeSchichten,einGehalt,dasnachdeutschenMaßst benkaumderRedewertwar.Sparenkonntenwir kaum.AberzusammenmitDomenicoskleinemEinkommen–als Fischer,alsAushilfeinRestaurants,alsTagelçhner–kamenwirirgendwie berdieRunden.
Nat rlichmeldetesichinmirmanchmalderWunschnachetwas mehr:einemZuhause,dasnichtst ndiganallenEckenbrçckelte, einembisschenmehrSicherheit.Dochwirwarendankbar.ZioGiacomo,DomenicosGroßonkel,ließunsinseinemHauswohnen. MeinMannhieltesdaf rinSchuss,halfbeimFischen,unterst tzte ZioGiacomo,woerkonnte–auchfinanziell.
AberirgendwannwurdemirdieArbeitimKrankenhauszuviel. DerLohnwurdeimmerunregelm ßigerundmanchmalsogarnur
nochteilweiseausbezahlt,dieArbeitsbedingungenverschlechterten sichschleichend–undichmerkte,wiemeinKçrperlangsamanseineGrenzenkam.IchwarmitunseremzweitenKindschwanger, mitDavid,undDomenicodr ngtemich,denJobaufzugeben.
Dasbedeutete:ErmusstemehrGeldnachHausebringen.Nat rlichhatteichdar bernachgedacht,obichnachDavidsGeburtnicht wenigstenseinekleineB roarbeitvonzuhauseausannehmensollte,aberdieTageverschwammenimChaosmitdenKindern,die N chtebeimStillenundinEinsamkeit.IchwaramEndemeiner Kraft,ausgelaugt,emotional berfordert–kauminderLage,einen klarenGedankenzufassen.
Undganzehrlich:Ichhattegehofft,dassessichvonselbstwiedereinpendelnw rde.DassDomenicoirgendwannwiederçfterzuhausew re.
Aberdasgeschahnicht.Domenicowarimmerseltenerda. NachtswareraufdemMeer,tags bersuchteerverzweifeltnach Auftr gen.DiewenigenStunden,dieerzuHausewar,warererschçpft,wollteabernichtdar berreden.
MirfieldieDeckeaufdenKopf.Immerçfterw nschteichmich zur cknachDeutschland.IchvermissteeinstabilesSystem,verl sslicheArbeitszeiten,einsozialesNetz.ZumerstenMalschlichen sichvageGedankenein,ausderEheauszubrechen–etwas,das ichnief rmçglichgehaltenh tte.
DannerçffnetesichmirdochnocheineMçglichkeit:DerApothekerinderNachbarschaftsuchtedringendUnterst tzung–jemandenmitmedizinischemHintergrund,dersichmitMedikamentenauskannte.Ichsagtezu,nichtzuletzt,weilerVerst ndnis f rmeineSituationzeigteundmirgestattete,dieKindermitzubringen.
Estatgut,wiederunterMenschenzukommen,gebrauchtzu werden,etwasSinnvolleszutun.Aberja–dawarauchdieserMoment,indemmichseinBlicketwaszulangestreifte.Erwarhçflich, belesen,kultiviert.Underhçrtemirzu.InseinerGegenwartsp rte icheineleise,gef hrlicheSehnsuchtinmiraufkeimen–nachStabilit t,nachPlanbarkeit,nacheinemLebenohneAngstdavor,dass unsdieMafiawiederdasWasserabstellenw rde.Ichsehntemich
nacheinemMannmiteinemStudienabschlussinderTasche.Nach einemMannmitfestemBodenunterdenF ßen.
Ichf hltemichschuldig,alleinbeidemGedanken.Aberich w renichtehrlichzumirselbstgewesen,h tteichmirnicht eingestanden,dassderGedankedawar.EswarkeineLiebe,kein echtesVerlangen–nureinleiserinnererRufnachSicherheit.Ein KontrastzudemLeben,dasichmitDomenicof hrte:vollerIntensit t,Leidenschaft,aberebenauchUnsicherheitundst ndiger Gefahr.
AuchDomenicobliebnichtunversehrt.DasserseineFamilie nichtsoversorgenkonnte,wieeressichertr umte,fraßanihm. UndalsseineSchwesterBiancaihnbeieinemBesuchmiteinem bitterenSatzanderempfindlichstenStelletraf,schienetwasinihm zukippen.
Ichglaube,andiesemTagstiegenwiederdieGespensterausseinerVergangenheitauf.Schatten,dieerl ngstf r berwundengehaltenhatte.
InjenerNachtstahlersichverbotenerweiseaufsMeerhinaus–umdenKopffreizubekommen.
Waserdortfand,ließihnverstummen.
MehrerePaketetriebenimWasser–festverschn rt,inPlastik gewickelt,unheimlichundreglosaufdemn chtlichenMeer.Sie schaukeltenwiedunkleSchattenaufdenWellen–lautloseVorbotenvonetwas,dasbesserverborgengebliebenw re.
MindestenszweiTonnenKoks.
AngetriebenvondemWunsch,anderevordemzusch tzen, wasihnselbstbeinahezerstçrth tte,setzteDomenicoallesdaran, denFundzumelden–undbrachteunsdamitinernsteSchwierigkeiten.
Unddeshalbwarenwirnunhier.
AufderFlucht.
InRichtungNorden.
DienorwegischenTeilevonDomenicosWurzelnwarenunser einzigerAnkerindiesemChaos:dieAussichtaufeinWiedersehen mitseinemVaterMortenunddenHalbgeschwisternHendrik,Kjetil undSolvej…
Irgendwie–ichwusstenicht,wie–warendieviereinhalbStunden Wartezeitvergangen.Aufeinmalr tteltemichDomenicosanft wach.
«Duci,wirm ssenunsbereitmachen.Esistbaldf nfUhr.Der ZuggehtineinerhalbenStunde.»
Ichrichtetemichauf,sahmichum,wussteeinenAugenblick langnicht,woichwar.DannwichdieschummrigeTraumweltvollerErinnerungenvonmirundmachtederklarenRealit tPlatz.Die harteBankuntermirerinnertemichunmissverst ndlichdaran,dass wirimmernochimBahnhofinKopenhagensaßen,ineinerdunklen Winternacht,derenK ltemeineGliederhattesteifwerdenlassen.
DomenicozeigtenichtdenHaucheinesAnzeichensvonM digkeit.ImGegenteil,erschienfçrmlichvoneinerinnerenEnergie durchdrungenzusein.SeineAugenstreiftenaufmerksamumher, nahmenDingewahr,dieichnichtsehenkonnte.
«Ichdachte,vielleichtmusstdumitdenKidsnochmalsaufdie Toilette»,schlugervor.«Also,ichmussjetztjedenfallsmal.»
«DasisteineguteIdee.»Ichrichtetemichaufundf hlte,dass sichauchDavidanmeinerBrustregte.
«Duhastziemlichtiefgeschlafen»,stellteerfest,alswiranfingen, unsereSachenzusortieren.Arianaschliefimmernochnebenihm aufderBankmitdemKopfaufseinemSchoß.
«Anscheinend.Dunat rlichnicht,wieichdichkenne?»Ich schauteihnpr fendan.ErgabmirkeineAntwort,dochichwusste esjaauchso.
WirschlepptenwiederalleszurToilette,undDomenicomachte sichwiederaufdieSuchenacheinemhilfsbereitenMenschen.Er kammiteinemSchaffnerzur ck,denermitseinendurchausakzeptablenNorwegisch-Kenntnissenhatte berzeugenkçnnen,unsdie T rzurToilettezuçffnen.
«WashastdudiesesMalerz hlt?»,wunderteichmich.
«DassunsereKreditkartennichtfunktionieren»,meinteerschlicht.
BisGçteborgdauerteesfastvierweitereStunden.W hrendderganzenZugfahrtherrschtedraußentiefsteNacht.ErstalswirunsGçteborgn herten,brachdieD mmerungan.
Ach,andielangennordischenWintern chtew rdeichmich nochgewçhnenm ssen!
Ichwarfroh,dassderZugwechselinGçteborgunserletztersein w rde.DasswirhierinderschwedischenStadtdenhalbenTagzubringenmussten,fandichnurnochhalbsoschlimm.Immerhinwar esnuneinpaarStundenhell,undwirkonntenetwasunternehmen. Nurmusstenwirlangsam,abersicherMortenkontaktierenund ihmmitteilen,dasswirnichtwievereinbartumvierzehnUhrin OsloaufdemBahnsteigstehenw rden.
Wievermutet,wardieSuchenacheineraltmodischenTelefonzelle einevergeblicheAngelegenheit.Zudemhattenwirimmernochkeine Idee,wiewirMortensNummerrausfindensollten.AlsbekannterExProfisportlerhatteersichseinePrivatsph rebewahrtundstandnicht einfachsof rjedermannersichtlichimTelefonverzeichnis.
«Dannversuchenwireben,Hendrikanzurufen»,schlugDomenicovor.
Dasw reeineguteIdeegewesen,jedoch… «HastdudennseineNummer?»,forschteich.
«Nç.AberwirfindenihnimInternet.HendrikSkipperstøenwird vermutlichleichterzufindenseinalsMortenJanssen.Ichversuche, jemandenaufzutreiben,derunsseinTelefonleiht,unddukannst danngoogeln.»Domenico,dernunDavidanseinerBrusttrug, weilmirmittlerweilederR ckenwehtat,suchtedieGegendab, umherauszufinden,beiwemerdiesmalmitseinemAnliegenErfolg habenkçnnte.Einmalmehrh tteichmireinenTrittgebenkçnnen, dassichnichtdarangedachthatte,mirsolchwichtigeNummern vonHandzunotieren!
Domenicofandschließlicheinenjungen,s dl ndischaussehendenMann,derbereitwar,unsseinTelefonzuleihen,nachdemer ihmeineherzerweichendeGeschichteaufgetischthatte.IchgoogeltedasnorwegischeTelefonverzeichnis,dochwurdebaldentt uscht: IcherhielteineMeldung,dassesnurinnerhalbvonNorwegenabrufbarwar.
DochdahatteicheineIdee:HendriksWebseite!
ErundseineBand RoyalStreetnoiz besaßennat rlicheineWebseite,unddamussteauchirgendwoeinImpressumsein.Tats chlich
fandichesunddaraufdieTelefonnummervonHendriksBandkollegenThore.IchsandteeinleisesStoßgebetgenHimmel,alsichdie Nummerw hlte.
Domenicobeobachtetemichgespannt,undichstießerleichtert dieLuftaus,alssichamanderenEndetats chlichjemandmeldete. Thoreerkanntemichauchgleichwieder,undrascherkl rteichihm aufEnglisch,dassichdringendHendriksTelefonnummerbrauchte.
IchdiktierteDomenicodieNummer,dersieaufeineServiette schriebundmirdanndasTelefonausderHandnahm.EinpaarSekundensp terhatteerHendrikamDraht.Derwarschonganzaufgeregt.IchkonnteihnsogardurchdenLautsprecherhçren.
«Nick?Maya?Ihrseid’s?Hvorerdere?Warumruftihrvonso einerausl ndischenNummeran?SumGl ckbinichdrangegangen, hattezuerstgedacht,esseieinWerbeanrufer,aberirgendwiehab ichgesp rt,dasseswichtigist.Wiegeht’seuch?Woseidihr?Ihr m sstjabaldinOsloankommen.Kannich–»
«Heihei,easy,Bruder»,stoppteDomenicodenRedeflussseines Halbbruders.«Sp ter.Wiedusagst,wirtelefonierenhiervoneinem fremdenTelefon.Hçrzu,wirkommenleidererstumzwanzigUhr abendsinOsloan.GibteinpaarVersp tungen.KannstdudasMortenausrichten?»
«SwansigUhrerst?»HendriksStimmesankentt uschteineOktavetiefer.
«Ja,leider.Erz hlenwirallessp ter.Hçrzu,fangtdochheute AbendeinfachmitdemEssenan,wirschaffenesschonalleinnach Nittedal.Mortenmussdannnichtextrasosp tnochzumBahnhof fahren.»
«Neida,ichwerddaf rsorgen,dassjemandsumBahnhof kommtundeuchabholt»,versprachHendrikmitseinemherzerweichendennorwegischenAkzent.«Wirwerdennichtanfangenohne euch!»
ErleichtertundmittausendDankeschçnsgabenwirdemhilfsbereitenManndasTelefonzur ck.Froh,dasswirdasallesgeregelt hatten,genehmigtenwirunserstmaleinanst ndigesFr hst ckin einerCafeteriadraußeninderN hedesBahnhofs.F runserGep ckhattenwirtats chlicheinSchließfachgefunden,dassichmit
schwedischenM nzenbezahlenließ,dieDomenicovoneinpaar Passantenzusammenschnorrte.ManchmalwarenseineErfahrungenalsEx-Straßenkinddochsehrn tzlich.
Nun,daeinwenigderStressvonmirabgefallenwar,merkteich erst,dasshierinGçteborg berallpureWeihnachtsstimmungangesagtwar.Ingef hltjederEckestandeinWeihnachtsmannunddudelte«JingleBells»aufeinemBlasinstrument.Arianawarhinund wegvondenvielenfunkelndenundglitzerndenWeihnachtsb umen.FastallepaarMeterkr htesie«Lissimo!»–ihrpersçnlicher AusdruckvonFreudeundBegeisterung,wennsievonetwasfasziniertwar.AuchderSchnee,derhierreichlichvorhandenwar,hatte esihrangetan.Ichversprachihr,dassdort,wowirhingehenw rden,nochviel,vielmehrSchneeliegenw rde.
DerGeruchvonZimtundfrischemGeb cklockteDomenicos SchritteindieRichtungeiner Bageri, wasimSchwedischenf rBckereistand.ArianasGesichtbekameinenseligenAusdruck,alssie einpaarMinutensp tereineZimtschneckeindenH ndenhielt–eineAusnahme,diemanaufsoeinerlangenReiseundanWeihnachtenruhigmalmachendurfte.
DenRestderZeitw rmtenwirunsindenKaufh usernauf,die andenstrategischwichtigenOrtenrundumdenBahnhofplatziert waren,genehmigtenunssp ternocheinanst ndigesMittagessenin einerPizzeriaundgingendanngegensiebzehnUhrgest rktwieder inRichtungBahnsteig.
DieletztenStundenimZugnachOslodçsteArianawiederauf PapasSchoß,w hrendsichinmirmitjedemKilometermehrErleichterungundDankbarkeitbreitmachten,dasswirdieReisebald geschaffthatten.
UnddasswirvonwunderbarenMenschenerwartetwurden!
NachdemwirschließlichvomBahnsteigamOsloerZentralbahnhof dieletztenMeterbiszurgroßenAnkunftshallezur ckgelegthatten, wurdenwirdortvoneinemWeihnachtsbaumempfangen,deralleanderen bertraf,diewirunterwegsgesehenhatten.Majest tischragte ervorunsaufundfunkelteinallenRegenbogenfarben,alsentspr nge erdirekteinemM rchen.AribestandnurnochausvorBegeisterung gl nzendenAugenundeinemweitaufgerissenenMund.
«Lissimoooo»,stauntesievollerHingabe.
UnddaerblicktenwirMorten,derinmittenderMenschenmengestandundunsl chelndzuwinkte.
«Daseidihrja»,begr ßteMortenunsmiteinemschiefenGrinsen. «P nktlichaufdieMinutesechsStundenversp tet.Aberihrhabtes geschafft,dasistdieHauptsache!»
«Immerhin»,sagteich,w hrendichdenschlanken,sportlichen MannmitSkifahrer-M tzeundrotblondemHaardaruntermusterte.Ichwarsofroh,ihnzusehen!Mortensahauchmitseinenfast f nfzigJahrenimmernochwieeinAthletinHçchstformausund w redurchausf rzehnJahrej ngerdurchgegangen.
«AllesinOrdnung?»MortenschauteunsausblaugrauenAugen an.WiesehrDomenicodieseAugengeerbthatte,sahmanerst, wennmandirektvordiesemMannstand.
«Sagenwirso:FastallesistinOrdnung»,antworteteDomenico. IchhattegenaudasGleicheaufdenLippengehabt. Fastalles bedeutete,wennmanvondemUmstandabsah,dassDaviddieWindeln vollhatte,ArigegenEndederReiseeinenAufstandgemachthatte, weilsieendlichaufhçrenwollte,Zugzufahren,unddasswiruns allemittlerweileziemlichschmuddeligundm def hlten.
AberdaswarenimGrundeallesKleinigkeitenverglichenmit demwahrenProblem,dasunsimNackensaß.
EigentlichlautetedierichtigeAntwort: Fastnichts. Fastnichts warinOrdnung.
«HabendieSchwedenalsomalwiedergestreikt»,sagteMorten. «Na,dakannmannichtsmachen.Schçn,dassihrdaseid!»Wirwurdenkr ftiggedr ckt–einZeichenechterZuneigungf rdensonst eherreserviertenMann.
«UnddaistjaauchmeineitalienischeEnkeltochter.»
«Lissimo»,bemerkteAriana,alssievonihremGroßvateraufden Armgehobenwurde.
«Lissi–was?»MortenbetrachteteseinedunkelhaarigeEnkelin miteinemleichtenSchmunzeln.
«Dassagtsiezuallem,wasihrgef llt»,erkl rteDomenico.«Es heißteigentlich bellissimo, abersiekannesnochnichtrichtigaussprechen.Ehi,Ari,questo iltuononno.IlnonnodellaNorvegia!»
«Nonnoneggia»,wiederholteAriana.
«So,so…»Mortensch tteltefasziniertdenKopf.«Ichsag’s nichtgern,abersiesiehtdeinerMutterziemlich hnlich,Nicki.»
«Ja,weißich»,sagteDomenicoundnahmArianawiederzur ck inseineArme.«SiehatbeidenGenenleiderkr ftigmitgemischt.»
«WennesnurbeimAussehenbleibt…»,murmelteMortenund schieneinenMomentinseinenErinnerungenzuversinken.Erstals erDavidsah,leuchtetenseineAugenwiederauf.«Unddashierist alsodasneueFamilienmitglied.»Erbeugtesich berseinenEnkelsohn,derseinenGroßvaterausseinenmandelfçrmigenAugenzum erstenMalneugierigansahundf reinenMomentvergaß,dasser m deundhungrigwarunddieWindelnvollhatte.
«Damitw reichalsoschonzumdrittenMalGroßvater.Junge, duhastdietypischenJanssen-Augen.»
AlsAntwortglucksteDavid.
«Wiesollichdichnennen?DavidMichele?Davy?»
«Wiedumçchtest»,sagteDomenico.«Wirnennenihnmeistens Davy.InLicatanennenihnalleDavide.»
Mortengrinsteundber hrteDavidskleineFaust.SofortklammertensichdiewinzigenFingerchenumMortensZeigefinger.
«UndwiegehtesmeinemdrittenEnkelkind,Manuel?»Morten schautewiederzuunsauf.
«Ganzokay»,antworteteDomenicomiteinemleisenSeufzen. «ImMomentbleibterbeimeinerHalbschwesterinCatania,biswir ’nebessereLçsungfinden.»IchsahdendunklenSchatten,derbei dieserAussage berseineAugenhuschte.Manuel,derSohnseines vorvielenJahrenverstorbenenZwillingsbrudersMingo,bedeutete ihmmindestenssovielwieseineeigenenKinder.
«Wirwerdensp ter berallesreden»,versprachMorten.«Jetzt gehenwirerstmalnachHause.IhrwerdetvoneinemRudelhungrigernorwegischerWçlfeerwartet.»
«Ja,habtihrdennnochnichtgegessen?»,warDomenicoerstaunt. «IchhabHendrikextragesagt,ihrm sstnichtaufunswarten…»
«Nat rlichhabenwiraufeuchgewartet.Aberhallo?Essteht schließlichnirgendsgeschrieben,umwelcheUhrzeitmananHeiligabendessenmuss.»MortenschnapptesichunsereReisetascheund einenderKofferundsetztesichinBewegung.
WirfolgtenihmmitdemrestlichenGep ckunddenKindernin RichtungRolltreppe,dieunsindieTiefgaragef hrte.Dervonfr her bereitsvertrauteGeruchvongebratenenW rstchenausdenNarvesen-KioskenstiegmirwiederindieNase.DazudasOdeurvonDavidsvollenWindeln,begleitetvonderimmerlauterwerdendenAnk ndigungmeinesSohnes,dasshierdringendetwasunternommen werdenmusste.
«Schscht,Davy,wirwerdendasProblemchengleichlçsen,wenn wirzuhausesind»,versprachich.
Zuhause.
Ja,sow rdenwirdashierdien chstenWochenwohlnennen.
Mortenf hrteunszuseinemroten,ziemlichneuenAuto,das vielPlatzf runserGep ckbot.AlswirimwarmenWagensaßen, merkteicherst,wiedurchgefrorenicheigentlichwar.
Schonbalderf llteDavidsvolleWindelauchimAutodieLuft.
«Sorryf rdenGeruch»,sagteichzerknirscht.Ichsaßhintenmit denbeidenKindern,w hrendDomenicosichvornenebenseinen Vatergesetzthatte.
«Ichgehedavonaus,dassihreuchsoodersoerstfrischmachen mçchtet»,meinteMorten.«SolangewerdendiehungrigenWçlfe nochwartenm ssenmitdemEssen.»
«Weristdennallesda?»,fragteichneugierig.
«Na,dieganzeBandenat rlich»,sagteMorten.«Wirhabendas Vergn gen,neunerwachsenePersonenpluszweiKidsumdenEsstischzupferchen.»
Ichz hlteinGedankennach.Außerunsw rdenMorten,seine FrauLiv,HendrikunddieanderenbeidenHalbgeschwistervonDo-
menico,KjetilundSolvej,mitvonderPartiesein.Dazunat rlich Runa,HendriksFrau,undvermutlichAnnMerete,dieMuttervon Hendrik.
EinegroßenorwegischeFamiliehatNicki, dachteichbeimir. Fast sogroßwiedieSizilianische.Wenneralldasdochnurschonals Kindgewussth tte…
«Guarda,mamma.Neve!»,kreischteArianabegeistert,w hrend wirdurchdien chtlichewinterlicheLandschaftnachNittedalfuhren.IchhatteihrbereitsinGçteborgerkl rt,wasSchneewar.Bisher warsiejanochkaumindenGenussdavongekommenodernochzu kleingewesen,umsichdaranzuerinnern.
«Ja,dasistSchnee,Ari»,best tigteichaufDeutsch,weilichwollte,dasssieauchendlichdiedeutscheSprachelernte.Dannnutzte ichdiepaarMinutenStille,w hrenddenenArinurstaunendaus demFensterstarrte,umanmeineElternzudenken,dienuninBaselHeiligabendohneunsverbringenmussten.
Hoffentlichgehtesihnengut…
«Ichhab brigensvorhinmitdeinenElternviaSkypegesprochen, Maya»,sagteMorten,alsh tteermeineGedankenerraten.«Sie sindwohlaufundlasseneuchgr ßen.BisjetzthabensiekeineweiterenDrohungenerhalten.Ichhabversprochen,ihnennochmals kurzBescheidzugeben,wennihrangekommenseid.Dannsind alleberuhigt,undwirkçnnendenAbendgenießen.»
«Danke»,sagteicherleichtert.
UndplçtzlichwarenwirauchschonamZiel.Ichhatteesgar nichtbemerkt.VergeblichhatteichnachMortensH uschenAusschaugehalten,dasnormalerweisevonderStraßeaussichtbarwar, wennesaucheinwenigweiternachhintenversetztwarimVergleichzudenanderenH usern.
«Wasistdennhierpassiert?»,wunderteichmich,alsichausstieg underneutvonkalterWinterluftempfangenwurde.Icherkannte dieGegendnichtmehr!
«Ja,siehabenhierkr ftiggebaut»,sagteMorten.«Wirhaben jetztsogareinenneuenBahnsteig–stellteuchdasmalvor!Undals KrçnungeinarchitektonischesWundervoneinemWohnhaus,das unsgroßz gigdieganzeAussichtverbaut.»Erdeuteteaufeinmerk-
w rdigaussehendesGeb ude.AufmichwirkteeswieeinmodernerBunkerundnichtwieeingem tlicherOrtzumWohnen.Bei unseremletztenBesuchhatteesnochnichtdagestanden.
«Echtjetzt?»AuchDomenicoschautesichdasmoderneMonstrumausgraulackiertemHolzskeptischan.«Wiekommendiedazu,euchsoeinh sslichesDingvordieNasezustellen?»
«Tja,dasLandlebenistebenin»,sagteMorten.«FrischeLuftist gratis,dakommenhaltalleangerannt.»
«Wiebescheuert»,bemerkteDomenico.«Ihrhabtjagarkeine Aussichtmehr.»
«Ach,wirhabennochdieAussichtnachhintenaufdenWald. Dasgen gt»,sagteMorten.UmseineMundwinkelzucktees,wie immer,wennseineBemerkungenironischgemeintwaren.«Nein, imErnst,wirwurdennat rlichnichtgefragt.Irgendwannwerden Livundichunswasanderessuchen.Abervorl ufigsindwirnoch hier.»
ErstalsichmitdenKinderndurchdenweichenSchneehinterdas klotzigeWohngeb udestapfte,r ckteMortensH uscheninSichtweite.BeiTageslichtwaresrot,jetztwurdeesnurdurchdieLichtkegelzweierLaternenheimeligbeleuchtetsowiedurchdaseinladendeLicht,dasdurchdieFensterschien.DaswohligeGef hl,dasmich beimAnblickdiesesH uschensimmer berkam,stelltesichauchjetzt ein.Eswartats chlichwieeinzweitesNach-Hause-Kommen.
«Freddo»,jammerteArianaundriebsichdieF ustchen,diein kleinenWollhandschuhensteckten.
«Eswirdgleichwarm,Ari»,trçsteteichsie.
DomenicoundMortenholtennochdasGep ckausdemKofferraum.DurchdasbeleuchteteWohnzimmerfenstersahichdieUmrissevonMenschen,diesichdarinbewegten.DochdawurdemeineAufmerksamkeitvonetwasandereminBeschlaggenommen; etwas,dasweiterhintenimSchneefunkelte,halbverdecktvoneinerverschneitenTanne.
«Na,gehtschonrein»,ermunterteunsMorten.«Ihrwerdetsehnlichsterwartet.»
«Wasistdenndas?»Ichtratn heraufdaszauberhafteLichtzu.
«Ach,dasDingda?»MortenschauteinmeineRichtung.
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