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was dann nach seinem Tod mit ihm geschähe –, aber dem maroden Kahn Kirche wollte er doch endgültig den Rücken kehren. „Es ist ein Geisterschiff, zerfressen von Würmern und mit fauligem Gebälk, auf dem Gespenster das Kommando führen“, sagte er zu sich selbst, als er den Brief im Kuvert verschloss. Da er ihn aber an das Standesamt des Ortes adressiert hatte, wurde sein Brief dort kommentarlos zu den Akten genommen. Für irgendwelche privaten Bemerkungen oder persönlichen Gründe gab es hier keinen Platz. Erst Wochen später erhielt das Pfarramt eine Mitteilung über den Austritt Friedrich Willes. Und da Pfarrer Engelbrecht zu jener Zeit bereits in Kur war, schloss sich die Akte „Friedrich Wille“ leise und unbemerkt. Für die Gemeinde gab es Friedrich Wille, genannt Fritz, nicht mehr. Sie hatte ein Problem weniger.

Auf den Inhalt kommt es an

A

aron Engelbrecht bekam also Erholungsurlaub verordnet. Ihm war das recht, er wollte nichts mehr sehen und nichts mehr hören, herauskommen aus dem Dreh einer sich verändernden Gemeinde. Vieles war brüchig geworden und er kam sich vor, als bewegte er sich auf hauchdünnem Glatteis, in der ständigen Gefahr einzubrechen und zu ertrinken. Sein Dekan hatte ihm den Aufenthalt in einem Einkehrhaus vermittelt. Hier, hinter den dicken Mauern des ehemaligen Klosters, kam Aaron Engelbrecht langsam wieder zu sich. An diesem Ort schien die Zeit stillzustehen und das tat dem verstörten Pfarrer unsagbar gut. Es war eine Labsal für seine Seele, in der einfachen Klosterkirche zu sitzen, im Chorgestühl, in dem die Mön104


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