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Der heruntergekommene Gott Er, das Wort, wurde ein Mensch, ein wirklicher Mensch von Fleisch und Blut. Er lebte unter uns, und wir sahen seine Macht und Hoheit, die göttliche Hoheit, die ihm der Vater gegeben hat, ihm, seinem einzigen Sohn. Gottes ganze Güte und Treue ist uns in ihm begegnet. (Joh 1,14) »Weißt du, welche die tragischste Person der Bibel ist?«, fragte er mich. »Es ist Gott, gesegnet sei sein Name, Gott, dessen Geschöpfe ihn so oft enttäuschen und verraten.« (Elie Wiesel)

Warum haben wir die Herrlichkeit Gottes in Fleisch und Blut gesehen – in endlichem, begrenztem, gewöhnlichem Zustand? Warum wurde Gott zu einem von uns? Warum ist er der Gott der Krippe, der Gott des Kreuzes? Der dänische Philosoph Sören Kierkegaard erzählte ein Gleichnis, das verdeutlichen soll, warum Gott uns seine Liebe auf diese Weise zeigte (aus: »Philosophische Brocken«, GVH, 1991). »Stellen Sie sich einen König vor, der sich in ein Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen verliebt«, sagt Kierkegaard. Sie hatte keinen adeligen Stammbaum, keine Bildung, keine Stellung am Hof. Sie kleidete sich in Lumpen. Sie lebte in einer armseligen Hütte und führte das Leben einer Bäuerin. Aber aus

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