Einführung
Echte Intimität leben »Für diese Straßenverhältnisse fährst du viel zu schnell!« »Ich habe alles im Griff!« Unsere gereizten Stimmen übertönten das gleichmäßige Geräusch des Scheibenwischers. Seit Stunden fiel dicker Schneeregen auf die Windschutzscheibe. Seit Stunden saßen wir in eisigem Schweigen. Gott sei Dank war es dunkel. Gott sei Dank schliefen die Kinder ruhig auf dem Rücksitz unseres alten blaugrauen Chevrolet. Gott sei Dank waren wir fast zu Hause. Es sollten wunderschöne Weihnachtsferien werden. Unsere Unterkunft in Washington D. C., die ein großzügiger Freund für uns reserviert und bezahlt hatte, war komfortabel und geräumig. Die Kinder fühlten sich schon sehr erwachsen mit ihren elf (Shauna) und acht (Todd) Jahren und genossen die Freiheit, alleine durch das riesige alte Hotel zu streifen, das wegen der Feiertage fast leer war. Sie hatten ihren Spaß daran, Mama und Papa schlafen zu lassen, während sie in den Speiseraum gingen und ihr Frühstück bestellten. Unser Touristenprogramm war entspannt und an die Wünsche der Kinder angepasst: Ihr Wunschnachmittag bestand aus zwei Stunden bei Smithsons und zwei Stunden im hoteleigenen Schwimmbad. Das historische Georgestown war zu Fuß bequem zu erreichen, und jeden Abend bummelten wir an den Schaufenstern von urigen Geschäften vorbei und suchten uns die witzigsten Dinge aus. Während die Männer an einem Abend die Stadt unsicher machten, lachten und weinten die Frauen während einer Aufführung von Dickens’ »Weihnachtsmärchen«, das im Ford-Theater gespielt wurde. Klingt toll, oder? Für die Kinder war es das auch – hoffen wir zumindest. Wir taten unser Bestes, um ihnen eine schöne Erinnerung zu verschaffen. Aber für uns war es eine furchtbare Woche. Eine angenehme Unterkunft und eine sorgfältig geplante Reise konnten den Schmerz unserer angeknacksten Ehe nicht mindern. Das einladende, extra große Bett in unserem Hotelzimmer konnte die Kluft zwischen Entfremdung und Vertrautheit nicht überwinden. Frustration, Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit, Furcht,
9