Vorwort Bei dem mittlerweile im deutschen und englischen Sprachraum breiten Literaturangebot über die kirchliche und gesellschaftliche Rolle der Frau ist es äußerst bemerkenswert, dass es offenbar keine wissenschaftliche Arbeit gibt, die sich mit der Aufarbeitung der Frauenfrage speziell im Pietismus beschäftigt. Das ist insofern unverständlich, als dass sich der moderne Pietismus in seinem volkskirchlichen wie auch freikirchlichen Erscheinungsbild als eine geistliche Größe präsentiert, die weltweite Dimensionen kennt und noch heute durch engagiertes theologisches Denken weite Bereiche der gesamten evangelikalen Welt beeinflusst. Darum hat sich die vorliegende Arbeit das Ziel gesetzt, die Stellung und den Dienst der Frau in der Gemeinde kirchengeschichtlich nachzuzeichnen und dabei den spezifischen Fragekomplex ihrer Rolle im Pietismus besonders zu beleuchten. Welche Position konnte die Frau im Pietismus bekleiden, der als geistliche Erneuerungsbewegung im 17. Jahrhundert angetreten war, um die Erkenntnisse der Reformation in den Alltag der Gläubigen hineinzutragen? Hatte er die Kraft, dem religiös-traditionell geprägten Frauenbild eine neue theologisch geprägte Offerte gegenüberzustellen? Gibt es im heutigen Pietismus überhaupt eine einheitliche Überzeugungsdichte bezüglich der Rolle der Frau, oder kann es sein, dass geschichtlich gewachsene und modernistisch allzu liberale Positionen ein in sich schlüssiges, theologisches Konzept verhindern? Konnte das Ziel einer „Reformation des Lebens“ hinsichtlich der Frauenfrage Wirklichkeit werden oder blieb ausgerechnet bei diesem Komplex alles beim Alten? Oder haben vielleicht doch jene Menschen Recht, die glauben, dass erst in unseren Tagen der Pietismus am Vorabend eines bahnbrechenden, wirklich lebensverändernden ethischen Umdenkens steht? Wenn ich mich sowohl bei der Erforschung und Beurteilung der Fakten als auch in der exegetischen Arbeit mit den biblischen Texten unter der Autorität der Heiligen Schrift verstehe, die ich in allen Bereichen als von Gottes Geist eingegebenes Gotteswort be9