Achtung: Greenwashing!

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ACHTUNG: GREENWASHING! Viele Produkte gelten als „grün“. Das heißt, sie erwecken den Anspruch, sie seien besonders umweltfreundlich. Allerdings stimmt dieses (Marketing-)Versprechen leider nicht immer.

Um Verbraucher zu schützen, kam es im Sommer 2023 zu einem maßgebenden Rechtsspruch in Sachen Umweltaussagen von Produkten. Rechtsanwalt Stefan Engels legt Ihnen die Problematik sowie den Rechtsspruch des Falls dar.

Karlsruhe in seinem Urteil vom 26.

Juli 2023 (Az. 13-O-46 /22) in einem Rechtsstreit zwischen der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) und Deutschlands größter Drogeriemarktkette „dm-drogerie markt“ gesprochen.

Danach ist es nicht zulässig, dass die Drogeriemarktkette weiterhin einige Eigenmarkenprodukte mit umweltbezogenen Aussagen wie „klimaneutral“ und „umweltneutral“ bewirbt, weil irreführend. Das Urteil stützt sich im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:

1.

URTEIL ZUR PRODUKTAUSSAGE: KLIMANEUTRAL

Die Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ ist wegen § 5a Absatz 1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (kurz: UWG) zu unterlassen, weil die Drogeriemarktkette dem angesprochenen Verbraucherkreis hier wesentliche Informationen zum Verständnis des Begriffs vorenthalte.

Die Drogeriemarktkette hat bei den betroffenen Produkten (hier: Flüssigseife, Sonnenmilch, Cremedusche) auf der Verpackung jeweils angegeben, die Produkte seien klimaneutral unter Verweis auf eine „ClimatePartner“-Nummer und mit dem Zusatz: „CO2-kompensiert“.

Weitere „für den umweltinteressierten durchschnittlichen Verbraucher wesentliche Informationen“ fehlen auf der Verpackung allerdings. Diese finden sich lediglich auf der Internetseite von „ClimatePartner“, was für sich betrachtet auch rechtlich zulässig sei, aber, so der Vorsitzende Richter Steffen Wesche: „Der Verbraucher muss [...] aus dem Aufdruck auf der

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FOTO: FIRN/SHUTTERSTOCK.COM

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as Klima wird rauer, insbesondere bei der Werbung mit nämlichem. Ein erstes Machtwort hat in diesem Zusammenhang die Kammer für Handelssachen des Landgerichts (LG)

Nachhaltigkeit Natural & Organics

Verpackung erkennen können, dass es eine entsprechende Internetseite gibt. Dies ist bei zwei der herausgegriffenen Produkten nicht der Fall.“ Diese hatten lediglich zusammen mit dem Logo der „ClimatePartner GmbH“ den Schriftzug „ClimatePartner“ und eine längere Ziffernfolge angegeben, mithin keine Internetseite. Das alleine hätte man ja noch durch entsprechende Anpassung des Aufdrucks auf der Verpackung rechtlich und kommunikationstechnisch in den Griff bekommen können.

Komplett vernichtet hat die Kammer des Landesgerichts aber die Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“, weil diese ein klimaneutrales Produkt verspreche, dieses Versprechen aber aus prinzipiellen Gründen gar nicht einlösen könne. Hintergrund ist, dass die Drogeriemarktkette bei „ClimatePartner“ unter anderem für ein Waldschutzprojekt in

„

tierte Treibhausgas muss also dauerhaft bilanziell neutralisiert worden sein. Folglich verbietet es sich aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nach § 5 Absatz 2 Nr. 1 UWG, ein nur über ausgegebene CO2-Zertifikate vermeintlich kompensiertes Produkt als „klimaneutral“ zu bewerben, wenn es in der Gesamtschau gar nicht eins zu eins kompensiert wird. Denn um einen solchen Ausgleich zu erreichen, müssten kontinuierlich weitere entsprechende Waldschutzbemühungen des Drogeriemarktes unternommen werden, konkret: für die nächsten Jahrhunderte!

2.

URTEIL ZUR PRODUKTAUSSAGE: UMWELTEUTRAL

Auch bei der Werbung mit dem Claim „umweltneutrales Produkt“ (hier: Spülmittel) lag laut erkennendem Gericht „ein Verstoß gegen das Irrefüh-

AUGEN AUF, WENN BEIM NÄCHSTEN MAL ALLZU DICK ‚GRÜN‘ AUFGETRAGEN WIRD!

Peru zahlte und hierfür CO2-Zertifikate erhielt. Das Prinzip ist ähnlich wie beim Kauf von Aktien an der Börse. Dies zwecks Kompensation von emittierten Treibhausgasen, etwa im Rahmen der Produktherstellung. Nun besitzt CO2 aber die unangenehme Eigenschaft, dass es eine Verweildauer in unserer Atmosphäre hat, die weit über das lediglich befristet bis 2040 laufende Waldschutzprojekt in Peru hinausgeht.

Im schlimmsten Fall – etwa bei Abholzung oder Brand – wird das errechnete und quasi „gutgeschriebene“ CO2 sogar wieder komplett freigesetzt, sodass die vormals ausgeglichene CO2-Bilanz des Produktes nachträglich wieder unausgeglichen würde. Ein verständiger Verbraucher hingegen würde aber erwarten, dass eine Kompensation von Emissionen wie CO2, die im Ergebnis zur Klimaneutralität des Produkts führen soll, diese auch tatsächlich bewirkt, sprich: Das produktbezogene, emit-

rungsverbot des § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG vor. Die Werbung ist überschießend und damit unzutreffend.“ Der Begriff „umweltneutral“, den die Marketingstrategen der Drogeriemarktkette erdacht hatten, wird von einem aufgeklärten Verbraucher nämlich dahin gehend verstanden, dass es sich um ein Produkt mit ausgeglichener Umweltbilanz handelt.

Auch wenn der Ansatz insgesamt als sehr kreativ bewertet werden kann, so bleibt die Realität bisher noch weit dahinter zurück. Denn bei den so beworbenen Produkten wurden „nicht alle Umweltauswirkungen erfasst“, sondern lediglich fünf von insgesamt 13 Umweltbelastungs-Wirkkategorien (CO2-Emissionen, Eutrophierung (Nährstoffeintrag), Versauerung, Sommersmog und Ozonabbau). Insoweit ist das Marketing der Drogeriemarktkette mit der Aussage „umweltneutrales Produkt“ etwas zu früh in der Werbung losgeprescht.

FAZIT Es ist absolut vorbildlich, wenn sich ein Unternehmen wie die Drogeriemarktkette bemüht, seine Produktpalette nachhaltiger herzustellen, und da, wo das nicht möglich ist, um entsprechende Kompensation bemüht ist. Vergessen darf man dabei aber auch nicht, dass die mit solchen Claims angesprochene Zielgruppe überdurchschnittlich affin für diese Art von Werbeaussagen, da sehr umweltbewusst, ist. Bedenkt man nun noch, dass die Produkte – im Gegensatz zu den herkömmlich hergestellten – beim Verbraucher auch einen Premiumpreis erzielen, versteht man wahrscheinlich besser, warum das Landgericht hier so genau hinterfragt hat – denn es geht ganz nebenbei auch um sehr viel Geld, erlangt durch Augenwischerei, nicht nur um einen misslungenen Claim!

Und weil das so ist, ist aktuell eine neue Richtlinie auf EU-Ebene in Arbeit, die dem „Greenwashing“ den Kampf ansagt. Ihr Name lautet: „Green Claims Directive“, und es wird erwartet, dass sie noch vor der anstehenden Europawahl im Frühjahr 2024 in Kraft treten wird.

ENDE GUT, ALLES GUT? Während sich die Drogeriemarktkette und die DUH vor Gericht darauf einigten, dass die Drogeriemarktkette auf das Label „klimaneutral“ künftig ganz verzichtet, erhalten die Produkte der Serie „Pro Climate“ nun das neue Siegel „umweltneutral handeln“. Vielleicht nur ein erster Vorgeschmack, denn die DUH hat auch gegen weitere Unternehmen wegen Werbung mit Klimaneutralität juristische Schritte eingeleitet.

Daher Augen auf, wenn beim nächsten Mal allzu dick „grün“ aufgetragen wird!

Stefan Engels Der Autor ist seit 2002 zugelassener Rechtsanwalt und praktiziert in Mönchberg. Sein Tätigkeitsschwerpunkt bildet die Geschäftsfeldentwicklung und Internationalisierung von Unternehmen.

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