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Von Palmen bis zu den Gletschern

Die Via Alpina ist der einzige Weitwanderweg, der alle acht Alpenländer miteinander verbindet: Slowenien, Österreich, Italien, Deutschland, Liechtenstein, die Schweiz, Frankreich und Monaco. Die abwechslungsreiche Strecke ist in 116 Etappen unterteilt, knapp 2.000 Kilometer lang und feiert heuer ihren 25. Geburtstag.

von Nora Leszczynski

Die Via Alpina ist viel mehr als nur beeindruckende Zahlen: Sie verbindet vielseitige Landschaften und Kulturen miteinander, unterstützt die lokale Wertschöpfung in entlegenen Bergtälern und bietet eine Spielwiese für spannende Nachhaltigkeitsprojekte. Blicken wir zurück zum Anfang: Mitte der 1990er-Jahre wünschte sich der damalige CIPRA1-Geschäftsführer Ulf Tödter einen Ideenwettbewerb für innovative Umsetzungsprojekte der Alpenkonvention2. Dank einer Eingabe der Französin Nathalie Morelle, die den Weg im Kontext eines anderen Projektes selbst erkundete, ging daraus die Via Alpina hervor. Besonders hervorzuheben ist, dass für die Via Alpina keine neuen Wege angelegt wurden; die gesamte Route verläuft auf bestehenden (Alpenvereins-)Wegen und ist somit auch in dieser Hinsicht nachhaltig.

Zu Beginn war es schwierig, Partner zu finden und Tourismusorganisationen von dem Projekt zu überzeugen, z.B. von der Notwendigkeit, spezielle Markierungen anzubringen. Bis zum Jahr 2000 konnte aber die Basis geschaffen werden und in den frühen 2000er-Jahren wurde der Weg dank zweier Interreg-Alpine-SpaceProjekte (2001 – 2007) nicht nur durchgängig markiert, sondern auch eine Webseite geschaffen. Nach und nach gewann die Via Alpina an Bekanntheit und errang somit auch einen höheren Stellenwert bei Wanderführer*innen und Tourismusverantwortlichen.

Es wurden sogar verschiedene Varianten der Via Alpina entwickelt: Eine rote Hauptroute und vier kürzere Varianten, die jeweils zwei bis drei Alpenländer durchqueren. Der violette Weg führt durch Slowenien, Österreich und Deutschland; der gelbe durch Italien, Österreich und Deutschland. Die blaue Route verbindet die Schweiz, Italien und Frankreich und die grüne Route, welche Liechtenstein und die Schweiz durchquert, wurde größtenteils in die 2024 erneuerte Hauptroute eingebunden. Dank des Projektes „Via  Alpina Explorer“ konnte letztere in kontinuierlicher Kleinstarbeit den Bedürfnissen der Wandernden angepasst und schließlich zusammen mit einer neuen Webseite veröffentlicht werden.

Das grenzüberschreitende Weitwanderwegenetz der Via Alpina erschließt alle acht Alpenstaaten und reicht von Monaco über Frankreich, die Schweiz und Liechtenstein bis Italien, Deutschland, Österreich und Slowenien.

Alte und neue Routen

In den 2000er-Jahren hat das Ständige Sekretariat der Alpenkonvention gemeinsam mit dem Fürstentum Monaco einige Reisestipendien vergeben, um Wandernde zu unterstützen und innovative Reiseberichte zu fördern. Diese Idee griff CIPRA im Jahr 2022 wieder auf, als es um eine Verbesserung der bisherigen roten Route ging. Im Projekt „Via Alpina Explorer“ wurden neun Reisestipendien vergeben, dank derer die Auserwählten sich während ihrer Wanderung vollständig auf die Sammlung von GPX-Daten, die Umsetzung ihrer Projektideen und die Social-Media-Kommunikation konzentrieren konnten.

Daraus ging dann 2024 die angepasste Route hervor. Die jetzige Via-Alpina-Route enthält alle Höhepunkte der alten roten Route und zusätzlich umfasst sie jetzt noch das landschaftliche Erlebnis der ehemaligen grünen Route. Die alten Routen sind nach wie vor begehbar; das Internationale Sekretariat der Via Alpina konzentriert sich jetzt aber auf die Weiterentwicklung der Hauptroute.

Die Via Alpina lädt zu vielen eigenen Abstechern ein, denn sie ist als kreative Entdeckungstour konzipiert. Besonders lohnenswert ist die Variante, welche über die heimliche Alpenhauptstadt Innsbruck führt. Egal, ob man mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Schwaz (Etappenziel von Etappe 40) einen Tagesauflug in die Tiroler Landeshauptstadt macht oder von der Rastkogelhütte in Richtung Tuxer Alpen weitergeht, auf der Lizumer Hütte übernachtet und dann zu Fuß nach Innsbruck absteigt: Es lohnt sich auf jeden Fall! Innsbruck besticht durch kulturelle Sehenswürdigkeiten wie das „Goldene Dachl“. Die mit dem Dachl verbundene Hofburg ist Sitz des Internationalen Sekretariats der Alpenkonvention. Die Alpenkonvention ist ein politisches, Menschen und Alpenländer verbindendes Pendant zur Via Alpina und schon deswegen lohnt sich ein Besuch des Sekretariats.

Will man von Innsbruck aus wieder auf die Via Alpina zurück, bietet es sich beispielsweise an, mit der S-Bahn nach Scharnitz zu fahren und dort auf Etappe 44 wieder einzusteigen. Auch eine Fahrt mit der Nordkettenbahn ermöglicht es einem, elegant und bequem wieder an Höhe zu gewinnen, um vom Hafelekar aus auf den Goetheweg zu gelangen, auf der Pfeishütte oder dem Hallerangerhaus zu übernachten und am nächsten Tag zu Fuß nach Scharnitz weiterzugehen.

Foto: Sophia Niederkofler

Via Alpina Youth

Entlang und anhand der Via Alpina lassen sich tolle Projektideen verwirklichen. Ein derzeit aktuelles Beispiel ist das von CIPRA koordinierte ERASMUS+-Projekt „Via Alpina Youth“. Wie der Name sagt, richtet sich das Projekt an junge Menschen, die sich mit innovativen Ideen zum Thema Nachhaltigkeit entlang des Weges auseinandersetzen wollen. Unter anderem geht es um die Zugänglichkeit von Wanderwegen für alle und damit um Diversität, Inklusion und soziale Gerechtigkeit. Die Projektpartner organisieren jeweils sogenannte Visit Utopias, bei denen die Teilnehmer*innen zum Besuch einer spannenden Initiative eingeladen werden, z. B. zum achtsamen Winterwandern. Diesen Sommer wird außerdem eine umfängliche Broschüre zum Thema Wildcamping veröffentlicht – ein Thema, das für die Via Alpina immer mehr Bedeutung erlangt. Immer mehr Wandernde haben ihr Zelt im Gepäck und verzichten entweder ganz auf Hüttenübernachtungen oder wechseln diese mit Nächten unter freiem Himmel ab.

Dafür ist jedoch eine vorausschauende Planung notwendig, denn jedes Land – zum Teil mit regionalen Unterschieden – hat seine eigenen Bestimmungen, was das Wildcampen betrifft. Grundsätzlich sollte man sich als Wander*in auch bewusst sein, dass man nur zu Gast in der Natur ist und dass man das empfindliche Ökosystem so wenig wie möglich beeinträchtigt. Mehr dazu sowie Tipps für eine nachhaltige und naturverträglich abenteuerliche Nacht im Zelt sind hier (www.cipra.org/vay-bivouacking) zu finden.

Im Triglav­-Nationalpark in Slowenien laden viele glasklare Bergseen zu einer Pause ein.
Foto: Valentine Schmidhauser

Was passiert 2025?

Das Jahr 2025 markiert das 25-Jahres-Jubiläum der Via Alpina und ist deswegen ein willkommener Anlass, durch verschiedenste Aktionen auf den Weg und seine Werte hinzuweisen. So wird es in Zusammenarbeit mit Hütten, Gemeinden und Organisationen entlang der Via Alpina liebevoll gestaltete Veranstaltungen geben, die kulinarische, sportliche oder kulturelle Höhepunkte bieten. Hinzu kommen für die Wandernden ein Foto- und Videowettbewerb und für alle Daheimgebliebenen eine Podcast-Serie in Zusammenarbeit mit der Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA, welche einen Einblick gewährt in den Alltag der wichtigsten Akteur*innen entlang der Via Alpina. Alle Infos zu den aktuellen Veranstaltungen, dem Fotowettbewerb und den Podcasts sind auf der Via-Alpina-Website unter www.via-alpina.org zu finden. Nathalie Morelle, Koordinatorin der Via Alpina von 1999 bis 2015, wünscht sich Folgendes:

Ich wünsche, dass in den nächsten 25 Jahren die Via Alpina für viele weitere Menschen ein Begegnungsort mit der Natur, den alpinen Kulturen, den Menschen und sich selbst sein wird und dass es immer entsprechend Ressourcen für die Pflege der Wege und die Koordination von internationalen Initiativen geben wird.
Wandernde, die in Monaco ankommen, haben mehr als 2.000 Kilometer in den Beinen – und haben sich die atemberaubende Aussicht mehr als verdient!
Foto: Frank Eichmann

Autorin: Nora Leszczynski ist bei CIPRA unter anderem für die Via Alpina verantwortlich. Für Fragen und Anregungen steht sie unter nora.leszczynski@cipra.org gerne zur Verfügung. Wer Ideen für ein neues Via­AlpinaProjekt oder einen Anlass für das Jubiläum hat, ist herzlich eingeladen, sich mit ihr in Verbindung zu setzen. Auch Wünsche für die nächsten 25 Jahre der Via Alpina werden dankend entgegengenommen!

Info: Im Einsatz für die Via Alpina

Seit Ende 2024 gibt es die Möglichkeit, die Via Alpina nicht nur zu erwandern, sondern auch zu ihrem Gelingen beizutragen, und zwar als Freiwillige*r! Wer als sogenannter Via Alpina Volunteer tätig ist, hilft aber im Normalfall nicht bei der Wegerhaltung mit, sondern in der Kommunikation und Projektentwicklung. Sei es mit Beiträgen für die Website, erlebnisreichen Posts auf Social Media, Übersetzungen in alle Alpensprachen und Englisch oder die Entwicklung einer Via­Alpina­App – es gibt eine Fülle an Beitragsmöglichkeiten. Das Sekretariat freut sich auch über Unterstützung in der Veranstaltungsplanung und ­umsetzung; das gilt ganz besonders für das 25 ­Jahre­ Jubiläum.

Ellen Boucké beispielsweise ist eine von mehr als 20 Freiwilligen. Sie ist die Via Alpina im Jahr 2024 selbst im Trailrunning­Modus gelaufen und will deswegen jetzt ihre Erfahrung und ihre Fremdsprachenkenntnisse dem Projekt zur Verfügung stellen, um etwas zurückzugeben. Diese Motivation teilt sie mit vielen der Freiwilligen. Wer selbst gerne mitmachen will, ist herzlich eingeladen, sich bei Nora Leszczynski zu melden.

Hier geht’s zur Website der Via Alpina: www.via­alpina.org

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