2 minute read

Gedanken zum Fest –einmal anders…

elle Fähigkeit erhalten, sich über unterschiedliche Positionen auszutauschen –ja, gerade um den besten Weg streiten zu können. Streitkultur ist einer meiner meist geliebten Begriffe – er kennzeichnet die Fähigkeit, sich um des besseren Ergebnisses Willen miteinander auseinandersetzen zu können. Ohne den Gegenüber zu verunglimpfen, nur an der Sache orientiert. Das ist etwas Positives – und zwar ausschließlich Positives.

Geht das heute noch? Ich sage seit Jahren, dass unsere Gesellschaft in weiten Teilen verkommt. Dies hat mir viel Gegenwind eingebracht. Aber hat nicht gerade die Zeit der Pandemie dies nachhaltig bestätigt? Wo in unserer Gesellschaft sind heute noch sachliche Diskussionen über Corona, deren Bekämpfung oder deren Folgen möglich? Die Diskussion hat längst militante Züge erreicht und zerstört nicht selten lang gewachsene familiäre oder auch freundschaftliche Beziehungen. Corona ist das marodierende Ventil einer Gesellschaft, die keinen Kompass mehr hat, der Werte verloren gegangen sind. Nicht erst jetzt, aber plötzlich wird es deutlich.

Advertisement

Ich kann es schon lange nicht mehr ertragen, mir von allen und jedem vorschreiben zu lassen, was ich zu tun und wofür ich mich zu schämen habe. Minderheiten, die exzessiv ihre verbrieften Minderheitsrechte wahrnehmen, haben mir nicht vorzuschreiben, was ich zu tun, zu sagen oder zu lassen habe. Und ich habe es satt, wenn von jedem „Berufenen“ unaufhörlich Attacken gegen unsere Muttersprache unternommen werden und mir vorgeschrieben wird, wie ich zu schreiben, zu sprechen und zu denken habe. Und das alles mit

Geschlechts, unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlicher Hautfarbe und unterschiedlicher sexueller Ausrichtung wertgeschätzt und unterstützt werden, s dass die, die durch ihre tägliche Arbeit einen unschätzbaren Beitrag für die Gemeinschaft erbringen, respektiert und geachtet werden, s dass die Lehrer unserer Kinder wie auch die Pfleger unserer Alten und Hilfsbedürftigen die gesellschaftliche Anerkennung erhalten, die sie einer medialen Begleitung, die längst den Boden eines seriösen Journalismus verlassen hat.

Wenn Sechstklässler, wie in Berlin geschehen, zu über 60 % als Berufswunsch Hartz IV angeben, dann hat unsere Gesellschaft schlicht versagt –dies ist nicht ein Problem der Sechstklässler, es ist ein grundlegendes Problem der Eltern, Erzieher und Lehrer.

Unsere Gesellschaft hat zu einem ganz überwiegenden Teil das Denken delegiert – an andere, an wen, interessiert schon nicht mehr. Gemeinsinn war einmal, jeder denkt nur noch an sich, alles andere um ihn herum ist ihm weitestgehend egal. Noch nie war seit dem zweiten Weltkrieg der Ruf nach dem Staat grösser als heute – andere sollen es richten. Ich hatte geglaubt, dies hätten wir längst überwunden.

Nein, ich möchte nicht aufhören, daran zu glauben, s dass in unserer Gesellschaft Menschen unterschiedlichen verdienen.

Grenzen,

Jeder darf die Grenzen, die ihm unser Rechtsstaat gibt, ausschöpfen, jeder darf Opposition leben, aber unserer Gesellschaft würde es gut zu Gesicht stehen, wenn auch von den Jüngeren anerkannt würde, dass es die Älteren waren und sind, die ihnen ihre Lebensbedingungen in Freiheit und Wohlstand geschaffen haben, ohne die sie ihre Rechte auf Widerstand, Opposition und andere Meinung nicht ausleben könnten. Um dies klarzustellen, in diesem Sinne fühle ich mich auch heute noch in der Pflicht und Verantwortung der Jüngeren.

Ein wenig mehr miteinander und weniger gegeneinander, mehr Respekt und mehr Bereitschaft, den andern wahrzunehmen und zu verstehen – das ist es, was unserer Gesellschaft fehlt.

Es ist spät, aber nie zu spät. Wir dürfen nie aufhören, anzufangen. Wir dürfen nie aufhören, nachzudenken.

This article is from: