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Wir bleiben zu Hause und gesund –auch im Homeoffice
from Neu Nota Bene 19
by Mateo Sudar
Arbeiten am PC ist heutzutage eine gängige Arbeitssituation. Am Bildschirm, die Mouse in der Hand, gilt es gerade auch im Homeoffice darauf zu achten, dass langes Verharren in einer Haltung dem Wohlbefinden und der Gesundheit auf Dauer schaden können.
Sehen, Hören, Riechen, Schmecken –mit unseren Sinnen erleben wir unsere Umwelt. Zusammen mit dem Sinn für Berührung, Tasten und für Bewegung, Kraft und Balance bilden sie ein System von Verbindung, Vernetzung und Funktion. Dieses System lebt vom Austausch, bemerkbar daran, dass man sich wohl fühlt. Den Laptop auf dem Küchentisch, sitzend auf dem Esszimmerstuhl, seit einigen Stunden bereits bei der Arbeit, meldet sich der untere Rücken mit Schmerzen, die Schultern fühlen sich verspannt an, die Augen sind trocken und mitunter erwischt man sich, wie man gedankenverloren aus dem Fenster schaut. Hier ist etwas aus der Balance geraten, das System von Aufnahme und Verarbeitung ruft nach neuen Impulsen.
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Wie das geht? Im Folgenden soll nun der Arbeitsplatz betrachtet werden und wie seine Gestaltung zum Schlüssel für die notwendigen Impulse werden kann. Wo soll der Arbeitsplatz eingerichtet werden? Das Arbeiten in den eigenen vier Wänden will gut überlegt sein, für die Wahl gilt: gut beleuchtet und groß genug, um die Arbeitsmittel sicher und flexibel aufstellen zu können. Stuhl, Tisch und Bildschirm mit Tastatur und Rechner bilden eine Einheit. Die tätige Person tippt auf die Tastatur, schaut auf den Bildschirm und wechselt mit dem Blick zwischen Vorlage und Bildschirm hin und her. Der Bildschirm sollte so eingerichtet sein, dass ein bequemes Blicken von oben auf den Monitor möglich ist. Die Vorlage möglichst vor – und wenn das nicht möglich ist – rechts vom Bildschirm angerichtet, sollte Platz geben für die Arme und Hände, die neben der Tastatur bequem auf dem Tisch ruhen.
Wozu ist das gut? Beim Arbeiten am Rechner wechselt der Blick zwischen Vorlage und Bildschirm – der
Kopf bewegt sich hin und her. Bewegung benötigt Raum, eine im Nacken verkürzte Haltung des Kopfes wegen eines falsch eingestellten Bildschirmes behindert die freie Kopfbewegung. Bewegung bedeutet Impulse, die, wie oben beschrieben, dem System Rückmeldung über das Geschehen zwischen Kopf und Nacken geben: eine Rückmeldung, die in Schulter und dem oberen Rücken in vielfältiger Weise vernetzt ein Muster als Reaktion auslöst – Sie passen sich in der Haltung an! Scheinbar in derselben Haltung reagiert die Muskulatur in ihrem Spannungszustand flexibel auf die Veränderung. Eine fein abgestimmte Reaktion, wenn –eben wenn der Raum es erlaubt.
Der Stuhl als Arbeitsmittel soll nun in den Blick genommen werden. Worauf ist zu achten? Die Höhe des Tisches verlangt eine bestimmte Höhe des Stuhls, denn die Arme sollen bequem auf den Unterlagen liegen können. Die Wahl des Stuhls fällt also mit der Wahl des Tisches – eine gemeinhin bekannte Tatsache. Jedoch der Stuhl kann noch mehr. Sitzen bedeutet Bewegung. Diesem widersprüchlichen Aspekt soll nun Beachtung geschenkt werden, um zu verstehen, welcher Stuhl der richtige ist. die gerundete Form der Lehne dahingehend, dass es sich der Form der Lendenwirbelsäule anpasst.
Was bewegt sich? Beobachtet man sich im Sitzen, wird schnell deutlich, mal lehnt man sich an, mal sitzt man aufrecht. Ein Hin- und Herpendeln zwischen der Lehne und der Tischkante, jeder Stuhl erlaubt das, abhängig vom Winkel zwischen Rückenlehne und Sitzfläche. Ein Blick auf den Stuhl lohnt sich – sieht dieser ein Schwingen in der Lehne vor, ist der Winkel zwischen der Lehne und dem Stuhl zu verändern? Das Becken richtet sich beim Sitzen auf und das umso leichter, wenn die Sitzfläche leicht nach unten geneigt ist. Mancher Stuhl ist in der Sitzfläche gepolstert, andere sind in der Sitzfläche nach vorne hin leicht abgerundet.
Das Maß für die Wahl von Stuhl und Tisch sowie den Hilfsmitteln ist der eigene Körper in seinen Verhältnissen und Proportionen. Im Körperbau gelten die Gesetze der Ergonomie alle gleich, die besagen, dass jede Haltung in der Aufrichtung gegen die Schwerkraft muskuläre Arbeit erforderlich macht. Am Rechner sitzend, geschieht also geistige und körperliche Arbeit. Ein differenziertes System aus Meldung und Rückmeldung hält das System in Arbeit – ein System, das dann gut arbeitet, wenn Raum für Bewegung möglich ist.
Für die Wahl des Stuhles gilt es, diesen zunächst auf seine Gestaltung zu untersuchen. Aus der Form erschließt sich bei jedem Stuhl die Ergonomie des Sitzens. Was tun, wenn der flexibel einzustellende Bürostuhl zu Hause nicht vorhanden ist? Hier ein paar Tipps für Hilfsmittel, die der Ergonomie beim Sitzen gerecht werden. Ein aufgerolltes Handtuch, platziert auf der hinteren Stuhlkante hilft das Becken aufzurichten. Ein Kissen an der Rückenlehne in Höhe der Lendenwirbelsäule verstärkt

Welche der hier angeschnittenen Tipps gelten individuell? Richtschnur für die Ausgestaltung des Arbeitsplatzes ist die Empfindung. Mittels unserer Wahrnehmung können wir herausfinden, welche individuellen Bedürfnisse sich aus den allgemein gültigen ergonomischen Regeln ergeben. Zunächst gilt es, sich zu beobachten. Wie sitzt man am Rechner? Wohin geht der Blick, wie oft greift man nach einer Vorlage und wo? Wo stehen die Füße und wie halten sich die Arme. Diese Auflistung trainiert zunächst die Aufmerksamkeit. Mit steigender Aufmerksamkeit wird spürbar, wo die Bewegung eingeschränkt ist. Nun kann anhand der ergonomischen Tipps untersucht werden, welche Möglichkeiten die Arbeitsmittel Stuhl und Tisch mit Bildschirm und Tastatur bieten. Jetzt kann der Platz nach den eigenen Erfordernissen gestaltet werden.
Zu guter Letzt. Der hier vielzitierte Arbeitsraum ist nun geschaffen. Die Arbeitsmittel orientieren sich am Arbeitsprozess. Unterlagen, die einmal wöchentlich genutzt werden, sind sicher im Schrank aufbewahrt. Sie liegen nicht ständig auf dem Schreibtisch – nicht nur wegen der Übersicht auf diesem, sondern auch, weil nun das Regal damit zum Ort der Handlung wird. Man steht auf, um dorthin zu gehen. Während der Arbeitsplatz hier der näheren Betrachtung unterzogen worden ist, soll abschließend noch auf den Arbeitsprozess hingewiesen werden. Je mehr Schritte dieser verlangt, umso mehr steigt die Chance aufzustehen. Das Sitzen kann noch so ergonomisch gesund konzipiert sein, umfassende Gesundheit entsteht jedoch im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen. Dieses Bewusstsein kann vielfältig dazu anregen, den Arbeitsraum so zu gestalten, dass der Arbeitsgang Bewegung bringt. Im Homeoffice eine Chance, denn hier gestalten Sie die Bedingungen! Eine Chance für mehr Gesundheit am Arbeitsplatz. Bleiben sie gesund!
Anke Matthias-Schwarz Ergotherapeutin /Beraterin Betriebliche Gesundheitsförderung IHK
Am 20. August 2020 verstarb völlig unerwartet unser langjähriger Mitarbeiter Herbert Eitel im Alter von nur 68 Jahren. Eine Würdigung.