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Die Heidelberger „Pflege-Revolution“ von 1782 und ihre Folgen

Franz Anton Mai – Gründer der ersten deutschen Krankenpflegeschule

lässt sich an seinen zahlreichen beruflichen Titeln leicht ablesen: Arzt, Medizinalrat, Professor für Arzneiwissenschaft, Medizin und Geburtshilfe – und ab 1797 auch Rektor an der RuprechtKarls-Universität zu Heidelberg.

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Franz Anton Mai war der festen Überzeugung, dass die Beobachtung des Kranken durch eine Pflegekraft eine entscheidende, lebensrettende Hilfe sein konnte. Originalton Professor Mai: „Ein junger Arzt muss erst lernen, den Geruch am Krankenbett zu erkennen, wohingegen die Nase einer geübten Krankenwärterin mit Gewissheit in der Lage ist zu erkennen, dass das kran- ke Kind die Blattern bekommt.“ Diese Chance, die darin lag, Ressourcen der Pflegenden für den Heilerfolg zu nutzen, wollte Mai fortan voll ausschöpfen. Dazu bedurfte es seiner Meinung nach einer Förderung und Ausbildung im Pflegebereich. Am 15. April 1782 wurde die von Franz Anton Mai initiierte „Schule zu Erziehung wohlunterrichteter Krankenwärter“ in Heidelberg eröffnet.

In den etablierten Medizinerkreisen jedoch formierte sich gegen diese sogenannte „Pfuscherschule“ offener Widerstand. Man war in diesen Kreisen nicht der Meinung, dass sich der studierte

„Pflege-Revolution“

Mediziner von „einfachen Krankenwärterinnen“ Rat in punkto Diagnose und Heilverfahren holen sollte. Als Franz Anton Mai im Jahre 1797 Rektor der Heidelberger Universität wurde, ebbte die offene Gegnerschaft zwar langsam ab, im Verborgenen schwelte die Feindseligkeit gegenüber Mais Ausbildungsprojekt jedoch weiter. Später resümierte er: „Die Hohe Schule zu Heidelberg hat die Gebrechen des höchsten Alters: Stumpfheit und Untätigkeit.“

Dass Franz Anton Mai bei allen Widrigkeiten des Universitätslebens nicht seinen zur damaligen Zeit berühmten Humor und seine Selbstironie verlor, beweist folgende Ankündigung im Vorlesungsverzeichnis: „Geheimrat und Prof. Mai wird wöchentlich zweimal Monita medicopractica vortragen, seine eigenen am Krankenbett in der Jugend begangenen medizinischen Fehler freimütig bekennen, um junge Anfänger davor zu warnen und ihnen einen tieferen praktischen Blick, einen richtigeren Beobachtungsgeist beizubringen.“

Eine Vielzahl unterschiedlichster Interessen und Begabungen Mais lassen sich aus den folgenden Leistungen des großen Mediziners herauslesen: Die

Entwicklung der Atemschutzmaske, sein bedeutendes schriftstellerisches Werk, die Schaffung von insgesamt vier Botanischen Gärten, die Bereitstellung einer physikalisch-naturwissenschaftlichen Sammlung und der Bau eines sogenannten „Theatrum Anatomicum“ zur besseren Veranschaulichung der wissenschaftlichen Anatomie.

Franz Anton Mai verstarb im April 1814 im Alter von 72 Jahren in Heidelberg an den Folgen einer Lungenentzündung. Das Leichentuch wurde während des Trauerzuges von zwölf Krankenwärterinnen würdevoll gehalten. An der Länge des Zuges konnte abgelesen werden, wie beliebt und geachtet Franz Anton Mai bei der Bevölkerung seiner Heimatstadt war. Heute erinnern einige Gemälde im Erdgeschoss der Heidelberger Universitäts-Frauenklinik und eine Gedenktafel im dritten Obergeschoss an die Person und das Wirken des Franz Anton Mai.

Wolfgang Waldenmaier

8. GeriatrieForum Bad Wildbad

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