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Württemberg Die Johannesklinik Bad Wildbad im Wandel der Zeit

Unter geriatrischer Rehabilitation versteht man die Rehabilitation alter Menschen (Durchschnittsalter der Patienten in der Johannesklinik derzeit 82,3 Jahre), die zumeist akut erkrankt waren und gleichzeitig an mehreren Krankheiten leiden (Multimorbidität) und die durch die Erkrankungen ihre Selbständigkeit in den Aktivitäten des täglichen Lebens verloren haben und drohen, pflegebedürftig zu werden.

Aufgabe und Ziel der geriatrischen Rehabilitation ist es, die individuelle Selbständigkeit wiederherzustellen und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.

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Um dies zu erreichen, arbeitet in der Johannesklinik ein multiprofessionelles Team, bestehend aus Pflegekräften, Ärzten, Therapeuten (Krankengymnasten, Masseure, Ergotherapeuten, Logopäden) und Sozialarbeitern eng zusammen.

Hierfür existiert in Baden-Württemberg seit mehr als 20 Jahren ein Geriatriekonzept, das zuletzt 2014 überarbeitet wurde.

Vor Beginn der Behandlung wird von allen Beteiligten ein geriatrisches Assessment, d.h. eine Einschätzung und Beurteilung vorhandener Fähigkeiten und Ressourcen der Rehabilitanden erhoben. Anschließend wird gemeinsam im therapeutischen Team, an dem alle Berufsgruppen teilnehmen, eine individuelle Therapieplanung mit klar definierten Zielen vorgenommen. Wöchentlich wird überprüft, ob diese Ziele erreicht wurden bzw. ob eine Anpassung der Ziele oder eine Änderung der Therapie erforderlich sind.

Notwendige Hilfen im häuslichen Umfeld des Rehabilitanden werden durch die Johannesklinik ebenso organisiert wie die Weiterleitung aller erforderlichen Informationen an die Weiterbetreuenden am Entlassungstag (Arztbrief,

Pflegeüberleitungsbogen, therapeutische Abschlussberichte).

Am Ende des stationären Aufenthalts wird erneut ein Assessment durchgeführt und damit auch der Rehabilitationserfolg dokumentiert. Trotz des hohen Alters und der Multimorbidität gelingt es in mehr als 80 % der Fälle, die Betroffenen wieder in die frühere Wohnumgebung zurück zu bringen. Auch die Mobilität wird durch die Rehabilitation entscheidend verbessert: so können anfangs nur 38 % der Rehabilitanden alleine aufstehen, während es bei Entlassung 78 % können. Noch offensichtlicher sind die Erfolge beim Treppensteigen: können anfangs nur 23 % der Patienten Treppensteigen sind es am Ende 76 %!

Trotz großer Erfolge wurde und wird die geriatrische Rehabilitation in BadenWürttemberg nicht in ausreichendem Maße finanziell unterstützt. Das hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass immer mehr geriatrische Rehabilitationskliniken in Baden-Württemberg aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden mussten. So existiert im Großraum Stuttgart nur noch eine von ursprünglich fünf Kliniken. Viele Kliniken haben ihre Bettenanzahl reduziert, um nicht noch größere Verluste zu produzieren.

Hauptgrund hierfür sind die finanziell nicht ausreichenden Anpassungen der Vergütungen, d.h. der Tagessätze. Viele Kliniken haben in den letzten 10 Jahren lediglich 5 % bis 10 % mehr Geld erhalten, obwohl die Lohnkosten und Nebenkosten um das Dreifache gestiegen sind.

Parallel hierzu wurden in den letzten Jahren die Qualitätsanforderungen an die geriatrischen Rehabilitationskliniken erheblich erhöht. Das bedeutet, dass geriatrische Rehabilitationskliniken zertifiziert sein und auch an externen Qualitätssicherungsmaßnahmen teilnehmen müssen. Dies erfordert einen zusätzlichen hohen organisatorischen und personellen Aufwand, der zusätzliche Kosten verursacht und nicht rückfinanziert wird.

Es stellt sich die Frage, weshalb eine sinnvolle und erfolgreiche Maßnahme wie die geriatrische Rehabilitation –trotz der offensichtlichen Einsparungen durch die Vermeidung oder Reduktion von Pflegebedürftigkeit – nicht ausreichend unterstützt wird. Ein wesentlicher Aspekt hierbei ist die Tatsache, dass die Kosten für die geriatrische Rehabilitation durch die Krankenkassen getragen werden, die eingesparten Folgekosten aber den Pflegekassen zugute kommen.

Mittlerweile hat sich der Gesetzgeber der Problematik der Finanzierung angenommen und strebt an, dass die Pflegekassen als Profiteure der geriatrischen Rehabilitation an der Finanzierung derselben beteiligt sein sollen. Allerdings gibt es hierfür bislang außer Absichtserklärungen noch kein existierendes Konzept.

Ein weiterer Aspekt ist, dass Krankenkassen lokal bzw. regional organisiert sind und untereinander im wirtschaftlichen Konkurrenzkampf stehen. Dieser teilweise erhebliche Wirtschaftlichkeitszwang führt dazu, dass insbesondere in den Bereichen gespart wird, in denen die Krankenkasse die Kosten steuern kann. Hierzu gehören u.a. Kur- und Rehabilitationsmaßnahmen und auch Hilfsmittel, während medizinische Behandlungen beim Hausarzt und Krankenhausaufenthal- te nicht gesteuert werden können, d.h. immer vergütet werden müssen.

Für Baden-Württemberg stellt sich die Situation so dar, dass immer weniger Kliniken immer mehr Patienten in immer kürzerer Zeit versorgen müssen. So betrug laut erstem Geriatriekonzept die durchschnittliche Verweildauer 1989 noch 39 Tage, wohingegen es jetzt weniger als 21 Tage sind.

Sollte es kein Umdenken der an der Finanzierung beteiligten Kostenträger geben, so ist die geriatrische Rehabilitation in Baden-Württemberg ernsthaft in Gefahr. Dies hätte zunehmende ernsthafte und unnötige Folgen für die betroffenen alten Menschen. Entsprechend ist in den letzten Jahren die Anzahl der Entlassungen aus der Akut- klinik direkt ins Pflegeheim schon um 80 % gestiegen.

Erfreulicherweise kann in den letzten Jahren festgestellt werden, dass die Kostenträger die Notwendigkeit der geriatrischen Rehabilitation zunehmend feststellen und insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der demographischen Entwicklung, d.h. der zunehmenden Überalterung, erste Schritte zur Sicherung dieser erfolgreichen Behandlungsmöglichkeit eingeleitet haben, indem beispielsweise die Tagessätze deutlich (aber noch nicht ausreichend) erhöht wurden und neue Konzepte diskutiert und in Angriff genommen werden.

Dr. med. Thomas Müller

Ferienpraktikum in der Johannesklinik Bad Wildbad

Hurra – Ferien

Wir in Nordrhein-Westfalen haben schon Sommerferien. Für einige andere bedeuten Sommerferien, sich auf die Couch zu legen und nichts zu tun – wie wir es nennen „chillen“ oder „rum gammeln“. Aber wir hatten keine Lust, unsere Sommerferien auf diese Weise zu verbringen – auf der faulen Haut zu liegen. Stattdessen entschieden wir, uns in den Sommerferien sozial zu engagieren.

Wir entschlossen uns, ein freiwilliges Praktikum in der Johannesklinik durchzuführen. In der Johannesklinik arbeiten Menschen unterschiedlicher Berufsgruppen, die verschiedene Tätigkeiten ausführen. Am ersten von fünf Praktikumstagen wurde uns vorgeschlagen, dass eine in den Beruf Physiotherapeutin hineinschnuppert und die andere in den Beruf Krankenschwester. So haben wir es dann auch gemacht. Während unserer fünf Tage Praktikum haben wir gelernt, dass jede einzelne Berufsgruppe zum Wohlbefinden und der Genesung der Rehabilitanden beiträgt.

Als Physiotherapeutin hat man beispielsweise die Aufgabe, den Rehabilitanden zu unterstützen, seine persönlichen Ziele in dieser Reha zu erreichen. Persönliche Ziele sind z. B., wieder laufen oder sich wieder selbstständig im eigenen Haus/in der eigenen Wohnung versorgen zu können. Um den Rehabilitanden diese Wünsche zu erfüllen, führen die Physiotherapeuten Therapien, wie das Stärken der Arm- und Beinmuskulatur mithilfe von elektrischen Geräten mit den Rehabilitanden durch und trainieren Stück für Stück das Aufstehen, Stehen, Laufen und Treppensteigen.

Dr. med. Thomas Müller ist seit 1996 als Chefarzt in der Johannesklinik Bad Wildbad tätig Nach dem Ende des Studiums an der RuprechtKarls-Universität Heidelberg nahm er 1985 seine Tätigkeit als Arzt in der Kurpfalzklinik Heidelberg auf. Neben der Behandlung von Dialysepatienten wurden insbesondere Querschnittsgelähmte und Hämophiliepatienten (Bluter) behandelt. Von 1991 bis 1996 arbeitete er im SRH-Klinikum Karlsbad-Langensteinbach in der Inneren Abteilung bei Prof. Diehm und wurde dort Facharzt für Innere Medizin und Angiologie (Gefäßkrankheiten) und Geriatrie (Altersheilkunde), dem Fachgebiet in dem er auch schon seinen Doktortitel 1985 bei Prof. Oster im Bethanien-Krankenhaus Heidelberg erworben hatte.

Aber auch die Pflege der Rehabilitanden ist sehr wichtig. Deshalb kümmern sich die Krankenschwestern und Krankenpfleger rund um die Uhr um die Rehabilitanden. Wenn die Rehabilitanden in der Johannesklinik ankommen, wird zuerst ein Aufnahmeverfahren durchlaufen, in dem durch die Mitarbeitenden der Pflege alle wichtigen Infos über die Rehabilitanden erfragt und schriftlich festgehalten werden. Außerdem erhalten die Rehabilitanden, die dies nicht mehr alleine können, Unterstützung beim Waschen, Anziehen, Kämmen, beim Toilettengang und werden zu den Mahlzeiten begleitet. Eine ganz wichtige Aufgabe der Mitarbeitenden der Pflege ist es auch, jedem Rehabilitanden seine Medikamente zu verabreichen, Wunden zu versorgen, die Rehabilitanden und deren Angehörige nach Wunsch in verschiedenen Themen (z. B. einem künstlichen Darmausgang) zu schulen und verschiedene Hilfsmittel vorzustellen, die den Alltag erleichtern (z. B. Badewannenlifter).

Wir haben erkannt, dass die Rehabilitanden erst durch diese Reha wieder richtig am Alltag und damit am Leben teilhaben können, denn ca. 80 % der Rehabilitanden werden nach dieser Reha-Maßnahme nach Hause entlassen und nur 20 % gehen nach Abschluss der Reha in ein Pflegeheim.

Patricia Nohn (14 Jahre) und Judith Zollmarsch (15 Jahre)

Demenzkranke sollen künftig in der Pflegeversicherung besser gestellt werden. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) legte dazu in Berlin einen Gesetzentwurf für die geplante zweite Stufe der Pflegereform vor

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