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Suche Wohngemeinschaft
from Neu Nota Bene 01
by Mateo Sudar
Eine Geschichte über die Möglichkeiten einer gemeinsamen Wohnung für mehrere ältere Menschen
Von Gabriele Steckler
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Frau Burkhardts Mann starb plötzlich vor eineinhalb Jahren. Sie war lange Zeit danach wie gelähmt und wohnte vorübergehend bei ihrer Tochter, bis sie sich wieder in der Lage fühlte, alleine in ihrer Wohnung zu leben. Versorgt wurde sie dort von der Diakoniestation, da sie pflege- und unterstützungsbedürftig war. Sie fühlte sich einsam ohne ihren Mann und der Kontakt zu den Pflegerinnen und Pflegern der Diakonie reichte ihr nicht aus.
Während eines Gespräches mit ihrer Pflegerin kamen sie auf das Thema des Alleinwohnens und sie vermutete, dass es im näheren Umkreis doch sicherlich mehrere Personen in ihrer Situation geben würde – allein lebend, zu jung für ein Pflegeheim, mit einer eigentlich zu großen Wohnung und dem Bedürfnis nach mehr Kontakt. Die Schwester bejahte diese Vermutung und erzählte, dass sie mehrere Personen betreuen würde, die in einer ähnlichen Situation wären. Frau Burkhardt ging dies nicht aus dem Kopf und sie initiierte ein Treffen dieser Personen, unter Mithilfe der Diakonie. Bald fand dies regelmäßig statt und man lernte sich besser kennen. Häufig kam die Rede auf die Einsamkeit und was dagegen unternommen werden könnte. Wie von selbst stand dann die Idee im Raum, in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen. Anfangs belächelt, aber je mehr sich alle damit beschäftigten, umso realistischer wurde die Vorstellung. Allein es haperte an der Umsetzung. Niemand konnte sich vorstellen, dass es eine Wohnung für mehrere Bewohner geben könnte, in der jeder seinen eigenen Bereich (Zimmer und Bad) haben könnte und alle gemeinsam eine Küche und einen Wohn- bzw. Aufenthaltsraum benützen könnten.
Da hörte Frau Burkhardt von dem neuen Wohn- Teilhabe- und Pflegegesetz, kurz WTPG, das eventuell diese Träume in einen realistischen finanziellen Rahmen stellen könnte. Sie sprachen in ihrer Gruppe darüber, informierten sich und erfuhren folgendes:
Seit 31.05.2014 ist in Baden-Württemberg das neue Wohn- Teilhabe- und Pflegegesetz (WTPG) in Kraft getreten und löst das bisherige Landesheimgesetz ab. Im WTPG werden u.a. folgende Wohnformen unterschieden:
1. Selbstverantwortete Wohngemeinschaft für Menschen mit Pflegeund Unterstützungsbedarf: Art und Umfang der Pflege- und Unterstüt- zungsleistungen sind frei wählbar, die Lebens- und Haushaltsführung wird selbstbestimmt und gemeinschaftlich gestaltet, das Hausrecht darf selbst uneingeschränkt ausgeübt werden. Die Wohngemeinschaften können aus bis zu 12 Personen bestehen, staatliche Aufsicht ist nicht erforderlich.
2. Ambulant betreute Wohngemeinschaft – BewohnerInnen können Abläufe nur teilweise selbst bestimmen; Wohnen und ein Teil der Unterstützungsleistungen werden von einem Anbieter organisiert und können frei gewählt werden. Die Anwesenheit einer Präsenzkraft ist Pflicht, pro Bewohner müssen insgesamt 25 qm zur Verfügung stehen. Die Wohngemeinschaft darf nicht mehr als 8 Personen umfassen. In den ersten drei Jahren erfolgen eine regelmäßige Überprüfung durch die Heimaufsicht, danach nur noch anlassbezogene Kontrollen. Diese Wohngemeinschaften sind auch für demenzkranke Menschen geeignet. Das WTPG hat hier einen rechtlichen Rahmen geschaffen, der sehr flexibel ist. Unter Einbezug ambulanter Dienste, Hilfen von Angehörigen und ehrenamtlich engagierten Personen gibt es hier staatlichen Schutz und es gilt ein Mindestmaß an Standards.
Auch für Menschen, die (ergänzende) Sozialhilfe beziehen, steht das gesamte Versorgungsspektrum offen. Die monatlichen Zuzahlungen sind in den ambulant betreuten Wohngemeinschaften und stationären Einrichtungen etwa gleich.
Frau Burkhardt und ihre zukünftigen Mitbewohner waren hoch erfreut, dass dieses Gesetz ihnen die Möglichkeit gibt, ihre persönliche Situation so positiv zu verändern.