5 minute read

Bundestagswahl: Gesundheitsagenden der Parteien

Gesundheit ist wichtiger Bestandteil der Wahlprogramme aller Parteien Gesundheitsagenden der Parteien

Am 26. September ist Bundestagswahl. Das Thema Gesundheit spielt in den Wahlprogrammen aller etablierten Parteien eine entscheidende Rolle (als etabliert gelten Parteien, die seit der letzten Bundestagswahl entweder im Bundestag oder in einem Landtag ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten sind.).

Das Ärzteblatt Baden-Württemberg stellt in einem kurz gefassten Überblick ausgewählte arztbezogene Inhalte der etablierten Parteien einander gegenüber. Mehr Details zu diesen und weiteren gesundheitspolitischen Vorhaben finden sich in den jeweiligen Wahlprogrammen, die mit den unten stehenden QR-Codes abgerufen werden können.

Pandemie

Die Pandemie habe die herausragende Bedeutung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes für einen wirksamen Schutz der Gesundheit der Bevölkerung deutlich werden lassen. Die Corona-Krise habe aber auch allen vor Augen geführt, dass eine nachhaltige Verstärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes als eine unverzichtbare Säule des Gesundheitswesens dringend geboten ist.

Vertragsärzteschaft Die CDU/CSU will dafür sorgen, dass alle Bürgerinnen und Bürger einen digitalen, wohnortnahen und möglichst barrierefreien Weg zum Haus- und Facharzt haben. Sie setzt sich verstärkt für den flächendeckenden Ausbau des psychotherapeutischen Behandlungsangebots für Kinder und Jugendliche ein.

Krankenhäuser Die Ziele einer bedarfsgerechten und flächendeckenden Grund- und Regelversorgung in der Krankenhausplanung und insbesondere in der Krankenhausfinanzierung sollen wesentlich stärker berücksichtigt werden, gerade mit Blick auf den ländlichen Raum. Gleichzeitig soll im Interesse der Patientensicherheit für komplexe Behandlungen eine stärkere Bündelung entsprechender klinischer Angebote erreicht werden. Die Corona-Krise habe gezeigt: Der öffentliche Gesundheitsdienst brauche bessere Rahmenbedingungen, eine bessere Ausstattung, auch mit Blick auf die digitale Infrastruktur – Hardware ebenso wie Software, und eine konkurrenzfähige Vergütung. Dann kann auch dessen sozialpolitisch wichtigste Aufgabe, die wirtschaftlich Schwächeren in Gesundheitsfragen zu unterstützen, besser gemeistert werden.

Die Begriffe Vertragsarzt, Hausarzt und Facharzt kommen im Wahlprogramm nicht vor. Eine Neuordnung der Rollenverteilung zwischen ambulantem und stationärem Sektor durch eine Überwindung der Sektorengrenzen wird angestrebt.

Eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung könne am besten durch eine Neuordnung der Rollenverteilung zwischen ambulantem und stationärem Sektor, durch eine Überwindung der Sektorengrenzen und eine gute Koordination und Kooperation der medizinischen, psychotherapeutischen und pflegerischen Berufe gelingen. Es brauche darum eine stärkere Öffnung von Krankenhäusern für ambulante, teambasierte und interdisziplinäre Formen der Versorgung.

Krankenversicherung Zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung wird auf einkommensabhängige paritätische Beiträge, Eigenbeteiligung und einen Steueranteil für versicherungsfremde Leistungen gesetzt.

Weitere Informationen

Die SPD will eine Bürgerversicherung einführen. Das bedeute: Gleich guter Zugang zur medizinischen Versorgung für alle, eine solidarische Finanzierung und hohe Qualität der Leistungen. Um Pandemien zukünftig effektiv und nachvollziehbar zu bekämpfen, sollen Stufen zur Eindämmung von Pandemien im Infektionsschutzgesetz definiert, Pandemieschutzpläne aktualisiert und ein unabhängiger sowie interdisziplinärer Pandemierat eingerichtet werden. Mit einer klaren Kommunikationsstrategie sollen Datengrundlagen, Entscheidungsgründe und -wege transparent gemacht werden.

Die Primärversorgung durch Hausärztinnen und -ärzte sowie weitere Gesundheitsberufe soll weiter gestärkt werden. Ambulante und stationäre Angebote sollen übergreifend geplant und regionale Versorgungsverbünde mit enger Anbindung an die Kommunen gefördert werden. Die strikte Trennung von EBM und GOÄ soll aufgehoben werden.

Es brauche eine verbindlichere Landeskrankenhausplanung, die die öffentlichen Versorgungsinteressen an Grund-, Schwerpunkt- und Maximalversorgung definiere. Welche Angebote es vor Ort gebe, dürfe nicht davon abhängen, was sich rentiert oder was sich Träger noch leisten können, sondern müsse sich danach richten, was nötig sei. Der Trend hin zu Privatisierung soll umgekehrt werden. Die Konzentration auf ertragreiche Angebote müsse ein Ende haben. Kliniken sollen in Zukunft nicht mehr nur nach Fallzahl, sondern auch nach ihrem gesellschaftlichen Auftrag finanziert werden.

Ziel ist eine solidarisch finanzierte Bürgerversicherung. So soll – auch vor dem Hintergrund künftiger Kostensteigerungen im Gesundheitswesen – für eine stabile und solidarische Lastenteilung gesorgt werden.

Bild: Margarita Cheblokova

Die Agrarforschung einschließlich der epidemiologischen Forschung soll gestärkt werden, um den Ausbruch und die Verbreitung von Tierseuchen deutlich schneller zu erkennen und eingrenzen zu können. Die Linke fordert dafür ein spezialisiertes Epidemiologisches Zentrum, um z. B. ein Frühwarnsystem für Pandemierisiken zu entwickeln.

Die Linke tritt für eine gute, flächendeckende, barrierefreie und bedarfsdeckende gesundheitliche Versorgung in Stadt und Land ein. Regionale Versorgungszentren sollen mittelfristig zum Rückgrat der wohnortnahen Versorgung werden. Es soll geprüft werden, Kaufpreise für „Kassensitze“ für Ärztinnen und Ärzte zu begrenzen.

Nach Ansicht der Linken ist es falsch, dass Krankenhäuser nach Fallpauschalen und mit Gewinnorientierung wirtschaften müssen. Sie will Krankenhäuser und Pflegekonzerne von der Börse nehmen und sie nach Bedarf und Gemeinwohl organisieren. Fallpauschalen sollen abgeschafft, Krankenhäuser und Pflegeheime wieder in gemeinnützige Hand, jenseits von Markt und Profitmacherei, überführt werden. – Öffentliche Krankenhäuser sollen in ihrer Planung dafür sorgen, dass die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen gesichert ist.

Durch Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze soll der Beitrag für die Krankenversicherung von zirka 15 Prozent auf weniger als 12 Prozent des Bruttolohns sinken. Für die AfD ist die Verunsicherung der Bürger mit willkürlichen Grenzwerten, nicht nachvollziehbaren Maßnahmen und Einschränkungen von Grundrechten durch Verwaltungsermächtigungen unter Umgehung der Parlamente inakzeptabel. Die Pflicht zum Tragen einer Maske sowie eine verpflichtende Impfung, Immunitätsausweise, sowie Tracking Apps oder sonstige Überwachungsmaßnahmen werden abgelehnt.

Nicht Kopfpauschalen, Budgetierung und willkürliche Honorarkürzungen innerhalb der GKV, sondern eine leistungsgerechte Bezahlung der Mediziner sichere eine bedarfsorientierte Betreuung des einzelnen Patienten. Eine unverhältnismäßige Leistungsausweitung werde durch flankierende Maßnahmen vermieden. Die AfD tritt ein für eine leistungsorientierte Bezahlung der Mediziner.

Die AfD fordert die Einführung eines Individualbudgets für Krankenhäuser. Hierin sollen die Prüfungsergebnisse des erweiterten neuen Medizinischen Dienstes im Gesundheitswesen (MDG), der tatsächliche Bedarf in der Bevölkerung vor Ort sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des jeweiligen Krankenhauses einfließen. Mit Blick auf die Trägervielfalt und die Zurverfügungstellung leistungsfähiger Krankenhausstrukturen fordert die AfD eine Begrenzung privater Träger im Krankenhausbereich bei max. 60 %. Die Freien Demokraten wollen dem RobertKoch-Institut politische Unabhängigkeit garantieren. Der Staat müsse auf pandemische Notlagen mit verhältnismäßigen Maßnahmen reagieren können. Dazu bedürfe es einer klaren rechtlichen Definition. Das RKI dürfe keine politikabhängige Behörde sein, sondern sei nach dem Vorbild der Deutschen Bundesbank zu einer unabhängigen Institution umzuwandeln.

Die Freien Berufe im Gesundheitswesen sollen gestärkt werden. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sollen in medizinischen Fragen autonom und frei von Weisungen Dritter entscheiden können. Die Sektorenbarriere zwischen dem ambulanten und dem stationären Versorgungsbereich soll konsequent abgebaut und die Verzahnung und Vernetzung aller Versorgungsbereiche weiterentwickelt werden.

Es wird eine nachhaltige Verbesserung der Investitionsfinanzierung für maximalversorgende und kleinere spezialisierte Krankenhäuser gefordert. Höhere Qualität müsse durch das Vergütungssystem belohnt werden. Die Strukturreform im stationären Sektor müsse verantwortungsvoll weiterentwickelt und Fehlanreize für eine Überversorgung sowie ein Überangebot an Krankenhausleistungen bereinigt werden. Eine Ungleichbehandlung von privaten, öffentlichen und konfessionellen Trägern wird genauso abgelehnt wie eine Planungshoheit der Krankenkassen.

Die AfD schlägt eine Zusammenlegung von sozialer Pflegeversicherung und gesetzlicher Krankenversicherung vor, um häufig auftretende Schnittstellenprobleme bei der Versorgung von Pflegebedürftigen zu vermeiden. Die FDP setzt sich für einen qualitäts-, effizienz- und innovationssteigernden Wettbewerb unter den Kassen ein. Dazu soll der gesetzliche Spielraum für Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern ausgeweitet werden.

This article is from: