6 minute read

Tulpen für London – Brexit-Special Teil III

Brexit Case Study

Viele Unternehmen werden auf die Unterstützung von Zollagenten setzen, um die neu entstehenden Anforderungen bei Zollformalitäten zu meistern. Der niederländische Broker Bongers Expeditie hat sich mit einem ausgeklügelten IT-Konzept vorbereitet und bietet damit für den Handel mit Blumen und Pflanzen ein umfassendes Serviceangebot.

Advertisement

„Der Brexit ist eine große Herausforderung für die Wirtschaft, aber uns bietet er enorme Chancen“, sagt Thea Bongers, Direktorin bei Bongers Expeditie, offen und ehrlich. Denn während der deutsch-britische Handel seit dem Brexit-Referendum vor mehr als vier Jahren rückläufig ist und viele Unternehmen unter den Auswirkungen des EU-Austritts Großbritanniens leiden, zählt die Zollagentur zu den Gewinnern. Thea Bongers verweist auf die bisherige Erweiterung der Europäischen Union, die immer mehr Grenzen öffnete und dadurch das Arbeitsaufkommen für Zollagenturen immer weiter reduzierte. Doch nun schlägt das Pendel in die andere Richtung aus: Nach Ende der Übergangsphase am 31. Dezember 2020 werden für Warenbewegungen von und nach Großbritannien Zollanmeldungen notwendig. „Wegen des Brexits mussten wir zusätzliche Leute einstellen und ausbilden. Dank des Brexits hat unser Unternehmen einen großen Schritt nach vorne gemacht“, so die Direktorin. Ausschlaggebend dafür sind nicht nur die neuen Mitarbeiter, sondern auch eine ausgeklügelte Softwareunterstützung, die Bongers kurz nach dem Brexit-Referendum eingeführt hatte. „Unser Zollsystem davor war langsam, fehleranfällig und zudem relativ teuer. Gleichzeitig ließ der Support und die Unterstützung durch den damaligen Anbieter zu wünschen übrig“, erinnert sich Thea Bongers.

Neue Zollplattform als Basis

Sechs Monate vor Ablauf des Vertrages mit dem alten Lieferanten kam sie zufällig mit René Wijnants von AEB Nederland in Kontakt. Im Gespräch lernte Thea Bongers nicht nur die umfangreichen Möglichkeiten der AEB-Software kennen, sondern es bildete sich rasch eine ausgeprägte Vertrauensbasis. „Das, was AEB uns anbot, war überzeugend. Und wie sich herausstellte, entsprachen Angebot und Leistungsversprechen auch der Wirklichkeit“, erklärt sie. Thea Bongers erinnert sich auch noch an den Tag, an dem die neue Zollplattform in Betrieb genommen wurde. „Der Übergang zur neuen Lösung war ein großer Schritt. Wir waren mit dem bestehenden System sehr vertraut. Nicht nur ich, sondern auch einige Mitarbeiter hatten daher schlaflose Nächte.“ Aber die Inbetriebnahme lief letztendlich komplett reibungslos. Ein Grund dafür: Die Zollplattform von AEB ist schnell und einfach zu bedienen, der Aufbau von Masken und Feldern logisch und übersichtlich.

110 % gute Zusammenarbeit

Innerhalb kurzer Zeit hatten sich alle Bongers-Mitarbeiter an die neue Lösung gewöhnt und konnten sich eine Rückkehr zur alten Software nicht mehr vorstellen. „Natürlich mussten wir manchmal nach Feldern oder Daten suchen. Aber uns wurde immer direkt geholfen“, schildert die Direktorin der Zollagentur. „Nicht nur René Wijnants, sondern auch die anderen Mitarbeiter der AEB, einschließlich des Helpdesks, antworten schnell auf unsere Fragen. Die Zusammenarbeit ist zu 110 % gut.“ Ein großer Vorteil der AEB-Software: Die Prozesse laufen deutlich schneller ab. Die Zeit, in der Mitarbeiter manchmal minutenlang warten mussten, bis eine Anfrage in dem alten System bearbeitet war und sie im Prozess weitermachen konnten, ist definitiv vorbei. Darüber hinaus konnte die Zollagentur den manuellen Aufwand deutlich reduzieren. „Wenn wir jetzt ein Exportdokument erstellen, öffnet sich sofort die Maske für ein Transitdokument. Wir können leichter zu einem Screen mit einem anderen Dokument wechseln, ohne das erste Dokument schließen zu müssen“, erklärt Thea Bongers. Nicht zuletzt dank der Zollsoftware von AEB erreichte Bongers im Sommer 2018 den Status eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (Authorized Economic Operator, AEO). Ein AEO gilt als besonders zuverlässig und vertrauenswürdig, sodass die Zollagentur nun Vereinfachungen bei der Zollabfertigung in Anspruch nehmen kann. „Neben AEB hat der Zollspezialist Frank Hagreis der niederländischen Zollberatungsstelle FBC Atlas beim Erlangen des AEO eine wichtige Rolle gespielt. Er hat den Prozess von Anfang bis Ende begleitet und auch die Gespräche mit den Zollbehörden geführt“, erzählt Thea Bongers.

Weniger Handarbeit, weniger Fehler

Der Brexit hat eine neue Phase in der Zusammenarbeit mit AEB eingeleitet. Zusammen mit ChannelPorts, einem Zollagenten in Großbritannien, wurde eine besondere Kooperation vereinbart. Das Ergebnis ist ein umfassender, weitestgehend automatisierter Service für den Handel mit Großbritannien. Firmen, die Waren nach Großbritannien exportieren wollen, müssen nur einen einzigen Datensatz an die AEB-Zollplattform senden (siehe Kasten rechts). Bongers und ChannelPorts sorgen dann dafür, dass die richtigen Export- und Importdokumente erstellt und den Zollbehörden in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich vorgelegt werden. Das vermeidet Lkw-Standzeiten an der Grenze, da sowohl die Export- als auch die Importdeklarationen rechtzeitig und vollständig erledigt werden. Die AEB-Plattform ermöglicht es zudem, Daten der Ausfuhranmeldung in der EU für die Einfuhranmeldung im Vereinigten Königreich wiederzuverwenden. Dies führt zu weniger manuellen Eingaben und damit zu weniger Fehlern und Störungen. Zudem wird der gesamte Abwicklungsprozess beschleunigt, da Zoll- und andere Kontrollbehörden die Anmeldungen direkt genehmigen können. Durch den geringeren manuellen Aufwand sinken schließlich auch die Kosten pro Zollanmeldung.

Fokus auf Blumen und Pflanzen

ChannelPorts und Bongers Expeditie haben den Service speziell für Unternehmen weiterentwickelt, die verderbliche Waren wie Blumen und Pflanzen exportieren. Denn hierfür gelten besondere Vorschriften. In den Niederlanden ist dazu beispielsweise eine pflanzenschutzrechtliche Untersuchung mit Begleitbescheinigung erforderlich. Damit erklären die Behörden, dass die betreffenden Produkte gesund sind. Im Vereinigten Königreich sind neben einer Einfuhranmeldung auch ein Pflanzenpass und eine Voranmeldung bei PEACH (Procedure for Electronic Application for Certificates from the Horticultural marketing inspectorate) notwendig. Sowohl Bongers als auch ChannelPorts verfügen über umfangreiche Erfahrungen mit dieser Art von Dokumenten. Die Automatisierung der mit diesen Anforderungen verbundenen Prozesse trägt hier auch zu einer reibungslosen Abwicklung bei. „Das Interesse an diesem Konzept ist enorm“, sagt Thea Bongers. „Dank der Zusammenarbeit mit AEB und ChannelPorts konnten wir vier große Transportunternehmen als Kunden begrüßen, die mit einer Flotte von 150 bis 200 Lkw täglich nach England fahren.“ Für diese übernehmen ChannelPorts und Bongers nun die komplette Zollabwicklung. Andernfalls hätten die Transportunternehmen nicht nur die Export- und Importdokumente erstellen, sondern sich auch um die PEACH-Voranmeldungen und die Pflanzengesundheitszeugnisse kümmern müssen. Und die Registrierung bei Portbase, dem System des Rotterdamer Hafens, übernimmt AEB. EFTA-Staaten im Fokus „In den letzten Monaten haben wir unsere Kunden bei der Vorbereitung auf den Brexit unterstützt. Im Fokus stand vor allem die Frage: Welche Daten müssen nach dem Brexit wie an die AEB-Plattform geliefert werden?“, sagt Thea Bongers. „Natürlich könnten die Daten in Zukunft auch manuell geliefert werden, aber Unternehmen, die dies automatisiert erledigen, haben für uns Priorität. Schließlich müssen wir möglicherweise 500 Dokumente pro Stunde bearbeiten, denn niemand will seine Fähre nach England verpassen.“ In Sachen Zusammenarbeit mit der AEB und anderen Zollagenten auf der AEB-Plattform ist die Zollexpertin auf den Geschmack gekommen: „Es ist ein fantastisches Konzept. Mit einem Kunden nutzen wir die Methode und die Plattform auch für den Export in die Schweiz und nach Norwegen.“ Und Thea Bongers ist auch für die weitere Zukunft und das durch den Brexit zunehmende Zollmeldungs-Volumen optimistisch. „Wir werden auch während des Brexits 24 Stunden am Tag erreichbar sein. Und wir werden dafür sorgen, dass wir bis dahin optimal gerüstet sind.“

Der Autor: Michiel Sengers wurde in den Niederlanden geboren und lebte fast ein Jahrzehnt in Singapur. Dadurch hat er Einblicke in wichtige internationale IT-, Lieferketten- und internationale Handelsentwicklungen sowohl in Asien als auch Europa.

Brexit & die AEB-Zollplattform in der Praxis

Unternehmen können die Kosten des Brexits deutlich senken, indem sie über die AEB-Zollplattform ein Netzwerk von Zollagenten wie Bongers Expeditie und ChannelPorts nutzen. Wie funktioniert das in der Praxis?

Viele Unternehmen werden die Zollabwicklung mit dem Vereinigten Königreich nach dem 31. Dezember 2020 an Zollagenturen und -broker übergeben. Mit der Zollplattform von AEB können Exporteure und Importeure die Zusammenarbeit mit ihren Dienstleistern digitalisieren, Kosten sparen, für mehr Rechtssicherheit und vor allem für eine schnellere Abwicklung sorgen. Für eine Zollanmeldung nutzt die Plattform dazu einen einzigen Datensatz für die Kommunikation zwischen allen Beteiligten – also beispielsweise Exporteur, Spediteur, Frachtführer, Zollagent, Zollbehörden, Kontrollbehörden und Häfen. Ein integrierter Workflow stellt sicher, dass alle Beteiligten die erforderlichen Daten erhalten und ihre Aufgaben zur richtigen Zeit erfüllen. Neue Daten wie Genehmigungsbescheinigungen und Referenznummern werden in den Datensatz aufgenommen, sodass sie für die nächsten Prozessschritte, wie beispielsweise die Einfuhranmeldung in Großbritannien, zur Verfügung stehen. Der große Vorteil an diesem Ansatz: Ein durchgängiger Datensatz bedeutet weniger Fehler und weniger Verwaltungsaufwand. Darüber hinaus ermöglicht die AEB-Zollplattform eine vollständige Automatisierung der manuellen Vorgänge, die beispielsweise für die Erlangung bestimmter Zertifikate erforderlich sind. Schließlich müssen die Ausführer dank der Zusammenarbeit selbst keine Lizenzen für die Einfuhr oder Ausfuhr von Waren in das Vereinigte Königreich besitzen.

This article is from: