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Endverwendungszweck-Prüfung Der Fall eines deutschen Chemikalienhändlers zeigt die Fallstricke

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Ein börsennotierter deutscher Chemikalienhändler wird angezeigt, weil er waffenfähige Chemikalien nach Syrien geliefert haben soll. Auch die Vorlieferanten geraten ins Visier. Am Ende stellt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. Dennoch zeigt der Fall, wie wichtig eine genaue Risikobewertung für alle beteiligten Unternehmen ist. Die wichtigsten Erkenntnisse in der Zusammenfassung.

Syrien und Chemikalien: Wenn diese Begriffe in einem Satz fallen, werden deutsche Redaktionen hellhörig. So war es auch keine Überraschung, dass es folgende Meldung am 26. Juni prominent in die Schlagzeilen schaffte. Drei NGO – die New Yorker Society Justice Initiative, das Syrian Archive und Trial International – hatten bei der Essener Staatsanwaltschaft einen deutschen Chemikalienhändler angezeigt. Dieser soll im Jahr 2014 über eine Schweizer Tochtergesellschaft die Chemikalien Isopropanol und Diethylamin an ein syrisches Pharmaunternehmen verkauft haben, das Verbindungen zum Assad-Regime hat. Die Brisanz: Isopropanol und Diethylamin können zur Herstellung von chemischen Kampfstoffen genutzt werden – aber eben auch zur Herstellung von Medikamenten, Harzen und Lacken.

Fallende Börsenkurse, Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft

Die Nachricht hatte unmittelbare Folgen: Die Aktie des Chemikalienhändlers stürzte an der Börse um 7,6 % ab. Vorlieferanten aus Deutschland und Belgien gerieten ebenfalls ins Visier der Medien und mussten sich öffentlich erklären. Die Staatsanwaltschaft nahm Vorermittlungen auf – die sie bereits sechs Wochen später abschloss. Ergebnis: Es gebe keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein rechtliches Vergehen des Konzerns, ließ die Ermittlungsbehörde wissen. Für den Chemikalienhändler ist die Angelegenheit damit offenbar erledigt. Das Unternehmen hatte von vornherein betont, die Lieferung durch eine Schweizer Konzerntochter sei „im Einklang mit geltendem Recht“ getätigt worden. Andere Konzerngesellschaften seien nicht beteiligt gewesen, man habe die Exportvorschriften der EU nicht umgangen.

Schweizer SECO-Behörde genehmigte Exporte

Unabhängig vom glimpflichen Ausgang der Anzeige für den Chemikalienhändler kann man aus dem Fall einiges über Exportkontrolle lernen. Und wie riskant es ist, wenn innerhalb eines Unternehmens nicht ein Rädchen in das andere greift und den Entscheidern alle Informationen transparent sind. Diese Transparenz ist natürlich umso schwieriger zu erreichen, umso mehr interne Stellen sowie externe Lieferanten und Vorlieferanten involviert sind. Dies wird deutlich, wenn man auf Basis der verfügbaren Informationen den Fall genauer beleuchtet. Zunächst einmal stellt sich die Frage: Hätte der Chemikalienhändler ohne behördliche Genehmigung das Isopropanol und Diethylamin aus der EU nach Syrien liefern dürfen? Die Antwort ist ein klares Nein. Diethylamin ist auf der Dual-Use-Liste unter 1C350.64 gelistet. Isopropanol findet man in der Embargo-Verordnung gegen Syrien (VO 36/2012) unter IX.A2.010. Für beide Chemikalien wäre eine Genehmigung des BAFA (bei Lieferung aus Deutschland) beziehungsweise anderer zuständiger Behörden bei Lieferungen aus anderen EU-Staaten erforderlich gewesen. Nun ist das Geschäft mit dem syrischen Pharmaunternehmen nicht von dem in Deutschland ansässigen Chemikalienhändler getätigt worden, sondern von dessen Schweizer Tochterunternehmen. Die in der Schweiz für Exportkontrolle zuständige Behörde SECO soll nach Informationen des Schweizer Digitalmagazins watson.ch das Geschäft genehmigt haben. Die Chemikalien dienten nach Auskunft des syrischen Empfängers als Hilfsstoffe für die Herstellung eines Schmerzmittels, für das der Empfänger Lizenznehmer eines Schweizer Pharmakonzerns ist.

Streckengeschäft oder nicht?

Allerdings hat der Fall eine zusätzliche Dimension. Die Chemikalien sind nicht in der Schweiz hergestellt worden, sondern in Deutschland und Belgien. „In allen Embargoverordnungen unterliegen nicht nur die Ausfuhren in das Embargoland den Beschränkungen, sondern auch Lieferungen in das jeweilige Land. Der Begriff der Lieferung ist sehr weit gefasst und beinhaltet alles, was in dem jeweiligen Land landet“, erläutert Rechtsanwältin Ulrike Jasper, Exportkontrollexpertin bei AEB. Es stellt sich also die Frage, wohin die Chemikalien geliefert wurden. In die Schweiz oder ein anderes Land und

von dort aus ohne Wissen der Vorlieferanten mit SECO-Genehmigung nach Syrien? Oder direkt aus den Produktionsländern als Streckengeschäft nach Syrien? „In letzterem Fall wäre es eine Ausfuhr in die Schweiz, aber eine Lieferung nach Syrien. Dazu wäre für das Isopropanol eine Genehmigung des BAFA bzw. der entsprechenden belgischen Behörde erforderlich“, sagt Ulrike Jasper. Dafür wären dann die Lieferanten des Chemikalienhändlers zuständig. Für die Ausfuhr des Diethylamin aus der EU ist in jedem Fall eine Genehmigung notwendig, da es als Dual-Use-Gut gelistet ist. Beide Produzenten sind sich keiner Schuld bewusst. In den Medien erklärten die beiden betroffenen Hersteller, insbesondere keine direkten Lieferungen nach Syrien getätigt zu haben.

Hatten die Hersteller Kenntnis über kritische Endverwendung?

Kommt es dennoch zu einer staatsanwaltlichen Untersuchung gegen die Hersteller der Chemikalien, wird vermutlich eine Frage im Raum stehen: Hatten die Hersteller Kenntnis von einer kritischen Endverwendung ihrer Produkte? Art. 4 Absatz 1 der EG-Dual-Use-Verordnung (Dual-useVO) sieht immer dann eine Genehmigungspflicht vor, wenn … der Ausführer Kenntnis hat, dass die Güter im Zusammenhang mit der Herstellung oder Nutzung von Massenvernichtungswaffen und/oder

Trägertechnologien (z. B. Raketen) verwendet werden, oder der Ausführer vom BAFA darüber unterrichtet wurde. Unabhängig von dem genannten Einzelfall ist die Prüfung der Endverwendung auch bei Unternehmen eine Achillesferse, die eigentlich in der Exportkontrolle gut aufgestellt sind. Das Problem: Die zur Prüfung erforderlichen Detailinformationen sind im gesamten Unternehmen verteilt. Die Informationen liegen oft dezentral in den Vertriebsniederlassungen oder beim Außendienst vor. Dort fehlt aber das Know-how, um die Informationen rechtlich einordnen zu können. Der Ausweg: Die kritischen Informationen müssen zum Exportkontrollverantwortlichen gelangen, der sie bewerten kann und dann entscheidet, wie zu verfahren ist. Was sich leicht anhört, hat sich in der Praxis als ausgesprochen schwierig herausgestellt. Rundschreiben dazu werden nicht gelesen, entsprechende Trainings nicht besucht oder nicht umgesetzt. Kein Wunder: Der Fokus des Vertriebs liegt eben auf der Generierung von Umsätzen.

Software als Lösung

Firmen wie OSRAM (siehe Titelstory AnachB 12.2019 – erhältlich im Online-Kiosk unter https://issuu.com/ aeb-software) haben einen Ausweg gefunden, die im Unternehmen verteilten Informationen in einem effizienten Prozess nutzbar zu machen, indem sie den Informationsfluss gleichzeitig formalisieren und automatisieren. Dabei arbeiten sie mit firmenindividuellen Checklisten und Fragebögen, die sie intelligent in die Geschäftsabwicklung integrieren. So fragen sie Risiken systematisch ab und können beispielsweise Lieferungen in Embargoländer identifizieren – oder eben auch kritische Endverwendungen. Für diesen Prozess gibt es effiziente Softwareunterstützung (siehe rechte Seite unten).

Mit Fakten gegen Vorwürfe

Die Informationen aus den am Geschäft beteiligten Unternehmenseinheiten werden damit umfassend abgeschöpft und dokumentiert. In 99 % aller Geschäftsvorfälle, die völlig unkritisch sind, werden die Fragebögen archiviert und stehen für Außenwirtschaftsprüfungen und interne Audits zur Verfügung. Stellen sich Geschäftspartner, Lieferländer oder Endverwendungen als kritisch heraus, setzt die Software eine „Red Flag“. Der Vorgang landet nun zur weiteren Behandlung bei den Exportkontrollverantwortlichen. Auch dort kann das weitere Vorgehen softwaregestützt dokumentiert werden. Das hat einen Riesenvorteil: Dem Vorwurf, über eine kritische Endverwendung eine „positive Kenntnis“ gehabt zu haben, lässt sich mit dokumentierten Fakten begegnen.

Der Autor: Björn Helmke arbeitete zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn in der Revisionsabteilung eines Konzerns. In der Frühzeit der Informationsgesellschaft musste er sich immer wieder mit Fehlern beschäftigen, die einer mangelhaften internen Kommunikation geschuldet waren. Mit den heutigen Softwaretools hätte er diesen Job vielleicht nie verlassen – er hätte damals früher Feierabend gehabt und in der Kantine nicht immer allein essen müssen.

Risk Assessment

Für viele Unternehmen ist es eine große Herausforderung im Global Trade Management: Einerseits ist das Wissen zu Compliance und Exportkontrolle in einer relativ kleinen Zentralabteilung konzentriert. Andererseits sind die zu einer korrekten Anwendung erforderlichen Informationen überall im Unternehmen verteilt. Wie also bringt man beides zusammen? Die Exportkontrollexperten bei AEB haben dazu eine clevere Methode erarbeitet. Überall dort, wo potenziell wesentliche Informationen für die Exportkontrolle verarbeitet werden, bekommen die zuständigen Mitarbeiter elektronische Fragebögen zur Unterstützung an die Hand. Diese enthalten kein Fachchinesisch oder Juristendeutsch, sondern verständliche Fragen, die in wenigen Minuten mit ein paar Haken zu beantworten sind. Wird beispielsweise ein neuer Auftrag geprüft, werden Angaben zum Käufer, Empfänger und Endverwender eingegeben. Während der Sachbearbeiter einige Fragen beantwortet („Macht der Käufer unklare Angaben zum Empfänger oder Verwendungszweck?“), läuft im Hintergrund bereits die Sanktionslistenprüfung und die Prüfung, ob ein Embargoland tangiert ist. Ergibt sich aus dem Fragebogen ein kritischer Tatbestand, wird eine rote Flagge gesetzt und der Vorgang an den Exportkontrollverantwortlichen übergeben. Durch eine Integration in die Vorsysteme läuft der gesamte Vorgang zeitsparend, transparent und effizient ab.

Wie die Software genau funktioniert, erläutert ein Film in wenigen Minuten.

Corona

Coronakrise mit Kreativität meistern

Ein umfangreiches Notfallkonzept sowie entschlossenes und zugleich besonnenes Agieren haben AEB bis heute sicher und stabil durch die Covid-19-Pandemie geführt – ohne Einschränkungen bei Software, Services und Support. Doch wie haben eigentlich die AEB-Mitarbeiter im Arbeitsalltag die Zeit des Lockdowns gemeistert?

Virtuelles Arbeiten von zu Hause als Normalzustand? Kein Kaffeetratsch mehr an der gemeinsamen Bistro-Ecke, kein Gespräch auf dem Flur – und kein leckeres Essen aus der hochgelobten AEB-Kantine? Das kann mit der Zeit mürbe machen, manche sogar ein bisschen einsam. Um die Zeiten des Zuhause-Arbeitens so gut wie möglich zu überstehen, haben sich die AEB-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen mit Tipps, Ideen und viel Humor im Intranet weitergeholfen. Wie lässt sich etwa aus alten Zeitschriften und einer Ordnungskiste im Homeoffice einfach und schnell ein Steharbeitsplatz einrichten (1)? Und wer hat den schönsten Open-Air-Arbeitsplatz? (2) Zurück zur früheren Normalität

Natürlich freut es alle, dass so langsam etwas von der früheren Normalität in unser Headquarter zurückkehrt – und sich immer mehr Teile der Belegschaft wieder ins Büro trauen. Denn der Präsenz-Kontakt und der persönliche Austausch fehlen. Dabei gilt es, die neuen Hygieneregeln einzuhalten – und das geht mit Humor und Augenzwinkern gleich viel besser. Etwa, wenn die Kollegen bildhaft erklären, wie groß 1,5 Meter Mindestabstand sind (3). Und dank der 700 (!) selbstgenähten AEB-Stoffmasken unseres Hausservice-Teams (4) kann das vollmaskierte Schutz-Outfit (5) eines Mitarbeiters wieder eingepackt und auch wieder die Kantine genutzt werden – auch wenn man die Masken zum Essen selbst natürlich absetzen muss. Auch in der Krise helfen also Spaß bei der Arbeit – und einer Menge Kreativität der AEB-Mitarbeiter. Aber genug erzählt: Bilder sagen mehr als tausend Worte …

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