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E-Commerce & Exportkontrolle Welche Besonderheiten sind beim Online-Handel in Sachen Trade Compliance zu beachten?

E-Commerce

Der illegale Warenkorb

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E-Commerce soll schnell und einfach gehen – auch über Grenzen hinweg. Wie aber passt das mit Exportkontrollprüfungen zusammen, die oftmals viel Zeit benötigen? Tipps, wie Sie das scheinbar Unvereinbare unter einen Hut bekommen.

Auf diese Zahlen ist der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) mächtig stolz: Auf 72,6 Mrd. Euro ist der Brutto-Umsatz mit Waren im E-Commerce im Jahr 2019 gestiegen. Das entspricht einem Plus von 11,6 % gegenüber 2018, wie der Verband Anfang des Jahres 2020 mitteilte. Doch verglichen mit dem E-Commerce-Markt im Geschäftskundenbereich (B2B) sind die bevh-Zahlen recht überschaubar. Nach Angaben des Beratungsund Research-Institutes IFH Köln generieren die deutschen Unternehmen im B2B-Geschäft über Marktplätze, Websites und Online-Shops 320 Mrd. Euro. Davon gehen 180 Mio. Euro auf das Konto des güterbasierten Internethandels von Industrie und Großhandel. Auch das Wachstum von durchschnittlich mehr als 15 % jährlich seit 2012 ist beeindruckend.

Grenzüberschreitender Handel

„Der B2B-E-Commerce-Markt ist weitaus komplexer als der Online-Handel mit Endverbrauchern (B2C). Zwischen Geschäftskunden bestehen häufig längerfristige Geschäftsbeziehungen mit immer wiederkehrenden Käufen.

„Auch im E-Commerce muss ein Unternehmen die Prozesse so gestalten, dass genug Zeit für alle erforderlichen Prüfungen bleibt.“

Dr. Ulrike Jasper, AEB SE

Dennoch erwarten auch die B2BKunden bequeme Online-Bestellmöglichkeiten, die sie aus ihrem privaten Leben kennen“, vergleicht Hansjürgen Heinick, B2B-E-Commerce-Experte des IFH Köln.

Eines jedoch haben die beiden E-Commerce-Formen gemeinsam. Im grenzüberschreitenden Handel ist E-Commerce längst nicht so unkompliziert wie von Herstellern und Handel gewünscht. Im B2C-Handel müssen sich Händler und Konsumenten mit Logistik- und Retourenproblemen, Zollfragen und sicheren Zahlungswegen beschäftigen. Im B2B-Geschäft gibt es zumindest für außenhandelserfahrene Unternehmen diese Probleme nicht. Allerdings müssen die im Offline-Handel etablierten Geschäftsprozesse an den Online-Kanal angepasst werden.

Zeit ist entscheidender Faktor

Dass dies keineswegs trivial ist, zeigt das Beispiel Exportkontrolle und Sanktionslistenprüfung. Viele Unternehmen haben sich hier auf die klassische Geschäftsabwicklung mit einer langen Anbahnungs- und Verhandlungsphase eingestellt. Dabei bleibt normalerweise ausreichend Zeit, Informationen über den Kunden und seinen Bedarf zu sammeln. Die Prüfung von Sanktionslisten, Embargos und Genehmigungspflichten verursacht damit normalerweise keine Verzögerung der Belieferung – eine zeitgemäße Softwareunterstützung vorausgesetzt. All das kann parallel zu den kaufmännischen und logistischen Prozessen erfolgen. In der schnelllebigen E-CommerceWelt wird die Zeit zum entscheidenden Faktor. Theoretisch kann sich ein bis dato

unbekannter K u n d e i n e i n e m B2B-Webshop ein Dual-Use-Gut wie beispielsweise einen Frequenzumwandler auswählen, eine Lieferadresse in einem Drittland angeben und mit Kreditkarte zahlen. Bonität vorausgesetzt, könnte mit wenigen Klicks ein rechtsverbindlicher Kaufvertrag zustande kommen. Ergeben sich später außenwirtschaftsrechtliche Hindernisse, kann der Verkäufer diesen Vertrag nicht erfüllen. „Für die Exportkontrolle benötigt man Zeit. Auch im E-Commerce muss ein Unternehmen die Prozesse so gestalten, dass genug Zeit für alle erforderlichen Prüfungen bleibt“, sagt Rechtsanwältin und AEB-Expertin Dr. Ulrike Jasper. Grundlage dafür sei ein intelligentes Zusammenspiel der an der E-Commerce-Lösung beteiligten Systeme. Dies sind in aller Regel der Webshop und das ERP-System und/oder ein CRM-System. In diese IT-Landschaft kann Software zur Sanktionslistenprüfung und Exportkontrolle intelligent eingebunden werden. Dennoch sollten sich Unternehmen zu diesen vier Themen Gedanken machen.

Sanktionslistenprüfung bereits im Webshop

Die Prüfung der CFSP-Liste schafft Rechtssicherheit nach dem EU-Recht – das gilt auch im E-Commerce. Bereits mit Eingabe der Adressdaten kann im Hintergrund ein automatisierter Abgleich mit den hinterlegten Sanktionslisten erfolgen. Viele Webshop-Betreiber schalten im B2B-Bereich den Zugang zum Webshop erst nach einer Registrierung frei. Die bei der Registrierung hinterlegten Adressdaten sind dann Basis einer im Hintergrund angebundenen Sanktionslistenprüfung.

Beschränkung von Lieferländern

Viele Webshops ziehen eine klare Grenze, wenn es um Lieferländer geht. Dabei stehen oftmals logistische Überlegungen im Vordergrund. Aber es ist zumindest eine Überlegung wert, Lieferungen in bestimmte Länder auch wegen bestehender Wirtschaftssanktionen nicht anzubieten.

Dual-Use-Güter raus aus Webshops?

Sollte man exportkontrollrelevante Güter überhaupt in Webshops handeln? Das ist grundsätzlich möglich. Erforderlich sind aller dings umfassende organisatorische Maßnahmen, die die Vorgaben der EG-Dual-Use-VO 428/2009 sicherstellen. Dazu gehört in erster Linie die Beachtung der bei der Ausfuhr von Dual-Use-Gütern bestehenden Genehmigungspflicht.

US-Reexportrecht

Es gilt online wie offline: Wenn Sie mit US-Produkten im Sinne der EAR (Export Administration Regulations) handeln, unterliegen diese den einschlägigen US-Bestimmungen. Einen Überblick über die Prüfpflichten des US-Exportkontrollrechts haben wir in der AnachB Nr. 02.2018 (erhältlich im Online-Kiosk: https://issuu.com/ aeb-software) veröffentlicht. Auf jeden Fall empfiehlt es sich, das Thema mit Exportkontrollrechtsexperten zu klären.

Der Autor: Björn Helmke hat als begeisterter Online-Shopper die Probe aufs Exempel gemacht und versucht, online eine als Dual-Use-Gut gelistete Chemikalie für eine Adresse in einem der dubioseren Staaten dieser Welt zu bestellen. Er scheiterte grandios nach Eingabe der Lieferadresse – der Chemiehändler hatte seine Aufgabe in Sachen Exportkontrolle gemacht.

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