mobil! Clubmagazin des ACS beider Basel

Page 7

Clubmagazin ACS beider Basel | 04-2020

Verkehrspolitik

Radikale Verkehrsforderung für Basel

Tempo 30 in der ganzen Stadt Basel gefordert! Im Februar dieses Jahres lehnten die Basler Stimmberechtigen zwei Initiativen ab, die sich für eine vernünftigere Verkehrspolitik einsetzten. Seither scheinen die Forderungen nach Behinderungen und Beschränkungen des Autoverkehrs ins Uferlose zu wachsen. ACS mobil hat dazu ACS-Präsident, Andreas Dürr, befragt. Herr Dürr: Bisher galt Tempo 30 vor allem für Quartierstras­ sen. Kann man auch auf Hauptstrassen nach Belieben Tempo 30 einführen? Grundsätzlich gilt in der Schweiz innerorts Tempo 50 als Höchstgeschwindigkeit. Das ist in der Signalisationsverordnung des Bundes ge­regelt. Speziell interessant ist Artikel 108: Dort sind die Gründe für «Abweichungen von den allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten» geregelt. Was sind denn das für Gründe? Eine Abweichung von der gesetzlich vorgesehenen Höchstgeschwindigkeit ist möglich zur Vermeidung oder Verminderung besonderer Gefahren im Stras­ senverkehr, zur Reduktion einer übermässigen Umweltbelastung

oder zur Verbesserung des Verkehrsablaufs. Voraussetzung ist in jedem Fall ein Gutachten, das die Machbar­k eit prüft und Auskunft darüber gibt, ob die Massnahme nötig, zweck- und verhältnismässig ist oder ob andere Massnahmen vorzuziehen sind. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob die Massnahme auf die Hauptverkehrszeiten beschränkt werden kann. Radikale Organisationen for­ dern flächendeckend Tempo 30 in der gesamten Stadt. Ist das überhaupt zulässig? Grundsätzlich sind Tempo-30Zonen nur auf Nebenstrassen zulässig. Ein Einbezug eines Hauptstras­senabschnitts in eine Tempo-30-Zone ist nur ausnahmsweise bei besonderen ört­ lichen Gegebenheiten, beispielsweise in einem Ortszentrum oder in einem Altstadtgebiet, mög­­lich. Flächendeckend wäre dann ja aber nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel. Ja, das stimmt. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass die zuständigen Behörden flächendeckend Tempo 30 gut­heissen wer­­­ den. Das sind nur Ideen von ra­dikalen Köpfen, die allerdings

weder rechtlich zulässig noch gesellschaftlich mehrheitsfähig sind. Welches Verkehrsregime macht in Städten dann Sinn? Gemäss Empfehlung der Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu soll auf den Strassen des Basisnetzes, also vor allem auf den Hauptstrassen, «Tempo 50 generell» signalisiert sein und nur auf den siedlungsorientierten Stras­sen des ergänzenden Netzes in Quartieren Tempo 30 gelten. Der ACS beider Basel unterstützt seit jeher und vorbehaltlos dieses effiziente und sich gegenseitig unterstützende 30/50-Modell. Ein hierarchisch gegliedertes Stras­sennetz ist nämlich die ele­men­tare Voraussetzung, um eine vernünftige Abwicklung des Verkehrs und dessen Lenkung auf das übergeordnete Netz gewährleisten zu können. Diese Kanalisierung auf ausgewiesene Hauptverkehrsachsen wie­d erum ermöglicht es erst, gebietsfremden Durchgangsverkehr aus den Wohnquartieren fernzuhalten und diese nachhaltig zu beruhigen.

Viel Lärm um fast gar nichts

Die durch Einführung von Tempo 30 erzielbare Lärmreduktion liegt, je nach effektiv gefahrener Geschwindigkeit, Lastwagenanteil und Strassenbelag bei 2 bis 3 Dezibel, was gerade noch als wahrnehmbar bezeichnet wird. Dieser Effekt kann allerdings nur unter der Voraussetzung erzielt werden, dass zur Durchsetzung von Tempo 30 keine Verkehrsberuhigungsmassnahmen, wie Fahrbahnein­engungen oder versetztem Parkieren, ergriffen werden und werden müssen. Ansonsten machen die daraus resultierenden Brems- und Anfahrmanöver die erwarteten Verbesserungen gleich wieder zunichte. Wesentlich effizienter sind stark lärmmindernde Beläge, die zweieinhalb bis fünf Mal wirkungsvoller sind als Tempo 30.

Mehr Schadstoffe, statt weniger

Besten Dank, Herr Dürr, für diese Einschätzungen.

Wie eine Studie des grössten Verkehrsclubs Europas, dem ADAC, gezeigt hat, führt Tempo 30 nicht zu einer Senkung des Schad­stoff­aus­ stos­­ses von Personenwagen: Weder bei den NOx-Emissionen noch beim CO2-Ausstoss gehen die Werte aufgrund verringerter Geschwin­digkeit zurück. Ganz im Gegenteil: Die Reduktion der zulässigen Geschwindigkeit auf 30 km/h führte insgesamt sogar zu schlechteren Ergebnissen, also zu mehr Luftbelastung.

Andreas Dürr ist Anwalt und Präsident des ACS beider Basel

Foto: Sylvia Fäh

7


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
mobil! Clubmagazin des ACS beider Basel by ACS Automobil Club der Schweiz - Issuu