+ Frau Gemeindeammann Lehmann
Die Qualität muss stimmen «Frau Gemeindeammann» tönt zwar etwas umständlich. Regina Lehmann aus Reitnau stört sich aber überhaupt nicht an ihrer Amtsbezeichnung. Im Gegenteil. Frau Gemeindeammann Lehmann, wäre Ihnen die Bezeichnung «Gemeindepräsidentin» lieber? Auf keinen Fall. Im Grossen Rat habe ich gekämpft dafür, dass der Begriff «Gemeindeammann» bestehen bleibt. Diese Bezeichnung richtet sich absolut nicht gegen die Frauen. Die Leute kennen den Ausdruck, er hat Gewicht. Präsidenten gibt es bei jedem Verein. Was machen Sie als Frau Gemeinde ammann besser als ein Herr Gemeindeammann? Das ist eine gute Frage (lacht). Natürlich versucht jeder, sein Bestes zu geben. Was ich besser mache... (überlegt)... das kann ich so nicht sagen, für mich steht überhaupt nicht im Vordergrund, ob ein Mann oder eine Frau dieses Amt bekleidet, ich sehe grundsätzlich keine Unterschiede. Als Frau und als Herr Gemeindeammann muss man flexibel sein und sich einbringen, es muss vom Beruf her möglich sein, auch kurzfristig reagieren zu können. Aber ob ich etwas besser mache...? Ich hoffe es, aber ich denke nicht, dass es so ist. Was halten Sie von Frauenquoten? Davon halte ich gar nichts. Ich hatte nie Probleme in meinen Ämtern und habe nicht das Bedürfnis, mit Prozentsätzen etwas festzulegen. Man muss geeignet sein für ein Amt, das ist entscheidend. Als Frau muss man aber sicher mehr kämpfen, dass man überhaupt die Gelegenheit erhält, ein Amt zu übernehmen, man muss wirklich wollen. Das fehlt einigen Frauen ein wenig, sie wollen sich oft nicht so in den Vordergrund stellen. Damit man uns Frauen wahrnimmt, braucht es aber keine Frauenquoten.
Text: rar@regiolive.ch, Bild: adi@regiolive.ch
Von insgesamt 18 Gemeinden im Bezirk Zofingen haben neben Reitnau nur Kirchleerau und Staffelbach eine Frau als Gemeindeammann. Pflegen Sie einen besonders intensiven Kontakt zu Ihren beiden Kolleginnen? Wir pflegen einen guten Kontakt, wir kennen uns auch schon längere Zeit. Der Kontakt ist aber nicht deshalb speziell gut, weil wir als Frauen in diesem Amt sind. Grundsätzlich besteht überall im Bezirk und im Kanton unter den Gemeindeammännern eine gute Verbindung. Ich bin eher der Typ, der nicht so viel Wert darauf legt, ob der Gemeindeammann eine Frau oder ein Mann ist, die Qualität muss stimmen. Dann versuchen Sie also gar nicht unbedingt, in Ihrer täglichen Arbeit spezifische Frauen-Anliegen zu thematisieren? Was sind überhaupt «Frauen-Anliegen»? Gleichwertige Löhne vielleicht, oder eben, dass eine gewisse Quote erreicht wird. Aber auf kommunaler Ebene haben meines Erachtens Frauen und Männer dieselben Anliegen. Sicherheit geht alle an, die Schule ist für beide Elternteile wichtig, auch der soziale Bereich ist nicht unbedingt ein spezifisch weibliches Anliegen. Die verschiedenen Generationen haben vielleicht verschiedene Anliegen. Aber mir ist wichtig, dass wir alle am selben Strick ziehen. Ich kann nicht nur einzelne Anliegen aufgreifen und andere links liegen lassen.
Lassen Sie so genannt typische weibliche Qualitäten wie Einfühlungsvermögen, Fürsorglichkeit oder Emotionalität in den Gemeinderats-Betrieb einfliessen? Im Personal- und im Sozialwesen, das ich unter mir habe, führe ich sehr viele Gespräche. Da stellt man als Frau vielleicht schon einen etwas engeren Kontakt zu den Menschen her. Frauen machen sich manchmal wohl mehr Gedanken zu einem Thema, hinterfragen sich öfter und haben ein besseres Gespür für bestimmte Situationen. So gesehen gibt es bestimmt Unterschiede zwischen Frauen und Männern, das Einfühlungsvermögen ist sicher etwas ausgeprägter bei einer Frau. Hatten Sie in Ihrer politischen Karriere schon einmal das Gefühl, dass man Sie in irgendeinem Bereich nicht ernst nimmt, weil Sie eine Frau sind? Nein, eigentlich nicht, ich hatte nie das Gefühl, weniger ernst genommen zu werden. Ich war ja damals die erste Frau im Reitnauer Gemeinderat, vielleicht haben sich die Leute am Anfang schon Gedanken gemacht, aber man hat es mich nie spüren lassen. Und heute nach 14 Jahren im Gemeinderat ist das kein Thema mehr. Zur Person Regina Lehmann-Wälchli (1956, SVP) wurde 1998 als erste Frau in den Reitnauer Gemeinderat gewählt. Seit Januar 2010 steht sie dem Gremium als Frau Gemeinde ammann vor. Die eidg. Buchhalterin FA gehört seit Mai 2001 dem Grossen Rat an.
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