SAISON (April 2017)

Page 52

52 MAGAZIN SAISON

Regionale Lösung für eine digitale Welt? Anbieter wie Airbnb und Booking.com haben ihren festen Platz am globalen Tourismusmarkt. Und auch in Tirol werden die Dienste viel genutzt. Doch um sich im E-Tourismus hervorzutun, genügt das nicht. Eine Initiative will dafür sorgen, dass Tirol nicht den Anschluss verliert. VON DANIEL FEICHTNER

B

© TVB MAYRHOFEN

uchungsplattformen, Vermittlungssysteme für Privatvermieter, Google Ads und vieles mehr: In der Makro-Perspektive betrachtet ist die Digitalisierung ein Segen für den Tourismus. Kein einfacherer Weg, potenzielle Gäste auf der ganzen Welt zu erreichen, als das Internet. Wenn man sich die aktuelle Situation im Kleinen, speziell in Tirol, ansieht, ist jedoch bei Weitem nicht alles eitel Sonnenschein. Denn die Erfolge verbuchen die „Großen“. Internationale IT-Anbieter entwickeln die Systeme, betreiben die Plattformen und fungieren als Dienstleister, die dem lokalen Tourismus ein Produkt verkaufen. „Neue Technologien helfen uns zweifelsohne, neue Gäste anzusprechen“, sagt Andreas Lackner, Geschäftsführer des Tourismusverbands Mayrhofen. „Dafür bezahlen wir aber einen hohen Preis.“ Zum einen kostet dieses Mehr an Gästen den heimischen Touris-

aufspringen, wenn die Innovation schon lange geschehen ist. So können wir nur weiter hinterherhinken.“

Aufbruchsstimmung.

Seit Anfang 2017 formiert sich Widerstand gegen diese Entwicklung, sich nur auf Systeme von Drittanbietern zu verlassen. Angeregt von Christian Fohrmann, einem Tiroler Online-Experten, und in Zusammenarbeit mit Clustermitgliedern der Standortagentur Tirol arbeiten Touristiker gemeinsam mit Tiroler IT-Dienstleistern an der Gründung einer E-Taskforce für den Tourismusstandort Tirol. „Unser Ziel ist eine nicht-kommerzielle Plattform für Professionalisten“, erklärt Fohrmann, der unter anderem als E-Tourismus-Beauftragter für den TVB-Achensee tätig ist. „Wir wollen eine Petrischale schaffen, in der wir die zusammenbringen, auf die es ankommt: Tourismustreibende aus allen Ecken Tirols, ihre Dachverbände, Politi-

„Neue Technologien helfen uns zweifelsohne, neue Gäste anzusprechen. Dafür bezahlen wir aber einen hohen Preis.“ ANDREAS LACKNER, GESCHÄFTSFÜHRER TVB MAYRHOFEN

mus bares Geld. Wertschöpfung geht an die Entwickler und Anbieter verloren, anstatt im eigenen Land zu bleiben. „Zum anderen sind wir dazu verdammt, auf die Ideen und Konzepte anderer angewiesen zu sein, und können erst auf den Zug

ker und IT-Unternehmer und Entwickler.“ Die E-Taskforce soll ein Instrument zur Richtungsfindung sein und dabei helfen, sowohl Problembewusstsein zu schaffen, als auch Lösungsansätze auf gemeinsamer Ebene zu erstellen.

Zweite Chance. „Ursprünglich war Tirol an der vordersten Front der Digitalisierung des Tourismus mit dabei“, meint Lackner und verweist auf die Plattform Tiscover, die bereits 1995 als eines der weltweit ersten Online-Buchungssysteme aus der Taufe gehoben wurde. „Diese Chance haben wir mit dem Tiscover-Verkauf verspielt. Was geblieben ist, sind einzelne Player, die in ihrem regionalen Raum e-touristisch aktiv sind. Ein großes Ganzes haben wir seither nicht mehr zustande gebracht.“ Aus dieser Kleinteiligkeit resultiert laut Lackner vor allem das Fehlen einer koordinierten Stoßrichtung. Statt gemeinsam gesetzte Schwerpunkte zu verfolgen, können die, die sich an dem Thema versuchen, nur an kleinen punktuellen Lösungen arbeiten. Um diese groß zu machen – selbst wenn sie das nötige Potenzial mitbringen –, fehlt es aber in der Regel an Finanzkraft und der Möglichkeit, das nötige Risiko einzugehen. „Ganz zu schweigen von dem, was wirklich nötig wäre: eine breiter aufgestellte Initiative, die mehrere Bereiche parallel abzudecken vermag.“

In regionaler Hand.

Den organisatorischen Barrieren, die diese Verstreutheit mit sich bringt, soll die E-Taskforce ein Ende setzen. Die Experten, die Fohrmann unter anderem mit Hilfe der Standortagentur unter einen Schirm zu bringen versucht, sollen Wissen um aktuelle Problematiken, den Bedarf und die technische Machbarkeit vereinen. „Bei so branchenübergreifenden Themen entzieht sich Wissen der Beherrschbarkeit Einzelner“, meint Fohrmann. „Know-how ist nur noch gemeinsam nutzbar. Deswegen müssen wir die Bildung von Synergien fördern, anstatt dass jeder für sich selbst herumprobiert.“ Langfristig soll die E-Taskforce einen weiteren wichtigen Effekt für den Standort