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Tourismus wird rasch wieder durchstarten
INTERVIEW
TOURISMUS WIRD RASCH WIEDER DURCHSTARTEN
Martin Kocher, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), sieht für den Tourismus im Alpenraum besondere Chancen nach der Krise. Mit dem Start der Impfungen werde auch die Reiselust zurückkehren. Den Trend hin zu nachhaltigen und längeren Aufenthalten in den Bergen gelte es mit Qualität zu verbinden.
Das Gespräch führten Florian Neuner und Stefan Kröll.
SAISON :
„AUFGRUND DER UNSICHERHEIT WIRD ABER MEHR GESPART. ICH GEHE DAVON AUS, DASS DAS GELD AUCH WIEDER AUSGEGEBEN WIRD, SOBALD ES GRÖSSERE FREIHEITEN GIBT.“
Herr Kocher, Sie haben im Oktober gemeint, der Wirtschaftseinbruch durch die Coronakrise könnte in Österreich schwächer ausfallen als noch vor einigen Monaten gedacht. Wie ist Ihre jetzige Einschätzung angesichts des zweiten Lockdowns? MARTIN KOCHER: Unsere Prognose mit sieben Prozent Rezession war zu optimistisch. Wir dachten, dass der zweite Lockdown nicht nötig sein würde. Der ist eine zusätzliche Belastung und die Wirtschaft wird mehr schrumpfen als erwartet.
Wenn die Wirtschaft zurückgeht – ist Urlaub etwas, wo die Menschen sparen? Das verfügbare Einkommen der Österreicher ist aktuell nur um etwa zwei Prozent gesunken – das liegt auch an den Hilfsmaßnahmen. Aufgrund der Unsicherheit wird aber mehr gespart. Aktuell liegt die Sparquote bei 15 Prozent. Letztes Jahr war sie bei acht Prozent. Also hat sie sich fast verdoppelt. Ich gehe davon aus, dass das Geld auch wieder ausgegeben wird, sobald es größere Freiheiten gibt. Die aktuelle Unsicherheit ist für die Touristiker eine große Herausforderung. Lässt sich aus Ihrer Sicht irgendwie absehen, wie sich die Situation entwickeln wird? Was meiner Meinung nach entscheidend sein wird, ist die Planung einer umfassenden Teststrategie. Das gilt sowohl für Urlauber, die die Möglichkeit einer freiwilligen Testung bei der Ankunft nutzen können, als auch für die regelmäßige Testung von Personal.
Der Tourismus spielt eine zentrale Rolle für die Tiroler Wirtschaft. Wie sehen Sie die Zukunft der Branche, wenn dieser Winter nur eingeschränkt funktionieren wird? Es wird sehr stark davon abhängen, wie viele Betriebe durch die Maßnahmen aufgefangen werden können. Bisher haben wir im Tourismus eine relativ gute Bilanz. Den Abbruch der letzten Wintersaison und die etwas schwächere Saison im Sommer hat man ganz gut verkraftet. Ein schlechter Winter wäre sicher eine große Belastung. Mittelfristig sehe ich aber nicht so große Probleme – gerade für den Tourismus am Land.
Beim Städtetourismus ist es kritischer. Die Gästestruktur in Tirol ist ja zum Großteil europäisch. Sobald die Pandemie durch eine Impfung oder eine gute Behandlung eingedämmt ist, wird der Tourismus wieder starten. Die Schwierigkeit wird sein, die richtigen Betriebe so lange durch die Krise zu bringen.
Was bedeutet das für die regionalen Wirtschaftskreisläufe? Momentan sind 90 Prozent der Betriebe in Familienhand. VerDie Tourismus- und Freizeitwirtschaft macht in Öster- liert der Tiroler Tourismus eine seiner großen Stärken, wenn reich sieben bis acht Prozent des BIP aus. Aber gerade es nicht gelingt, Betriebe an die nächste Generation zu überim ländlichen Raum sind die Zulieferketten entschei- geben? Zumindest wird die persönliche Komponente dend für die Struktur – also die Gewerbebetriebe und abgeschwächt. Lohnend ist es, wenn man es schafft, die Produktionsbetriebe, die mit dem Tourismussektor möglichst viel davon zu bewahren. Trotzdem ist es bei verwoben sind. Wenn man das so rechnet, kommt man nicht rentablen Betrieben vielleicht besser, wenn sie schnell auf 15 Prozent des regionalen BIP im ländli- nicht weiterbestehen und die anderen Betriebe dafür chen Raum. Viele Betriebe merken, dass aktuell die rentabler werden. Aufträge fehlen. Sehen Sie für den Nahraum Alpen besondere Chancen, wenn Muss der Tourismus im Vergleich zu anderen Branchen wider- die Krise vorbei ist? Ja, insbesondere wenn man sich standsfähiger werden? Was mir Sorgen macht, ist nicht die Umfragen ansieht, wie sich die Freizeittätigkeiten akute Insolvenzgefahr, denn diese wird durch die ak- verschoben haben und wie viele Menschen aus dem tuellen wirtschaftspolitischen Maß- erweiterten Alpenraum auch selbst nahmen abgemildert, sondern die wieder die Alpen entdeckt haben als Nachfolgethematik. Viele Fami- „Was mir Sorgen macht, interessantes Reiseziel. Gerade diese lienbetriebe haben Schwierigkeiten, Nachfolger zu finden. Es kann durchaus sein, dass wir zwar gut ist nicht die akute Insolvenzgefahr, sondern Art zu reisen – etwas nachhaltiger, ruhiger und länger in die Berge und in die Natur – wird ein Trend sein, durch diese Krise kommen, aber die Nachfolgethematik.“ auf den man auch in der Werbung viele Betriebe dann in den nächs- stärker setzen sollte. ten Jahren schließen, weil es keinen MARTIN KOCHER, CHEF DES INSTITUTS FÜR Nachfolger gibt. HÖHERE STUDIEN (IHS) Vielen Dank für das Gespräch. ZUR PERSON
Martin Kocher
ist Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Höhere Studien in Wien und Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre an der Universität Wien.
Zuvor war er an Universitäten in München, Norwich, Brisbane, Amsterdam und Innsbruck tätig. Er ist Gastprofessor an der Universität Göteborg, Direktor am Zentrum für Experimentelle Wirtschaftswissenschaft an der Universität Wien und Vorsitzender des Statistikrats der Statistik Austria.
Martin Kocher forscht unter anderem zu öffentlichen Finanzen und zur Verhaltensökonomik und berät öffentliche Institutionen und Unternehmen. Seit Juni 2020 ist er zudem Präsident des Fiskalrates.
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