SERIE
P RO & C O N T R A
ieren kann, nie ausgehen, Weil die Themen, über die man diskut ra-Serie wieder. belebt 6020 seine beliebte Pro-und-Cont
Der Eurovision Song Contest (18.
PRO
Von Willi Kozanek
D
ustin The Turkey“, eine Truthahn-ähnliche Puppe, kreischt neben einer dicken, aber spärlich bekleideten Frau grässlichsten „Euro-Trash“ (so bezeichnen Amerikaner die Techno-Musik, die bei uns in GroßraumDiscos läuft). Ein halbnackter Moldawe singt ein Lied mit dem Titel „Oma schlägt die Trommel“ – und das tut die Oma tatsächlich im Hintergrund. Vier in Alufolie gepackte Ukrainer trällern „sieben sieben – ai lyu lyu – sieben sieben – ein zwei – sieben sieben – ai lyu lyu – ein zwei drei“.
Humor lebt vom ungewollt Absurden – und da ist der Song Contest federführend. Ich finde, dass manche Dinge dermaßen skurril sind, dass man sie mit einem beträchtlichen Sicherheitsabstand einfach lieben muss. Nordkorea etwa. Oder Silvio Berlusconi. Der Eurovision Song Contest gehört für mich zweifelsfrei auch in diese Kategorie. Ein südosteuropäischer Act hat immer eine billige Lasershow, zu viel Make-up und zu wenig Kleidung. Aserbaidschan gibt der Türkei immer zwölf Punkte, Zypern Griechenland zufällig auch. Das ganze Spektakel dauert viel zu lange und die meiste Zeit schüttelt man ungläubig den Kopf. Ich mag das ganze Theater aber dennoch. Wo kämen wir mit konstant gutem Geschmack und ständiger Vernunft denn hin?! Bierernste Gesangsshows gibt es bereits zur Genüge. Meiner Meinung nach lebt Humor vom Absurden. Vor allem dem ungewollt Absurden. Und da ist der Eurovision Song Contest weltweit federführend. Ich weiß nicht, wie viel bei den Darbietungen ernst gemeint ist und wie viel absichtlich geschmacklos ist. Aber ich würde so weit gehen zu sagen, dass ich nie stolzer bin, Europäer zu sein, als zur Eurovision-Saison. Denn da können wir den Asiaten, Afrikanern und Amerikanern beweisen, dass wir Europäer neben EU-, Schulden- und Eurokrise auch noch was anderes draufhaben: die bizarrste Gesangsshow der Welt. q
Mai)
Von Barbara Wohlsein
CONTRA
I
n meiner Kindheit war der Song Contest das FernsehHighlight schlechthin. Da wurde mitgefiebert bis zum Schluss – beziehungsweise bis man im Frotteepyjama am Sofa wegschlief, weil die Punktevergabe gefühlte drei Stunden dauerte. Aber egal, man war trotzdem fanatisch wie beim Skirennen, feuerte die Österreicher an (Thomas Forstner! Simone! Tony Wegas!), hatte Riesenbammel vor den Iren und den Engländern und konnte sich sogar Monate danach noch an den Sieger-Song erinnern. Seit dieser Zeit ist viel Wasser den Inn hinuntergeflossen. Frotteepyjamas sind passé und Skirennen hasse ich mittlerweile. Es gibt das Internet, Smartphones, Castingshows und unzählige andere Dinge, die man sich an einem Samstagabend anschauen kann. Und ich finde: Das ist auch gut so. Der Eurovision Song Contest ist ein Relikt aus dem letzten Jahrtausend, das den richtigen Zeitpunkt für einen stilvollen Abgang verpasst hat. Rudi Carrell und den Wurlitzer wird man immer in guter Erinnerung behalten, „Dustin The Turkey“ ziemlich sicher nicht. Das Problem ist Folgendes: Über die Jahre hat man vergessen, die Spielregeln auf den neuesten Stand zu bringen. Ist das Ganze jetzt ein ernst gemeinter Musikwettbewerb? Ein lächerliches Politikum? Ein Faschingsgschnas? Eine BadTaste-Party? Mit diesem Durcheinander kann ich nichts anfangen, vor allem, weil ich immer noch
Der Song Contest ist ein Relikt aus dem letzten Jahrtausend, das den stilvollen Abgang verpasst hat. der naiven Meinung bin, dass tatsächlich der beste Musikact gewinnen sollte. Du hast schon Recht, man kann den Song Contest auch einfach nur als schrilles, kunterbuntes Trash-Spektakel sehen. Nur sollte man dann bitte nicht bei der nationalen Vorentscheidung so tun, als würde man den nächsten Präsidenten wählen. q