zek Hydro - Ausgabe 5 - 2022

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Bündner Kraftwerksprojekt voll auf Zielkurs Ötztal feiert neues Kraftwerk Tumpen-Habichen KW Rotgülden liefert um zwei Drittel mehr Ökostrom Neue EVO-Reihe: Evolutionssprung für die Peltonturbine HYDRO www.zek.at Verlagspostamt: 5450 Werfen · P.b.b. „03Z035382 M“ – 20. Jahrgang Fachmagazin für Wasserkraft OKTOBER 2022 Foto: E. Scheiber / AuerBau

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ULTRASCHALL

DER WEG AUS DEM ENERGIEDILEMMA FÜHRT NUR ÜBER DIE ERNEUERBAREN

Das alles dominierende Thema dieser Tage ist der hohe Gaspreis, der die Inflation in Europa immer weiter anheizt. Kommt der Preisdeckel – ja, nein? Und vor allen Dingen: Wie soll das funktionieren? Ein Gaspreisdeckel, egal wie ein solcher aussehen könnte, birgt immer die Gefahr, dass ein potenzieller Lieferant sich andere Abnehmer sucht, die über „Deckelniveau“ zu zahlen bereit sind, oder sich in Langzeitverträgen binden lassen. Ein funktionelles Konzept liegt hier noch nicht auf dem Tisch. Zumindest wurde im letzten EU-Energieministerrat Ende September durch die beiden „Großen“ Deutschland und Frankreich ein Positionspapier vorgestellt, das ein Konzept einer gemeinsamen europäischen Einkaufsplattform für den Gaseinkauf vorsieht. Bislang organisiert jeder EU-Staat den Gaseinkauf für sich. Ein EU-weit konzertierter Gaseinkauf klingt gut, aber die Idee dafür lag im Grunde auf der Hand – und wurde seit Monaten in diversen Medien ven tiliert. Das Positionspapier kommt reichlich spät, der Winter steht vor der Tür. Sinken würde der Gaspreis vermutlich dann effektiv, wenn wir weniger davon verbrauchen. Aber das hat ebenfalls gravierende negative Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft. Ein echtes Dilemma.

Kein Ausweg aus der Energiekrise ist jedenfalls die im Juli fixierte Aufnahme von Atom- und Gas kraftwerken in die „EU-Taxonomie“, also in die offizielle Liste nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten.

Das EU-Parlament hatte grünes Licht für eine von der EU-Kommission vorgeschlagene Anpassung der EU-Taxonomie erteilt. So viel sollte eigentlich mittlerweile „Common Sense“ sein: Atomstrom ist weder wirtschaftlich noch ist er nachhaltig. Daher haben nun auch Österreich gemeinsam mit Luxemburg und der Schweizer Trinationale Atomschutzverband (Tras) beim EU-Gerichtshof (EuGH) Klage dagegen eingereicht. Die Rede ist von Greenwashing im großen Stil. Denn anstatt die Investitionsmilliarden in den Ausbau der erneuerbaren Energien zu pumpen, werden bewusst Anrei ze gesetzt, in Technologien zu investieren, die nicht mehr zukunftsfähig sind.

Der Weg aus der Energieabhängigkeit führt nur über die Erneuerbaren. Doch entgegen sämtlicher Sonntagsreden, die wir zu jedem Anlass von den zuständigen Politikern zu hören bekommen, läuft der vielgepriesene Ausbau in Österreich mit angezogener Handbremse. Gesetze, die eine Beschleuni gung des Ausbaus erneuerbarer Energien ermöglichen, sucht man immer noch vergeblich. Als weite res Problem sehen Energieexperten, dass sich die meisten Bundesländer nicht oder nur widerwillig den Zielen des Bundes verpflichtet fühlen. Daher fordert etwa der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich eine Verschiebung der Zuständigkeitskompetenzen von den Ländern zum Bund. Es wird höchste Zeit, die Schlagzahl zu erhöhen, wenn wir die Klimaneutralität bis 2040 erreichen wollen. Das Ziel ist höchst ambitioniert, ein Transformationsprozess bislang unbekannten Ausmaßes wird dafür erforderlich sein.

Wo sich aktuell einiges in Sachen erneuerbarer Energie, vor allem in puncto Wasserkraft, tut, ist das schöne Tirol. Gleich mehrere Kraftwerke wurden dieser Tage offiziell eingeweiht und teils mit großen Ehren in Betrieb gesetzt. Wir waren sowohl bei Eröffnung des neuen Ötztaler Kraftwerks Tum pen-Habichen (S 16) dabei als auch bei den beiden Anlagen Langer Grund (S 44) und Kelch sau-Zwiesel (S 35). Darüber hinaus wurde uns im Schweizer Zernez das Kraftwerk Sarsura (S 27) vorgestellt, das noch in diesem Jahr in Betrieb gehen wird und auch das bereits fertiggestellte Kraft werk Wiler-Kippel (S 51) im Wallis. Zudem freuen wir uns, dass es auch technisch Neues und Inno vatives zu berichten gibt. Da wäre zum Beispiel die neue EVO-Pelton (S 24) aus dem Hause Global Hydro mit einigen interessanten Attributen. Außerdem beschäftigen wir uns in dieser Ausgabe mit dem Thema Durchflussmessung und berichten von der ersten Kleinwasserkraft-Herbstveranstaltung (S 56), die ebenfalls in Tirol über die Bühne ging.

Abschließend möchte ich mich wieder bei allen bedanken, die am Entstehen der vorliegenden Ausga be mitgeholfen haben. Ich darf Ihnen, liebe(r) Leser(in) eine gute Zeit mit der neuen zek HYDRO wünschen.

Ihr

Mag. Roland Gruber (Herausgeber)

HYDROZur Sache Oktober 2022 03

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Aktuell

Interessantes & Wissenswertes SHORT CUTS

Projekte

16 Wasserkraftwerk im Ötztal nach zähem Ringen in Betrieb gesetzt KW TUMPEN-HABICHEN

Technik

24 Global Hydro ebnet nächsten Evolutionsschritt für die Peltonturbine EVO-REIHE

Projekte

27 Neues Bündner Kleinkraftwerk voll auf Zielkurs KW SARSURA

Schottische Whisky-Destillerie produziert mehr Ökostrom KW DEANSTON

Stadtwerke Wörgl verdoppeln die Leistung von Traditionskraftwerk KW KELCHSAU-ZWIESEL

Jubiläum

42 WATEC-Hydro feiert seine 20-jährige Erfolgsgeschichte 20-JAHR-JUBILÄUM

HYDRO Inhalt 06 Oktober 2022 16 KW TUMPEN-HABICHEN 24 EVO-PELTON 32 KW DEANSTON 35 KW KELCHSAU-ZWIESEL Projekte 32
35
08
03 Editorial 06 Inhalt 08 Impressum

Projekte

Kraftwerk erhöht die Ökobilanz der Bundesforste KW LANGER GRUND

Neue Durchströmturbinen sorgen für Steigerung der Erzeugung CROSSFLOW-PROJEKTE

Walliser Kraftwerk bringt Ökostrom und ökologische Vorteile KW WILER-KIPPEL

Veranstaltung

Optimales Networking-Umfeld beim Anwenderforum in Innsbruck INT. ANWENDERFORUM KWK

Projekte

59 Erneuertes Kraftwerk liefert um zwei Drittel mehr Strom KW ROTGÜLDEN

Schwerpunkt

62 Moderne Durchflussmessung sorgt für Betriebssicherheit SP DURCHFLUSSMESSUNG

64 Akustische Durchflussmessung mit mehreren Pfaden SP DURCHFLUSSMESSUNG

Anzeigen zek HYDRO 05/2022

Etertec Opener Vega U2 Geotrade U3 Rittmeyer U4

Auer Bau / Fröschl Bau 23 Bagger Cello 29 BHM Ingenieure 11 Braun Maschinenfabrik 9 Electrosteel Deutschland / APR 28 Eniwa 30 ETM Bau 61 Etertec 38 Geppert 22 GMT-Wintersteller 20 Gugler Waterturbines 34 GWF Messsysteme 66 Hitzinger 40 Hydro-Solar 27 Idroweld 19 Kobel Elektrotechnik 31 Koncar 15 Mechmine 10 Ossberger 50 Schubert 21 Sora 12

Spaans Babcock 18 TRM Rohrsysteme 13 Troyer 41 Vienna Hydro 14 Voith 58

Watec Hydro 10 Wild Metal 31 + 39 + 47 ZT Eberl 17 + 35 + 44

HYDROInhalt Oktober 2022 07
KW LANGER GRUND
44 KW
WILER-KIPPEL
51 KW
ROTGÜLDEN
59 DURCHFLUSSMESSUNG 62
44
48
51
56

SALZBURG PRÜFT REAKTIVIERUNG VON 120 KLEINWASSERKRAFTWERKEN

Im Bundesland Salzburg sind knapp 500 Wasserkraftanlagen in Betrieb. 33 davon gel ten mit einer installierten Leistung von mehr als 10 MW als Großwasserkraftwerk. Alle zu sammen produzieren etwa 4.300 GWh, was rund 88 Prozent der gesamten Stromproduk tion in Salzburg entspricht. Die Wasserkraft stellt somit der Rückgrat der Salzburger Stromversorgung dar. Wie der ressortzustän dige Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP) un längst verlauten ließ, dürfen revitalisierungs willige Betreiber von Kleinwasserkraftwerken angesichts der aktuellen Energie- und Klima krise künftig auf mehr Unterstützung des Landes hoffen. Aktuell prüft das Land Salz burg, ob und inwieweit 120 stillgelegte Klein kraftwerksstandorte zu reaktivieren wären. Immerhin wird im Masterplan für Salzburg die vollständige Energieautonomie bis zum Jahr 2050 angestrebt. Zur Erreichung dieses ambitionierten Ziels werden Windkraft- und Photovoltaik alleine nicht ausreichen. Offizi ell sind heute circa 140 Wasserkraftstandorte beim Land Salzburg gelistet und registriert, die seit längerer Zeit brachliegen. Die meisten davon waren, wie ORF Salzburg berichtete, Mühlen, die um 1900 errichtet worden waren und die sich in jüngerer Zeit aufgrund niedri ger Strompreise nicht mehr rentiert hätten.

VORTRIEBSARBEITEN FÜR NEUES ÖBBKRAFTWERK SIND ABGESCHLOSSEN

Ein Meilenstein beim Bau der neuen ÖBB Kraftwerksanlage Obervellach II ist im Som mer dieses Jahres geglückt: die Vortriebsarbei ten konnten mit dem Vollausbruch des Spei cherstollens erfolgreich abgeschlossen werden. Seit Dezember 2020 wurde untertage ge sprengt und gebaggert. Insgesamt haben die ca. 100 Mineure eine Stollenlänge von rund 5 km ausgebrochen. ÖBB-Projektleiter Christi an Höss: „Mit der Beendigung aller Vortriebs arbeiten ist der Rohbau weitgehend fertigge stellt, und die weiteren Arbeiten fokussieren auf den Betonbau sowie die technische Aus rüstung. Auch die parallelen Arbeiten an den drei Wasserfassungen und bei der Druckrohr leitung sind im Zeitplan. Im neuen Krafthaus haben zudem bereits die Montagearbeiten an den beiden Bahnstrommaschinensätzen be gonnen.“ Die zwei Bahnstromgeneratoren werden zukünftig von zwei Peltonturbinen mit einem Wasserdurchfluss von je 4,5 m³/s angetrieben. Das Regelarbeitsvermögen der gesamten Kraftwerksanlage Obervellach II be trägt ca. 125 Gigawattstunden pro Jahr. Dies entspricht circa 30.000 Railjet-Fahrten von Villach nach Wien. Die Fertigstellung von KW Obervellach II ist für 2024 avisiert.

Impressum

HERAUSGEBER Mag. Roland Gruber

VERLAG

Mag. Roland Gruber e.U. zek-VERLAG Brunnenstraße 1, 5450 Werfen Tel. +43 (0)664-115 05 70 office@zekmagazin.at www.zek.at

CHEFREDAKTION Mag. Roland Gruber, rg@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664-115 05 70

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Mag. Andreas Pointinger, ap@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664-22 82 323

ANZEIGENLEITUNG / PR-BERATUNG Mario Kogler, BA, mk@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664- 240 67 74

GESTALTUNG Mag. Roland Gruber e.U. zek-VERLAG Brunnenstraße 1, 5450 Werfen Tel. +43 (0)664-115 05 70 office@zekmagazin.at www.zek.at

UMSCHLAG-GESTALTUNG

MEDIA DESIGN: RIZNER.AT Stabauergasse 5, A-5020 Salzburg Tel.: +43 (0)662/8746 74 E-Mail: m.maier@rizner.at

DRUCK

Druckerei Roser Mayrwiesstraße 23, 5300 Hallwang Tel.: +43 (0)662-6617 37

VERLAGSPOSTAMT A-5450 Werfen

GRUNDLEGENDE RICHTLINIEN zek HYDRO ist eine parteiunabhängige Fachzeitschrift für kleine bis mittlere Wasserkraft im alpinen Bereich. ABOPREIS

Österreich: Euro 78,00, Ausland: Euro 89,00 inklusive Mehrwertsteuer

zek HYDRO erscheint 6x im Jahr. Auflage: 8.000 Stück

08 Oktober 2022 HYDRO Aktuell
Foto: zek Archiv Foto: zek Archiv Foto: ÖBB Foto: ÖBB
Der Speicherstollen ist ca. 13 m hoch, 15 m breit, 580 m lang und dient der Speicherung des Wassers für die bedarfsgerechte Erzeugung von Bahnstrom. Bau der Druckrohrleitung im Sommer 2022. Das gesamte Projekt soll 2024 abgeschlossen sein. Betreiber von Altanlagen können in Zukunft auf die Unterstützung des Landes Salzburg hoffen. Im Land Salzburg sollen 120 Altstandorte von Wasserkraftwerken auf Reaktivierung geprüft werden. Dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserates verpflichtet
201920025

AXPO VERSCHIEBT STAUSEE-SANIERUNG

Die Stauanlage Gigerwald ist Teil der Kraftwerke Sarganserland AG (KSL), welche wiederum zu 98,5 Prozent im Besitz der Axpo ist. Die Anlage hätte diesen Winter aufwändig saniert werden sollen, inklusive kompletter Entleerung des Stausees. Die Sanierungsarbeiten sind zwar nötig, um die Anlage langfristig weiter zu betreiben und können nicht zu lange aufgeschoben werden, doch deren wertvolle Wintererzeugung von bis zu 160 GWh in den kalten Monaten ist in der extremen Situa tion zugunsten der Versorgungssicherheit zu priorisieren. Die bereits im Frühjahr 2022 gestarteten Bauvorbereitungen werden deshalb per so fort unterbrochen und die Ausführung der Sanierungsarbeiten auf den Winter 2024/25 verschoben. Für eine reibungslose Durchführung wird der Stausee Gigerwald im Oktober gleichen Jahres komplett entleert. Die Anlage wird dann voraussichtlich im Frühsommer 2025 wieder in Betrieb gehen.

LECHKANAL-KRAFTWERK MEITINGEN FEIERT 100 JAHRE

Als Bestandteil des Augsburger Wassermanagement-Systems haben es die drei Traditionskraftwerke am Lechkanal, Langweid, Gersthofen und Meitingen bereits auf die UNESCO-Welterbeliste geschafft. Kürz lich beging das jüngste der drei Kraftwerke, das KW Meitingen, sein 100-jähriges Bestandsjubiläum. Die Anlage wurde zwischen 1920 und 1922 errichtet, sie diente ursprünglich der Stromversorgung des elektrochemischen Betriebs der Siemens Plania, heute Teil der SGL Car bon, und natürlich auch der Versorgung der zwischen 1919 und 1922 neu angeschlossenen Kommunen. Das Kraftwerk leistete somit einen wichtigen Beitrag zur Industrialisierung des nördlichen Lechtals. Ge nau wie die drei Generatoren von 1922 sind auch die damals eingebau ten Francis-Turbinen noch heute in Betrieb. Sie erzeugen jährlich rund 83 Millionen Kilowattstunden Strom.

HYDROAktuell Innovations for hydropower BRAUN Maschinenfabrik Ges.m.b.H. Gmundner Str. 76 4840 Vöcklabruck / AUSTRIA office@braun.at all over the world. Trash RackCleaningSystems HydroMechanicalEquipment www.braun-tech.comM A S C H I N E N F A B R I K EINSCHALTUNG BRAUN-STWB 120x180 - 2021.qxp_EINSCHALTUNG STWB 122x90 20.10.21 13:26 Seite 2 Oktober 2022 09
Foto: zek Foto: Wikipedia Foto: Wikipedia Um der Gefahr einer Strommangellage zu begegnen, werden die Arbeiten an der wichtigen Stauanlage Gigerwald unterbrochen. Das Lechkanal-Kraftwerk Meitingen liefert seit 100 Jahren sauberen Strom – im Regeljahr rund 83 Gigawattstunden.

SWISS SMALL HYDRO LANCIERT VOLKSINITIATIVE

Seit Ende 2021 ist Swiss Small Hydro am Vorbereiten der Volksinitiati ve „Jede (einheimische und erneuerbare) Kilowattstunde zählt!“. Die laufenden parlamentarischen Verhandlungen zum Bundesgesetz „Siche re Stromversorgung mit erneuerbaren Energien“ („Mantelerlass“) zei gen, dass diverse Elemente der Volksinitiative bereits berücksichtig sind. Doch wesentliche Bremsen bleiben, weshalb im Dezember 2022 die Unterschriftensammlung lanciert werden soll. Moniert werden vor al lem Hemmschuhe, die weiterhin im Gesetzesentwurf vorhanden sind: Die Erneuerung oder Erweiterung von Kraftwerken mit einer Leistung von weniger als 300 kW soll weiterhin nicht gefördert werden, ebenso der Neubau von Wasserkraftwerken mit einer Leistung von weniger als 1 MW Leistung. Der „Mantelerlass“ geht nun in den Nationalrat.

SCHLUCHSEEWERK AG NIMMT NEUEN GENERATOR IN BETRIEB

Der neue Generator, der von Andritz Hydro entwickelt und nun im Pumpspeicherkraftwerk Wehr installiert wurde, ist der weltweit erste, der bei einer Erzeugungsleistung von 300 MW in horizontaler Bauweise nur mit Luftkühlung auskommt. Das ausgeklügelte System ist dadurch weniger störanfällig, deutlich wartungsfreundlicher und hat einen ge ringeren Platzbedarf. Letzteres ist vor allem in engen Räumen – wie etwa einer bestehenden Kaverne – von Bedeutung. Die Schluchseewerk AG hat in die Entwicklung und Produktion insgesamt 7,5 Millionen Euro investiert. Es ist bereits geplant, weitere Maschinensätze mit der neuen Technologie aufzurüsten: ein weiterer neuer Stator ist bereits ge ordert und soll im Frühjahr 2023 eingebaut werden.

„WASSERKRAFT IST DER GARANT FÜR KLIMASCHUTZ“

Zur Jahreshauptversammlung trafen sich die Mitglieder der Vereini gung Wasserkraftwerke in Bayern e.V. (VWB) im Augustiner Schützen garten in München. Dabei stellten die Vorstände der VWB sowie Refe renten, darunter Florian Streibl, Mitglied des Landtags (MdL) und Fraktionsvorsitzender der FREIEN WÄHLER, die Bedeutung der Was serkraft als stabilitäts- und sicherheitspolitischer Faktor für die bayeri sche Stromversorgung heraus. „Die Antwort auf Abhängigkeiten kann nur sein, die Energie vor Ort zu erzeugen und zu nutzen. Dabei kommt der Wasserkraft und insbesondere auch der kleinen Wasserkraft eine Schlüsselrolle zu. Sie ist damit nicht nur eine Heimatenergie, sondern vor allem auch eine Freiheitsenergie“, so Streibl.

Unwucht,

Verstopfte Turbinendüsen

Gebrochener Rotorenstab

Am Puls der Maschine

10 Oktober 2022 HYDRO Aktuell Kaplanturbinen Wasserkraftanlagen Watec Hydro GmbH | Alpenstraße 22 | D-87751 Heimertingen Tel.: +49 (0) 83 35/98 93 39-0 | E-Mail: info@watec-hydro.de www.watec-hydro.de FORTSCHRITT durch WATEC Hydro
Wir erkennen das Problem – Wälzlagerschaden – Zahnraddefekt – Überschmierung – Lagerströme –
lose Teile – Eigenschwingung –
www.mechmine.com
Foto: VWB Foto: Schluchseewerk AG Foto: zek Archiv Swiss Small Hydro wird ab Dezember eine Unterschriftenaktion lancieren. Der neuartige Generator ist der weltweit erste,
der bei
einer Erzeugungsleistung von 300 MW in horizontaler Bauweise nur mit Luftkühlung auskommt. Die Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern (VWB) e.V. zählt rund 650 Mitglieder. Zur Jahreshauptversammlung traf man sich im August in München

SAK UND ETH ZÜRICH STARTEN INNOVATIVE FISCHLEITRECHEN-FORSCHUNG

Mit der offiziellen Wiederinbetriebnahme des Kraftwerks Herrentöbeli an der Thur starteten die SAK (St.Gallisch-Appenzellische Kraftwerke AG) zusammen mit Forschenden der ETH Zürich den Feldversuch eines neu entwickelten Fischleitrechens mit Bypass. Dieser wurde während des vergangenen Jahres im Rahmen von ökologischen Sanierungen installiert und verfolgt das Ziel, den Fischen bestmöglichen Schutz beim flussabwärts-Passieren der Kraftwerksanlagen zu bieten. Bei Erfolg kann das System bei weiteren Kraftwerken zum Einsatz kommen. Rund 1.000 Quer bauten in der Schweiz müssen aufgrund der Gesetzesanpassung durch das Bundesamt für Umwelt (BafU) ökologische saniert werden. Die Maßnahmen der einzelnen Kraftwerke werden vom Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen überprüft und finanziell unterstützt. Mit dem aktuellen Fischleitrechen-Forschungsprojekt entsteht eine neue, optimierte Lösung für den Fischschutz.

AUSBAU DER KRAFTWERKSANLAGEN IM KÜHTAI SCHREITET VORAN

Die Bauarbeiten im Kühtai für die Erweiterung der Kraftwerksgruppe laufen auf Hochtouren. Zuletzt wurde mit der Schüttung des Dichtkerns für den späteren Staudamm begonnen. Auf der freigelegten, gereinigten und abgedichteten Felsoberfläche wird jetzt dichtes, mineralisches Erd material aufgebracht. Das Schüttvolumen des gesamten Dammes beträgt insgesamt 6,9 Mio. Kubikmeter. Gut voran kommt auch der unterirdische Vortrieb für den 25 Kilometer langen Beileitungsstollen. Die Arbeiten laufen rund um die Uhr im Drei-Schicht-Betrieb und werden bis zur Fertigstellung des Beileitungsstollens ca. vier Jahre dauern. Die Gesamtlänge der bereits auf gefahrenen Stollen und Schächte beträgt 8,5 Kilometer. Das spätere Kraftwerk Kühtai 2 wird vollkommen unterirdisch in einer Felskaverne errichtet. Dafür ist ein großer Teil bereits ausgebro chen. Der Einbau der beiden 190 Megawatt starken Pumpturbinen wird 2023 beginnen. Die Fertigstellung und Inbetriebnahme ist bis Ende 2026 geplant.

HYDROAktuell Wasserkraft Wärmekraft Biomasse Sonderprojekte BHM INGENIEURE Engineering & Consulting GmbH Europaplatz 4, 4020 Linz, Austria Telefon +43 732 34 55 44-0 office.linz@bhm-ing.com FELDKIRCH • LINZ • GRAZ SCHAAN • PRAG GENERALPLANER & FACHINGENIEURE Verkehr Industrie Kraftwerke ÖffentlicheSpezialthemenAuftraggeber Follow us on ZEK_D+E_58x262_2022_4C.indd 1 21.02.2022 11:32:24
Foto: SAK Foto: TIWAG Prof. Dr. Robert Boes (ETH Zürich), Adriano Tramèr (SAK), Reto Zuglian (SAK), Kilian Looser (Gem.Präs. Nesslau) und Christoph Birrer (Kanton St.Gallen) bei der symbolischen Inbetriebnahme des sanierten Kraftwerks Herrentöbeli. (v.l.)
Der Ausbau der Kraftwerksanlagen im Kühtai sieht einen zusätzlichen Speichersee im Längental mit 31 Mio. m3 Fassungsvermögen sowie ein unterirdisches Pumpspeicherwerk als zweite Oberstufe vor. Oktober 2022 11

GROSSAUFTRAG FÜR VOITH HYDRO IN BRASILIEN

Im September unterzeichneten Voith Hydro und der brasilianische Energiekonzern Furnas eine Vereinbarung zur Modernisierung des Wasserkraftwerks Porto Colombia am Fluss Grande an der Grenze zwi schen den Bundesstaaten São Paulo und Minas Gerais. Der Bau der Anlage begann 1970 und ging 1973 mit einer installierten Leistung von 320 MW in Betrieb. Das Projekt ist der erste Großauftrag von Furnas nach der Privatisierung. Der Auftrag umfasst die Sanierung der Kaplan-Turbinen, Generatoren und des Hallenkrans der Anlage. Auch der Austausch von mechanischen und elektrischen Hilfssystemen und die Digitalisierung von Mess-, Schutz- und Steuerungssystemen sind Teil des Großprojekts. Die Modernisierung führt zu einer Erhöhung der Verfügbarkeit des Anlagenverbunds von Furnas, der das brasiliani sche Stromnetz mit Energie versorgt.

JOHN SIEBER WIRD NEUER CEO DER WALLISER ENBAG AG

Die Walliser EnBAG AG mit Sitz in der Gemeinde Brig-Glis begrüßt John Sieber als neuen Vorstandsvorsitzenden. Zu den Qualifikationen des neuen CEO zählen unter anderem die Ausbildung als Elektroinge nieur HTL/FH, ein Executive Master of Business Studies sowie der Master in Energiewirtschaft. Als CEO-Stellvertreter und Mitglied der Geschäftsleitung des Elektrizitätswerkes Obwalden (EWO) leitete er das Geschäftsfeld Produktion. Seine neue berufliche Herausforderung tritt John Sieber am 1. Februar kommenden Jahres an. Er folgt damit auf Dr. Hans-Peter Burgener, welcher mit großem Engagement und Fachkompetenz die EnBAG während der vergangenen 15 Jahren, da von 9 Jahren als CEO, geführt hat, meldet die EnBAG in einer aktuel len Aussendung.

TURBINEN-FERTIGUNG FÜR REISSECK II PLUS WEIT FORTGESCHRITTEN

Voll im Gang sind die Arbeiten beim neuen Verbund-Pumpspeicher kraftwerk Reißeck II plus in Kärnten. Reißeck II plus wird als Kavernen kraftwerk vollständig im Inneren des Berges errichtet und als Ergän zung des 2016 in Betrieb genommenen Kraftwerks Reißeck II den Höhenunterschied zwischen den beiden Mühldorfer Seen am Reiß ecker Seenplateau nutzen. Zwei moderne Pumpturbinen mit einer Leistung von insgesamt 45 MW können bei Stromüberschuss erneuer bare Energie speichern bzw. bei Strommangel in Strom rückverwan deln. Bereits weit fortgeschritten sind die Herstellung der Verteilrohrlei tungen, der Turbinen-Spiralen und der Saugrohre. Diese Komponenten liefert die Pelfa Group aus der norditalienischen Region Friaul, die in der Branche einen hervorragenden Ruf bei der Fertigung von hochwer tigen Wasserkraftkomponenten genießt. Die Inbetriebnahme von Reißeck II plus ist Ende 2023 geplant.

HYDRO Aktuell 12 Oktober 2022 Sora GmbH Handwerkerzone 24 I-39030 Kiens/Ehrenburg T +39 0474 565516 www.sora.bz.it Ihr Spezialist für Wasserkraftwerke von 5 – 1000 KW
Voith Hydro sorgt
für die
Modernisierung des brasilianischen Großkraftwerks Porto Colombia. John Sieber übernimmt die Position des EnBAG-CEO von Dr. Hans-Peter Burgener Anfang Februar 2023. Foto: Voith Foto: EnBAG Spirale einer Francis-Pumpturbine vom nordita lienischen Fertigungsspezialisten Pelfa Group. Foto: Pelfa Group

EWZ SORGT FÜR ÖKOLOGISCHE AUFWERTUNG DER ALP FLIX

Die ökologisch sowie landschaftlich wertvolle Moorlandschaft im Ge biet „Son Roc“ auf der Alp Flix im Kanton Graubünden wird derzeit vom Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (ewz) mit verschiedenen Maß nahmen aufgewertet. Die Revitalisierungsarbeiten stehen im Zusam menhang mit dem Artikel 80 des Schweizer Gewässerschutzgesetz, welcher die Restwassersanierung von bestehenden Stauanlagen ver langt. In Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden und den Natur schutzorganisationen wurde eine ökologisch wertvolle sowie wirtschaft lich tragbare Lösung ausgearbeitet. Die Aufwertung sieht eine Funktionsänderung der Fassung Savriez oberhalb der Ebene Son Roc vor. Ein konstanter Teil des Wassers der Ava da Savriez soll neu wieder durch die Ebene Son Roc fließen und danach in die Ava dallas Tigias münden. Der Rest des Wassers der Ava da Savriez wird mit einer Über leitung einem anderen Bachbett zugegeben.

155 TONNEN SCHWERER TRANSPORT FÜR DIE SICHERE STROMVERSORGUNG

Anfang September wurde das erste von drei Trafoteilen mit einem Transportgewicht von rund 155 Tonnen im neuen Tiroler Umspann werk Nauders der Austrian Power Grid (APG) angeliefert. Insgesamt sechs Tage dauerte der Schwertransport vom Siemens-Werk im steiri schen Weiz. Im Oktober werden zwei zusätzliche 220-kV-Phasenschie ber-Transformatoren und eine 220-kV-Öl-Drossel in das Umspann werk transportiert. Das UW Nauders ist Kernstück einer neuen Stromverbindung zwischen Italien (UW Glorenza im Vinschgau) und Österreich (UW Nauders). „Die intensive Nutzung von Wasserkraft in der westlichen Alpenregion Österreichs und der angestrebte weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien in Italien und Europa führen zu einem verstärkten Austausch zwischen den Ländern in der Alpenregi on. Und um das managen zu können bedarf es neuer Leitungs- und Umspannwerkskapazitäten", so APG-Sprecher Christoph Schuh.

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HYDROAktuell Oktober 2022 13
Foto: APG/ EXPA/ Liebl Foto: ewz Schwertransport über kurvige Bergstraßen ins Umspannwerk Nauders. Neben den Anpassungsarbeiten von ewz bei der Fassung Savriez und dem Bau der zusätzlichen Überleitung wurde in der Ebene Son Roc auch ein neues Bachbettsystem erstellt.

ANDRITZ RÜSTET INDISCHES PUMPSPEICHERKRAFTWERK GANDHI SAGAR AUS

Der internationale Technologiekonzern ANDRITZ erhielt von Green ko MP01 IREP Private Limited den Auftrag für das elektromechani sche Equipment des Pumpspeicherprojekts Gandhi Sagar mit 1.440 MW Engpassleistung im Blockdorf Kheemla im Distrikt Neemuch in Madhya Pradesh, Indien. Das Projekt sieht die Nutzung des bestehen den Gandhi Sagar-Wasserreservoirs als Unterbecken und die Errichtung eines oberen Reservoirs vor. Der Auftrag umfasst Design, Fertigung, Lieferung, Transport, Montage, Tests und Inbetriebnahme von sieben Pumpturbinensätzen (fünf mit einer Leistung von 240 MW und zwei mit je 120 MW), Haupteinlassventilen und Zusatzausrüstung. Die Ar beiten werden von einem internationalen Team von ANDRITZ unter der Leitung der indischen Tochtergesellschaft mit modernsten Ferti gungsanlagen in Indien durchgeführt. Aufgrund der hervorragenden Ausführungsqualität beim im Jahr 2020 erteilten Auftrag für das Pump speicherkraftwerk Pinnapuram vertraut Greenko erneut auf ANDRITZ.

NEUES KLEINKRAFTWERK AN DER HALBAMMER OFFIZIELL EINGEWEIHT

Am 9. September veranstaltete die Ammer-Loisach Energie GmbH (ALE) eine Einweihungsfeier für ihr neues Kleinkraftwerk am Gewäs ser Halbammer in Oberbayern. Der Spatenstich für die Anlage erfolgte im September 2020, bereits ab Dezember 2021 speiste das Kleinkraft werk Strom ins Netz des Bayernwerks ein, zunächst noch im Probebe trieb. Nach dem Abschluss verschiedener Restarbeiten und Funktions tests im Frühjahr ist das Wasserkraftwerk seit April 2022 in der Lage, seine volle Leistung von bis zu 135 kW abzurufen. Jährlich können nun rund 500.000 kWh Strom aus reiner Wasserkraft erzeugt werden. „Wir haben bei der ALE von Anfang an auf Ökostrom aus CO2-freier Wasserkraft gesetzt“, so Arno Nunn, Geschäftsführer der ALE: „Grü nen Strom in einem eigenen Wasserkraftwerk vor Ort zu erzeugen, war für uns der logische nächste Schritt. Wir freuen uns deshalb sehr, dass unsere Anlage planmäßig in Betrieb gegangen ist und wir damit die regionale und nachhaltige Energieerzeugung voranbringen.“

HYDRO Aktuell 14 Oktober 2022
INSTITUT FÜR ENERGIETECHNIK UND THERMODYNAMIK Ins tute for Energy Systems and Thermodynamics 21st International Conference on Hydropower Plants Hydropower for future generations 09 – 11 November 2022 | Vienna, Austria Innovation, trends and future technologies Flexibilisation and smart grids Requirements from electrical grid to power generation and storage Quantum Computing Digitalisation on Machine- and Systemleveltechnological aspects Planning and Operation of Varspeed Pumped Storage Plants Operation, Maintenance, Rehabilitation and Modernisation Design rules, Standardisation and Legal aspects Physical modelling and numerical simulations Experimental Investigations on models and prototypes Cavitation under extreme load conditions Hydraulic systems and transient behaviour Market change, Business Models and Economics of Hydro Power Sustainability and environmental impact Small hydro Topics: For more details referring to the topcis please visit our website: http://www.viennahydro.com Foto: Axpo
Foto: Wikimedia/Gras-Ober Das neue Kleinkraftwerk Halbammer in Oberbayern wird im Regeljahr ca. 500.000 kWh Ökostrom erzeugen. Vertragsunterschrift für das Gandhi SagarPumpspeicherkraftwerk im Juni 2022

Eine über 600 Kilometer lange Stromleitung soll bald einen bedeuten den Anteil des Strombedarfs der Millionenstadt New York City liefern, berichtet futurezone.at Ende September. Gespeist werden soll die Lei tung von den Wasserkraftwerken des kanadischen Energiekonzerns Hydro Quebec, einem der größten Stromerzeuger aus Wasserkraft weltweit. Die übertragene Energiemenge soll ausreichen, um den Jah resbedarf von mehr als einer Million Haushalten mit nachhaltig erzeug tem Strom abzudecken. Die Betreiber haben sich entschlossen, die Ka bel zur Gänze unterirdisch bzw. unter Wasser zu verlegen. Wo es möglich ist, folgt die Trasse der Stromleitung dem Verlauf von Flüssen, Seen und anderen Wasserwegen. Durch die nachhaltige Energieversor gung der Millionenmetropole wird eine deutliche Reduktion schädli cher Emissionen erwartet. Den Vollbetrieb soll die als Champlain Hud son Power Express (CHPE) bezeichnete Hochspannungsleitung bis 2026 aufnehmen.

NEUES SCHLUCHSEE-KLEINKRAFTWERK SEIT MITTE SEPTEMBER IN BETRIEB

Ein neues Kleinwasserkraftwerk am Fuß der Staumauer Schluchsee im südlichen Scharzwald in Baden-Würtemmberg ging Mitte September erstmals in Betrieb. Realisiert wurde das Projekt vom Betreiber Schluch seewerk AG. Die Entstehung des neuen Kraftwerks ist mit der Verlän gerung der Betriebserlaubnis der Stauanlage verbunden. Zum Erhalt der Genehmigung musste sich das Schluchseewerk verpflichten, Wasser in alte Bachläufe am Fuß der Staumauer abzugeben, die seit 90 Jahren trocken lagen. Mittlerweile wird das einst trockene Flussbett des Ge wässers Schwarza mit 211 l/s dotiert und somit eine erhebliche ökolo gische Aufwertung erzielt. Damit dieses hydroenergetische Potential nicht ungenutzt verloren geht, beschlossen die Betreiber die Errichtung eines neuen Kleinwasserkraftwerks. Mit der riesigen Staumauer im Rü cken wirkt die Anlage relativ bescheiden. Dennoch kann das Kraftwerk nach Angaben der Betreiber im Regeljahr rund 200 durchschnittliche Haushalte mit sauber produziertem Ökostrom versorgen.

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SAUBERER STROM AUS KANADISCHER WASSERKRAFT FÜR NEW YORK CITY Nachhaltig
erzeugter Strom aus kanadischen Wasserkraft werken versorgt bald rund eine Million New Yorker
Haushalte. Foto: Wikimedia/ Tiago Fioreze Foto: Schluchseewerk AG
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Den Strombedarf von rund 200 Hauhalten deckt das neue Kleinkraftwerk am Fuß der Staumauer Schluchsee.

NEUES WASSERKRAFTWERK IM ÖTZTAL NACH ZÄHEM RINGEN IN BETRIEB GESETZT

16 Jahre nach der ersten Projektidee für ein neues Wasserkraftwerk an der Ötztaler Ache war es unlängst soweit: Im Beisein zahlreicher hochrangiger Vertreter aus Landespolitik, Wirtschaft und geistlicher Würdenträger fand am 10. September die Einweihungsfeier sowie ein Tag der offenen Tür mit über 2.000 Besuchern am neuen Wasserkraftwerk Tumpen-Habichen statt. Die Ökostromanlage, die gemeinsam von den Standortgemeinden Oetz und Umhausen, sowie der Auer Beteiligungs-GmbH und der TIWAG errichtet wurde, liefert seit Juli mit seiner modernen elektromaschinellen Ausrüstung sauberen Strom – im Regeljahr rund 64 GWh. Um diese Strommenge mit Photovoltaikanlagen zu erreichen, bräuchte es die Dachflächen von etwa 20.000 Einfamilienhäusern.

Ein langer und steiniger Weg sei es gewesen, bis die Idee vom Was serkraftwerk Wirklichkeit werden konnte, sagt Klaus Auer. Vor über 16 Jahren hatte der Projektinitiator und heutige Mitbetreiber bereits Pläne für die hydroelektrische Nutzung der Ötztaler Ache an der Steilstufe zwischen den Gemeindefraktionen Tumpen und Habichen entwickelt. Allerdings war der Tiroler mit seinen Plänen nicht der Erste, wie er selbst einräumt. Schon vor über 120 Jahren waren kühne Projekt­

ideen aufgetaucht: Von einer Akkumulatorenfabrik, über eine Stromer zeugungsanlage für die Kaiserlich Königliche Staatsbahnen zu Monar chie Zeiten zwischen Innsbruck und Bregenz bis hin zu einer elektrochemischen Fabrik reichten die Projektentwürfe, die allesamt nie über das Planungsstadium hinausgekommen waren.

ALLE ZIEHEN AN EINEM STRANG

Es dauerte nicht lange, nachdem Klaus Auer seine ersten Projektstudi en begonnen hatte, da tauchte plötzlich ein Konkurrenzprojekt auf. Doch die Initiatoren blieben ruhig und fokussiert, wie Klaus Auer be richtet: „Es ist uns trotzdem gelungen, die zwei Standortgemeinden Oetz und Umhausen sowie die TIWAG zusammenzubringen, um letztlich gemeinsam an einem Strang zu ziehen.“ Nachdem das Ein reichprojekt den Behörden im Oktober 2008 vorgelegt worden war, bestand noch eine realistische Hoffnung auf eine zügige Umsetzung. Doch es sollte anders kommen. Zahlreiche Einsprüche sorgten dafür, dass das Behördenverfahren sich immer weiter in die Länge zog – und in weiterer Folge auch dafür, dass das Projekt zu einem der bestunter suchten und bestkontrollierten Kraftwerksprojekte Tirols werden soll te. Sämtliche Einsprüche mussten über den Instanzenweg abgehandelt

16 Oktober 2022 ProjekteHYDRO
Foto: BRAUN Foto: Geppert Nach rund zweieinhalbjähriger Bautätigkeit konnte das neue Kraftwerk TumpenHabichen im Ötztal ans Netz genommen werden. Die Anlage ist auf eine Ausbauleis tung von 15 MW ausgelegt und liefert im Regeljahr rund 64 GWh sauberen Strom. Foto: zek Bgm. Oetz Hansjörg Falkner, LH Günther Platter, LR Anton Mattle und Bgm. Umhausen Jakob Wolf (v.l.) feierten ge meinsam die Eröffnung des Kraftwerks.

werden. Mit Erfolg: Die höchstgerichtlichen Urteilssprüche fielen letztlich alle zugunsten der neuen Betreibergesellschaft, der Ötztaler Wasserkraft GmbH, aus.

11 JAHRE WARTEN AUF DIE GENEHMIGUNG

Nachdem sich Planung und Vorprojekt über rund 2,5 Jahre erstreckten und sich das Geneh migungsverfahren über 11 Jahre hingezogen hatte, war es schließlich im März 2020 soweit: Man hatte alle rechtsgültigen Bescheide vorlie gen und damit grünes Licht für die Umset zung. Zwar fiel der Spatenstich noch der Coro na Pandemie zum Opfer, doch mit der Errichtung der Baubrücke über die Ötztaler Ache im Bereich des Gewerbegebiets von Ha bichen konnten die Bauarbeiten durchstarten.

ANLAGENKONZEPTION

Grundsätzlich ist das Kraftwerk Tumpen Ha bichen ein Ausleitungskraftwerk. Die Anlage besteht im Wesentlichen aus der Wasserfassung im Ortsteil Tumpen, einem rund 820 m langen Stollen mit Panzerstrecke, einer Stahl Druck rohrleitung, dem Maschinenhaus in Habichen mit drei Maschinensätzen und dem Unterwas serkanal zur Ötztaler Ache. Die Wasserfassung

setzt sich aus der Wehranlage für den Aufstau der Ötztaler Ache um 3,2 m, dem rechtsufri gen Einlaufbauwerk (Seitenentnahme), dem Kiesspülkanal mit horizontaler Rechenreini gungsmaschine, der 6 kammerigen Entsan dungsanlage mit HSR Sandabzug, dem Zu laufkanal zum Stollen, dem linksufrigen Dotationskraftwerk und der Fischaufstiegshilfe zusammen.

PLANUNG & AUSFÜHRUNG

Die Einreichplanung und Ausschreibungspla nung wurde von der Bernard Gruppe ZT GmbH ausgeführt. Die Detailplanung inkl. Koordinierung der elektro maschinellen Aus rüstung wurde bis auf den Stollen und Statik von den Partnerbüros flussplan e.U. und Inge nieurbüro DI Hermann Lusser erbracht. Die Planung von Wasserfassung und Maschinen haus erfolgte in 3D mit Autodesk Revit. Die Planung für den Stollen und die Statik wurden von der Bernard Gruppe ZT GmbH durchge führt. Die Koordinierung der Inbetriebsetzung und Optimierung der Anlage wurde / wird vom Ingenieurbüro DI Hermann Lusser begleitet. 5e Engineering ZT GmbH, eine Tochterfirma der Ingenieurbüro Eberl ZT GmbH, begleitet

seit Herbst 2019 bis voraussichtlich Ende 2022 die Projektabwicklung in den Bereichen Pro jektbegleitung, örtliche Bauaufsicht, geolo gisch geotechnische Bauaufsicht, Prüfstatik, Baustellenkoordination, Bauabwicklung und kontrolle sowie Rechnungsprüfung und Be scheid Management.

Die Bauausführung der Wasserfassung und des Maschinenhauses wurde von der ARGE Auer Bau Fröschl mit ihren Subunternehmern durchgeführt. Die Geländer und zahlreiche Schlosserarbeiten wurden direkt von der Firma Konrad für den Bauherrn erbracht. Der Druckstollen sowie die Druckrohrleitung wur den von der Firma BeMo Tunneling errichtet. Sämtliche Baulose wurden dabei zuverlässig und in hoher Qualität umgesetzt.

WASSERFASSUNG MIT ZWEI WEHRFELDERN

„Im Juni 2020 haben wir nahezu zeitgleich mit den Bauarbeiten an der Fassung in Tumpen und beim Maschinenhaus mit Unterwasserka nal in Habichen zu bauen begonnen. Kurze Zeit später konnte auch der Anschlag für den Druckstollen erfolgen“, erinnert sich Klaus Auer. Rechtsufrig wurde an der neuen Wasser fassung der Spülkanal, die Entsanderkammern

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Foto: zek Foto: zek Die Eröffnung und der Tag der offenen Tür lockten viele Interessierte zum neuen Kraftwerk. Projektinitiator Klaus Auer ließ in seiner Festanspra che die Geschichte des Projekts Revue passieren.

und der Stollenzulauf angelegt, orographisch links das Dotationskraftwerk und die Fischauf stiegshilfe. Das Wehrbauwerk an sich setzt sich aus zwei Wehrfeldern zusammen, die mit Fischbauchklappen für den Einzugsstau bzw. auch für die Hochwasserentlastung ausgerüstet sind. Überspannt werden die beiden Wehrfel der von einer Wehrbrücke. Die stahlwasser bauliche Ausrüstung der Wasserfassung wurde vom renommierten Salzburger Stahlwasser bau Spezialisten GMT Wintersteller realisiert, der neben den beiden Wehrklappen alle Schüt zen, Schieber, Dammbalken, Dammtafeln und die HSR Entsandungsanlage inkl. Hydraulikaggregaten sowie die Rechenreinigungsmaschi ne geliefert und installiert hat.

WASSERKRAFTSCHNECKE BRINGT ZUSATZERTRAG

Die Restwassermenge zw. 2 und 8 m³/s, die an der Wehranlage konzessionsgemäß abgegeben wird, wird bis 5 m³/s energetisch genützt. Zu diesem Zweck wurde eine moderne Wasser kraftschnecke des holländischen Branchenspe zialisten Spaans Babcock installiert, dessen Technik sich seit Jahrzehnten im praktischen Einsatz behauptet. Die langsam laufende Was serkraftschnecke treibt über eine elastische Kupplung und das Getriebe den 200 kVA Asynchrongenerator an. Mithilfe eines Fre quenzumrichters wird der Strom mit 400 V in die Trafostation der TINETZ in das Mittel spannungsnetz eingespeist. Die Drehzahl der Schnecke wird entsprechend der notwendigen Restwassermenge bzw. der Vorgaben aus der Leittechnik geregelt. Das obere Lager der Schnecke, Kupplung, Getriebe und Generator wurden u.a. aus Schallschutzgründen mit ei nem Betriebsgebäude eingehaust. Zur Vermei dung von Körperschallübertragungen wurden das Getriebe und der Generator mit einem Schwingfundament mit Sylomereinlagen vom restlichen Bauwerk getrennt. Der Kanal mit der Schnecke wurde nach oben mit einem Be tondeckel abgedeckt, um Schallbelästigungen der nächstgelegenen Wohnhäuser zu vermei

den aber auch die Eisbildung im Winter zu verringern. „Mit dem Restwasser können wir auf diese Weise im Regeljahr rund 700.000 kWh sauberen Strom erzeugen. Das reicht aus, um ca. 160 Ötztaler Haushalte zu versor gen“, erklärt Auer.

80 TONNEN FLÜSSIGSPRENGSTOFF

Der neue Druckstollen, der im Grunde erst die Nutzung der natürlichen Steilstufe ermöglicht, wurde vom Portal in Habichen aus im Spreng vortrieb ausgebrochen. Betraut war damit das Tiroler Bau Unternehmen BeMo Tunneling aus Innsbruck. Rund 80 Tonnen Flüssig sprengstoff und 40.000 elektrische Zünder setzte das Stollenbau Team für den Ausbruch des Stollens ein. Im Schnitt gelang es den Mi neuren, pro Tag einen 9 m langen Tunnelabschnitt mit kreisrundem Profil vom Durchmesser von etwa 5 m herzustellen. Nachdem circa 16.000 m3 an Ausbruchmaterial aus dem Berg geräumt wurde, glückte am 3. März 2021 der Durchbruch des Druckstollens. Ein Ereignis, das selbstverständlich auch gebührend ge feiert wurde. In weiterer Folge wurde zügig an dessen Auskleidung gearbei tet. Am 16. Juli wurden die letzten von insgesamt 85 Betonschalen im Druckstollen betoniert. Der betonausgekleidete Stollen mit einem In nendurchmesser von 3,80 m geht auf den letzten 65 m in eine Panzerstre cke DN 3000 über. Die Verbindung zur Verteilrohrleitung im Maschinen haus wurde mit einer 90 m langen Stahl Druckrohrleitung DN 2600 geschlossen, die teilweise in der De ckelstrecke einbetoniert bzw. mit PE HD Außenumhüllung erdverlegt

wurde. Der Stollen ist in Summe 820 m lang und weist eine Neigung von 8 Prozent auf. Die Panzerung und Stahldruckrohrleitung DN 3000/2600 wurde vom italienischen Bran chenspezialisten Idroweld gefertigt, der seit sei ner Gründung im Jahr 2005 auf große Stahl komponenten für Wasserkraftwerke spezialisiert ist. Aufgrund der räumlich beengten Bedingun gen kamen die Montagespezialisten dabei an ihre Grenzen. Das piemontesische Unterneh men lieferte zudem auch die Verteilrohrleitung DN2600 mit den vier Abgängen DN1200 bzw. DN1400. Aufgrund ihrer Größe wurde die Verteilrohrleitung zuerst im Idroweld Werk in Masera vormontiert und nach einer hochexak ten Vermessung wieder demontiert, um es auf diese Weise transportieren zu können.

18 Oktober 2022 ProjekteHYDRO
Der Asynchrongenerator der Wasserkraftschnecke mit einer Leistung von 200 kW wird mit einem Frequenzumrichter betrieben. Die Wasserkraftschnecke von Spaans-Babcock an der Wasserfassung kann bis zu 5 m3/s abarbeiten. Dabei bringt sie im Jahr im Schnitt rund 700.000 kWh. Foto: zek Foto: ÖBA

DREI MASCHINENSÄTZEN IM ZUSAMMENSPIEL

„Wir haben in der Folge auch die Niederwas serperiode 2021/22 baulich sehr gut nützen können. Die beiden Stauklappen wurden ein gehoben und montiert, zudem wurden die Arbeiten am Entsanderbauwerk und dem Do tationskraftwerk – abgesehen von einigen Restarbeiten – erfolgreich abgeschlossen“, sagt der Projektinitiator und Mitbetreiber. Zuvor waren bereits die elektromechanischen Groß komponenten, wie Turbinen, Generatoren und der 110 kV Transformator, angeliefert worden. Diese wurde nun ebenfalls sukzessive montiert, verkabelt und in Betrieb gesetzt. Das Herz des neuen Kraftwerks besteht dabei aus drei Maschinensätzen, die vom Tiroler Wasserkraft Traditionsunternehmen Geppert geliefert wurden. Das Maschinenensemble besteht aus insgesamt drei Francis Spiraltur binen – bei einer Fallhöhe von 77 m die idea le Turbinenvariante, wie der technische Leiter der Firma Geppert, Ing. Thomas Marthe, betont: „Bei diesen Bedingungen eignet sich natürlich die Francis Turbine mit ihren ho hen Spitzenwirkungsgraden optimal. Der Nachteil, dass sie im Teillastbereich nicht mehr so effizient ist, wird in diesem Fall da durch kompensiert, dass das Triebwasser ja

auf mehrere Maschinensätze aufgeteilt wird.“ Von den drei Turbinen sind die beiden größ eren auf einen Nenndurchfluss von je 9 m3/s ausgelegt, die kleinere „Winterturbine“ weist im Vergleich dazu ein Schluckvermögen von 5 m3/s auf. Die installierte Nennleistung der beiden großen liegt bei jeweils 6 MW, wäh rend die kleine Francis Turbine auf 3,5 MW kommt. Die Ausbauwassermenge der Anlage ist mit max. 22 m³/s und einer Leistung von max. 15 MW bewilligt. Neben den drei ins tallierten Turbinen ließ man auch Platz für eine vierte, die vielleicht in der Zukunft ein mal dazukommen könnte. Für die Materialtransporte und die Montagen im Maschinen haus wurde ein 70 t Portalkran der Firma Konecranes eingebaut.

OPTIMIERUNGEN FÜR BESTEN WIRKUNGSGRAD

Bedingt durch den Gletscherschliff, den die Ötztaler Ache mit sich führt, war es für die Turbinenbauer aus Hall geboten, die wasser führenden Teile der Maschinen entsprechend zu schützen. Daher wurden auch Leitschau feln, Laufschaufeln, Deckel und Spaltringe mit dem inzwischen vielfach bewährten Wolfram carbid beschichtet. „Außerdem haben wir die Leitschaufeln der Francis Turbinen mit auto

matischen Rückstelleinrichtungen ausgeführt“, erklärt Thomas Marthe. „Das heißt: Es sind keine Bruchbolzen installiert. Falls sich ein Ge schwemmselteil in den Leitschaufeln ver klemmt, wird automatisch eine Auslenkung der Leitschaufeln und danach wieder eine Rückstellung in die ursprüngliche Position ein geleitet.“

Im Hinblick auf den Gesamtwirkungsgrad der Anlage legten die Konstrukteure aus dem Hau se Geppert auch besonderes Augenmerk auf die Verteilrohrleitung mit ihren vier Abgängen. „Wir haben mit den Betreibern vereinbart, dass wir 4 verschiedene Varianten berechnen, dabei die Verlustwerte eruieren und die hy draulisch beste Variante mittels CFD Rech nungen optimieren. Auf dieser Grundlage wurde eine Verteilrohrleitung konstruiert, die einen maximalen Wirkungsgrad im Regelbe trieb sicherstellt“, so der technische Leiter im Hause Geppert. Darüber hinaus zeichneten die Haller Wasserkraftspezialisten auch für die Turbinenabsperrklappen DN1200 bzw. DN1400 verantwortlich. Diese wurden mit strömungsoptimierten Doppeldecker Klappen ausgeführt.

Neben den drei Turbinen, der Verteilrohrlei tung und den Absperrklappen war die Firma

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Grafik: flussplan e.U. 3D Modell der Wasserfassung an der Ötztaler Ache in Tumpen. Die Schweißarbeiten für die Stahldruckrohrleitung sowie die Fertigung und Montage des Verteilrohrs übernahm die Firma Idroweld aus dem Piemont.

Geppert auch mit diversen Hilfs und Neben aggregaten sowie mit der Lieferung der Genera toren betraut. Die direkt gekoppelten Syn chrongeneratoren aus dem Hause Voith, vormals Elin, sind allesamt wassergekühlte Ma schinen mit Gleitlager. Während die Scheinleis tung der großen Generatoren mit 8 MVA ge wählt wurde, liegt sie bei der „Wintermaschine“ bei 4,5 MVA. Beim kleinen Generator wurde für die Beheizung der Maschinenhalle im Win ter an den Kühlkreislauf ein Wärmetauscher anschlossen und auf das Generatorgehäuse auf gebaut. Die 3 Generatoren mit einer Spannung von 10 kV speisen auf die 10 kV Sammelschie ne der luftisolierten Mittelspannungsanlage. Von der Sammelschiene wird auch der 10/0,4

kV EB Trafo gespeist. Die erzeugte Energie wird über den 10/110 kV Hochspannungstrafo mit 25/31,5 MVA und der 110 kV SF6 Schalt anlage der TINETZ (im UW Habichen) in die 110 kV Freileitung eingespeist.

STEUERUNG & E-TECHNIK

Der Elektrotechnikspezialist Schubert Elekt roanlagen wurde mit der Umsetzung der Ma schinensteuerung, Leittechnik, Sekundärtech nik und der 10kV Schaltanlage zur Anbindung an den Hochspannungstrafo (110kV Um spanner), sowie der gesamten Schutztechnik betraut. Die Steuerung der Anlage stellt sicher, dass der ausgeprägt schwankende Abfluss der Ötztaler Ache optimal genutzt wird. Im Zuge

des Probebetriebs wurde das Verhalten der Anlage in Bezug auf die vergleichsweise hohe Geschiebeführung der Ache bestmöglich ge staltet. Die Automatik stellt jetzt ein optimales Zusammenspiel von Stromproduktion und Restwassernutzung sicher. Die ideale Vertei lung des vorhandenen Restwassers zum Betreiben der Restwasserschnecke, zur Versor gung der Fischaufstiegshilfe sowie zur Entkiesung, Entsandung und Geschwemmselabfuhr sind sicher eine Besonderheit und ein wesentlicher Schlüssel zur Wirtschaftlichkeit dieser Anlage. Das Team von Schubert sorgte für eine mustergültige Realisierung von E Technik, Automatisierung und Steuerung der gesamten Anlage.

20 Oktober 2022 ProjekteHYDRO
Blick in den Einlaufbereich: Vor den sechs Entsanderkammern sorgt eine horizontale Rechen reinigungsmaschine der Firma GMT für einen ungestörten Wassereinzug am Rechen. Foto: zek Drei moderne, leistungsstarke FrancisSpiralturbinen aus dem Hause Geppert wurden im Maschinenhaus installiert.

Schubert wurde seitens des Turbinenlieferan ten Geppert mit der Ausführung der elektroni schen Turbinenregler aller drei Maschinen be auftragt, welche in das Gesamtsteuerungs und Leittechnikkonzept der Anlage implementiert wurde. Somit zeichnet Schubert für die Umset zung der gesamten E Technik von der Erdung bis zur Energieeinspeisung verantwortlich. Die Haustechnik in den Betriebsgebäuden der Wasserfassung und im Maschinenhaus wurde von der Firma Elektro Optimal aus Längenfeld als Subunternehmer der Firma Schubert ausge führt.

MEHRWERT VOR DER EIGENEN HAUSTÜR

In Summe hat die Betreibergesellschaft rund 52 Millionen Euro in das neue Kraftwerk im Ötztal investiert. Mehrkosten gegenüber dem Kostenvoranschlag waren in erster Linie durch

die zuletzt sprunghaft gestiegenen Beschaf fungskosten entstanden. Es ist das erste Kraft werk, an dem auch zwei Standortgemeinden im Tal maßgeblich beteiligt sind. Entsprechend erfreut zeigte sich der Umhausener Bürger meister Jakob Wolf und erklärte in seinem Sta tement im Rahmen der Eröffnung: „Neben der Stärkung der eigenen Energieunabhängigkeit leistet dieses Kraftwerk auch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Immerhin können dadurch täglich 360 Tonnen Braunkohle kom pensiert werden.“ Und sein Amtskollege aus Oetz Hansjörg Falkner ergänzt: „Der Mehr wert durch ein eigenes Kraftwerk vor der Haustür ist unverkennbar.“

Durch entsprechende Planungen konnten ne gative ökologischen Auswirkungen sowohl im Bau als auch im Betrieb minimiert werden. Dazu gehört etwa die Erhaltung des Habitats

des bereits seltenen Apollofalters und der Mau ereidechse. Darüber hinaus garantiert die neue Fischaufstiegshilfe auch eine sichere Passage der Bewohner der Ötztaler Ache vom Unter wasser ins Oberwasser. Auch die ursprüngliche Befürchtung von Kajak Sportlern hinsichtlich negativer Auswirkungen auf das Gewässer im Anschluss an den Auslaufkanal konnten wider legt werden. Zudem wurde auch anhand eines physikalischen Modellversuchs bestätigt, dass das neue Kraftwerk die Hochwassersicherheit am Standort nicht verschlechtert. Im Fall der Fälle können beide Stauklappen zur Gänze umgelegt werden, um damit mindestens ein HQ300 abführen zu können. Durch die Soh leintiefung und das größere Sohlgefälle liegen die Hochwasserspiegel im Bereich der Wasser fassung und Rückstau niedriger als im Zustand vor Errichtung der Anlage.

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Foto: zek Foto: zek Foto: zek In der Entsandungsanlage ist der bewährte HSR-Sandabzug installiert. Der Aufstau mit den beiden Stauklappen ermöglicht keine Zwischenspeicherung. Erklärung der luftisolierten Mittelspannungsschaltanlage. Situierung der Maschinen in der Visualisierungsdarstellung von Schubert Elektro anlagen. Eine hochwertige Visualisierung dient der Übersicht und der Usability. Visualisierung der Wasserfassung mit den zwei Wehrfeldern, den sechs Entsander kammern und der Fischaufstiegshilfe von Schubert Elektroanlagen.

„KRAFTWERK ZUR RICHTIGEN ZEIT“

Bereits im Juni dieses Jahres konnte das Kraftwerk erstmalig grünen Strom ins Netz einspeisen. Es folgte noch ein mehrwöchi ger Probebetrieb für das übliche Feintun ing. Mit dem Tag der offenen Tür für die lokale Bevölkerung und der feierlichen Segnung durch die beiden Geistlichen der Standortgemeinden ging das neue Kraft werk Tumpen Habichen nun am 10. Sep tember offiziell in Betrieb. „Dieses Kraft werk kommt genau zur richtigen Zeit und wird einen wichtigen Beitrag für die Tiroler Grundversorgung leisten“, betonte Anton Mattle, zu diesem Zeitpunkt noch Tiroler Wirtschaftslandesrat, in seiner Festanspra che. „Das Gemeinschaftskraftwerk ist ein Musterbeispiel dafür, wie wir die Energie wende schaffen.“

Klaus Auer, der in seiner Rede den langen und steinige Weg bis zur Realisierung Re vue passieren ließ, zitierte dabei auch den französischen Schriftsteller Victor Hugo, dem das große Bonmot zugeschrieben wird: „Nichts ist so mächtig wie eine Idee,

Technische Daten

22 Oktober 2022 ProjekteHYDRO
▷ Aufnahme des aktuellen Anlagenzustandes ▷ Ausarbeitung eines Revitalisierungskonzeptes ▷ Wirkungsgradsteigerung ▷ Teil- oder Vollautomatisierung ▷ Revitalisierung unabhängig vom ursprünglichen Hersteller GEPPERT ALS REVITALISIERUNGSPARTNER Geppert Hydropower Geppert GmbH Geppertstrasse 6 | 6060 Hall in Tirol | Austria T +43 5223 57788 | www.geppert.at • Maschinensätze [Krafthaus]: 3 Stück • Turbinen: 3 Francis-Spiralturbinen • Ausrichtung: horizontalachsig • Fabrikat: Geppert • Maschine 1 & 2: • Ausbauwassermenge: je 9 m3/s • Drehzahl: 429 Upm • Laufrad-Durchmesser: 1160 mm • Nennleistung: je 6 MW • Druckstollen: Länge: 820 m • Durchmesser: 3,8 m • Stollenbau: BeMo Tunneling • Schweißarbeiten: Idroweld • Entsanderanlage: 6 Kammern • Stahlwasserbau: GMT • E-Technik: SCHUBERT • Planung: Bernard, IBL, flussplan e.U. • Bauabwicklung: 5e Engineering • Ausbauwassermenge: 22 m3/s • Netto-Fallhöhe: 76 m • Kraftwerkstyp: Hochdruck-Kraftwerk • Regelarbeitsvermögen: 64 GWh • Generator 1 & 2 : Synchron • Fabrikat: Voith ELIN • Generatorleistung: je 8,0 MVA • Maschine 3: • Ausbauwassermenge: 4,29 m3/s • Drehzahl: 600 Upm • Laufrad-Durchmesser: 850 mm • Nennleistung: 3,5 MW • Generatorleistung: 4,5 MVA • Dotier-Kraftwerk: WK-Schnecke • Fabrikat: Spaans-Babcock • Ausbauwassermenge: 5 m3/s • Fallhöhe max.: 3.2 m • Maximalleistung el.: 124 kW • Generator: Ansynchron 200 kVA • Drehzahl: 22 Upm • Regelarbeitsvermögen: 700.000 kWh • Bau: ARGE Fröschl & AuerBau
Foto: E.Scheiber/AuerBau Die neue Wasserfassung mit der zweifeldrigen Wehranlage an der Ötztaler Ache aus der Drohnen-Perspektive.

deren Zeit gekommen ist.“ Für das Kraftwerk an der Ötztaler Ache war wohl tatsächlich die Zeit reif. Vor allem, wenn man sich die Zah len und Vergleiche vergegenwärtigt, die der Tiroler Bauunternehmer in seiner Ansprache präsentierte: Der Stromertrag von 64 GWh

im Regeljahr entspricht in etwa einem Ener gieäquivalent von 21 Millionen Liter Diesel oder 21 Millionen m3 Erdgas. Der erzeugte Strom reichte aus, dass 40.000 Pkw jährlich 40.000 km emissionsfrei zurücklegen kön nen. Und wollte man diese Strommenge mit

Bei einer Ausbauwassermenge von insgesamt 22 m3/s sind die drei FrancisSpiralturbinen aus dem Hause Geppert auf eine Konzessionsleistung von 15 MW ausgelegt. Der vierte (blinde) Abgang aus dem Verteilrohr lässt erahnen, dass mög licherweise in Zukunft noch ein weiterer Maschinensatz installiert werden könnte.

PV Modulen erzeugen, bräuchte es dafür die Dachflächen von 20.000 Einfamilienhäusern.

Vor diesem Zahlenhintergrund kann das neue Kraftwerk Tumpen Habichen als unmissver ständliches Bekenntnis für eine saubere Ener giezukunft in Tirol gesehen werden.

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Foto: Geppert

GLOBAL HYDRO EBNET NÄCHSTEN EVOLUTIONSSCHRITT FÜR DIE PELTONTURBINE

Unter der Kurzbezeichnung „EVO“ hat der oberösterreichische Wasserkraftallrounder Global Hydro Energy GmbH in den letzten zweieinhalb Jah ren die gängigsten Turbinentypen Fran cis, Kaplan und Pelton auf die nächste Entwicklungsstufe gehoben. „EVO“ steht für Evolution, für die Weiterent wicklung dieser Maschinen im Hin blick auf Umweltfreundlichkeit, Wirt schaftlichkeit, Wartungsfreundlichkeit – ja sogar im Hinblick auf eine Erweiterung des Einsatzbereichs. Im Falle der Peltonturbine lag der Fokus vor al lem auf einer möglichst kompakten Bauform. Schließlich erlaubt eine kom paktere Turbine auch Einsparungen in der Baukubatur. Dies ohne nennens werte Wirkungsgradeinbußen zu er möglichen, ist der Clou der neuen EVO-Pelton Reihe von Global Hydro. Die erste Maschine ist bereits erfolg reich im Einsatz.

Wer kennt es nicht: das so häufig zi tierte Vorurteil in der Wasserkraft, wonach die technische Entwicklung der elektromechanischen Maschinen zur Gänze ausgereizt sei? Dass dies keineswegs in Stein gemeißelte Wahrheit ist, dessen ist man sich beim oberösterreichischen Branchenspe zialisten Global Hydro bewusst. „Wir haben uns im Rahmen unseres Forschungs- und Entwicklungsteams vor gut zweieinhalb Jah ren die Frage gestellt: Wo und inwieweit kön nen wir die gängigen Turbinentypen noch etwas verbessern? Wir waren überzeugt, dass noch etwas möglich ist“, erzählt Thomas Eder, Leiter der Abteilung „Production and Product Development“ bei Global Hydro. In die Überlegungen des HydroLab-Teams, wie die hausinterne Entwicklungsabteilung ge nannt wird, flossen dabei unterschiedliche Aspekte mit ein, wie Umwelt- und Wartungs freundlichkeit, Kompaktheit und Effizienz. Aber auch ganz konkrete Fragestellungen, wie etwa, ob man Turbinen auf der Baustelle noch besser adjustierbar machen könne. Gemein sam mit Universitäten und anderen For schungseinrichtungen fanden die Ingenieure von Global Hydro in der Folge einige vielver sprechende Antworten.

TURBINENBAUER MIT GRÖSSTER STELLSCHRAUBE

„Ein wichtiger Aspekt unseres Grundverständ nisses ist, dass wir nicht nur Maschinen bauen. Vielmehr verstehen wir uns als Anlagenbauer. Und demgemäß betrachten wir ein Projekt in seiner Gesamtheit. Daher stellen wir uns schon bei der Planung die Frage: Wie kann ich das Kraftwerk möglichst nachhaltig realisie ren? Wie können die Auswirkungen auf die Umwelt minimiert werden? Und – wie kann ich die Kosten für den Investor überschaubar halten? Als Turbinenlieferant bauen wir das Herz der Anlage – und haben damit die größte Stellschraube in der Hand“, erklärt Thomas Eder anschaulich. Er verweist darauf, dass ein Water-to-Wire-Anbieter wie Global Hydro damit auch anders vorgehe als ein auf den Tur binenbau beschränktes Unternehmen. In die

sem Zusammenhang ergänzt der Geschäfts führer von Global Hydro, Dr. Richard Frizberg: „Wir sehen uns als langfristigen Part ner des Kunden, der die Anlage auch über den gesamten Lebenszyklus begleiten kann und möchte. Diese ganzheitliche Perspektive des Wasserkraftanlagenbaus ist das Fundament für die Entwicklung der neuen EVO-Baureihe.“

NEUES DESIGN BRINGT KOMPAKTHEIT

Erst vor einigen Jahren wurde das HydroLab bei Global Hydro neu geformt. Teams aus un terschiedlichen Abteilungen arbeiten hier ge meinsam mit Forschungseinrichtungen zu sammen. Diese interdisziplinäre Ausrichtung zeitigte nun auch bei der Entwicklung der neuen EVO Peltonturbine Früchte. Im Grun de haben die Ingenieure des Mühlviertler

24 Oktober 2022 TechnikHYDRO
Foto: zek Grafik: Global Hydro Mit der neuen EVO-Pelton ist Global Hydro eine bemerkenswerte Weiterentwicklung der Peltonturbine gelungen. Vor allem die kompaktere Bauform bringt wirtschaftliche Vorteile beim Anlagenbau. Nennenswerte Wirkungsgradeinbußen zeigt die Maschine dabei nicht.

Wasserkraftspezialisten die alte Technik neu gedacht und setzten für eine möglichst kom pakte Bauform auf ein Ringkammer-Design. Dieses erlaubt nun, das Krafthaus deutlich kleiner zu bauen. Nennenswerte Wirkungs gradeinbußen sind damit nicht verbunden, wie eingehende CFD-Studien belegen. Die baulichen Einsparungen dagegen können mit unter erheblich sein.

Thomas Eder: „Bei der Peltonturbine ging es uns im Grunde vor allem um die Wirtschaft lichkeit des Gesamtprojekts. Die Laufradgeo metrien für diesen Turbinentyp sind etabliert und sehr gut. Mehrertrag ist hier jedoch kaum noch zu holen.“

OPTIMALE ANPASSUNG DES STRAHLKREISES

Dennoch konzentrierten sich die Ingenieure bei der Entwicklung der EVO-Pelton noch auf einen anderen Punkt: ein völlig neues, am

Markt einzigartiges Injektor-Ausrichtungssys tem. „Für den Einbau einer Peltonturbine an ihrem Bestimmungsort sind in der Regel ge wisse Toleranzen vorgesehen, was den umge benden Beton oder auch das Turbinengehäuse anbelangt. Mechanische Nachbesserungen oder spezielle Adapterplatten sind bislang üb lich, stellen aber zumeist eine suboptimale Lö sung dar“, erläutert Thomas Eder die Prob lemstellung. „Wir haben nun eine Mechanik entwickelt, wodurch der Strahlkreis sich – ab gesehen von der Strahlachse in Längsrichtung – in alle Richtungen optimal an die tatsächli chen Gegebenheiten anpassen lässt. Somit er gibt sich eine perfekte Ausrichtung der Düsen auf das Laufrad.“ Global Hydro bietet diese variable Strahlkreisverstellung sowohl bei Ty pen mit innenliegenden als auch jenen mit außenliegenden Düsennadelverstellungen an. Der Strahlkreis lässt sich somit effektiv in nur

Die neue EVO-Pelton verfügt über ein weltweit einzigartiges InjektorAusrichtungssystem, das eine einfa che und schnelle Anpassung direkt an der Baustelle ermöglicht.

wenigen Minuten anpassen. „Theoretisch liegt der Verstellbereich in einem Bereich von +/- 20 Prozent, praktisch genutzt wird in der Regel eine deutlich kleinere Verstell-Range von +/- 10 Prozent. Irgendwann wird das Ge häuse zu klein bzw. der Rohrdurchmesser zu gering. Bei der außenliegenden Verstellung kommen wir auf maximal +/- 5 Prozent“, er klärt der Fachmann. Für den Turbinenbauer schafft dies zudem den willkommenen Ne beneffekt, dass man etwas modularer fertigen kann – was Düsen und Gehäuse betrifft. Bei der Entwicklung der EVO-Peltonturbine leg ten die Ingenieure auch großen Wert auf War tungsfreundlichkeit: Im Falle eines Defekts oder von Verschleiß sind die Injektoren sehr einfach zu tauschen. Man muss nicht die kom plette Turbine zerlegen. Damit wurde die Ma schine auch markant wartungsfreundlicher. Generell ist anzumerken, dass sämtliche Stamm komponenten der Turbinen nach Möglichkeit am Standort Niederranna gefertigt werden.

UMWELTFREUNDLICH UND WIDERSTANDSFÄHIG

Was alle drei Turbinen der neuen EVO-Reihe auszeichnet: ihre Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit. So lassen sie sich ganz einfach auf ölfreien Betrieb umrüsten. Das betrifft vor alllem den Strahlablenker und die Düsenver stellung. Die Nachfrage aus dem Markt steigt. Daher bietet Global Hydro diesen Umbau auf Ölfrei mittlerweile auch für seine anderen Tur binenmodelle an. Zudem beschäftigen sich die Ingenieure im HydroLab auch sehr stark mit dem Thema Widerstandsfähigkeit. Gerade Peltonlaufräder, die in Kontakt mit stark abrasiven Feinstoffen im Triebwasser kommen, neigen – speziell un ter hohen Druckbedingungen – in der Regel zu einem sehr schnellen Verschleiß. „Aus die sem Grund suchen wir nach alternativen An

Die Maschinentypen der neuen EVO-Tur binenreihe lassen sich ganz einfach auf ölfrei umrüsten – und zollen damit dem Nachhaltigkeitsgedanken Rechnung.

HYDROTechnik Oktober 2022 25
Foto:
BRAUN Foto: Global Hydro Grafik: Global Hydro Im
Global Hydro Werk im oberösterreichischen Niederranna wurden bereits die ersten praxistauglichen EVO-Peltonturbinen gefertigt.

ti-Verschleißbeschichtungen, ohne gravieren de Wirkungsgradverluste in Kauf zu nehmen. Diese sind nämlich schon durch die Vorberei tung für herkömmliche HVOF-Beschichtun gen vorprogrammiert, da selbige zugunsten der Haltbarkeit der Beschichtung ein Abrun den der Peltonbecherscheide erforderlich ma chen. Darum sind wir auf der Suche nach funktionellen Alternativen. Unsere neuen Be schichtungen weisen in den ersten Praxistests um bis zu 50 Prozent höhere Standzeiten als herkömmliche Wolfram-Carbid-Beschich tungen auf. Bereits im nächsten Jahr wollen wir damit schon auf den Markt“, sagt Tho mas Eder.

ERSTES REFERENZPROJEKT IN NEPAL

Bereits am Markt verfügbar und im Einsatz ist die neue EVO-Peltonturbine. Im nagelneuen Referenzprojekt Chepe Khola im Himalaya

Staat Nepal wurden zwei vertikalachsige, fünf düsige EVO-Peltonturbinen installiert, die bei einem Ausbaudurchfluss von je 2,5 m3/s und einer Fallhöhe von 230 m gesamt 10 MW Leis tung bringen. Dabei sind die Betriebserfahrun gen aus den ersten Betriebsmonaten ausge zeichnet, wie Thomas Eder betont. Dank des CFD-optimierten Turbinengehäuses konnten keinerlei nennenswerte Wirkungsgradeinbußen im Vergleich zu einer herkömmlichen Tur bine am Markt festgestellt werden. Dafür aber punkten die Maschinen mit ihrer kompakten Bauform, die maßgeblich dazu beitrug, Bau kosten am Maschinenhaus einzusparen. „Unsere Philosophie ist, dass wir eine vor montierte und vorab auf Herz und Nieren getestete Anlage ausliefern. Dank der kom pakten Bauform der neuen EVO-Peltonturbi nen sind wir heute in der Lage, auch Turbinen mit Leistungen über 10 MW komplett – das

heißt inklusive Aktoren, Hydraulik, Sensorik und Kabel – vorzumontieren. Bevor eine Glo bal Hydro Turbine an ihren Bestimmungsort kommt, sind bereits alle Voreinstellungen und Drucktests durchgeführt. Auf diese Weise er reichen wir neben der bewährten Qualität und Liefertreue auch extrem kurze Montageund Inbetriebnahmezeiten“, führt Geschäfts führer Richard Frizberg weiter aus.

PERSPEKTIVEN FÜR DIE WIRTSCHAFTLICHKEIT

Mit der neuen EVO-Pelton ist es Global Hy dro gelungen, eine alte Technologie neu zu denken und ihr einen echten Evolutionsschritt zu ermöglichen. Damit stellt das oberöster reichische Wasserkraftunternehmen einmal mehr seine Innovationskraft unter Beweis und unterstreicht die Reputation des Impulsgebers und Innovationsmotors. Mit dem neuen An satz der EVO-Reihe kann die Wirtschaftlich keit von Wasserkraftanlagen weiter gesteigert und gleichzeitig den Forderungen nach Um weltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit nach gekommen werden. Generell bringt die neue EVO-Reihe das Potenzial mit, die technische Antwort für kommende Herausforderungen der Wasserkraft zu liefern.

EVO-Pelton

mit

26 Oktober 2022 TechnikHYDRO
• Kompaktheit der Turbineneinheit • Geringere Baukosten • Umweltfreundlich – keine Ölschmierung • Wartungsfreundlich – gute Zugänglichkeit • Variable Strahlkreisverstellung • Verstellbereich: + / - 20 Prozent • Einfache Anpassung auf der Baustelle
Evolutionsschritt
vielen Benefits Die beiden Maschinensätze sind auf 10 MW Engpassleistung ausgelegt. Im Kraftwerk Chepe Kola in Nepal wurden die ers ten marktreifen EVO-Peltonturbinen installiert.
Einheben des Turbinengehäuses
Das neue Kraftwerk Chepe Kola wurde auch mit einem modernen Steuerungs- und Leittechniksystem aus dem Hause Global Hydro ausgerüstet. Die bisherigen Analysedaten belegen die Funktionalität der neuen EVO-Peltonturbinen eindrücklich.
Fotos:
Global Hydro Foto: Global Hydro

NEUES KLEINKRAFTWERK IM ENGADIN EXAKT AUF ZIELKURS

Seit Sommer letzten Jahres laufen die Arbeiten am Kraftwerk Sarsura in der Unterengadiner Nationalparkgemeinde Zernez auf Hochtouren. Unter der Ägide des bekannten Bündner Planungsbüros Hydro-Solar Water Engineering AG, das dabei nicht nur als Generalplaner sondern gleich als Totalunternehmer auftritt, wird das Ökostromprojekt gerade schrittweise re alisiert. Das Kraftwerk, das gemäß KEV-Richtlinien bis Juni nächsten Jahres am Netz sein muss, stellt für die Gemeinde Zernez einen wichtigen Baustein in ihrer Energiestrategie dar. Im Regeljahr wird die Anlage etwa 7,8 GWh grünen Strom erzeugen, genug um 1.500 Engadiner Haushalte damit zu versorgen. Die Verantwortlichen hoffen noch vor Wintereinbruch auf den ersten Strom aus dem neuen Kraftwerk Sarsura.

Die Planung für die hydroelektrische Nutzung des Wassers aus der Ova da Sarsura in der Gemeinde Zernez reichen mittlerweile knapp ein Jahrzehnt zurück. Bereits 2013 wurde mit einem technischen Vorprojekt begonnen und diverse hydrologische wie öko logische Untersuchungen angestellt. Es sollte ein Kraftwerk werden, das zur Gänze von der Nationalparkgemeinde Zernez zur Erreichung

der Ziele im Rahmen des Forschungsprojektes Energia 2020, das ihre fossile Unabhängigkeit ermöglichen soll, realisiert wird. Doch der ur sprüngliche Plan sollte nicht ganz halten. „Nachdem das Projekt im September 2014 zur Projektgenehmigung eingereicht wurde, sah man sich mit einigen Einsprachen von Seite des Natur- und Umweltschut zes konfrontiert. Im Laufe der folgenden Jahre wurden diese zwischen allen Parteien ausdiskutiert und konnten letztlich erfolgreich ausge räumt werden. Ende 2016 erhielt das Projekt die behördliche Geneh migung des Kantons Graubünden“, erzählt DI Markus Hintermann, der selbst in der Nachbargemeinde Susch ansässig ist – und daher nicht nur die Wasserkraftmaterie an sich, sondern auch das spezifische Umfeld des Projekts bestens kennt. Was zu diesem Zeitpunkt noch offengeblieben war: Die Zusicherung für das KEV, also die Förderung durch die „Kostendeckende Einspeisevergütung“, die – zum damali gen Zeitpunkt – eine wirtschaftliche Darstellung des Projekts sicher stellte. In der langen Warteliste für das KEV befand sich das bewillig te Projekt als „Springeranlage“ in den vorderen Rängen.

AKTIENGESELLSCHAFT ÜBERNIMMT DAS PROJEKT

In der Zwischenzeit hatte sich seit den ersten Planungsentwürfen aus 2013 die wirtschaftliche Situation der Gemeinde verändert – bedauerli cherweise zum Schlechteren, sodass man nach alternativen Finanzie

HYDROProjekte Oktober 2022 27
Foto: BRAUN
Foto: zek
Die
neue
Wasserfassung für das Kraftwerk Sarsura in Zernez ist mit einem leistungsfähigen Coanda-System des Südtiroler Branchenspezialisten Wild
Metal ausgestattet. Hier wird das Triebwasser bis maximal 900 l/s von Sedimenten gereinigt und in den 2 km langen Kraftabstieg eingezogen.

rungsoptionen Ausschau hielt. Hintermann:

„Entgegen den ursprünglichen Plänen wurde die Idee aufgeworfen, das Projekt über die Ou

zession umzuwandeln. Außerdem fehlte noch die offizielle Zustimmung der Gemeindever sammlung, die schließlich Ende November

rolle auf der Kostenseite als auch was die Ter minkoordination anbelangte, konnten damit durch kurze Entscheidungswege erhebliche Vorteile generiert werden. Nachdem im Mai letzten Jahres, nur 6 Monate nach der Zustim mung der Gemeindeversammlung, die Bestel lung der Bauarbeiten und wesentlichsten Hauptkomponenten rausgegangen waren, konnten die Bauarbeiten beginnen. Allerdings sollte das Projekt nicht nur auf den Kraftwerksbau beschränkt bleiben. Der Ge meinde war es ein zentrales Anliegen, die möglichen Synergieoptionen dabei zu nutzen. „Aus diesem Grund hat sie uns auch noch die Sanierung der Hauptwasserleitung übertra gen, sowie in weiterer Folge auch die Erneue rung der Quellfassung im Bereich der neuen Wasserfassung“, erklärt Hintermann. Konkret wurde der obere Bereich der Trinkwasserlei tung komplett erneuert und an den vor rund 25 Jahren erneuerten Teil der Leitung ange schlossen. Dass die Hauptwasserversorgung der Gemeinde dabei stets gesichert bleiben musste, zählte zu den zentralen Herausforde rungen des Projekts.

VOLL IM ZEITPLAN

Die Umsetzung des Kraftwerksprojekts folgt im Wesentlichen den ursprünglichen Plänen, die bereits 2013/14 entwickelt worden waren. Grundsätzlich handelt es sich beim neuen Kraftwerk Sarsura um ein Ausleitungskraft werk mit einer modernen Wasserfassung auf rund 1.800 m Seehöhe. Das Triebwasser wird über eine rund 2 km lange Druckrohrleitung zur circa 330 m tiefer gelegenen Maschinen zentrale geführt, wo es in einer 4-düsigen, vertikalachsigen Peltonturbine abgearbeitet wird. Mit Ende September 2022 waren be reits alle wesentlichen Komponenten des Kraftwerks errichtet. Sobald die Verkabelung abgeschlossen und die elektrischen Anlagen installiert sind, kann demnach bereits mit der

ProjekteHYDRO
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Über eine Länge von rund 1.000 m wurden längskraftschlüssige Gussrohre DN600 von Electrosteel im unteren, deutlich steileren Trassenabschnitt
verlegt.

Inbetriebsetzung begonnen werden. Wenn al les klappt – schon in wenigen Wochen.

GESCHÜTZT VOR LAWINEN

Bereits im Vorjahr war es der beauftragten Bau firma, einem Unternehmen aus der Region, gelungen, die Wasserfassung innert rund drei Monaten zu errichten. Noch bevor der Winter hier im Bereich der Alp Sarsura Dadoura auf 1.800 m hereingebrochen war, konnten die wichtigsten Arbeiten abgeschlossen werden. Somit ist im Wesentlichen hier alles bereit für den Kraftwerksbetrieb. Was beim Anblick der Wasserfassung vor allem ins Auge sticht, ist ihre massive Ausführung. Das hat gute Grün de, wie Markus Hintermann betont: „Die Wasserfassung liegt in einem Bereich, in dem von drei Seiten Lawinen runterkommen. Nicht selten findet man hier Lawinenkegel mit 5 bis 6 m Dicke. Führen die Lawinen dabei auch schwere Frachten, wie etwa Baumstämme, mit sich, stellen sie zusammen mit dem enormen Staudruck eine veritable Gefahr für das Bau

werk dar. Daher die massive Ausführung und relativ flache unterirdische Bauten.“ Und da her hat man sich auch entschieden, die ansons ten üblicherweise getrennten Bauwerke für das Triebwasser-Kopfbecken und den Quellsam melschacht übereinander – also doppelstöckig – zu errichten. Sie wurden als schmale und re lative flache Bauten ausgeführt. Im Kopfbe cken ist auch die obligatorische Rohrbruchsi cherung untergebracht.

GRIZZLY GEHT IN DEN WINTERSCHLAF

Im Regelbetrieb wird das Wasser an der Fas sung über ein Coanda-System eingezogen, das vom Südtiroler Stahlwasserbauprofi Wild Metal geliefert und installiert wurde. Konkret wurden dafür 6 Module des Grizzly Power Systems vom Typ Protec Vibro Bars 2500 ins talliert. Dabei handelt es sich um ein hoch funktionelles System, bestehend aus einem Schutzrechen mit darunterliegendem Feinre chen, der die geringst mögliche Spaltbreite von 0.4 mm aufweist. Dieses Coanda-System wur

de vom Südtiroler Stahlwasserbauspezialisten Wild Metal, der den gesamten Stahlwasserbau für das Projekt liefert, speziell für die diffizilen Bedingungen an hochalpinen Wasserfassungen entwickelt. Die Protektorstäbe des Grobre chens sind dabei so gelagert, dass sich Geschie be und Geschwemmsel kaum verklemmen können und somit nur ein minimaler War tungsaufwand am Wassereinzug entsteht. Das Sieb des patentierten Coanda-Rechens ist per se größtenteils selbstreinigend. Am insgesamt rund 6,9 m breiten Rechenfeld können gemäß Wasserkonzession bis zu 900 l/s eingezogen werden. Allerdings ist der Grizzly aller Voraus sicht nicht ganzjährig im Einsatz, wie Planer Markus Hintermann einräumt: „Wir erwarten im Bereich der Wasserfassung in den Winter monaten sehr tiefe Temperaturen. Es ist da von auszugehen, dass wir in dieser Zeit bes tenfalls Wasser unter der Eisdecke mittels der seitlich im linken Wehrpfeiler installierten Winterentnahme einziehen können – da geht der Grizzly dann in den Winterschlaf.“

HYDROProjekte Oktober 2022 29
Foto: zek Foto: zek Kraftwerksbaustelle im Bereich der Wasserfassung im September 2022 kurz vor Fertigstellung der Umgebungsarbeiten. Verlegung der GFK-Rohre DN700 im obe ren Streckenabschnitt als Linienbaustelle Die Wasserfassung wurde sehr massiv ausgeführt. Hauptgrund dafür ist die Lawinenhäufigkeit in diesem Bereich. Foto: zek

mit den ausführenden Professionisten im neuen Krafthaus. Foto: zek Foto: zek

HYBRIDLEITUNG DURCH STEINIGES GELÄNDE

Das an der Wasserfassung eingezogene Trieb wasser gelangt nach dem Coanda-Rechen und dem anschließender Entsanderbecken in die Druckrohrleitung, die sich bis zum Ma schinenhaus über eine Länge von rund 2 Ki lometern erstreckt. Sie wurde annähernd zu gleichen Anteilen aus GFK Rohren DN700 und anschliessenden längskraftschlüssigen Gussrohren DN 600 aus dem Hause Elec tro-steel, beides geliefert durch APR, errich tet. Bauliche Herausforderungen sollten da bei die Vielzahl der großen, losen Steine und Felsbrocken im Untergrund sowie ein extrem steiler Abschnitt unmittelbar oberhalb der Maschinenzentrale mit sich bringen. „Der obere Teil der Leitung aus den GFK-Rohren konnte die Baufirma bereits im Herbst letz

ten Jahres verlegen – und dazu noch ein Stück der Gussleitung. Im Frühling dieses Jahres konnte sie dann fertiggestellt werden. Dass die Baufirma sehr sauber gearbeitet hat, zeigte sich schon bei den ersten Qualitätsprü fungen, die allesamt bestanden wurden“, freut sich der Totalunternehmer. Das Bet tungsmaterial für die Rohrverlegung konnte dabei direkt auf der Baustelle aufbereitet wer den – ein Pluspunkt in Hinblick auf Wirt schaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit. Im untersten Streckenabschnitt konnte das Team der Baufirma – der in Zernez ansässigen Baufirma Bagger Cello – ihr ganzes Können unter Beweis stellen. Um die Verlegung mög lichst effizient voranzutreiben, verzichtete man auf geländegängige Schreitbagger und setzte stattdessen auf herkömmliche leis

tungsstarke Bagger. Im Steilgelände nutzten diese dabei Stahlpalisaden, die üblicherweise für die Hangstabilisierung verwendet wer den, als provisorische Arbeitsbühne, von der aus sich die Maschine entlang der Künette nach unten arbeitete. „Als es dann so steil wurde, dass der Bagger zu kippen drohte, wurde eine kleine Seilbahn eingerichtet, mit der Rohre und Bettungsmaterial zum Rohr graben geliefert wurden. Kompliment der Baufirma, sie hat das sehr gut gemacht“, fin det Markus Hintermann lobende Worte, welche auch vom Lenkungsausschuss der OESS SA geteilt werden.

30 Oktober 2022 ProjekteHYDRO
Totalunternehmer
Markus Hintermann bespricht sich
Technische Daten • Anlagentyp: Hochdruck-Kraftwerk • Ausbauwassermenge: 900 l/s • Brutto-Fallhöhe: 330 m • Turbine: 4-düsige Peltonturbine • Fabrikat: Voith Hydro • Drehzahl: 1.000 Upm • Nennleistung: 2,2 MW • Generator: Synchron • Fabrikat: Hitzinger • Generatorleistung: 2,6 MVA • Kraftabstiegtotal: ca. 2 km GFK & Guss • DRL GFK: Länge: ca. 1.000 m DN700 • Rohrlieferant: APR Schweiz • DRL Guss: Länge: ca. 1.000 m DN600 • Fabrikat: Electrosteel • Stahlwasserbau: Wild Metal • Schützen: 4 Stk. & Rohrabgang DN700 • MSA- und Trafo-Montagen: eniva AG • Automation & E-Technik: Kobel • Totalunternehmung und Generalplanung: Hydro-Solar Water Engineering AG • Regelarbeitsvermögen: 7,8 GWh • Geplante Inbetriebnahme: Nov. 22 Das Turbinengehäuse mit den Zulaufrohren ist be reits installiert. Die 4-düsige Peltonturbine von Voith Hydro ist auf eine Leistung von 2,2 MW ausgelegt. Energie. Einfach nachhaltig. Eniwa AG · Industriestrasse 25 · CH-5033 Buchs AG T +41 62 835 00 10 · info@eniwa.ch · www.eniwa.ch Hydro_122x90mm.indd 1 28.09.22 16:23

MASCHINENGESPANN IST BEREIT

Erst nach Ostern dieses Jahres wurde mit dem Bau der neuen Maschinenzentrale begonnen. Abgesehen von einigen Restarbeiten ist diese baulich mittlerweile fertig. Und auch das neue Maschinengespann ist schon installiert. Es besteht aus einer 4-düsigen Peltonturbine vom österreichischen Kleinwasserkompetenz zentrum von Voith Hydro und einem leis tungsstarken Synchrongenerator des Linzer Traditionsherstellers Hitzinger, der auf 2,6 MVA ausgelegt ist. Der Generator ist mit ei ner Wasserkühlung ausgeführt. Die Turbine kommt bei einer Bruttofallhöhe von 329 m und einer Ausbauwassermenge auf eine Nennleistung von 2,2 MW, bei Überwasser phasen sogar auf rund 2,6 MW. Die Turbine ist mit außengeregelten elektrischen Düsen ausgeführt.

Zum Zeitpunkt Mitte September stehen nun die Verkabelungsarbeiten im Maschinenhaus

auf dem Programm, ehe das mit E-Technik und Steuerungstechnik betraute Unterneh men Kobel Elektrotechnik AG mit seinen Kernaufgaben beginnen kann. Parallel dazu erfolgt die Montage und der Ausbau der Mit telspannungsanlage sowie der Transformato ren, für die die Firma Eniwa AG zuständig ist.

ERSTER STROM IM NOVEMBER Eingespeist wird der erzeugte Strom in das ei gene Verteilnetz der Gemeinde Zernez, wobei der Netzanschluss noch ausständig ist. In Summe sollen es etwa 7,8 GWh sein, die das neue Kraftwerk am Ova da Sarsura im Durch schnittsjahr erzeugen wird. Es sorgt nicht nur dafür, dass die Bündner Gemeinde damit ei nen großen Teil ihres Eigenbedarfs abdecken kann. Darüber hinaus ist es ein wichtiger Be standteil des in der Schweiz einzigartigen Pro jekts „Zernez energia 2020“, im Rahmen des sen man 2014 beschlossen hat, die CO2-Bilanz

auf Null zu senken und einen mutigen Schritt zugunsten der Umwelt zu tun. Mit der Reali sierung des Kraftwerks Sarsura hat die Natio nalparkgemeinde Zernez dieses Ziel nun er reicht. Rund 7,2 Millionen CHF hat die Betreibergesellschaft in das Projekt investiert – und damit die Kostenschätzungen der ur sprünglichen Planungen deutlich unterschrit ten. Und auch wenn der im Einzugsgebiet liegende Sarsura-Gletscher – wie so viele ande re – in den letzten Jahren stark zurückgegan gen ist, verspricht das neue Kraftwerk einen wirtschaftlichen Betrieb. Für die Einheimi schen wie Markus Hintermann bleibt zu hof fen, dass es sich nicht um das letzte mögliche Kraftwerk im Engadin gehandelt hat, welches einen umweltfreundlichen Beitrag zur dro henden Stromlücke liefern wird. Wenn im Endspurt keine Probleme mehr auftreten, wird die neue Ökostromanlage bereits im No vember den ersten Strom liefern.

HYDROProjekte Oktober 2022 31
WildMetalGmbH HandwerkerzoneMareitNr.6 • I-39040Ratschings Tel.+390472759023 • info@wild-metal.com Auch die neue Quellfassung wurde erneuert. Das Überwasser aus der Quelle kann allerdings nicht ins Triebwassersystem übernommen werden. Es wird jedoch mit dem abgegebenen Dotationswasser gegengerechnet. Foto: zek
Foto: zek Auch das Krafthaus im Bereich Crastatscha Suot ist mit Stand September schon sehr weit gediehen. Aktuell laufen gerade die Verkabelungsarbeiten und Vorbereitungen für die Inbetriebnahme. Im November soll das neue Kraftwerk Sarsura ans Netz gehen.

WHISKYDESTILLERIE IN SCHOTTLAND ERHÄLT DANK ÖSTERREICHISCHEM KNOW-HOW NOCH MEHR ÖKOSTROM

Im schottischen Hochland hat die oberösterreichische GUGLER Water Turbi nes GmbH das Wasserkraftwerk Dean ston auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Anstelle von zwei ausgedien ten Francis-Turbinen produziert in der Whiskydestillerie Deanston, in der das Kleinkraftwerk situiert ist, nun eine einzelne Kaplan-Turbine sauberen Strom. Die Kaplan-Z-Turbine wurde durch die international renommierten Branchenexperten optimal an die vor handene Infrastruktur im Maschinen gebäude angepasst. Bei vollem Zufluss schafft die für 4,2 m³/s Ausbauwasser menge konzipierte Maschine 355 kW Engpassleistung. Darüber hinaus über zeugt die direkt mit einem Syn chron-Generator gekoppelte Turbine auch in einem breiten Teillastbereich. Dank der modernen Wasserkrafttech nologie konnten sowohl die Leistung als auch die Erzeugungskapazität des Was serkraftwerks Deanston auf ein neues Level gehoben werden.

Eine jahrhundertelange Tradition der Wasserkraftnutzung besteht in der rund 70 Kilometer nordwestlich der schottischen Hauptstadt Edinburgh gelege nen Ortschaft Deanston. In der ehemaligen dort ansässigen Textilfabrik wurden im Zuge der industriellen Revolution bis 1830 mehre re mechanische Wasserräder installiert. Eines dieser Wasserräder, das wegen seiner enormen Abmessungen auf den Namen „Hercules“ ge tauft wurde, war seinerzeit das größte Wasser rad Europas und das zweitgrößte weltweit. Erst 1949 wurden die Wasserräder endgültig durch Strom produzierende Turbinen ersetzt. Nachdem die Textilproduktion aus wirt schaftlichen Gründen 1965 den Betrieb ein stellte, wurde der Standort umfunktioniert und zwei Jahre später eine Whiskydestillerie eröffnet.

WASSERKRAFT FÜR WASSER DES LEBENS

Die Elektrizitätsproduktion des Kleinwasser kraftwerks diente nach dem Umbau für den Strombedarf zur Herstellung des hochprozen tigen „Wasser des Lebens“, der ursprüngli chen Bezeichnung von Whisky im schot tisch-gälischen Sprachraum. Heute wird das Kraftwerk vom Unternehmen Wemyss Rene

wables betrieben, das die Anlage von der Destillerie gemietet hat. Nach mehreren Jahr zehnten Dauerbetrieb hatten die Turbinen ihr technisches Lebensende erreicht, und die Be treiber entschlossen sich für eine umfassende Erneuerung des Altbestands. Vergeben wurde der Auftrag im Herbst 2019 an die internati onal renommierte GUGLER Water Turbines GmbH aus Oberösterreich, die mit dem Pro jekt ihre Kompetenz erstmals in Schottland unter Beweis stellen durfte. „Die alten Fran cis-Turbinen, von denen zuletzt nur mehr

eine Maschine in Betrieb stand, waren noch mit mechanisch-hydraulischen Reglern aus gerüstet. Ein automatischer Betrieb war somit nicht möglich und auch die Wartung der An lage gestaltete sich entsprechend aufwändig. Für die Neuausführung wurde in Abstim mung mit dem Kunden eine axial durch strömte Turbine gewählt. Diese besitzt ein Saugrohr mit 90° Grad Abwinkelung und ei nen stark gekrümmten Einlauf. Von der Bauform ist die Maschine am ehesten mit ei ner Kaplan-Z-Turbine verwandt“, erklärt Mi

32 Oktober 2022 ProjekteHYDRO
Bei der Erneuerung des Wasserkraftwerks Deanston in der gleichnamigen Whiskydestillerie konnte die GUGLER Water Turbines GmbH erstmals ihre Kompetenz in Schott land unter Beweis stellen. Foto: GUGLER In der ehemaligen Textilfabrik in Deanston wird seit 1967 Whisky hergestellt. Das erneuerte Klein wasserkraftwerk am Standort trägt einen Teil zur Deckung des Strombedarfs der Destillerie bei. Foto: Wikimedia/Eileen Henderson

chael Schober, Leiter Technologie & Ent wicklung bei GUGLER.

ZAHLREICHE HERAUSFORDERUNGEN

Das Projekt im schottischen Hochland war an mehrere herausfordernde Randbedingungen geknüpft, sagt GUGLER-Projektleiter Stefan Falkner: „Bis zur Demontage der alten Ma schinengruppe waren die baulichen Gegeben heiten im Unterwasserkanal nicht bekannt. Zudem wird von der Destillerie und der Kraftwerksanlage der gleiche, ca. 1 Kilometer lange Einlaufkanal vom Fluss Teith genutzt. Der Einbau der neuen Absperrklappe für die Turbine musste also möglichst schnell erledigt werden, um die Produktion der Destillerie nicht zu beeinträchtigen. Anders als bei ei nem kompletten Neubau musste die Konst ruktion der Turbine noch stärker an die vor handene Infrastruktur angepasst werden. Die beschränkten Platzverhältnisse im Maschi nengebäude machten ein minutiös geplantes Vorgehen unabdingbar. Hinzu kamen der Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 und der sogenannte ‚BREXIT‘, der Ex porte in das ehemalige EU-Land deutlich komplizierter gestaltete.“

SPEZIELL KONSTRUIERTE TURBINE

Die Konzeption der Turbine orientierte sich in erster Linie an den lokalen Gegebenheiten vor Ort. So war für die Absperrklappe eine eigene Stützkonstruktion erforderlich, da der Zulaufkanal nicht für das Gewicht des neuen Bauteils ausgelegt war. Auch der mehrere Tonnen schwere Maschinensatz benötigte we gen der begrenzten Tragfähigkeit der Bausub stanz zusätzliche Traversen zur Abstützung. Das Turbinengehäuse, auf das der Generator direkt aufsitzt, erhielt zusätzliche Versteifun gen, um die axialen und radialen Kräfte wäh

Technische Daten

rend des Betriebs optimal aufnehmen zu kön nen. Ein wichtiger Punkt des Projekts war zudem die hydraulische Optimierung des Einlaufbereichs. Der Zulaufkanal zur Kraft werksanlage war ursprünglich für die Wasser räder konzipiert worden und zeichnete sich durch einen ungewöhnlichen Querschnitt aus. Diese für eine geringere Wassermenge konzipierte Ausführung hatte schon bei der Altanlage zu unerwünschten Verwirbelungen und Lufteinträgen geführt. Um dieser Proble matik auf den Grund zu gehen, kam die Me thode der computergestützten Strömungs analyse (CFD-Simulation) zur Anwendung, wobei ein virtuelles Modell des Einlaufkanals erstellt wurde. Die bei GUGLER im Haus durchgeführten Berechnungen zeigten, dass die Verwirbelungen durch eine Abrundung beim Wassereintritt beseitigt und die Ein

trittsverluste somit erheblich minimiert wer den konnten. Außerdem kam bei den Um bauten am Einlaufkanal ein bis dato nicht bekannter Feinrechen zum Vorschein, dessen Entfernung ebenfalls zur Begünstigung der Strömungsverhältnisse beigetragen hat.

REIBUNGSLOSE MONTAGE

Im Anschluss an die Konstruktion erfolgte der Einbau des neuen Maschinensatzes in mehreren Schritten. Zunächst wurde im März 2020 die Absperrklappe inklusive Stütz konstruktion am Turbinenzulauf montiert. Damit der Einbau keinen Produktionsausfall der Destillerie bewirkte, wurden diese Arbei ten innerhalb eines knapp bemessenen Zeitfensters während eines geplanten War tungsstillstands der angrenzenden Fabrik durchgeführt. Weiter ging es im September

Die vormontiert ausgelieferte Turbine wurde innerhalb kurzer Zeit eingebaut.

Oktober 2022 33 HYDROProjekte
Die ausgediente Francis-Turbine hatte ihr technisches Lebensende erreicht. Saugrohr beim Einheben in den Unterwasserkanal
• Ausbauwassermenge: 4,2 m³/s • Bruttofallhöhe: 9,2 m • Turbinen-Typ: Kaplan-Z • Turbinenwelle: vertikal • Laufrad: 4 Flügel • Ø: 900 mm • Engpassleistung: 355 kW • Hersteller: GUGLER Water Turbines GmbH • Generator: Synchron • Spannung: 400 V • Nennscheinleistung: 390 kVA • Kühlung: Luft • Hersteller: Hitzinger Electric Power GmbH
Foto: GUGLER Foto: GUGLER Foto: GUGLER Foto: GUGLER Ein direkt mit dem Laufrad gekop pelter Synchron-Generator dient der Maschinengruppe als Energiewandler.

HYDRO

mit der Montage des Saugrohrs im ausgebrochenen Unterwasserkanal. Nach dem Aushärten der Betonverfüllung konnte ca. einen Monat da rauf die Montage der Turbine beginnen. „Um den Einbau möglichst schnell über die Bühne zu bringen wurde die Maschine im vormontier ten Zustand inklusive Leitapparatverstellung angeliefert. Eingehoben wurde der Maschinensatz mit Unterstützung eines mobilen Schwerlast krans durch ein zuvor entferntes Dachelement der Maschinenhalle. Auf das passgenaue Einrichten der Turbine erfolgte die Montage des direkt mit dem Laufrad gekoppelten Synchron-Generators in luftgekühlter Ausführung“, so Stefan Falkner. Im Anschluss ging es an das Installie ren des elektrotechnischen Equipments, das wie die Steuerung von ei nem schottischen Unternehmen stammt. Die moderne Leittechnik ermöglicht in Kombination mit dem von GUGLER gelieferten Hy draulikaggregat die vollautomatische Stromproduktion der Anlage.

BETREIBER VOLLAUF ZUFRIEDEN

Im November 2020 startete schließlich der Probebetrieb des völlig er neuerten Wasserkraftwerks Deanston. Projektleiter Stefan Falkner lässt nicht unerwähnt, dass die Betreiber im Rahmen der Inbetriebnahme von der erheblich gesteigerten Leistungs- und Erzeugungskapazität po sitiv überrascht waren. Dank der doppelten Regulierfähigkeit durch die Verstellbarkeit von Lauf- und Leitschaufeln schafft die Maschine nun auch bei variierenden Zuflüssen ein Maximum an Effizienz. Bei vollem Wasserdargebot erreicht die auf 4,2 m³/s Ausbauwassermenge und 9,2 m Bruttofallhöhe ausgelegte Turbine eine Engpassleistung von 355 kW. „Trotz der zahlreichen Herausforderungen konnte unser erstes Projekt in Schottland ohne nennenswerte Verzögerungen erfolgreich realisiert werden. Zu verdanken war dies in erster Linie der hervorragenden Zu sammenarbeit und Kommunikation aller beteiligten Unternehmen und der Kraftwerksbetreiber“, bekräftigt Stefan Falkner.

34 Oktober 2022 Projekte
Bei vollem Wasserdargebot schafft die Turbine 355 kW Engpass leistung. Dank der doppelten Regulierbarkeit von Lauf- und Leit schaufeln wird zudem ein breites Teillastspektrum abgedeckt.
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Foto: GUGLER

STADTWERKE WÖRGL VERDOPPELN DIE LEISTUNG AM KRAFTWERK KELCHSAU-ZWIESEL

Exakt ein Jahr nach dem Spatenstich am 16. November 2020 konnte das neue Kraftwerk Kelchsau-Zwiesel im Tiroler Hopf garten wieder Strom ans Netz liefern. In diesem kurzen Zeitraum war es der Betreiberin Stadtwerke Wörgl GmbH gelungen, das in die Jahre gekommene Kraftwerk komplett zu revitalisieren und auf den letzten Stand der Technik zu bringen. Mit einem überzeugenden Maschinenkonzept des Südtiroler Wasserkraftallrounders Troyer AG konnte dabei die Leistung verdoppelt und der Stromertrag um rund die Hälfte erhöht werden. Im Regelbetrieb erzeugt das Kleinwasserkraftwerk heute rund 23 GWh grünen Strom. Damit können mehr als 6.500 Haushalte versorgt werden.

Seit 1967 liefert das Kraftwerk Kelchsau-Zwiesel zuverlässig sau beren Strom für die Stadtwerke Wörgl. Die Wasserkonzession war noch bis 2056 gültig. Dennoch beschlossen die Verant wortlichen des Energieversorgungsunternehmens vor einigen Jahren, die Anlage von Grund auf zu erneuern. „Das Kraftwerk war grund sätzlich noch in einem guten Zustand, aber einige Faktoren sprachen eindeutig für eine Revitalisierung. Zum einen hätten wir gemäß dem nationalen Gewässerwirtschaftsplan in absehbarer Zeit Restwasser ab geben müssen, was in der alten Konzession nicht erforderlich war. Das wäre selbstverständlich mit baulichen Adaptierungen verbunden ge wesen. Und zum anderen war die Anlage hydraulisch nicht optimal ausgebaut. Das heißt, wir hatten an vielen Tagen Überwasser, das wir nicht nutzen konnten. Vor diesem Hintergrund sind wir 2018 an das Umbauprojekt herangegangen und haben einige Variantenuntersu chungen angestellt“, erzählt der Geschäftsführer der Stadtwerke Wör gl, Mag. Reinhard Jennewein.

ZWEI NEUE KRAFTWERK AUF EINEN SCHLAG

Gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Eberl ZT aus Rinn wurden in der Folge verschiedene Optionen für den Neubau entwickelt. Beim Kraftwerk Kelchsau-Zwiesel umfasste das Leistungsspektrum der re nommierten Ziviltechniker unter anderem die Machbarkeitsstudie, hydrologische Erhebungen, Durchflussmessungen an der Bestandslei tung, das Vorprojekt, das UVP-Feststellungsverfahren, die Einreich

planung, Vermessung, Ausschreibung sowie Ausführungsplanung und Kollaudierung. Eine der ursprünglich angedachten Nutzungsva rianten umfasste auch den bislang nicht genutzten Gewässerabschnitt oberhalb der bestehenden Wasserfassung. Doch als sich in den Folge monaten herausstellte, dass dieser Abschnitt vom Eigentümer des Areals, den Österreichischen Bundesforsten, selbst für den Bau eines Kraftwerks genutzt werden würde, beschränkten sich die Stadtwerke auf den bisherigen Standort und versuchten, dabei das energiewirt

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Foto: BRAUN Foto: SW Wörgl Während an der Außenhülle des Kraftwerks Kelchsau-Zwiesel kaum etwas verändert wurde, erneuerten die Stadtwerke Wörgl den kompletten Kraftabstieg und die elektromaschinelle und leittechnische Ausrüstung des Kraft werks. Dabei konnte die Stromausbeute um circa 50 Prozent erhöht werden.

schaftliche Optimum zu erreichen. Dass die ÖBf nun zur gleichen Zeit ein durchaus ver gleichbares Kraftwerk am selben Gewässer –am Langen Grund – errichteten, wurde dabei als Chance wahrgenommen. Gerade was den baulichen Ablauf anbelangt, versuchte man in der Folge erfolgreich, diverse Synergieoptio nen zu nutzen. Mit Erfolg. Nach seiner Inbe triebnahme haben die Stadtwerke Wörgl so gar die Betriebsführung des neuen Kraftwerks Langer Grund der ÖBf übernommen. Im Spätherbst 2020 war es soweit. Das alte Kraftwerk wurde außer Betrieb gesetzt und mit dem Spatenstich am 16. November konn ten die umfangreichen Bauarbeiten am KW Kelchsau-Zwiesel beginnen.

REDUNDANZ AM TRIEBWASSEREINZUG

Was die Wasserfassung anbelangt, so konnten wesentliche Teile des Bestandsbauwerks erhal ten bleiben – allerdings mit einigen Anpas sungen, wie der Bereichsleiter Energie bei den Stadtwerken Thomas Schaffer näher erläutert: „Vom Auslauf des neuen ÖBf-Kraftwerks Langer Grund wurde ein Übergabekanal ge baut, über den das abgearbeitete Triebwasser direkt in unseren Kraftabstieg übernommen werden kann. Die Fundamentierung der be stehenden Bachfassung ist dabei erhalten ge

blieben. Sie wurde mit einem modernen Co anda-System ausgerüstet. Damit sind wir heute in der Lage, optional das Wasser direkt vom Oberlieger zu übernehmen – oder, sollte dieses einmal gerade nicht zur Verfügung ste hen, es über die Bachfassung einzuziehen. Diese Redundanz schafft Betriebssicherheit.“ Zudem wurde das Querbauwerk mit einem neuen Grundablass, einer zusätzlichen Dotiervorrichtung und modernen Messein richtungen ausgerüstet. Der gesamte Stahl wasserbau inklusive des leistungsstarken Coanda-Systems wurden vom Südtiroler Branchenspezialisten Wild Metal geliefert.

Acht Module des Grizzly Power PROTEC 2500 mit einer Gesamtbreite von rund 9,2 m ermöglichen einen sicheren Einzug von 2.800 l/s über das ganze Jahr hinweg. Das Coan da-Sieb, das von den darüber liegenden Stahl stäben vor schwerem Geschiebe geschützt ist, funktioniert selbstreinigend – unerwünschte Geschwemmselteile werden mit dem Fließge wässer weitertransportiert. Der Sandeintrag in die Wasserfassung ist durch die geringe Spaltweite auf ein Minimum reduziert. Ne ben dem bewährten Coanda-System zeichne te Wild Metal auch für mehrere Schieber, Schützen und zwei hydraulisch betriebene Klappen verantwortlich. „Das Team von Wild

Metal hat uns wirklich überzeugt. Nicht nur, dass sehr akribisch gearbeitet wurde. Zudem kamen von den Südtirolern immer wieder praktische Verbesserungsvorschläge, die wir auch gerne angenommen haben“, findet Tho mas Schaffer lobende Worte.

TURBINE FÜR DAS ÜBERLEITUNGSWASSER

Die neue Wasserfassung wurde grundsätzlich an die heutigen ökologischen Anforderungen der Wasserkraft angepasst. Nachdem früher kein Restwasser ins Bachbett des Langen Grunds abgegeben werden musste, werden nun ein Sockelbetrag von 180 l/s oder 20 Pro zent des aktuellen Wasserdargebots als Rest wasser dotiert. Die Restwassermenge wird über die ebenfalls neu errichtete Fischauf stiegshilfe abgeführt, die als technischer Verti cal-Slot-Pass ausgeführt wurde.

Mithilfe des neuen Übernahmebauwerks wird das Triebwasser aus dem Oberlieger-Kraft werk auf die andere, die orographisch linke Bachseite geleitet. Dabei überwindet es in ei ner rund 100 m langen Druckrohrleitung

DN1200 einen Höhenunterschied von ca. 6,4 m bis zum Kopfbecken am Beginn des neuen Kraftabstiegs. Das daraus resultierende Energiepotenzial sollte nicht ungenutzt blei ben, wie Thomas Schaffer erklärt: „Wir haben

36 Oktober 2022 ProjekteHYDRO
Foto: SW Wörgl Foto: SW Wörgl Foto: SW Wörgl Foto:
SW Wörgl Für die neue Druckrohrleitung wurden GFK-Rohre des österreichi schen Rohrlieferanten Etertec/JSW Handelsvertretung DN1300 über eine Länge von 4,3 Kilometer verlegt.
Auftakt der Bauarbeiten mit dem Ausbau der alten Stahlrohrleitung. Das Aushubmaterial wurde von den Baufirmen auf der Baustelle zu Bettungsmaterial verarbeitet.
Im Rohrgraben wurden zusätzlich ein Stromkabel sowie ein Glasfaserkabel mitverlegt.

zu diesem Zweck eine kleine Kaplan-Rohrtur bine der Troyer AG installiert, die perfekt auf die Fallhöhe von 6,4 m und einen Durchfluss von 2,5 m3/s ausgelegt ist. Die Turbine treibt einen Asynchrongenerator von der Firma Hitzinger an, der ohne Leistungselektronik auskommt. Die Maschine erreicht dabei im merhin eine Nennleistung von 130 kW.“ Für die Wasserkraftallrounder aus dem Südtiroler Sterzing ein durchaus spezieller Auftrag. Für das Kraftwerksprojekt konstruierten und fer tigten die Branchenspezialisten erstmalig eine Turbine in dieser Ausführung. Ein kleiner, aber nicht unwichtiger Beitrag zur energie wirtschaftlichen Optimierung des Gesamt projekts.

NEUE ROHRLEITUNG ÜBER 4,3 KILOMETER

Während die Altanlage auf eine Ausbauwasser menge von 1,4 m3/s ausgelegt war, konnte die se für das neue Kraftwerk nun auf 2,8 m3/s verdoppelt werden. Das bedeutete natürlich auch, dass die alte Druckrohrleitung der Di

mension DN850 dafür nicht mehr ausreichte. „Wir haben uns für einen Austausch gegen eine GFK-Rohrleitung der Dimension DN1300 entschieden. Unsere Wahl fiel auf Rohre aus dem Hause Etertec/JSW Handels vertretung die uns Rohrvarianten der Druck klassen PN10, 16, 20, 25 und 32 lieferte“, führt Projektleiter Thomas Schaffer aus. Die alte Bestandsleitung war in den 1960er Jahren nicht im Untergrund verlegt worden, sondern lediglich überschüttet an der Oberfläche. Die neue Rohrleitung wurde nun unterirdisch ver legt, wobei sie nur zu etwa 85 Prozent dem al ten Trassenverlauf folgt. Dazu Geschäftsführer Reinhard Jennewein: „Vom Naturschutz wur de ein Bereich der alten Trasse als hoch sensi bel und schützenswert eingestuft. Daher muss ten wir in diesem Bereich einen Umweg fahren. Am Ende wurden somit einige Rohr bögen verbaut, wobei die stärkste Krümmung dabei 22 Grad aufweist. Zudem haben wir auf der Gesamtlänge von 4,3 Kilometern 4 Revisi onsöffnungen integriert.“

ÖKOSTROM FÜR DIE ALMEN

Mit der Druckrohrleitung wurden im Rohr graben auch ein Glasfaserkabel sowie eine öf fentliche Energieversorgungsleitung mitver legt. Ein äußerst sinnvoller Synergieeffekt des Projekts, wie Thomas Schaffer weiter ausführt: „Damit ist es uns gelungen, das Tal vom Lan gen Grund mit öffentlichem Strom komplett zu elektrifizieren. Zuvor haben die hier ansäs sigen Almbetriebe ihr Auslangen mit Not stromaggregaten oder sonstigen Kleinanlagen gefunden. Das ist nun Geschichte.“ Zudem wurde der Lange Grund über die neue Glasfa ser-Infrastruktur nun auch ans Datennetz an gebunden. Dank dieses Zusatznutzens sei die Zustimmung hoch und das Einvernehmen mit den Grundstückseignern auch sehr gut gewe sen, erklärt Jennewein.

Angesichts der Gesamtlänge der Druckrohrlei tung von 4,3 km spielte natürlich auch das Thema Druckstoß in die Überlegungen der Verantwortlichen mit hinein. Zwar liegt der Berechnungsdruck für die Druckprüfung bei einer Nettofallhöhe von circa 210 m bei 25 bar respektive 27 bar inklusive Sicherheitszuschlag. Doch um auf Nummer sicher zu gehen, setzten die Betreiber im unteren Teil der Druckrohrlei tung auf Rohre der Druckstufe PN32. „Im Zuge der Druckprüfung konnte die Leitung erfolgreich mit 27 bar abgedrückt werden. Na türlich hoffen wir, dass die zusätzlichen Reser ven einer Druckstufe PN32 im Betrieb nie er reicht werden. Das Thema Druckstoßsicherheit ist allerdings keines, das nur auf die Rohrlei tung abzielt. Wir haben die Schließzeiten, die über den Strahlabdrücker an der Turbine reali siert werden, auf 90 Sekunden berechnet. Da mit kann ein möglicher Druckstoß schon stark minimiert werden“, so der Projektleiter.

PLATZ SPARENDES MASCHINENKONZEPT

Was das bestehende Krafthaus anbelangt, so blieb die äußere Hülle erhalten. Es beherbergt schließlich nicht nur das alte Kraftwerk Zwie

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Die alten Maschinenfundamente werden abgetragen, um Platz für die neuen zu schaffen. Foto: SW Wörgl Foto: SW Wörgl
Foto:
SW Wörgl Einheben des Maschinengehäuses Auch
das
Verteilrohr wurde erneuert. Die Troyer AG aus Sterzing lieferte und montierte das strömungstechnisch optimierte Hosenrohr.

sel, sondern zudem auch die beiden Maschi nensätze des Kraftwerks Kurzer Grund, das dem „Nachbar-EVU“, den Kommunalbetrie ben Hopfgarten, gehört und auch von diesem betrieben wird. Allerdings haben die beiden Anlagen nicht viel mehr gemeinsam als die Wände und das Dach darüber. Thomas Schaffer: „Äußerlich wurde die Fassade und das Dach neu errichtet. Die komplexen Ände rungen fanden allerdings im Inneren statt. Zum einen haben wir ein ‚Kreuzungsbau werk‘ im Auslauf angelegt. Das war erforder lich, weil ja das Unterlieger-Kraftwerk Kelch sau-Ehreit noch auf den alten Durchfluss von 1,4 m3/s ausgelegt ist. Über eine Entlastungs klappe wird hier das Überwasser in die Ache abgeführt. Zum anderen wurde dem neuen Maschinenkonzept Rechnung getragen und somit eine komplett neue Fundamentierung angelegt.“

Waren es ursprünglich zwei horizontalachsige Peltonturbinen mit einem Schluckvermögen von jeweils 700 l/s, fiel nun die Wahl auf zwei 4-düsige Peltonturbinen mit vertikaler Welle

mit einem Nenndurchfluss von je 1,4 m3/s –also exakt doppelt so groß. Das Maschinen konzept, dem die Betreiber ihr Vertrauen schenkte, kam vom erfahrenen Wasser kraftunternehmen Troyer AG, das neben der elektromaschinellen auch die komplette elek tro- und steuerungstechnische Ausrüstung für das Kraftwerk lieferte. Was dabei verblüfft: Der Platzbedarf wurde damit nicht größer –das Gegenteil ist der Fall. „Generell haben wir nun nach dem Umbau mehr Platz im Kraft haus zur Verfügung. Wo zuvor die alte luftiso lierte Mittelspannungsschaltanlage installiert war, finden heute zwei Trafo-Boxen für die Maschinen, ein Aggregat, die neue Mittel spannungsschaltanlage und die neue Warte Platz“, so der Projektleiter.

HYDRAULISCHE OPTIMIERUNG MACHT EFFIZIENT

Ein wesentlicher Aspekt des Umbauprojekts betraf natürlich auch die Zulaufsituation un mittelbar vor dem Maschinenhaus. Anstelle des alten Hosenrohrs lieferte Troyer nun ein hydraulisch optimiertes Verteilrohr, in dem

jede Menge Wasserkraft-Know-how steckt. Thomas Schaffer: „Uns lag natürlich viel daran, dass der Wirkungsgrad möglichst hochgetrimmt wird. Daher entwickelten die Ingenieure von Troyer mithilfe von CFD-Be rechnungen ein hydraulisch optimiertes Ho senrohr, das eine ideale Zuströmung zu bei den Maschinensätzen gewährleistet.“ Um die beiden Maschinen in das bestehende Kraft haus integrieren zu können, wurde deren Aus richtung nach Plänen der Troyer AG ange passt. „Man hat dabei gesehen, dass die Sterzinger über ein sehr fundiertes Wasser kraftwissen verfügen und bei ihren Aufträgen das Gesamtprojekt im Blick haben“, lobt der Projektleiter.

Zudem erfüllen die installierten Turbinen die höchsten Qualitätskriterien moderner Was serkraft. Ausgelegt auf eine Netto-Fallhöhe von 209 m und eine Ausbauwassermenge von je 1,4 m3/s kommen die Maschinen auf eine Nennleistung von jeweils 2,6 MW. Dabei drehen die Maschinen mit einer Nenndreh zahl von 600 Upm. Unter Volllast liegt die

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Das großzügige Entsanderbauwerk konnte im Wesentlichen erhalten bleiben. Foto: zek Foto: Wild Metal Montage der beiden Maschinensätze im bestehenden Krafthaus. Foto: SW Wörgl Sollte der direkte Wassereinzug aus dem Oberlieger-Kraftwerk nicht möglich sein, kann nun das Wasser auch über das neue Coanda-System aus dem Hause Wild Metal entnommen werden.

Engpassleistung beider zusammen bei 5,2 MW. Die installierte Leis tung wurde somit im neuen Kraftwerk Kelchsau-Zwiesel gegenüber dem Altbestand mit 2,3 MW mehr als verdoppelt.

LANGLEBIGE 20-TONNER ÜBERZEUGEN

Im Hinblick auf ihre Effizienz und ihre Betriebssicherheit wurde auch bei der Wahl der Generatoren auf den Qualitätsfaktor geachtet. Die Betreiber setzen auf die Generatortechnik aus dem Hause Hitzinger. Mit der Erfahrung aus 75 Jahren liefert der Linzer Generatorspezialist individuell angepasste Maschinen, die in mehrerlei Hinsicht punkten: Egal ob der Schwerpunkt auf dem Wirkungsgrad, die mechanische Robustheit oder die Geräuschentwicklung gelegt wird – ein Generator von Hitzinger wird passgenau für die jeweilige Anforderung maßge schneidert. Grundsätzlich werden sie beim Linzer Hersteller eher kon servativ, also mit stattlichen Reserven ausgelegt, sodass sie im Betrieb kaum ans Limit gebracht und somit auch nicht warm werden. Ein wesentlicher Punkt für eine lange technische Lebensdauer eines Gene rators. Konservativ sind dabei auch die Wirkungsgradangaben.

Schließlich ist man beim Linzer Traditionshersteller stolz, in all den Jahren des Bestehens so gut wie jede Wirkungsgradangabe eingehalten zu haben. Heute können Kunden davon ausgehen, dass bei Hitzin ger-Generatoren vieles Standard ist, was bei anderen Herstellern nur als Extra zu haben ist.

Beim neuen Kraftwerk Kelchsau-Zwiesel sind an die beiden vertikal achsigen Peltonmaschinen je ein Synchrongenerator mit 3 MVA ge koppelt. Sie gehören zu den größeren Bautypen, die der oberöster reichische Generatorhersteller heute anbietet. Mittlerweile reicht das Produktportfolio bereits bis Maschinen mit stattlichen 7,2 MVA Leis tung. Die 20 Tonnen schweren Maschinen im KW Kelchsau-Zwiesel weisen Toleranzen im Bereich Überdrehzahl bis 1080 Upm auf.

INSELBETRIEB ALS WICHTIGES FEATURE

Besonders großes Augenmerk legten die Betreiber auf die steuerungs technische Ausführung des neuen Kraftwerks. Der Grund dafür liegt für Thomas Schaffer auf der Hand: „Die Troyer AG hat eine sehr hochwertige Ausrüstung für die Steuerung geliefert und mustergültig

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• Stahlwasserbau • Patentiertes Coanda-System GRIZZLY • Rechenreinigungsmaschinen • Schütze • Rohrbrucheinrichtungen • Einlaufrechen • Komplette Wasserfassungssysteme aus Stahl Wild Metal GmbH Handwerkerzone Mareit Nr. 6 • I-39040 Ratschings (BZ) Tel. +39 0472 759023 Fax +39 0472 759263 www.wild-metal.com info@wild-metal.com Foto: zek Foto: SW Wörgl Montage des Einlaufrohrs bei winterlichen Bedingungen Das Energiepotenzial des Überleitungswassers wird direkt an der Wehranlage mittels einer klei nen Kaplan-Rohrturbine der Troyer AG genutzt. Sie liefert immerhin rund 50 kW Leistung.

umgesetzt, aber gerade in diesem Bereich wollten wir unbedingt auch unsere eigenen Vorstellungen einbringen. Schließlich sind wir auch Netzbetreiber und als solcher stellen wir andere Anforderungen an ein Kraftwerk als etwa ein privater Kleinwasserkraftbetreiber, der seine Anlage ausschließlich für die Stromerzeugung nutzt.“ Aus diesem Grund war den Verantwortlichen der Stadtwerke auch das Thema In selbetriebs- und Schwarzstartfähigkeit besonders wichtig. Bereits die Altanlage verfügte über diese Qualität, die neue sollte ebenso dazu in der Lage sein, wie der Projektleiter betont: „Wir können mit dieser Anlage im Falle eines Stromausfalls eine ‚Werksinsel‘ aufbauen. Zu

sammen mit anderen Kraftwerken in unserem Kraftwerkspark sind wir dann in der Lage, die Grundversorgung für die Stadt Wörgl sicherzu stellen.“ Grundsätzlich wertet es der Fachmann als markanten Vorteil, wenn die Maschinen und die Steuerungstechnik aus einer Hand kom men. Schnittstellenprobleme sind damit ausgeschlossen. Gerade im Hinblick auf den Betreuungsaufwand hat die neue Steuerung und Automatisierung des Kraftwerks enorme Verbesserungen mit sich ge bracht. „Früher musste an der gesamten Anlage viel manuell gemacht werden. Das war zeit- und kostenaufwändig“, erinnert sich Stadtwer ke-Chef Reinhard Jennewein.

HYDRO POWER

40 Oktober 2022 ProjekteHYDRO
YOU GOT THE POWER. KOMPAKT
ZUVERLÄSSIG
UMWELTVERTRÄGLICH SICHER
EFFIZIENT
FLEXIBEL
Maximale Flexibilität der Ausführung und höchste Anforderungen an die Qualität sind unser weltweites Markenzeichen. Nachhaltig garantierte Leistung für erneuerbare Energien. Generatoren - konstruiert und gebaut für Generationen.
Der neue Hitzinger-Generator wird mittels Mobilkran eingehoben. Foto: SW Wörgl Foto: zek Projektleiter Thomas Schaffer wirft im neuen Wartenraum einen Blick auf die wichtigsten Maschinendaten. Die Steu erungs- und Leittechnik wurde von der Troyer AG in enger Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Wörgl realisiert.

STEIGERUNG UM MEHR ALS 50 PROZENT

Er und sein Projektleiter Thomas Schaffer können mittlerweile zufrieden auf ein erfolg reiches Revitalisierungs- und Erweiterungs projekt zurückblicken. Trotz einiger Widrig keiten durch Corona-Restriktionen und eine massives Hochwasser im Juli letzten Jahres konnte das Bauvorhaben tatsächlich inner halb eines Jahres abgewickelt werden. Dafür investierte das Energieversorgungsunterneh men aus dem Tiroler Unterland 15 Millio nen Euro, wobei der Kostenplan letztlich punktgenau eingehalten werden konnte. Seit 16. November letzten Jahres läuft das Kraft werk wieder und liefert seitdem zuverlässig sauberen Strom ins Netz der Stadtwerke Wörgl. Im Regeljahr produziert das Kraft werk heute rund 23 GWh. Im Vergleich zu den 16 GWh der Altanlage kann von einer Steigerung um mehr als 50 Prozent gespro chen werden. Das neue Kraftwerk Kelch sau-Zwiesel bedeutet für das traditionsreiche EVU nicht nur eine weitere Stärkung in Sa chen Eigenerzeugung, sondern auch einen weiteren wichtigen Baustein für die Unab hängigkeitsambitionen in Sachen elektrische Energie in Tirol. Dank der ökologischen und energiewirtschaftlichen Optimierung ist es zu einem echten Vorzeigeprojekt geworden.

Technische Daten

HYDROProjekte
• Maschinensätze [Krafthaus]: 2 Stück • Turbinen: 2 x 4-düsige Peltonturbine • Ausrichtung: vertikalachsig • Fabrikat: TROYER • Ausbauwassermenge [pro Einheit]: 1.400 l/s • Drehzahl: 600 Upm • Netto-Fallhöhe: 207,6 m • Nennleistung: je 2,6 MW • Planung: ZT Eberl • Bau: ARGE KW Kelchsau Zwiesel • Druckrohrleitung: GFK • Länge: 4.320 lfm • Dimension DN1300 • Druckklassen: PN 10 / 16 / 20 / 25/ 32 • Max. Krümmung: 22 Grad • Lieferant: Etertec / JSW Handelsvertretung • Widerlagerstatik: Patscheider & Partner • Steuerung & Automation: TROYER • Ausbauwassermenge: 2.800 l/s • Baujahr: 1967 Revitalisierung: 2021 • Brutto:Fallhöhe: 216,7 m • Revitalisiert und ausgebaut: 2021 • Kraftwerkstyp: Hochdruck-Kraftwerk • Bauzeit: 1 Jahr • Regelarbeitsvermögen: 23 GWh • Produktionssteigerung: 44 Prozent • Generator: Synchron • Fabrikat: Hitzinger • Nennstrom: 173,2 A • Generatorspannung: 10.000 / 5774 V • Generatorleistung: 3,0 MVA • Generatorgewicht: 20,6 t • Überdrehzahl: 10.600 Upm • Stahlwasserbau: Wild Metal • Coanda-System: Grizzly Protec • Wehrturbine: Kaplan-Rohrturbine • Fabrikat: Troyer • Ausbauwassermenge: 2.500 l/s • Fallhöhe eff.: 5.7 m • Maximalleistung: 127 kW • Generator: Asynchron • Fabrikat: Hitzinger • Drehzahl: 600 Upm • Regelarbeitsvermögen: 0,56 GWh
Oktober 2022 41 Nach nur einem Jahr Bauzeit konnten die beiden modernen Maschinengespanne, bestehend aus je einer 4-düsigen Peltonturbine aus dem Hause Troyer und einem Hitzinger-Synchrongenerator, ans Netz genommen werden. Im Durchschnittsjahr produzieren sie nun rund 23 Gigawattstunden sauberen Strom für die Stadtwerke Wörgl.
Foto: SW Wörgl

WATEC-HYDRO GMBH FEIERT 20-JÄHRIGE ERFOLGSGESCHICHTE

Gemeinsam mit rund 80 Gästen feierte WATEC-Hydro am 22. September im schwäbischen Heimertingen das 20-jährige Bestehen der Firma. Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten waren der Einladung des Jubilars gefolgt. Seit der Firmengrün dung hat sich das im Allgäu ansässige Unternehmen als zuverlässiger und kompetenter Partner für den Neu- und Umbau von Kleinwasserkraftanlagen und Kaplanturbinen einen Namen gemacht. Was das Team um Geschäftsführer Dr.-Ing. Daniel Brumme dabei besonders auszeichnet, sind seine Kompetenz, Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit.

Die Erfolgsgeschichte von WATEC-Hydro begann im August 2002. Dank der Unterstützung von externen Bearbeitern star tete das Unternehmen vielversprechend in die Zukunft. In ge meinsamer Anstrengung gelang es, in den ersten vier Jahren circa 25 Turbinen zu bauen und erfolgreich in Betrieb zu nehmen. Schon bald reichte der Platz nicht mehr aus, erst der Umzug nach Heimertingen 2006 brachte größere Montageflächen und somit auch mehr Flexibili tät mit sich. Einen Meilenstein in der Unternehmensgeschichte markiert das Jahr 2008. Zunächst wurde die Konstruktion auf 3D umgestellt, um den Anforderungen auf der Planungsebene auch für die Zukunft gerecht werden zu können. Einige Jahre später gelang dann der Durchbruch bei der Entwicklung eines direkt gekoppelten Permanentmagnetgene rators. Dank dieses Innovationsschubs konnte die ausgezeichnete Re putation des WATEC-Hydro Teams weiter gefestigt und ausgebaut werden. Know-how, Flexibilität und Innovationsbereitschaft zählen zu ihren markantesten Eigenschaften. Heute machen Turbinen mit direkt gekoppelten Generatoren rund zwei Drittel des Auftragsvolumens von WATEC-Hydro aus.

Dass WATEC-Hydro einmal eine derart hohe Wertschätzung von Kollegen und in der Branche generell zuteilwerden sollte, war zu Be ginn noch nicht abzusehen. Am Anfang waren es hauptsächlich Privat kunden, wie Kleinanlagen, Mühl- und Sägewerke, die von WATEC bedient wurden. Doch mit der steigenden Nachfrage am Sektor der

HYDRO Veranstaltung 42 Oktober 2022
Seit mittlerweile 20 Jahren produziert WATEC-Hydro hochwertige Kraftwerkskomponenten. Die Gäste erhielten am „Tag der offenen Tür“ einen exklusiven Einblick in die Welt des Turbinenbauers. Fotos: WATEC In den Werkshallen informierten sich die Gäste über moderne Wasserkrafttechnik.

Alles aus einer Hand: Über die Jahre hat sich WATEC-Hydro eine hohe Fertigungstiefe erarbeitet. Neben Turbinen werden auch hochpräzise Systemkomponenten wie Stahlwasserbauteile konstruiert und geliefert. Foto: RRM Eckersmühlen.

nachhaltigen Energiegewinnung wuchs auch das Unternehmen mit. Heute verfügt WATEC-Hydro über mehr als 30 verschiedene Konstruktionen, abhängig von der Turbinengröße und der Anzahl der Flü gel. Das größte bislang installierte Laufrad hat einen Durchmesser von 2,24 Metern.

FIRMENJUBILÄUM

Am 22. September 2022 feierte WATEC-Hydro sein Jubiläum: In den zwei Jahrzehnten, in denen sich das mittelständische Unternehmen am Markt bewährt hat, wurden mittlerweile mehr als 320 Projekte reali siert. Kunden, langjährige Partner und Lieferanten sowie Interessenten kamen auf das Firmengelände in Heimertingen, um sich die Produkte und Angebote von WATEC-Hydro aus nächster Nähe anzu sehen. Dabei wurde den Gästen ein exklusiver und umfangreicher Einblick in die Arbeitsweise des Unternehmens im Rahmen eines ge führten Rundgangs durch das Firmengebäude vermittelt. Hierbei konnten Einblicke in die Prozesse der Konstruktion, den Steuerungsund Schalungsbau, Eindrücke von den Generatoren sowie der Herstel lung der Turbinen gewonnen werden. Für das leibliche Wohl wurde ebenfalls durch Essen/Getränke und Cocktails sowie einer Live-Band gesorgt.

WICHTIGSTE RESSOURCE MITARBEITER

In seiner Ansprache betonte Geschäftsführer Dr.-Ing. Daniel Brumme, dass die gute Entwicklung der Firma nur mit einem Team gelingen konnte, das mit ganzen Herzen hinter der Sache, der Firma und dem Geschäftsführer steht und bereit ist, alle Höhen und Tiefen zu meistern. Loyale und motivierte Mitarbeiter sind, wie Brumme bestä tigt, die wichtigste Ressource eines Unternehmens. In diesem Jahr ist

im Haus eine weitere hervorragende Abteilung dazugekommen. Im April konnte die neue Abteilung Steuerungsbau bei WATEC begrüßt werden.

Insgesamt beschäftigt WATEC in Heimertingen 18 Mitarbeiter, dazu kommen noch Vertriebsmitarbeiter und externe Monteure sowie Kon strukteure, die ebenfalls wichtige Bestandteile der Firma sind. Mit die ser Belegschaft kann WATEC die gesamte Wertschöpfungslinie von der Bestellung über die Konstruktion hin zur Logistik, Montage bis zur Fertigstellung samt Inbetriebnahme eigenständig abwickeln. Auf verschiedenste Kundenwünsche kann bereits bei der Planung explizit eingegangen werden. Einen Einblick in die Prozesse vermittelt die neu gestaltete Homepage www.watec-hydro.de

HERSTELLUNG AM STANDORT

Die Herstellung der Turbinen erfolgt auf Bestellung. Das bedeutet, dass jede Turbine einzeln individuell und maßgefertigt für den jeweili gen Standort produziert wird. Dabei durchläuft die Turbine verschie dene Stationen der Produktion mit ständigen Qualitätsprüfungen. Die gewählten Materialen und Bauteile stammen überwiegend von deut schen Zulieferern.

Die Kunden kommen inzwischen aus ganz Europa. Sowohl für Deutschland als auch für Österreich, Schweiz, Frankreich und Italien stehen erfahrene und langjährige Vertriebsmitarbeiter für die Projek takquise und Kundenbetreuung zur Verfügung.

Bei Interesse und Fragen kann auch direkt mit Fa. WATEC-Hydro unter info@watec-hydro.de bzw. +49(0)8835-989339-0 Kontakt aufgenommen werden.

HYDROVeranstaltung Oktober 2022 43
Der deutsche Kraftwerksspezialist liefert auch elektromechanische Komplettpakete, wie hier beim Projekt Moosbrunnen 3. Seit Mai dieses Jahres wurde bei WATECHydro ein neues Expertenteam integriert, das modernste Steuerungen und Regeltechnik fertigt. Mitarbeiter gelten bei WATEC-Hydro als wichtigste Ressource. Am Standort in Hei mertingen sind 18 Mitarbeiter beschäftigt, sowie Vertriebsmitarbeiter und externe Monteure und Konstrukteure. Die vertikalachsige und doppelregulierte Kaplanturbine mit der Kurzbezeichnung „KDR“ ist mittlerweile zum Klassiker geworden. Hierbei wird der Generator über einen Hochleistungs-Flachriemen mit Leder-Reibschicht angetrieben.

WASSERKRAFTWERK LANGER GRUND TREIBT BUNDESFORSTE-ÖKOSTROMBILANZ WEITER NACH OBEN

Mit einem Tag der offenen Tür haben die Österreichischen Bundesforste (ÖBf) Anfang September im Tiroler Brixental die Fertigstellung ihres mittlerweile neunten Wasserkraftwerks gefeiert. Seine ersten Kilowattstunden Strom hat das Kleinwasser kraftwerk Langer Grund in der Gemeinde Hopfgarten bereits im Oktober des Vorjahres ins Netz eingespeist. Die Anlage nutzt das hydroenergetische Potential der Langer Grund Ache und kann im Regeljahr rund 12,2 GWh Ökoenergie erzeugen. Zur Stromproduktion werden maximal 2,5 m³/s aus dem Gebirgsbach entnommen und über eine ca. 2.700 m lange Druckrohrlei tung DN1200 in das Maschinengebäude geleitet. Eine 6-düsige Pelton-Turbine in vertikalachsiger Bauform mit 2,5 MW Engpassleistung erreicht dort sowohl im Voll- als auch im Teillastbetrieb sehr gute Wirkungsgrade. Für die Umweltbelange sorgten die ÖBf neben der obligatorischen Fischwandereinrichtung an der Wasserfassung für eine ganze Reihe von ökologischen Ausgleichsmaßnahmen.

Die ÖBf bewirtschaften in Summe rund 850.000 Hektar und ver walten somit rund 10 Prozent der österreichischen Staatsfläche. Neben der Forstwirtschaft zählen die Sektoren Immobilien, Dienstleistungen und Erneuerbare Energien zu den wesentlichen wirt schaftlichen Standbeinen der ÖBf. Bei der Stromproduktion setzen die Bundesforste auf die Kleinwasserkraft, hinzu kommen die nachhaltigen Ressourcen Wind, Photovoltaik und Biomasse. Von den insgesamt neun Wasserkraftwerken, die im Durchschnitt alljährlich rund 86 Mil lionen kWh sauberen Strom erzeugen, stehen fünf Anlage zu 100 Pro zent im Besitz der ÖBf, vier Kraftwerke werden gemeinsam mit Part nern betrieben.

ZWEI KRAFTWERKE IN EINEM TAL

Mit der Anlage Langer Grund ging im Oktober 2021 das jüngste Ei genkraftwerk in der Tiroler Gemeinde Hopfgarten im Brixental erst mals ans Netz. Errichtet wurde die Anlage im namensgebenden Seiten tal Langer Grund am Gewässer Langer Grund Ache. Nach dem Abschluss diverser Restarbeiten wurde das Kraftwerk mit einer durch

schnittlichen Jahresproduktion von 12,2 GWh im heurigen September bei einem Tag der offenen Tür der Öffentlichkeit präsentiert. Der Ein ladung zum Festakt folgten eine ganze Reihe von Vertretern aus Politik, Wirtschaft und der beteiligten Unternehmen sowie zahlreiche Bürgerinnen und Bürger. „Die Kleinwasserkraft leistet gerade in Tirol einen

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Rückansicht des Wasserkraftwerks Langer Grund in der Tiroler Gemeinde Hopfgarten. Im Regeljahr wird das neueste Kleinkraftwerk der Österreichischen Bundesforste ca. 12,2 GWh sauberen Strom produzieren. Foto: ÖBf/Wolfgang Lackner

großen Beitrag zur Energieversorgung. Mit dem Kleinwasserkraftwerk Langer Grund ha ben wir einen weiteren Schritt in Richtung Energieunabhängigkeit gemacht“, sagte Tirols Energie und Agrarlandesrat Landeshaupt mannstellvertreter Josef Geisler im Rahmen der Feierlichkeiten. „Der Neubau an der Lan ger Grund Ache ist im Zuge einer hydroener getischen Potentialanalyse auf den Liegen schaften der ÖBf entstanden. Zudem planten zeitgleich auch die Stadtwerke Wörgl eine umfassende Erneuerung ihres bestehenden Unterliegerkraftwerks Kelchsau Zwiesel, das in ökologischer und technischer Hinsicht auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden sollte. Um die beiden Projekte in dem touristisch stark frequentierten Tal möglichst schnell und effizient realisieren zu können, arbeiteten die Bundesforste und die Stadtwer ke Wörgl eng zusammen“, erklärt der bei den ÖBf für Erneuerbare Energien zuständige Bernhard Zarbach. (Den Bericht über die Er neuerung der Anlage Kelchsau Zwiesel lesen Sie ab Seite 35 in der aktuellen Ausgabe von

zek HYDRO.) Ein Großteil der Bau und Techniklose der beiden Wasserkraftprojekte wurde von den gleichen Firmen umgesetzt. So sorgte eine Arbeitsgemeinschaft zweier Unternehmen aus dem Salzburger Pinzgau für die Durchführung sämtlicher Hoch und Tiefbauarbeiten und die Verlegung der Druckrohrleitung. Das nicht nur im Klein wasserkraftbereich versierte Ingenieurbüro Ziviltechniker Eberl GmbH aus Tirol war bei beiden Projekten für die Planung zuständig. Beim Kraftwerk Langer Grund umfasste das Leistungsspektrum der renommierten Zivil techniker unter anderem das Vorprojekt, die Einreichplanung, Vermessung, Ausschrei bung sowie Ausführungsplanung und Kollau dierung.

STAHLWASSERBAU AUS SÜDTIROL

Zu Beginn der Bauphase im Oktober 2020 fokussierten sich die Arbeiten auf die Errich tung der Wasserfassung, die an der Einmün dung des Frommbachs in die Langer Grund Ache situiert wurde. Der Einzug von maximal

2.500 l/s Ausbauwassermenge erfolgt über ein klassisches Tiroler Wehr mit etwas mehr als 7 m Breite, das wie der Rest des gesamten Stahl wasserbauequipments vom Südtiroler Bran chenexperten Wild Metal GmbH geliefert wurde. Direkt neben dem Tiroler Wehr wur de der Grundablass in Form einer 1,65 m breiten Stauklappe angeordnet. „Über diese Stauklappe wird auch ein Großteil der vorge schriebenen Dotationswassermenge in die Restwasserstrecke abgegeben. Die Restwasser abgabe besteht aus einem Sockelbetrag von jeweils 20 Prozent des jeweiligen Zuflusses. Hinzu kommen jahreszeitlich bedingte Dota tionsmengen zwischen 145 und 800 l/s. Von der gesamten Restwassermenge werden kons tant 87 l/s zur Versorgung des Fischaufstiegs genutzt“, so Bernhard Zarbach. Nach der Ausleitung strömt das Triebwasser in den aus drei separaten Kammern bestehenden Entsander. Durch diese Ausführung kann die Stromproduktion im Krafthaus auch wäh rend der Spülvorgänge in den einzelnen Entsanderkammern unbeeinträchtigt weiterlau

Oktober 2022 45 HYDROProjekte
Der ca. 2,7 km lange Kraftabstieg DN1200 besteht zur Gänze aus GFK-Rohren vom Hersteller Amiblu. Die Wasserfassung wurde an der Einmündung des Frommbachs in die Langer Grund Ache errichtet. Eindruck von den Bauarbeiten im April 2021. Rechenreinigungsmaschine, Absperrschützen und Hydraulikaggregat waren Teil des Stahlwasserbau-Komplettpakets der Wild Metal GmbH. Um
das Projekt in möglichst kurzer
Zeit
abzu schließen wurde auch im
Winter
durchgearbeitet.
Foto: ÖBf Foto: ÖBf Foto: ÖBf Foto: ÖBf/Wolfgang Lackner

fen. Neben den Spül , Entnahme und Kontrollschützen wurde auch ein Fischab stiegsrohr in das Entsanderbauwerk einge baut, womit für „verirrte“ Fische eine sichere Abstiegsmöglichkeit in den Unterwasserbe reich der Wehranlage geschaffen wurde. Am Ende des Entsanders befindet sich ein 6,15 m breiter vertikaler Feinrechen mit 15 mm lich ter Weite. Eine pegelgeregelte Rechenreini gungsmaschine sorgt für freien Durchfluss und entfernt feines Treibgut und Ge schwemmsel vor dem Beginn der Druckrohr leitung. Auf der orographisch rechten Gewässerseite wurde die obligatorische Fischaufstiegshilfe in Form eines technischen Verti cal Slot Passes errichtet. Der für die Leit fischart Bachforelle ausgelegte Schlitzpass besteht aus insgesamt zwölf Becken und leitet die Gewässerbewohner über eine Länge von rund 36 m sicher ins Oberwasser.

2,7 KM LANGE DRUCKLEITUNG

Bei der Materialauswahl für den rund 2,7 km langen Kraftabstieg DN1200 entschieden

sich die Betreiber für glasfaserverstärkte Kunststoffrohre (GFK) vom Hersteller Amiblu. Geliefert wurde das komplette Rohrma terial des Fabrikats Flowtite vom niederöster reichischen Vertriebsspezialisten Etertec/JSW Handelsvertretung. Die weltweit im Wasser kraftsektor bewährten Rohre vereinen eine ganze Reihe von überzeugenden Eigenschaf ten. So ermöglicht die Fertigung im kontinu ierlichen Wickelverfahren optimale Druckfes tigkeit gegenüber axialen Kräften oder Stößen. Die Rohrwand besteht aus verstärk ten Außenschichten und einem kompakten, mit Quarzsand gefüllten Kern für optimale Biegefestigkeit. Eine äußerst glatte Innenflä che sorgt für eine Minimierung der Reibungsverluste. Dank der geringfügigen Abwinkelbarkeit der Rohrstöße innerhalb der Verbindungsmuffen um mehrere Grad kön nen weitläufige Richtungsanpassungen der Leitung ohne die Verwendung zusätzlicher Formstücke hergestellt werden. Um den öko logischen Eingriff im Projektgebiet möglichst gering zu halten, folgt die Trassenführung der

Druckrohrleitung einer bestehenden Forst straße zwischen Maschinengebäude und Was serfassung.

NATUR ZEIGT IHRE KRAFT

„Ein zentraler Punkt des Projekts war eine schnelle Durchführung der Bauphase, damit der Lange Grund möglichst rasch wieder un beeinträchtigt von Wanderern und Skisport lern genutzt werden konnte. Das war auch der Grund, warum die Bauarbeiten während der kalten Jahreszeit keine Pause einlegten“, so Bernhard Zarbach. Trotz des vorbildlichen Einsatzes der ausführenden Unternehmen, die in den Wintermonaten widrigen Witte rungsbedingungen und großen Schneemen gen ausgesetzt waren, kam es im Juli des Vor jahres zu einer nicht vorhersehbaren Verzögerung. Ein heftiges Unwetter zog über das Brixental und sorgte für ein massives Hochwasser im Langer Grund. Das im Jah resschnitt 2 m³/s führende Gewässer schwoll innerhalb kurzer Zeit auf einen Durchfluss von 89 m³/s an. „Wegen den Verheerungen

Technische Daten

46 Oktober 2022 ProjekteHYDRO
Die Tiroler Geppert GmbH lieferte eine leistungsstarke 6-düsige Pelton-Turbine mit 2.500 kW Engpassleistung. Ein direkt mit dem Laufrad gekoppelter Synchron-Generator vom Hersteller Hitzinger mit hohen Wirkungsgraden dient der Turbine als Energiewandler.
• Ausbauwassermenge: 2,5 m³/s • Bruttofallhöhe: 126 m • Druckrohleitung: ca. 2,7 km GFK • Ø: DN1200 • Stahlwasserbau: Wild Metal GmbH • Turbine: 6-düsige Pelton • Drehzahl: 429 U/min • Engpassleistung: 2.500 kW • Hersteller: Geppert GmbH • Generator: Synchron • Nennscheinleistung: 3.100 kVA • Hersteller: Hitzinger Electric Power GmbH • Jahresarbeit: ca. 12,2 GWh Ca. 86 Millionen kWh Ökostrom jährlich erzeugen die ÖBf mit ihren insgesamt neun Wasserkraftwerken. Das komplette Stahlwasserbauequipment für die Wasserfassung lieferte der Südtiroler Branchenexperte Wild Metal GmbH. Als Fischaufstieg wurde ein aus insgesamt zwölf Becken bestehender Vertical-Slot-Pass errichtet. Foto: ÖBf/Wolfgang Lackner Foto: ÖBf/Wolfgang Lackner Foto: ÖBf/Bernhard Zarbach

des Unwetters war das Tal für mehrere Tage komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Die Schäden zogen sich im Prinzip durch das gesamte Projektgebiet. An der noch nicht komplett fertiggestellten Wasserfassung hat ten Treib und Schwemmgut zu erheblichen Verklausungen geführt. Auch die Druckrohr leitung war durch Sedimenteinträge betroffen und musste von Kies und Geröll befreit wer den. Glücklicherweise konnten die Auswir kungen des Hochwassers rasch beseitigt und die Arbeiten fortgesetzt werden“, sagt Bern hard Zarbach.

HERZSTÜCK STAMMT AUS TIROL

Das Maschinengebäude der Kraftwerksanlage wurde durch Architektenhand optisch an sprechend gestaltet. Eine großzügige Fenster front gibt freien Blick auf die moderne Tech nik im Inneren des Gebäudes. Die weit über die österreichische Bundesgrenze hinweg als kompetenter Kleinwasserkraftallrounder be kannte Geppert GmbH aus Hall in Tirol schnürte für das Kraftwerk ein leistungsstar kes Komplettpaket. Das Herzstück der Anla ge bildet eine vertikalachsige Pelton Turbine mit sechs innenliegenden Düsen, die auf eine Ausbauwassermenge von 2,5 m³/s und 126 m Bruttofallhöhe ausgelegt wurden. Unter Voll last erreicht die Maschine somit 2.500 kW Engpassleistung. Dank der hydraulisch gere gelten Pelton Düsen in mehrfacher Zahl kann die Turbine auch bei erheblich verrin gerten Zuflüssen ein Maximum an Effizienz und sehr gute Wirkungsgrade erzielen. Das abgearbeitete Triebwasser fließt direkt zum Übergabebauwerk des Unterliegerkraftwerks. Dessen Wasserfassung befindet sich unmittel bar nach dem Krafthaus der Bundesforste und kann das zuvor turbinierte Triebwasser somit gleich weiterverwerten. Komplettiert wird der Maschinensatz des Kraftwerks Lan ger Grund von einem direkt mit dem Laufrad gekoppelten Synchron Generator vom ober österreichischen Traditionshersteller Hitzin

ger. Der wassergekühlte Energiewandler dreht wie die Turbine mit 429 U/min und wurde auf eine Spannung von 6.300 V sowie eine Nennscheinleistung von 3.100 kVA ausge legt. Dem Stand der Technik entsprechend funktioniert der Anlagenbetrieb selbstver ständlich vollständig automatisiert. Mit einer gesicherten Online Verbindung kann das Kraftwerk aus der Ferne rund um die Uhr überwacht und geregelt werden. Die Betriebs führung der Anlage haben die Stadtwerke Wörgl übernommen, deren Mitarbeiter von der Leittechnik automatisch über Störungen oder Alarmierungen informiert werden.

ERFOLGREICHES PROJEKT

Fast genau ein Jahr nach dem offiziellen Spa tenstich ging das das Kraftwerk Langer Grund am 12. Oktober 2021 erstmals in Betrieb.

„Die Stromproduktion des Neubaus ist we gen der geringen Niederschlagsmengen im heurigen Jahr etwas geringer ausgefallen als erwartet. Dennoch stimmen uns die bisheri gen Erfahrungen mit dem Kraftwerk sehr zu versichtlich, es gab seit der Inbetriebnahme keine nennenswerten Probleme. Auch ein

stärkeres Hochwasserereignis hat die Anlage problemlos bestanden“, so Bernhard Zarbach. Ebenfalls positiv äußerten sich die Teilnehmer beim Tag der offenen Tür Anfang September. „Durch den Bau des Kraftwerks konnten wir auch ein lang gehegtes Infrastrukturprojekt in der Gemeinde umsetzen“, freute sich der Hopfgartener Bürgermeister Paul Sieberer. Ein neues, im Zuge der Bauarbeiten mitver legtes Energiekabel versorgt nun auch die Al men am Langen Grund bis zur Brennhütte mit nachhaltigem Ökostrom. „Aus Sicht der Gemeinde ist das neue Kraftwerk daher in mehrfacher Hinsicht ein Gewinn“, so Siebe rer. „Das Wasserkraftwerk an der Langer Grund Ache ist ein weiterer Baustein unserer Strategie zum nachhaltigen Ausbau erneuer barer Energie“, betonte ÖBf Vorstand Georg Schöppl die Bedeutung des Geschäftsfeldes. Die Bundesforste Anlagen erbringen ein jähr liches Regelarbeitsvermögen von rund 300 Mio. kWh grünem Strom aus nachhaltigen Ressourcen, was dem durchschnittlichen Jah resverbrauch von rund 80.000 Haushalten und einer CO2 Einsparung von etwa 310.000 Tonnen entspricht.

Oktober 2022 47 HYDROProjekte
WildMetalGmbH HandwerkerzoneMareitNr.6 • I-39040Ratschings Tel.+390472759023 • info@wild-metal.com
ÖBf-Vorstand Georg Schöppl,
Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler, Ortspfarrer
Sebastian Kitzbichler und Bürgermeister Paul Sieberer (v.l.) beim Tag der offenen Tür.
Eine großformatige Fensterfront am Krafthaus gewährt freie Sicht auf die moderne Technik im Inneren. Foto: ÖBf/Wolfgang Lackner
Foto: ÖBf/Bernhard Zarbach

KLEINKRAFTWERKE CHRISTIANSMÜHLE UND MITTEREGGER VON OSSBERGER WIEDER IN BESTZUSTAND VERSETZT

Die Durchström-Turbinen der Ossberger GmbH + Co. KG genießen im Kleinwasserkraftsektor aus guten Gründen einen hervorragenden Ruf. Der bewusst simple Aufbau mit nur drei beweglichen Bauteilen gepaart mit höchster technischer Zuverlässigkeit und minimalem Wartungsaufwand überzeugen Wasserkraftbetreiber auf allen fünf Kontinenten. Ihre Stärken zeigen die bis zu 10 Megawatt Engpassleistung gefertigten Turbinen vor allem im Teillastbereich, womit sie auch bei schwankenden Zuflüssen eine effiziente Stromproduktion gewährleisten. Dass Ossberger auch das Revitalisierungshandwerk bestens beherrscht, stellten die Franken bei den Erneuerungen der Kleinkraftwerke Mitteregger in Salzburg und Christiansmühle in Rhein land-Pfalz unter Beweis. Beide Kraftwerksbetreiber stellen den Wasserkraftallroundern für die in jeglicher Hinsicht erfolgrei chen Projekte Bestnoten aus.

Mit ihrem Einsatzbereich von 2,5 bis 200 m Fallhöhe und Ausbauwasser mengen zwischen 400 l/s bis 17 m³/s decken die patentierten Durch ström-Turbinen von Ossberger ein weites Anwendungsszenario im Kleinwasserkraft sektor ab. Die bis zu 10 Megawatt Engpass leistung gefertigten Turbinen funktionieren auch mit geringen Zuflussmengen zuverlässig und kommen mit variierendem Wasserdarge bot sehr gut zurecht. Ermöglicht wird dies durch ein walzenförmiges Laufraddesign mit radial angeordneten Schaufeln. Mit der Auf teilung des Turbinengehäuses im Verhältnis 1/3 zu 2/3 kann die jeweils vorhandene Was sermenge optimal verwertet werden. Das Laufrad wird vom Triebwasser zuerst von au

48 Oktober 2022 ProjekteHYDRO
Die Durchström-Turbine des Kraftwerks Mitteregger in der Salzburger Gemeinde Pfarrwerfen wurde vom Hersteller Ossberger nach einem Hochwasserschaden einer Generalüberholung unterzogen. Dank der nun vollautomatischen Steuerung erhielt die Anlage einen erheblichen Schub hinsichtlich Leistung und Erzeugungskapazität. Foto: Ossberger Foto: Ossberger Maschinensatz des Kraftwerks Mitteregger vor der umfassenden Revitalisierung

ßen nach innen durchströmt und tritt nach dem Durchfließen auf der gegenüberliegen den Seite wieder aus. Dank dieses konstrukti onsbedingten Selbstreinigungseffekts wird eingetragenes Schwemmgut automatisch ab geführt und führt zu keinen Leistungseinbu ßen oder Funktionsstörungen. Zwar errei chen Durchström-Turbinen etwas geringere Spitzenwirkungsgrade als andere Turbinen –das gleichen die Maschinen allerdings durch ihren effizienten Betrieb in einem breiten Teillastspektrum wieder aus. Weitere Punkte, die für Ossberger-Turbinen sprechen, sind der simple Aufbau mit nur drei beweglichen Teilen, ihre hohe technische Zuverlässigkeit und die einfache Wartung, die keine Spezial werkzeuge erforderlich macht.

REVITALISIERUNGEN MACHEN SINN

„In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage nach Revitalisierungsprojekten merkbar nach oben gegangen“, sagt Christian Habermann, der stellvertretende technischer Leiter bei Ossberger. „Dank der robusten Bauweise dauert es in der Regel mehrere Jahrzehnte, bis Durchström-Turbinen einer größeren Sa nierung bedürfen. Im Durchschnitt laufen unsere Maschinen 40 bis 50 Jahre ohne nen nenswerte Probleme durch, Ausreißer nach oben sind dabei keine Seltenheit. Bei Sanie rungsprojekten von Bestandsanlagen ist un ser bis auf die Zeit vor dem 2. Weltkrieg zu rückreichendes Archiv mit technischen Zeichnungen und Konstruktionsunterlagen eine wertvolle Unterstützung. Neue Bauteile können somit passgenau für den technischen Altbestand und vorhandene Schnittstellen gefertigt bzw. angepasst werden“, erklärt Christian Habermann und führt in weiterer Folge als neue Referenzen die Sanierungen der Wasserkraftwerke Mitteregger in Salz burg und Christiansmühle in Westdeutsch land an, bei denen Ossberger seine Retro fit-Kompetenz eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat.

Technische Daten

• Ausbauwassermenge: 1.800 l/s

• Bruttofallhöhe: 3 m

• Turbine: Durchström

• Engpassleistung: 38 kW

• Hersteller: Ossberger

• Generator: Asynchron

• Nennleistung: 38 kW

HOCHWASSER MIT FOLGEN

Am Standort der Anlage Christiansmühle in Rheinland-Pfalz wird die Kraft des Wassers bereits seit 1876 genutzt. Auf das ursprüngli che mechanische Wasserrad in einem Auslei tungskanal des Gewässers Nims folgte nach der Elektrifizierung die Errichtung eines Strom produzierenden Wasserkraftwerks. Mitte der 1970er Jahre wurde die Anlage auf dem Gebiet der Stadt Bitburg mit einer Oss berger-Turbine ausgerüstet „Im Juli 2021 nahm die Stromerzeugung leider ein jähes Ende“, erklärt Kraftwerksbetreiber Horst Mi chael Fischer: „Der 14. Juli war das Datum der verheerenden Unwetterkatastrophe im Ahrtal, die 135 Menschen das Leben gekostet hat. Glücklicherweise gab es bei uns in der Region keine Todesopfer zu beklagen, den noch kam es zu enormen Schäden durch die Überflutungen.“ Das Maschinengebäude des Kraftwerks Christiansmühle wurde durch die Wassermassen überschwemmt und das In nenleben der Durchström-Turbine vom Treibgut komplett zerstört. Um die Strom produktion nach dem Hochwasser möglichst

schnell wieder in Gang zu setzen, war eine umfassende Erneuerung unumgänglich.

ANLAGE SO GUT WIE NEU

Nach der Schadensaufnahme vor Ort und dem Abklärungsprozedere mit der Versiche rung wurde das Turbinengehäuse zum Oss berger Werk ins süddeutsche Weißenburg transportiert. Dort wurde die für 1,8 m³/s Ausbauwassermenge und 3 m Fallhöhe konzi pierte Maschine basierend auf den Original plänen generalüberholt und mit neuen Kom ponenten bestückt. Neben dem komplett erneuerten Laufrad wurden unter anderem die Leitschaufellager auf eine wartungsfreie Variante umgerüstet. Ebenfalls neu ausge führt wurden das zum Maschinensatz gehö rende Getriebe und der auf 1.000 U/min aus gelegte Asynchron-Generator. Komplettiert wurde das Projekt durch das gesamte elektround leittechnische Equipment sowie das Hy draulikaggregat, das ebenfalls von Ossberger geliefert wurde. Die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerks erfolgte ca. ein dreiviertel Jahr nach der Überschwemmung im Frühling

Oktober 2022 49 HYDROProjekte
Foto: Ossberger Demontage der beschädigten Turbine aus dem Maschi nengebäude des Kraftwerks Christiansmühle in Bitburg. Im März 2022 erfolgte die Montage der umfassend revitalisierten Maschine. Foto: Fischer Foto: Fischer
Die Sanierung der Anlage Chris tiansmühle beinhaltete auch die Lieferung des kompletten elektround leittechnischen Equipments.KW Christiansmühle KW Mitteregger • Ausbauwassermenge: 900 l/s • Bruttofallhöhe: 11 m • Turbine: Durchström • Engpassleistung: 90 kW • Hersteller: Ossberger • Generator: Asynchron • Nennleistung: 90 kW

2022. Wenige Monate später wurde im Som mer noch ein automatischer Turbinenregler inklusive einer komplett neuen SCADA-Steu erung installiert, für dessen Einbau sich der Betreiber im Nachhinein entschieden hat. Horst Michael Fischer findet ausschließlich lobende Worte für sein im Prinzip völlig neu es Wasserkraftwerk mit 38 kW Engpassleis tung: „Die Firma Ossberger hat hervorragen de Arbeit geleistet. Mit der modernen Steuerung läuft die Anlage nun völlig auto matisiert, was im Gegensatz zur zuvor manu ellen Bedienung einen erheblichen Komfort gewinn bedeutet.“ In Kombination mit dem neuen Generator mit verbesserten Wirkungs graden sorgt die vollautomatische Regelung nun für ein Maximum an Wirtschaftlichkeit und eine ganzjährig effektive Stromprodukti on am Traditionsstandort.

WASSERKRAFTNUTZUNG SEIT 1740

Beim Wasserkraftwerk Mitteregger in der Salzburger Gemeinde Pfarrwerfen wird das

hydroenergetische Potential des Gewässers bald seit 300 Jahren genutzt. Historische Auf zeichnungen belegen, dass am Standort im Pongau bereits 1740 erstmals ein Wasserrecht verliehen wurde. Die Ausleitungsanlage be findet sich am Wenger Bach, der von seinem Ursprung in der Gemeinde Werfenweng Richtung Salzach fließt und dabei eine ganz Reihe von Kleinkraftwerken antreibt. Das Wasserkraftwerk Mitteregger, bei dem 1980 eine Ossberger-Turbine installiert wurde, diente früher zur Stromversorgung eines Sä gewerks. „Nach der Stilllegung des Sägebe triebs versorgt die Anlage heute den verblie benen Maschinen- und Holzhandel am Standort. Ungefähr die Hälfte der erzeugten Energie wird zur Deckung des Eigenbedarfs genutzt, der Rest wird ins öffentliche Strom netz eingespeist“, so Betreiber Richard Mitter egger. 2019 wurde das Kraftwerk in Folge ei nes Hochwassers schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die auf 900 l/s Ausbauwassermenge und 11 m Fallhöhe ausgelegte Durch

ström-Turbine wurde durch enorme Mengen an Treibgut, die in die Ausleitungsstrecke ge langt waren, erheblich beschädigt. Nach dem Hochwasser lief die Anlage zwar noch unge fähr ein weiteres Jahr, eine zufriedenstellende Leistung konnte aber nicht mehr erzielt wer den.

LEISTUNG ENORM GESTEIGERT

Im Jahr 2020 gab der Betreiber schließlich die Komplettsanierung seines zuvor manuell ge regelten Kleinkraftwerks in Auftrag, wobei auch eine neue Rechenreinigungsmaschine an der Wasserfassung installiert wurde. Die Durchström-Turbine erhielt von Ossberger ein umfassendes Revitalisierungspaket, das Getriebe und der Generator wurden von zwei Salzburger Unternehmen überholt. „Im Prin zip haben wir das gesamte Innenleben der Maschine erneuert. Dazu zählten ein neues Laufrad inklusive Lagerung, die Instandset zung der Leitschaufeln und die Reparatur von diversen Verschleißerscheinungen. Die Leit schaufellager wurden durch eine wartungs freie Ausführung ersetzt und der Korrosions schutz erneuert. Nach einem werksseitig durchgeführten Probelauf konnte die Maschi ne im Bestzustand wieder eingebaut werden“, so Christian Habermann. Ebenfalls im Oss berger-Lieferumfang enthalten war das neue elektro- und leittechnische Equipment des Kraftwerks, mit der sowohl ein vollautomati scher Betrieb als auch der Fernzugriff via On line-Anbindung ermöglicht wird. Der nun von einem Hydraulikaggregat bewegte Leitapparat sorgt in Kombination mit der von Ossberger optimal auf die Wassergangslinie am Standort eingestellten Maschine für ein Höchstmaß an Effizienz. „Die Modernisie rung der Anlage hat sich auf alle Fälle bezahlt gemacht. Vor dem Hochwasserschaden er reichte die Turbine höchstens 70 kW, nun schafft die Maschine bei vollem Zufluss knapp 90 kW Maximalleistung“, betont Richard Mitteregger.

50 Oktober 2022 ProjekteHYDRO
Das Innenleben der Durchström-Turbine beim Kraftwerk Christiansmühle wurde umfassend erneuert. Komplett neu ausgeführt wurden das zwischengeschaltete Getriebe und der Asynchron-Generator. Besonders zu schätzen weiß der Betreiber den nun vollautomatischen Betrieb der zuvor nur manuell regelbaren Anlage. Maschinengebäude des Kraftwerks Christiansmühle (mit Schrägdach) nach der Beseitigung der oberflächlichen Hochwasserspuren im September 2021. Foto: Ossberger Foto: Fischer

WALLISER KRAFTWERK WILER-KIPPEL SORGT FÜR SAUBEREN STROM UND ÖKOLOGISCHE AUFWERTUNG

In Kooperation mit den Gemeinden Wiler und Kippel hat die BKW Energie AG ein neues Wasserkraftwerk im Walliser Löt schental realisiert. Das Kraftwerk Wiler-Kippel ging im Herbst des Vorjahres erstmals in Betrieb und nutzt das hydroenergeti sche Potential der Lonza, wobei bis zu 12 m³/s Ausbauwassermenge über eine ca. 1,5 km lange Druckrohrleitung DN2000 in die Zentrale geleitet wird. Dort erreichen zwei identisch konstruierte Francis-Turbinen in horizontalachsiger Ausführung unter Volllast eine Engpassleitung von ca. 4,9 MW. Im Regeljahr kann das neue Kraftwerk rund 14,4 GWh Ökostrom produzieren. Darüber hinaus wurden eine Vielzahl von Kompensationsmaßnahmen durchgeführt und eine ganze Reihe von ökologischen Aufwertungen in den Lötschentaler Gemeinden Wiler und Kippel geschaffen.

Das Lötschental im Oberwallis ist das größte nördliche Seitental der Rhone und wird von mehr als 20 „Dreitau sendern“ umrahmt. Diese beeindruckende Naturkulisse macht das von rund 1.500 Ein wohnern besiedelte Tal zu einer beliebten Touristendestination für Wanderausflüge und Skisport. Neben den Einnahmen aus dem Tourismus zählt auch die Stromgewin nung aus Wasserkraft zu einem nicht uner heblichen Wirtschaftsfaktor für die zum UNESCO Weltkulturerbe gehörende Regi on. So erzeugt etwa das 1975 in Betrieb ge nommene Speicherkraftwerk der Lötschen AG mit knapp 650 m Fallhöhe und 110 MW Engpassleistung im Regeljahr rund 330 GWh Strom.

Oktober 2022 51 HYDROProjekte
Im Herbst des Vorjahres produzierte das neue Kleinwasserkraftwerk Wiler-Kippel im Lötschental zum ersten Mal sau beren Strom aus dem hydroenergetischen Potential des Gewässers Lonza. Im Regeljahr kann die Anlage, deren optisch ansprechende Zentrale vom BKW-Architekten Stephan Schneider gestaltet wurde, 14,4 GWh Ökostrom erzeugen.
Foto: zek
Foto:
zek
Blick auf die Gemeinde Kippel von der Seilbahngondel auf die Lauchernalp.

LANGE VORLAUFZEIT

Das jüngste Wasserkraftwerk im Lötschental, das Kraftwerk Wiler-Kippel am Gewässer Lonza, hat im Herbst 2021 erstmals sauberen Strom produziert. Den rechtlichen Rahmen des Projekts bildet die Kraftwerke Wiler-Kip pel AG, an der die namensgebenden Gemein den Wiler und Kippel zu jeweils 33 Prozent beteiligt sind. Die restlichen Gesellschaftsan teile stehen im Besitz der BKW Energie AG, die mit der Gemeinde Wiler zwischen 2008 und 2010 bereits das Kraftwerk Millibach rea lisiert hat. „Noch während der Bauphase des Kraftwerks Millibach fanden Gespräche zwi schen den Gemeinden Wiler, Kippel und der BKW statt, um das brachliegende Energiepo tential der Lonza auf deren Gemeindegebiet für die Errichtung eines weiteren Wasserkraft werks zu nutzen. Die daraufhin von der BKW ausgearbeitete Machbarkeitsstudie fand bei den Gemeinden guten Anklang, woraufhin beschlossen wurde ein Vorprojekt auszuarbei ten und durch den Kanton prüfen zu lassen. Im Herbst 2011 wurde ein Partnervertrag

zwischen den Gemeinden und der BKW mit der Absicht unterzeichnet, das neue Kraftwerk gemeinsam zu planen und zu betreiben. Sei nerzeit schien das Vorhaben einfach realisier bar – doch dies währte leider nur von kurzer Dauer“, erklärt BKW-Projektleiter Patrick Manz. Kurze Zeit nach der Vertragsunter zeichnung wurde das Lötschental von einem verheerenden Unwetter heimgesucht, das gra vierende Schäden verursachte und das Fluss bett der Lonza nachhaltig veränderte. Das be reits weit fortgeschrittene Vorprojekt musste im Hinblick auf den Hochwasserschutz und potentieller Naturgefahren umfassend überar beitet werden. Bis 2013 wurde schließlich ein bewilligungsfähiges Konzessionsgesuch ausge arbeitet. Obwohl die Umweltverbände dem Projekt 2014 grünes Licht erteilten, gab es vom Kanton zunächst ein Veto. Der Grund für den Einspruch waren die ungenügende Leistung der bestehenden Abwasserreini gungsanlagen bzw. die gesetzlichen Einleitbe dingungen für das gereinigte Wasser in die künftige ca. 1,5 Kilometer lange Restwasser

strecke. Erst nachdem sich die Gemeinden mit dem Kanton in einem 3,5 Jahre dauern den Bewilligungsverfahren auf die Errichtung und Finanzierung einer konventionellen Klär anlage geeinigt hatten, erhielt auch das neue Wasserkraftwerk 2018 die Konzession. „Das anschließende Plangenehmigungsverfahren gestaltete sich wesentlich zügiger und dauerte nur elf Monate. Im März 2019 wurde die rechtskräftige Baubewilligung erteilt, die be reits im Herbst 2018 durchgeführten Vorbe reitungsarbeiten wurden separat bzw. vorzeitig genehmigt. Der offizielle Spatenstich erfolgte schließlich am 15. Mai 2019“, so Patrick Manz.

WASSERFASSUNG IN MASSIVBAUWEISE

Da sich insbesondere der Perimeter der Was serfassung in der Gefahrenzone von Lawinen sowie von Hochwassern der Lonza und ihren Seitenbächen befindet, wurden aufwändige Maßnahmen zur Arbeitssicherheit getroffen. Um beispielsweise die Risiken eines Nass schneelawinenniedergangs frühzeitig zu er

52 Oktober 2022 ProjekteHYDRO
Innenansicht einer Entsanderkammer mit dem patentierten HSR-System. Mit
dem eingehausten, aus
17 Becken bestehenden Fischaufstieg (VerticalSlot-Pass) am linken Ufer der Wasserfassung wurde eine sichere Passage für
die
Gewässerlebewesen zwischen Ober- und Unterwasserbereich geschaffen. Für das Aufstauen der Lonza sorgt eine hydraulisch bewegte Wehrklappe. An der Wasserfassung auf dem Gemeindegebiet von Wiler werden bis zu 12 m³/s Triebwasser ausgeleitet. Foto: BKW Foto: zek Foto: zek Foto: zek

kennen, wurden die Talflanken mittels Radar technologie auf Bewegungen überwacht. Die Wasserfassung wurde nach den Erfahrungen des Unwetters aus dem Jahr 2011 für die Ab fuhr eines 300-jährlichen Hochwassers ausge legt. Darüber hinaus wurde das Bauwerk der Wasserfassung höchst massiv ausgeführt, da mit diese auch Lawinen- oder Murenabgänge möglichst unbeschadet übersteht. Grundsätz lich besteht die Wasserfassung aus einem Wehr mit fester Wehrschwelle. Hinzu kom men eine bewegliche Wehrklappe zum Auf stauen der Lonza und ein Grundablassschütz mit aufgesetzter Klappe. Unterwasserseitig wird das Wehr durch ein Tosbecken vor Unterkolkung geschützt. Zur Gewährleistung der ökologischen Durchgängigkeit sorgt ein Fischaufstieg auf der orographisch linken Ge wässerseite in technischer Vertical-Slot-Aus führung. Die Ausleitung von maximal 12 m³/s Ausbauwassermenge erfolgt zunächst über einen Grobrechen. Danach fließt das Wasser in den Kiesfang und gelangt im An schluss durch den vertikalen Feinrechen inklusive dazugehöriger Rechenreinigungs maschine weiter in das zweigeteilte Entsander becken in patentierter HSR-Ausführung. Am Ende der Sandfangkammern befindet sich das Absperrorgan der Druckrohrleitung mit der Rohrbruchsicherung. Das anschließende Ein laufbecken, in dem die Sonden der pegelgere gelten Turbinen untergebracht sind, markiert den Beginn der Druckrohrleitung. Projektlei ter Patrick Manz weist auf eine Besonderheit der Wasserfassung hin: „Über dem Einlaufbe cken befindet sich ein Raum, in dem in Bälde zwei Pumpen installiert werden. Mit diesen Pumpen können die Lauchernalp-Berg bahnen während der Wintermonate, in denen das Kraftwerk stillsteht, Wasser für die Be schneiungsanlage des nahegelegenen Skige biets auf der Lauchernalp entnehmen. Zu diesem Zweck wird von der neuen Wasserfas

sung noch eine Leitung zum Kraftwerk Milli bach verlegt. Von dort wird das Wasser zu künftig über die bestehende Druckleitung nach oben befördert und kann somit zur Her stellung von Kunstschnee verwendet werden.

DRUCKROHRLEITUNG MIT STAHLSEELE

Bei der zur Gänze erdverlegten Druckrohrlei tung ohne Hoch- oder Tiefpunkte setzten die Betreiber ebenfalls auf eine äußerst massive Lösung. Der insgesamt 1.464 m lange Kraft abstieg mit dem Innendurchmesser DN2000 besteht aus Stahlrohren mit armierter Beton umhüllung und einer Innenbeschichtung aus Beton von einem französischen Hersteller. „Bei der Materialauswahl waren die ausschlag gebenden Kriterien der Hochwasserschutz re spektive Auftrieb, die Größe der Leitung so wie der geringe Aufwand zur Hinterfüllung. Zwar waren die Material- und Transportkos ten, aber auch der Aufwand bei der Verlegung

höher als bei glasfaserverstärkten Kunst stoffrohren. Durch die einfachere Hinterfül lung mit lokalem Aushubmaterial, der Längs kraftschlüssigkeit der Leitung sowie dem Widerstand gegen äußere Einwirkungen stell te diese Materialauswahl die sinnvollste Lö sung dar. Zudem wurde bei der Positionie rung der Druckleitung darauf geachtet, dass die Bilanz des Aushub- und Füllmaterials neu tral bleibt und keine Abtransporte bzw. Depo nien nötig waren“, so der Projektleiter. Dank der längskraftschlüssigen Muffenverbindun gen der pro Laufmeter ca. 2,8 t schweren Roh re, konnten geringfügige Richtungsänderun gen ohne betonierte Fixpunkte hergestellt werden. Bei größeren Abwinkelungen der Trassenführungen mit Formstücken wurden die Stahlseelen nach dem Zusammenfügen an den notwendigen Fixpunkten zusätzlich von innen miteinander verschweißt, um die Längskraftschlüssigkeit zu gewährleisten.

Oktober 2022 53 HYDROProjekte
Die Trassenführung des äußerst massiven Kraft abstiegs orientierte sich am Verlauf der Lonza. Foto: BKW Foto: BKW Foto: BKW Bauarbeiten am rechten Ufer der Wasserfassung im März 2020. Die knapp 1,5 km lange Druckrohrleitung DN2000 besteht aus längskraftschlüssigen Stahlrohren mit armierter Betonummantelung und betonierter Innenbeschichtung.

ZENTRALE MIT TURBINENZWILLINGEN

Die von einem Architekten optisch anspre chend gestaltete Zentrale des Kraftwerks wur de in eine südöstlich ausgerichtete Hanglage eingebunden und zu weiten Teile mit Erde angeschüttet. Somit wurde das Gebäude opti mal in die Landschaft integriert und ist gleichzeitig vor Lawinenabgängen geschützt. Selbstverständlich zählen bei einem Wasser kraftwerk in erster Linie die inneren Werte.

Im Fall des Kraftwerks Wiler-Kippel bilden zwei identisch konstruierte Francis-Turbinen vom Südtiroler Kleinwasserkraftexperten Tro yer AG die leistungsstarken Herzstücke der Anlage. Jede der beiden horizontalachsigen Maschinen wurde auf eine Ausbauwasser menge von 6 m³/s und eine Nettofallhöhe von 50,6 m ausgelegt. Unter Volllast erreichen

die Maschinen jeweils 2.450 kW Engpassleis tung. Die elektronischen Turbinenregler steu ern via Hydraulikaggregate die hydraulischen Zylinder der Leitapparate und sorgen somit für eine sichere und stufenlose Regelung der Maschinen. Die Laufräder der Turbinen trei ben mit exakt 500 U/min zwei direkt gekop pelte Generatoren des deutschen Premium herstellers Wasserkraft Volk AG (WKV) an.

Die 12-poligen bürstenlosen Synchron-Ma schinen wurden in enger Abstimmung mit BKW exakt auf die Kundenbedürfnisse hin ausgelegt und leisten bei einer Nennspannung von 6,3 kV bis zu 3.800 kVA. Ein Luft-Was ser-Kühler auf dem Generator sorgt bei den vollständig geschlossenen Maschinen für die nötige Kühlung, das Kühlmedium wird über einen im Unterwasser platzierten Wärmetau

scher auf die nötige Temperatur abgekühlt. „Ebenfalls im Zentralgebäude untergebracht sind zwei Maschinentransformatoren, mit de nen der erzeugte Strom auf die 16 kV-Span nungsebene des lokalen Verteilnetzes umge wandelt wird. Analog zu den Generatoren sind auch die beiden Transformatoren an das Kühlwassersystem angeschlossen. Für die Stromversorgung der Kraftwerkstechnik ist ein Eigenbedarfstransformator 16 kV / 400 V installiert“, erklärt Patrick Manz. Die Zuund Abschaltung der elektrischen Energie der zwei Maschinengruppen ins lokale Verteilnetz erfolgt über eine Mittelspannungsschaltanla ge. Der Großteil des elektrotechnischen Equipments sowie die Leittechnik der Anlage wurde von der BKW in Eigenregie installiert bzw. programmiert.

Technische Daten

Ausbauwassermenge: 12

Nettofallhöhe: 45,6

Druckrohrleitung: 1.464

DN2000

Turbinen: 2 x Francis-Spiral

Wellen: Horizontal

Drehzahl: 500 U/min

Engpassleistung: 2 x 2.450

Hersteller: Troyer AG

• Generatoren: Synchron

Spannung: 2 x 6.300

• Nennscheinleistung: 2 x 3.800 kVA

• Kühlsystem: Wasser

• Hersteller: Wasserkraft Volk AG

• Fischaufstieg: Vertical-Slot-Pass

• Regelarbeitsvermögen: ca. 14,4 GWh/a

54 Oktober 2022 ProjekteHYDRO
m³/s •
m •
m • Ø:
kW •
V
Die Wasserkraft Volk AG lieferte zwei direkt mit den
Francis-Laufrädern gekoppelte Drehstrom-Synchron-Genera
toren. Wie die Turbinen
rotieren
die auf 3.800 kVA
Nennscheinleistung ausgelegten Generatoren mit 500 U/min. Die beiden Francis-Spiralturbinen in horizontalachsiger Ausführung stammen von der Südtiroler Troyer AG. Unter Volllast erreicht jede Maschine 2.450 kW. Kühlwasser-Verteilrohrleitung für die Generatoren und die ölgefüllten Transformatoren.
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UMFASSENDE ÖKOLOGISCHE KOMPENSATION

Patrick Manz lässt nicht unerwähnt, dass im Rahmen des Kraftwerksbaus eine ganze Reihe von ökologischen Ausgleichsmaßnahmen um gesetzt wurden. Dazu zählten unter anderem die Verbreiterung der Lonza vis-à-vis der ehe maligen Abwasserreinigungsanlage der Ge meinde Wiler. Der zuvor an dieser Stelle beid seitig hart verbaute Bach wurde orographisch links aufgeweitet und die Uferseite um mehrere Meter zurückversetzt. Das neue Ufer wurde fla cher angelegt und der Uferschutz mit Blöcken und ingenieurbiologischen Maßnahmen wie dem Pflanzen von Weidenstecklingen verbes sert. Ein Stück weiter bachabwärts wurde durch das Anlegen eines Seitengerinnes der ökologische Lebensraum für die Tiere und Pflanzen vervielfältigt und aufgewertet. Das Gelände eines ehemaligen Campingplatzes, das sich nach dem Unwetterereignis im Jahr 2011 in der ausgewiesenen Hochwasserzone befand, wurde ebenfalls renaturiert. Zusätzlich wurde der dort von Bleirückständen belastete Boden im Zuge eines Altlastensanierungsprojekts

abgetragen und fachgerecht entsorgt. Ein un genutzter Fußballplatz war während der Bau phase ein integraler Bestandteil des Materialbe wirtschaftungskonzepts. Nach Abschluss der Bauarbeiten wurde auf der neu geschaffenen Geländeterrasse eine für die Landwirtschaft op timal nutzbare Fläche zur Verfügung gestellt. Auch zwei neue Teiche wurden im Zuge der ökologischen Ausgleichsmaßnahmen angelegt. Die Teiche bilden ideale Lebensräume für zahl reiche bedrohte Tier- und Pflanzenarten, au ßerdem dient der Bereich bei sehr starken Hochwasserereignissen als Retentionsraum.

Ein weiterer von Hangwasser und einer kleinen Zuleitung gespeister Teich wurde auf der rech ten Seite der Lonza angelegt. Dieser bietet ein natürliches Habitat mit optimalen Bedingun gen für amphibische Lebewesen wie den Gras frosch oder den Bergmolch. „Es bereitet mir Freude und macht mich auch ein bisschen stolz, dass die vielfältigen ökologischen Aus gleichsmaßnahmen von der Tier- und Pflan zenwelt sowie der Bevölkerung sehr gut ange nommen werden“, sagt der Projektleiter.

WASSERKRAFTPROJEKT IM LÖTSCHENTAL EIN VOLLER ERFOLG

Die Inbetriebnahme des Kraftwerks und der anschließende Probebetrieb erfolgte im Herbst des Vorjahres, seit dem Frühjahr 2022 läuft die Anlage im Regelbetrieb. „Glücklicherweise wurden die Bauarbeiten von größeren Unwet tern oder Hochwasserereignissen verschont, wodurch das Projekt in der geplanten Zeit fertiggestellt werden konnte. Wegen der anhal tend trockenen Witterung wird der Stromer trag im ersten Betriebsjahr etwas geringer aus fallen als erwartet. Hinzu kamen enorme Mengen an Geschiebetrieb während der Som mermonate. Die deswegen häufigen Spülvor gänge an der Wasserfassung wirkten sich na türlich ebenfalls auf die Energieproduktion aus. Zur Optimierung des Geschiebemanage ments sind noch weitere Maßnahmen notwen dig – das ist bei neuen Kraftwerken in ihren ersten Betriebsjahren keine Seltenheit. Im Großen und Ganzen kann man definitiv von einem gelungenen Projekt sprechen“, resü miert Patrick Manz.

Oktober 2022 55 HYDROProjekte
Visualisierung der Kraftwerkssteuerung BKW-Projektleiter Patrick Manz
Entlang des ca. 1,5 km langen Projektgebiets wurden eine ganze Reihe von ökologischen Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt.
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OPTIMALES NETWORKING-UMFELD BEIM 25. INT. ANWENDERFORUM KLEINWASSERKRAFTWERKE

Von 22. bis 23. September hatte das Internationale Anwenderforum Klein wasserkraftwerke seine Pforten im Campus Technik der TU Innsbruck geöffnet. Zur 25. Auflage der traditi onsreichen Veranstaltung hatten sich einmal mehr zahlreiche Wasserkraftin teressierte eingefunden, um neue Kontakte in der Branche zu knüpfen oder die alten zu pflegen, sowie um vom gewohnt hochwertigen Vortragspro gramm zu profitieren. Dabei stellte das Event auch in diesem Jahr unter Be weis, dass es dank der lebendigen Dis kussionskultur den Ruf eines sehr span nenden Kleinwasserkraftforums nicht umsonst genießt. Abgerundet wurde das zweitägige Programm am Freitag nachmittag durch zwei Exkursionen zu aktuellen Wasserkraftprojekten.

Nachdem im Vorjahr das 24. Internatio nale Anwenderforum Kleinwasserkraft werke im Südtiroler Brixen erfolgreich über die Bühne gegangen war, sollte in diesem Jahr die Tiroler Hauptstadt Innsbruck zum Treffpunkt für die deutschsprachige Kleinwas serkraftbranche in diesem Rahmen werden. Die Veranstalterin, Conexio-PSE-GmbH, hatte mit der Technischen Universität Inns bruck dabei einen Ort gewählt, der einerseits für das Thema geradezu prädestiniert und der anderseits aus allen Richtungen sehr gut zu erreichen ist. Dem entsprechend spiegelte sich auch die Zusammensetzung der Teilnehmer wider, die vorrangig aus Österreich, der Schweiz, Südtirol und Deutschland kamen.

RAHMENBEDINGUNGEN UND STATUS QUO

Das Einführungsreferat übernahm quasi der „Hausherr“, der fachliche Leiter Prof. Dr.

Markus Aufleger, der in seinem Vortrag geo graphisch einen weiten Bogen bis ins mittel amerikanische Ecuador spannte. Dabei ge lang es ihm, den technischen Hintergrund des Kraftwerks mit den sozialen Umständen in der ländlichen Region zu verknüpfen –und dabei die Bedeutung der Kleinwasser kraft für die Menschen in diesen abgelegenen Landstrichen herauszuarbeiten. Ihm folgte Philipp Hawlitzky, Geschäftsführer Arbeits gemeinschaft Wasserkraftwerke NRW e.V., ans Rednerpult. In seinem Vortrag lieferte Hawlitzky Infos zum Status Quo der deut schen Wasserkraft und erläuterte dabei auch die Entwicklung der letzten Monate. Als Schweizer Pendant dazu lieferte Matteo Bo nalumi vom Schweizer Bundesamt für Ener gie danach in seinem Referat einen Überblick über die Rahmenbedingungen am Schweizer Wasserkraftsektor. Mit einer Skizzierung des

Südtiroler Wasserkraftmarkts durch Dr. Wal ter Gostner, GF von Ingenieure Patscheider & Partner, und einer anschließenden Diskus sionsrunde endete der erste Referatsblock, durch den sich die Frage nach dem Status Quo der Kleinwasserkraft in den einzelnen Ländern wie ein roter Faden zog.

NEGATIVE EINFLÜSSE VERMEIDEN

Der Nachmittag des ersten Veranstaltungsta ges stand dann ganz im Zeichen konkreter Anwendungsbeispiele im Hinblick auf die „Vermeidung und Reduktion negativer Ein flüsse der Kleinwasserkraft“. Nach der Ein führung durch Prof. Dr. Stephan Theobald von der Universität Kassel erläuterte Dr. Bernhard Monai, Geschäftsführer der Wasser wirt-Projektmanagement GmbH, seine Er fahrungen mit der patentierten Fischlift schleuse. Danach stellte Dr. Stefan Jocham

56 Oktober 2022 VeranstaltungHYDRO
Foto: zek Foto: zek Foto: Conexio-PSE Foto: Conexio-PSE Der Campus Technik der TU Innsbruck bildete in diesem Jahr den geeigneten Rahmen für die 25. Auflage des Internationalen Anwenderforums Kleinwasserkraftwerke. Aussteller und Besucher nutzten die gute Gelegenheit des 25. Internationalen Anwenderforums Kleinwasserkraftwerke, um alte Kontakte zu pflegen und neue zu knüpfen.

Die Referenten der Eröffnungssitzung

von der TU Innsbruck eine luftgestützte Form der Vermessung und 2D-Fließgewässer modellierung vor, die als Bewertungs- und Prognosewerkzeug im Umfeld der Wasser kraft dienen soll. Nach dem Vortrag von Dr. Johannes Wesemann vom VERBUND, der ein geplantes Renaturierungsprojekt an der Unteren Salzach präsentierte, folgten noch drei Referate, die vor allem erfolgreiche Pro jektverläufe zum Inhalt hatten: Der Kraft werksbetreiber Fritz Eberlein schilderte die interessante Umsetzung eines Kleinkraftwerks an der Berchtesgadener Ache, Dr. Walter Gostner erläuterte in seinem zweiten Vortrag die Synergieeffekte von Mehrzweckanlagen, die versteckte Potenziale aufweisen, und Ru ben Tutzer von der TU Innsbruck referierte zum Thema Fischschutz an Speichern mit dem Fallbeispiel des Weißbrunnsees in Süd tirol. Nach einer abschließenden Diskussion und einem feinen Bierumtrunk im Ausstel lungsbereich stand letztlich nur mehr ein Pro grammpunkt auf der Tagesordnung: Das ge

meinsame Abendessen, das im Innsbrucker Stiegl-Bräu in urig-gemütlicher Atmosphäre eingenommen wurde.

KNOW-HOW IN DER PRAXIS

Tag zwei war wiederum geprägt von prakti schen Anwendungen. Im Themenblock „An lagenumbau und -optimierung“ machte Urs Bucher von der Korporation Kerns den An fang mit der Vorstellung eines Monitorsys tems für Kleinkraftwerke, gefolgt von der branchenbekannten Juristin Dr. Bettina Geisseler, die zum Thema „Erfolgsfaktoren & Fallstricke beim Umbau und bei der Ertüchtigung von (Klein-)Wasserkraftwerken“ refe rierte. Abgerundet wurde der erste Themen block vom Vortrag des Rittmeyer Österreich Geschäftsführers, Wolfgang Kaiblinger, der einen Vortrag zum Thema „Digitale Vernet zung und Darstellung der Daten“ hielt. The matisch ging es dann noch mit technischen Neu- und Weiterentwicklungen weiter. In diesem Rahmen ging Prof. Dr. Helmut Be

nigni von der TU Graz näher auf Funktion, Geschichte und Weiterentwicklungen beim Saugrohr ein. Danach stellte der bekannte Planungsingenieur DI Christian Eberl mit dem Kraftwerk Sellrain eines der neuesten Kraftwerksprojekte Tirols vor. Und den Ab schluss machte schließlich Dr. Jürgen Schif fer-Rosenberger von der Jaberg&Partner GmbH, der im letzten Tagungsreferat die eindrucksvolle Leistungssteigerung dank CFD-basierter Laufradoptimierung im Kraft werk Oismühle näher erläuterte. Nach einer eingehenden Frage- und Diskussionsrunde wurden die beiden Exkursionsziele vorgestellt und der beste Vortrag der Tagung prämiert. Ausgezeichnet wurde in diesem Jahr Dr. Wal ter Gostner von Patscheider & Partner, der nicht nur enormes Know-how und Fachwis sen unter Beweis stellte, sondern auch, dass er selbiges gut und anschaulich vermitteln kann.

ABSCHIED MIT „GOOD VIBES“

Als echte Highlights der zweitägigen Veran staltungen entpuppten sich einmal mehr die abschließenden Exkursionen, die optional zum Kraftwerk Sellrain oder zum neuen Kraftwerk Tumpen-Habichen im Ötztal führ ten. Bei besten äußerlichen Bedingungen konnten die Teilnehmer dabei hautnah prak tische Lösungen und Anwendungen in der Wasserkraft auf dem Letztstand der Technik erleben. Dass in diesem Rahmen auch genug Platz für „Wasserkraft-Small-Talk“ blieb, ver steht sich von selbst. Mit vielen positiven Ein drücken, jeder Menge „good Vibes“ und neu en Informationen nahmen die Teilnehmer Abschied vom 25. Internationalen Anwen derforum Kleinwasserkraftwerke, das dank seines gelungenen Konzepts sicher auch 2023 wieder zum Anziehungspunkt für Wasser kraft-Interessierte werden wird. Mehr dazu unter: www.kleinwasserkraft-anwenderforum.de

HYDROVeranstaltung Oktober 2022 57
Foto: Conexio-PSE
Foto: Conexio-PSE Foto: Conexio-PSE
Prof. Dr. Markus Aufleger, Matteo Bonalumi, Dr. Walter Gostner, Philipp Hawlitzky und Prof. Dr. Stephan Heimerl (v.l.) Angeregte Unterhaltung in der Kaffeepause Premium-Sponsoren wie die Firma Rittmeyer stellten ihre Produkte vor.

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58 Oktober 2022
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ERNEUERTES KRAFTWERK ROTGÜLDEN LIEFERT UM ZWEI DRITTEL MEHR STROM

Bei günstigen Witterungsbedingungen für den Betrieb eines Wasserkraftwerks fand am 16. September die offizielle Einweihung des neuen Kraftwerks Rot gülden im Salzburger Lungau statt. Zahlreiche Ehrengäste waren in das hintere Murtal gekommen, um dem Festakt für das rundumerneuerte Kraftwerk beizuwohnen. Der Betreibe rin Salzburg AG war es gemeinsam mit den beauftragten Unternehmen gelun gen, das Traditionskraftwerk aus den 1950er Jahren innerhalb von andert halb Jahren Bauzeit auf den Letztstand der Wasserkrafttechnik zu bringen. Da rüber hinaus konnte durch die Verle gung des Krafthauses bachabwärts der Jahresertrag um beachtliche 66 Prozent gesteigert werden. Damit lassen sich 1.300 zusätzliche Salzburger Haushal te mit Strom versorgen.

Der Nieselregen hatte keinerlei Einfluss auf die gute Stimmung im Festzelt in Hintermuhr, wo die Salzburg AG Mit te September die Wiederinbetriebnahme des Lungauer Traditionskraftwerks Rotgülden gemeinsam mit der Bevölkerung der 500-Einwohner-Gemeinde Muhr und zahl reichen Vertretern aus Politik, Wirtschaft so wie den beteiligten Unternehmen feierte. Der Tenor der Festansprachen war allerdings durchaus ernst. Sowohl der scheidende Ge neraldirektor der Salzburg AG Dr. Leonhard Schitter, als auch der Landesrat für Energie Dr. Josef Schwaiger betonten die Bedeutung der erneuerbaren Energien für die Energie unabhängigkeit angesichts der aktuellen geopolitischen Situation im Allgemeinen und von Revitalisierungsprojekten wie dem Kraftwerk Rotgülden im Speziellen. Schitter: „Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist das Gebot der Stunde. Je regionaler wir unse re Energie erzeugen können, desto unabhän giger sind wir. Das Erweiterungsprojekt hier in Rotgülden ist ein Meilenstein. Es zeigt, wie man aus dem Alten das Neue fortsetzen und weiterentwickeln kann.“ Ganz ähnlich äußerte sich Josef Schwaiger in seiner Festre de. Er bezeichnet die Wasserkraft als die „Schlagader unserer Energieerzeugung“ und sagte: „Jede schwierige Zeit birgt auch eine

Chance, sich noch besser aufzustellen. Wenn wir nicht das Beste aus dem machen, was wir haben, geben wir ein Stück Zukunft unserer Kinder aus der Hand.“

ENDE FÜR SCHWALL-SUNK-PROBLEM

Für den Lungau, den südlichsten Bezirk des Landes Salzburg, stellte die lokale Wasserkraft schon immer das Rückgrat seiner Elektrizi tätsversorgung dar. Untrennbar verbunden ist diese Geschichte mit den Kraftwerken der Salzburg AG, die hier seit vielen Jahrzehnten Strom erzeugt. Bereits kurz nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Kraftwerk Murfall er richtet, von dem aus die flächendeckende Stromversorgung im Lungau ihren Ausgang nahm. Mitte der 1950er Jahre folgte das Kraftwerk Rotgülden, das ursprünglich sein Wasser aus dem Stausee Rotgülden bezogen hatte. Der steigende Strombedarf in den 1960er Jahren machte eine Erweiterung des Kraftwerks erforderlich. Nun konnte das Kraftwerk auch Wasser aus dem Plölitzenspei cher beziehen. Als zwischen 2006 und 2008 das 1991 gebaute Kraftwerk Hintermuhr zu einem Pumpspeicher-Kraftwerk adaptiert

wurde, das fortan den Stausee Rotgülden als oberes Speicherbecken nutzte, versiegte für das Kraftwerk Rotgülden die Wasserzufuhr aus dem gleichnamigen Stausee. Erhalten blieb nur die Wasserzufuhr aus dem Plölitzen speicher, einem klassischen Tagesspeicher. Dadurch wurde eine der beiden installierten Turbinen im alten Kraftwerk überflüssig. Ei ner von mehreren Gründen, warum die Salz burg AG eine Erneuerung des Kraftwerks anstrebte. Ein anderer war das Thema Schwall-Sunk: Schließlich waren bedingt durch den bedarfsgeregelten Betrieb mit dem Tagesspeicher häufig ökologisch bedenkliche Durchflussschwankungen im Bachbett aufge treten. Und noch ein weiterer Umstand ver langte Handlungsbedarf: Die alte Leittechnik entsprach nicht mehr dem Stand der Technik und musste an die modernen Anforderungen der Wasserkraft angepasst werden.

FALLHÖHENGEWINN VON 80 METER

Zwischen 2017 und 2018 entwickelte die Salz burg AG das Konzept für eine komplette Er neuerung des Kraftwerks, woraus eine deutli che Kapazitätssteigerung resultieren sollte. „Im

HYDROProjekte Oktober 2022 59
Das Lungauer Kraftwerk Rotgülden der Salzburg AG wurde einer Rundum-Erneu erung unterzogen. Die neue Anlage liefert nun um zwei Drittel mehr Ökostrom. Foto: BRAUN Foto: zek Foto: zek

Wesentlichen bestand das Konzept darin, den alten Kraftwerksstandort stillzulegen und das neue Maschinenhaus rund 2,3 Kilometer weiter flussab, kurz oberhalb des Öllschützenspeichers zu errichten. Damit konnten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Zum einen wurde eine massive Leistungssteigerung durch einen Fallhöhenzugewinn von rund 80 m – und darüber hinaus noch die Beseitigung des Schwall-Sunk-Problems in der Ausleitungsstre cke erreicht“, umreißt der Projektleiter für die Elektrotechnik des neuen Kraftwerks Rotgül den, Simon Schernthanner, das Konzept.

ZÜGIGER BAUVERLAUF

Kurz nach Ostern 2021 fiel der Startschuss für die Bauarbeiten, die vom Salzburger Bauunter nehmen ETM Bau aus dem Pinzgauer Fusch umgesetzt wurden. Mit dem Baustart am neu en Krafthaus wurde in der Folge auch die neue 2,3 km lange Druckrohrleitung von unten nach oben verlegt. So konnte das alte Kraft haus das gesamte Frühjahr und den Sommer 2021 hindurch noch in Betrieb bleiben. Erst im Herbst, nachdem das ETM-Team die Rohr leitung fast bis zum alten Krafthaus verlegt hat te, wurde das alte Kraftwerk endgültig abge stellt. Nach dem Abbruch des alten Krafthauses folgte anschließend der Zusammenschluss von alter und neuer Leitung. Am bestehenden Ho rizontalstollen mit Schrägschacht und dem an schließenden, rund 100 m langem Stahlrohr wurde – abgesehen von einer Erneuerung des Korrosionsschutzes – nichts verändert. Wo das Stahlrohr endet, setzt die neue Rohrleitung aus GFK-Druckrohren DN1100 an, die vom ös terreichischen Rohrspezialisten Etertec gelie fert wurden. Im Wesentlichen wurden die neu en Druckrohre von der Firma ETM entlang der Gemeindestraße ohne Hoch- und Tief punkt unterirdisch verlegt. Zeitgleich konnte das neue Maschinenhaus oberhalb des Öll schützenspeichers aufgezogen werden. „Die Arbeiten verliefen generell zügig und ohne nennenswerte Probleme“, resümiert Simon

Schernthanner zufrieden. Am 6. Dezember letzten Jahres wurde die Druckprüfung mit ei ner Belastung von 40 Prozent über dem Be triebsdruck erfolgreich absolviert. Innerhalb eines Jahres konnten sämtliche Bauarbeiten im Wesentlichen abgeschlossen werden.

ANLAGE MIT BESONDEREN QUALITÄTEN

Im Rahmen der Planung und Projektumset zung konnte die Salzburg AG mit ihrem erfah renen Kraftwerksteam selbst sehr viel Knowhow und damit auch die eigenen Vorstellungen optimal einbringen, wie Schernthanner im In terview betont: „Unser Team hat bereits im Vorfeld einige Besonderheiten des Kraftwerks berücksichtigt. Wichtig war etwa die Berück sichtigung der Druckstoßproblematik, die bei einer Rohrleitung dieser Länge immer eine Rol le spielt. Um die erforderlichen Sicherheitsre serven zu schaffen, wurden kurze Düsenstellzei ten und ein schneller Strahlablenker bei der neuen 6-düsigen Peltonturbine gefordert und auch umgesetzt. Zu diesem Zweck wurden vom Kraftwerksteam der Salzburg AG auch entspre

chende numerische Simulationen durchge führt. Eine weitere Besonderheit der Anlage in Hintermuhr ist ihre Inselbetriebs- und Schwarz startfähigkeit. Eigenschaften, die bereits das alte Kraftwerk auszeichneten und nun auch in der Neuauflage realisiert wurden. „Der Ort Hinter muhr wird über eine 30 kV-Stichleitung mit Strom versorgt. In der Vergangenheit hatten Unwetter immer wieder zu Unterbrechungen in der Freileitung geführt. Daher war die Inselbe triebsfähigkeit des Kraftwerks seit jeher uner lässlich“, so der Projektleiter E-Technik. Die Schwarzstartfähigkeit wird über einen Not strom-Dieselgenerator gewährleistet.

EINHEBEN ALS MILLIMETERARBEIT

Bereits im September letzten Jahres waren die Arbeiten am neuen Maschinenhaus soweit ge diehen, dass die ersten Komponenten des neu en Maschinensatzes, konkret das Turbinenge häuse, eingebaut werden konnten. Über die dafür vorgesehene Dachaussparung wurde das 13,5 t schwere Bauteil mittels eines Mobilkrans behutsam eingehoben und millimetergenau an

60 Oktober 2022 ProjekteHYDRO
Am 16. September wurde das neue Kraftwerk Rotgülden eingeweiht und entsprechend gefeiert. Ganz rechts: Segnung der Anlage durch Pfarrer Mag. Peter Schwaiger. Landesrat Josef Schwaiger, Salzburg AG CEO Leonhard Schitter, Salzburg AG Vorständin Brigitte Bach und Bürgermeister Muhr Hans-Jürgen Schiefer bei der Eröffnung des Kraftwerks Rotgülden im Lungau (v.l.)
Fotos: zek
Foto: Salzburg AG

seinen Bestimmungsort gehievt. Das Gehäuse mit einem Durchmesser von 4,5 Metern ist eine geschweißte Stahlkonstruktion, geliefert vom renommierten Wasserkraftunternehmen Voith Hydro, die aus hoch robusten Stahlble chen mit einer Stärke von 0,75 cm gefertigt wurde. Das Turbinengehäuse mit den 6 Öff nungen für die Zuleitungsrohre wurde in der Folge zur Gänze einbetoniert. Es trägt die Last des darauf montierten 39 Tonnen schweren Ge nerators, der Ende Januar dieses Jahres geliefert und auf die selbe Weise ins Krafthaus eingeho ben wurde. Der Generator weist einen Wir kungsgrad von über 98 Prozent aus und stellt somit sicher, dass die Energie des Triebwassers möglichst verlustfrei in Elektrizität verwandelt wird. Nachdem der Generator erfolgreich ins talliert war, konnten die Düsen montiert wer den, bevor die elektrotechnischen Montage arbeiten beginnen konnten. Die neue Peltonturbine von Voith Hydro ist bei einer Ausbauwassermenge von 3,07 m3/s auf eine Gesamtleistung von 4,7 MW ausgelegt. Mit ih ren 6 Düsen ist sie perfekt auf das schwankende Wasserdargebot der Mur in diesem Bereich aus gelegt. Sie ersetzt den Altbestand, eine Francisund eine Peltonturbine aus den 1950ern.

AUGENMERK AUF NEUER LEITTECHNIK

Im Februar wurden in weiterer Folge die Schaltschränke angeliefert, damit konnte die elektrotechnische Montage richtig durchstar ten. Der neuen Leittechnik kam besonders

hoher Stellenwert zu. Sie wurde vom Bran chenspezialisten Rittmeyer Österreich reali siert, in dessen Lieferumfang die Leittech nik-Schaltschränke, die Eigenbedarfs- und Hilfsbetriebsverteiler sowie die Gleich- und Wechselrichteranlage fielen. Hinzu kamen noch die Verkabelung, die Batterieanlagen und die Montagearbeiten. Bereits im Spätherbst 2021 hatte das Team von Rittmeyer die elekt rische Ausrüstung für den bestehenden Spei cher Plölitzen komplett erneuert und neue Pegelmessungen installiert. Trotz Einschrän kungen im Arbeitsablauf bedingt durch Co vid-Restriktionen verliefen auch die elektround leittechnischen Arbeiten zügig und professionell. Bereits Ende März konnte mit den ersten Trockentests in der neuen Anlage begonnen werden. Im Sommer folgte schließlich das Andrehen der neuen Maschine und die Produktion der ersten Kilowattstunden im neuen Kraftwerk.

WASSERKRAFT IM EINKLANG MIT DER NATUR

Rund 11,5 Millionen Euro hat die Salzburg AG in das Revitalisierungs- und Erweiterungs projekt investiert. Am Ende konnte nicht nur

ein energiewirtschaftlicher Fortschritt, son dern darüber hinaus auch ein ökologischer er zielt werden. Durch den Umbau und die da mit verbundene Rückleitung des Wassers in den Öllschützenspeicher wird nun die Schwallbelastung in den Gewässerabschnitt zur Gänze vermieden. Die zur Hangsicherung eingebauten Stahl- und Betonbewehrungen sind längst begrünt, und dort wo das alte Krafthaus stand, wurde ein Biotop angelegt. Um die Einhaltung sämtlicher Umwelt- und Qualitätsstandards sicherzustellen, arbeitet die Salzburg AG eng mit ÖkologInnen, Gewässer schutz- sowie Landschafts- und Natur schutz-ExpertInnen aus der Region zusam men. Das vollständige erneuerte Kraftwerk auf 1.200 m Seehöhe liefert von nun an mehr als 10 GWh sauberen Strom im Regeljahr ans Netz. Das bedeutet einen Ertragszugewinn von rund zwei Dritteln. Heute versorgt die Anlage ca. 3.000 Haushalte mit Strom aus heimischen Ressourcen. Die Investition in bestehende Kraftwerksstandorte, um diese mit neuer Tech nik noch effizienter zu machen, ist Teil der Energiestrategie der Salzburg AG. Das neue Kraftwerk Rotgülden ist der beste Beleg dafür.

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Standort Salzburg: 5672 Fusch an der Großglocknerstraße, Achenstr. 1 Niederlassung Kärnten: 9821 Obervellach 129 Tel. +43(0)6546/22608 · Fax +43(0)6546/22608-20

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• Kraftwerkstyp: Tagesspeicher-Kraftwerk • Einzugsgebiet: 16,40 km2 n Fallhöhe: 188 m • Maximale Ausbauwassermenge: 3,07 m3/s • Turbine: 6-düsige Pelton n Fabrikat: Voith Hydro • Engpassleistung: 4,7 MW • Generator: Synchrongenerator n Fabrikat: ELIN Voith • Druckrohrleitung: GFK Länge: 2.300 m Durchmesser: DN1100 • Rohrlieferant: Etertec/JSW Handelsvertretung • E-Technik & Steuerung & Automatisierung: Rittmeyer • Bauarbeiten Hoch- und Tiefbau: ETM Bau • Regelarbeitsvermögen: 10 GWh Technische Daten Rückbau der Altanlage: Die installierten Turbinen stammten aus den 1950er Jahren. Ein neues Anschlussstück für die neue Druckrohrleitung wird installiert. Foto: ETM Foto: ETM

Im Kraftwerk Rotgülden kommt unter anderem die RISONIC clamp-on Lösung von Rittmeyer zum Einsatz. Die Clamp-on-Sensoren ermögli chen eine nicht-intrusive Durchflussmessung von hoher Exaktheit.

MODERNE DURCHFLUSSMESSUNG SORGT FÜR BETRIEBSSICHERHEIT IM KRAFTWERK ROTGÜLDEN

Ohne moderne Durchflussmesssysteme wäre Wasserkraftnutzung heute undenkbar. Beim neu errichteten Wasserkraftwerk Rotgülden, das unlängst von der Salzburg AG eröffnet wurde, vertrauen die Betreiber im Hinblick auf den hydraulischen Schutz auf RISONIC Durchflussmesssysteme, ein Produkt aus dem Hause Rittmeyer. Konkret wurden für die Überwachung zwei unterschiedliche Messsysteme auf Basis der Ultraschall-Durchflussmesstechnik eingesetzt. Die hierbei gewonnenen Da ten stellen das Fundament für eine sichere Betriebsführung des Kraftwerks dar.

Wie viel Wasservolumen pro Zeitein heit einen Rohrquerschnitt passiert, gehört in Wasserkraftwerken zu den absolut wichtigsten Messgrößen, von denen viele weitere Parameter abhängig sind. Daher legen Betreiber heute wenig überraschend großen Wert auf moderne Durchflussmesssys teme, die auch unter schwierigen äußeren Be

dingungen exakte und belastbare Daten lie fern. Das neue Kraftwerk Rotgülden steht als eines von vielen Referenzbeispielen, in denen hoch moderne Ultraschallmesssysteme zum Einsatz kommen. Um den hydraulischen Schutz der Rohrleitung zu gewährleisten, wur de am ehemaligen Standort des alten Maschi nenhauses, wo die neue Druckrohrleitung an

das letzte Stück der bestehenden Stahlrohrlei tung anschließt, ein eigener neuer Mess schacht errichtet. Hier am „Standort Rohr brücke“ wurde die vielfach bewährte RISONIC 2P Durchflussmessung aus dem Hause Rittmeyer installiert. Genau genom men handelt es sich dabei um eine intrusive Variante der Durchflussmessung. Das heißt: Die Sensoren werden in diesem Fall direkt in die Wand des Druckrohrs eingeschraubt. Sie müssen dabei großen Belastungen standhalten und absolut wasserdicht sein. Die Firma Ritt meyer AG beschäftigt sich seit mittlerweile mehr als 100 Jahren mit der dem Thema Hy drometrie und Messtechnik in der Wasserkraft und hat in dieser Zeit weltweit knapp 3.000 Ultraschall-Durchflussmessungen installiert. Gründe genug, warum sich die Betreiberin für Durchflussmesssysteme aus dem Hause Ritt meyer entschied.

NICHT-INTRUSIVE DURCHFLUSSMESSUNG

Ein anderer Grund, der für den Einsatz der Rittmeyer-Durchflussmesssysteme sprach: Der Entfall von Schnittstellenproblemen.

62 Oktober 2022 SchwerpunktHYDRO
Grafik: Rittmeyer
Je mehr Pfade eine Messung umfasst, desto höher ist die Genauigkeit der Durchflussmessung

Der Instrumentation Controller ist ein vielseitiges Messgerät mit zahlreichen Funktionen.

Mess- und Leittechnik in einer Hand zu belas sen, bringt gerade unter diesem Gesichtspunkt markante Vorteile. Zudem kannten die Betrei ber bereits die Systeme. Schließlich waren im benachbarten „Schwesterkraftwerk“ Hinter muhr ebenfalls RISONIC Durchflussmesssys teme erfolgreich im Einsatz. Als zweite Messeinheit wurde an der Messstel le Kraftwerk das RISONIC Compact 2P Sys tem Clamp On installiert. Im Gegensatz zur anderen Messeinheit handelt es sich dabei um ein neuartiges System, das mit Clamp-On Sensoren eine nicht-intrusive Durchfluss messung ohne jegliche Betriebsunterbrechung ermöglicht. Basis dafür ist ein einfaches Mon tagekonzept: Zu diesem Zweck wird ein Ma gnetrahmen für die Clamp-On-Sensoren ent weder mittels Spannbänder oder Klebstoff an der Rohraußenwand fixiert. Damit sind ent weder temporäre oder permanente Installatio nen der Sensoren möglich. Ein besonders ein faches Handling des Messsystems war ein Ziel der Ingenieure der Firma Rittmeyer.

MESSUNG OHNE BETRIEBSUNTERBRECHUNG

Grundsätzlich beruht das Messverfahren bei der eingesetzter RISONIC Varianten auf dem bewährten und hochpräzisen Ultraschall-Lauf zeitverfahren. Dabei misst das System die Fließgeschwindigkeit des Wassers in beiden Fließrichtungen. Daraus ermittelt es dann die Durchflussrate und das Volumen – mit einer Genauigkeit von +/-1 Prozent. Der große Vor

teil des Messsystems mit den Clamp-On Sen soren: Sowohl für die Installation als auch für die Inbetriebnahme ist keine Betriebsunter brechung erforderlich, was für die Wirtschaft lichkeit des Produkts spricht.

Ein weiterer Pluspunkt des RISONIC com pact liegt in der Einfachheit der Bedienung. Das System verfügt über modernste Kommu nikationsprotokolle und Schnittstellen und erlaubt eine nahtlose Integration in diverse

Prozessleitsysteme. Es bietet eine Web-Ober fläche, die eine schnelle Konfiguration u.a. auch über WIFI ermöglicht. Zudem unter stützen erweiterte Diagnosefunktionen den Anwender bei der Messung und der Auswer tung. Natürlich kann das RISONIC compact auch via Fernzugriff gesteuert und überwacht werden. Das neue Messsystem setzt damit Maßstäbe in der nicht-invasiven Durchfluss messung und erfreut sich zusehends größeren Zuspruchs.

SYSTEM MIT VIELEN OPTIONEN

Die in den Messsystemen gewonnenen Daten können in Echtzeit über eine Ethernet-Schnitt stelle an das Prozessleitsystem übergeben wer den. Dazu verfügt das RISONIC compact über modernste Kommunikationsprotokolle und weist eine Vielzahl an Funktionen auf. Der Verbindungsaufbau zwischen dem Para metriergerät und der Auswerteeinheit ist ein fach über W-LAN möglich. Kein Kabel und keine spezielle Einstellung am Parametrierge rät sind dafür notwendig. Die inkludierte Pa rametrie-Software ermöglicht die Erstellung einer Diagnosedatei, in der alle aktuellen Da ten der Messung gespeichert werden. Auf Basis dieser Daten kann die Messung analysiert oder auch eine Optimierungen in der Parametrie rung vorgenommen werden. Darüber hinaus sind im RISONIC compact noch Funktionen zur Systemdiagnose eingebaut.

Die beiden unterschiedlichen Varianten der RISONIC Durchflussmessung und die damit gewonnenen Messdaten stellen die Grundlage für den hydraulischen Schutz des neuen Kraft werks dar – exakt, zuverlässig und einfach zu bedienen.

Am Standort „Rohrbrücke“ installierte das Team von Rittmeyer auch ein intrusives Durchflussmesssystem. Messsensoren vom Typ A werden dabei in die Rohrwand eingesetzt. Sie sind somit einem direkten Kontakt mit dem Medium ausgesetzt.

Mehr Infos dazu unter: www.rittmeyer.com

HYDROSchwerpunkt Oktober 2022 63
Foto: BRAUN Grafik: Rittmeyer Grafik: Rittmeyer

AKUSTISCHE DURCHFLUSSMESSUNG MIT MEHREREN PFADEN WIRD STATE OF THE ART

Moderne Wasserkraftnutzung ohne hochexakte Durchflussmesssysteme wäre heute nicht vorstellbar. Die damit gewonnenen Daten liefern die Grundlage für diverse steuerungs- oder sicherheitstechnische sowie auch ökologische und optimierungsrele vante Belange. Dabei haben gerade akustische Durchflussmesssysteme auf Ultraschallbasis in den letzten Jahren eine enorme Entwicklung erfahren. Speziell die Nutzung mehrerer akustischer Signale und die damit verbundene Möglichkeit der Selbst diagnose haben durch zahlreiche Vorteile, wie etwa Exaktheit, Verschleißfreiheit, geringe Betriebs- und Wartungskosten oder auch Langzeitstabilität, zahlreiche Anwender überzeugt.

D

ie Verfügbarkeit von Wasser in quanti tativer und qualitativer Hinsicht ist ein Schlüsselfaktor für die Wirtschaft jeder Region der Welt. Neben der häuslichen Nutzung wird Wasser ebenso für die land wirtschaftliche Bewässerung, als Medium für industrielle Prozesse und als Fluid zur Ener gieerzeugung bzw. als Kühlmittel verwendet. In Anbetracht der Tatsache, dass die global verfügbare Wassermenge konstant ist, die landwirtschaftliche Bewässerung 69% und die Industrie inkl. Energieerzeugung 18% des Wassers für den menschlichen Gebrauch in Anspruch nehmen, wird die Nachfrage nach Süßwasser durch das Bevölkerungswachstum und die zunehmenden Lebensstandards die vorhandenen Wasserressourcen unweigerlich weiter belasten. Studien prognostizieren ein Defizit zwischen Verbrauchern und dem welt weiten Wasserdargebot von -40% allein bis zum Jahr 2030 (Quelle: The 2030 Water Re sources Group).

Neben der landwirtschaftlichen Bewässerung wird für die Industrie- und Energieprodukti on ein starker Anstieg der Wassernachfrage

vorausgesagt. Die beschleunigte Urbanisie rung und der Ausbau der kommunalen Was serversorgungs- und Abwassersysteme tragen zusätzlich zu einer steigenden Nachfrage bei. Die Konkurrenz um Wasserressourcen wird hierdurch insbesondere zwischen der land wirtschaftlichen Bewässerung und der Indus trie zunehmen, da die landwirtschaftliche Bewässerung das Süßwasser ineffizient (45%) nutzt.

IN VIELEN ANWENDUNGEN GEFRAGT

Hochgenaue Durchflussmessungen werden in allen Bereichen an Bedeutung gewinnen: Nicht nur in der landwirtschaftlichen Bewäs serung, sondern auch im Bereich der Industrie zur Prozessoptimierung sowie zur Ab rechnung der Einleitung in das kommunale Abwassernetz, im Bereich der Energieerzeu gung bei der Verwendung von Kühlwasser, im Bereich der Wasserkraft und nicht zuletzt im Bereich Abwasser, zur Stauraumbewirt schaftung und der Aufbereitung für die Be wässerung von Stadtgrün, für die Straßenrei nigung und für häusliches Betriebswasser.

• Ganz egal wo: Hochgenaue Durchfluss messungen helfen, bestehende Systeme zu verstehen, die tatsächlichen Wasserverluste in Kanälen oder Leitungen zu lokalisieren, Pro zesse zu optimieren, Versorgungsnetze zu steuern und eine faire Abrechnung zu ge währleisten.

• Es reicht nicht mehr, ein Durchflussmess system zu installieren, das in einem Labor unter bestimmten Bedingungen getestet wur de. Vielmehr werden heute Messgeräte benö tigt, die ohne Kalibrierung vor Ort und unter den dort herrschenden Bedingungen eine hohe Messgenauigkeit erzielen.

• Jeder Tropfen zählt, damit in Zukunft alle Nutzer genügend Wasser haben!

AKUSTISCHE DURCHFLUSSMESSUNGEN

Akustische Durchflussmesssysteme (Ultra schall) haben in den letzten Jahren eine enor me Entwicklung erlebt. Insbesondere die Ein führung mehrerer akustischer Pfade sowie die Möglichkeit der Selbstdiagnose führten zu

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Systeme der akustischen Durchflussmessung sind seit langer Zeit als sehr genaues und zuverlässiges Verfahren für die Bestimmung des Wirkungsgrades von Turbinen etabliert. Fotos: GWF

einer hohen Akzeptanz im Markt. Mehrere akustische Pfade erfassen die Strömungsge schwindigkeit im Querschnitt an mehreren Positionen und liefern so eine sehr hohe Mess genauigkeit. Bei gestörten Strömungsprofilen können die sonst üblichen Ein- und Auslauf strecken reduziert werden. Ein wichtiger Ge sichtspunkt, da bestehende Bauwerke mit Durchflussmesssystemen nachgerüstet werden müssen und das verfügbare Platzangebot stark eingeschränkt ist. Konstruktive Erweiterun gen des Bauwerks können so vermieden wer den, was die Gesamtinvestition für eine Durchflussmessung deutlich senkt.

Systeme mit mehreren akustischen Pfaden sind heute als direkte Messmethode im Be reich der Wasserkraft zur Überprüfung der Effektivität von Turbinen eingeführt (Fehler ≤ ±1%). Dieser Standard ist in 2 Normen bzw. Richtlinien definiert:

• ASME PTC 18-2020, Hydraulic Turbines and Pump-Turbines, Performance Test Codes

• CEI/IEC 41:1991, Filed acceptance tests to determine the hydraulic performance of hy draulic turbines, storage pumps and pumpturbines

Hochgenaue akustische Durchflussmesssysteme werden heute in zwei Varianten angebo ten. Es gibt Inline-Systeme und InsertionSysteme. Aufgrund ihres generellen Einsatzbe reiches und ihrer hohen Messgenauigkeit wächst der jährliche Markt von akustischen Systemen (neben Coriolis Durchflussmessgeräten) stärker als der Markt aller anderen physikalischen Prinzipien wie Differenzdruck, magnetisch-induktiv, Turbinenrad, Wirbel und anderen.

INSERTION-SYSTEME MIT MEHREREN AKUSTISCHEN PFADEN

Insertion Systeme werden bevorzugt in großen Rohrleitungen (>DN400) eingesetzt. Hierbei werden die Sensoren je nach Anzahl der akus tischen Pfade an bestimmten Positionen bei genügend dicker Rohrwandstärke entweder direkt oder bei geringer Rohrwandstärke über einen zusätzlichen Schweißstutzen einge schraubt. Gegenüber dem System Inliner kann keine Kalibrierung des Gesamtsystems auf einem Prüfstand erbracht werden. Viel mehr basiert die Messgenauigkeit auf der Güte der Installation und allen Parametern, die pro jektspezifisch vor Ort aufgenommen und im System hinterlegt werden müssen. So sind die akustischen Pfadlängen, die Winkel, die Positionen der Sensoren millimetergenau zu messen und zu hinterlegen. Auch der Rohr-

durchmesser ist präzise an verschiedenen Querschnitten zu erfassen. Die Eindringungs fehler der Sensoren sind je nach Hersteller zu quantifizieren und bei der Berechnung des Durchflusses zu berücksichtigen. Zahlreiche Installationen haben bewiesen, dass mit 8 akustischen Pfaden und einer geraden Rohr strecke von 5*D oberhalb und 1*D unterhalb des Messquerschnittes Fehler ≤ ±0,5% erzielt werden. Bei längeren geraden Rohrstrecken oder dem zusätzlichen Einsatz weiterer Mess pfade kann der Fehler ≤ ±0,15% betragen.

Durchflussmessgeräte, die mit Ultraschall ar beiten, zeichnen sich durch eine Vielzahl von Eigenschaften aus:

• das Messprinzip ist für Flüssigkeiten, Gas und Dampf anwendbar

• die Genauigkeit und Reproduzierbarkeit ist unabhängig von den Fluideigenschaften wie z.B. Viskosität, Temperatur, Dichte und elekt rischer Leitfähigkeit

• es ragen keine beweglichen Teile in das Messrohr

• die Systeme sind verschleißfrei

• es entstehen geringe Betriebs- und War tungskosten

• es liegt eine exzellente Langzeitstabilität vor

• es ist keine Neukalibrierung erforderlich

• es besteht eine hohe Zuverlässigkeit durch redundante Messpfade

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Insertion Durchflussmessgerät Ductus der Firma GWF Technologies GmbH in einer Wasserkraftanlage, (4 Pfade). Installation eines akustischen Durchflussmessgerätes der Firma GWF Technologies GmbH in einer Wasserkraftanlage, (8 Pfade).

• es wird ein sehr großer dynamischer Mess bereich abgedeckt

• kleinste und sehr große Durchflüsse kön nen ohne zusätzliche Einschnürung des Quer schnitts präzise gemessen werden, was den Druckverlust minimiert und so Energie in Form von Pumpleistung reduziert

SELBSTDIAGNOSE ERMÖGLICHT

Der wesentliche Vorzug besteht jedoch darin, dass bei mehreren akustischen Pfaden die Fließgeschwindigkeit an verschiedenen Positi onen im Querschnitt gemessen wird und da mit Informationen über das gestörte oder nicht gestörte Geschwindigkeitsprofil vorlie gen. Diese Informationen werden genutzt, um das Volumen mit Hilfe modernster Integrati onsverfahren zu berechnen. Durchflussmess systeme mit Ultraschall können neben der Fließgeschwindigkeit auch noch weitere Para meter wie z.B. die Schallgeschwindigkeit im Fluid ermitteln und so eine Art Selbstdiagnose erstellen. Abweichungen zwischen den einzel nen Messpfaden werden so unabhängig von der Fließgeschwindigkeit erkannt und Hin weise zu einer möglichen Wartung können gegeben werden.

Überzeugungsarbeit muss allerdings in der Akzeptanz eines Systems geleistet werden, des

sen Sensoren in die bestehende Rohrleitung eingebaut werden. In Sachen zertifizierter Messgenauigkeit vertrauen Kunden heute ei nem fertigen Rohrstück mit Zertifikat vom Prüfstand eher, als einem System, wo die Sen soren vor Ort ohne Kalibrierung eingebaut werden, also nicht auf einen Prüfstand waren. Dass die zertifizierte Messgenauigkeit auf einem Prüfstand erheblich von der tatsächli chen Messgenauigkeit am Einbauort abwei-

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chen kann, wird vielen Anwendern heute je doch immer bewusster. Insertion
Durchflussmessgerät
Ductus der Firma GWF Technologies GmbH in einer Wasserversorgung (6 Pfade). AUTOR Dr.-Ing. Jürgen Skripalle Senior VP Acoustic Flow Measurement (AFM) GWF Technologies GmbH Gewerbestrasse 46F 87600 Kaufbeuren Deutschland
Rohrsysteme für Wasserkraftwerke GFK DN300 - DN4000 und GUSS DN80 - DN2000 • werden sowohl im Schleuder- als auch im Wickelverfahren hergestellt • einlaminierte EPDM-Dichtung für sichere und einfache Montage • ÖNORM geprüft • GRIS geprüft • längskraftschlüssig • ÖNORM geprüft • ÖVGW geprüft EXKLUSIV PARTNER für die Schweiz, Liechtenstein und für Österreich Hochstraß 84 • A-4312 Ried in der Riedmark • EMAIL office@geotrade.at Ansprechpartner: ÖSTERREICH Herr FRANZ LEITNER +43 664 465 59 79 Rothusstrasse 21 • CH-6331 Hünenberg • EMAIL info@geotrade.swiss Ansprechpartner: SCHWEIZ Herr DIDI REDZEPI +41 79 906 28 28

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Wir beraten Sie gerne: Wolfgang Kaiblinger (AT) wien@rittmeyer.com

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Mess- und Leittechnik für die Wasser- und Energiewirtschaft

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