zek Hydro - Ausgabe 4 - 2022

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AUGUST 2022

Fachmagazin für Wasserkraft

Vorreiter Josef Mair, Bürgermeister Außervillgraten, vermarktet Wasserkraft seit 2017 gemeinsam mit VERBUND

HYDRO Foto: zek

Gemeinsam Wasserkraft erfolgreich vermarkten.

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Neues Kleinkraftwerk Argenbach liefert Strom für circa 6.000 Haushalte

Die Kraft der Wende.

Beregnungsanlage ermöglicht Südtiroler Gemeinde neues Kleinwasserkraftwerk www.zek.at

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HYDRO

Zur Sache

EUROPA IM GAS- UND ATOM-DILEMMA

D

er 6. Juli war kein besonders guter Tag für die Glaubwürdigkeit des Europäischen Parlaments. Die Entscheidung, Erdgas und Atomstrom in die EU-Taxonomie aufzunehmen, ein geradezu blamabler Kotau vor den einflussreichen Lobbyisten dieser Energieformen. Dabei wurde just die EU-Taxonomie als Transparenzinstrument ins Leben gerufen, das mittels wirtschaftlicher Anreize zu einer Dekarbonisierung des gesamten Wirtschaftssystems führen sollte. Klare Kriterien sollten, wie es ursprünglich geheißen hatte, eine Art Goldstandard setzen und damit allfälliges Greenwashing vermeiden. Nun ist das Gegenteil der Fall. Der Erfolg der EU-Taxonimie ist unmittelbar mit ihrer Glaubwürdigkeit verknüpft – und die ist nun schwer in Mitleidenschaft gezogen. Im Grunde ist die EU-Taxonomie damit nicht mehr das Papier wert, auf dem sie gedruckt ist. Zwar haben Österreich und Luxemburg noch Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt. Aber an eine Wende glauben nur mehr die allergrößten Optimisten. Ausgelöst durch den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine stehen Gas und Atomstrom auch in der europäischen Energiedebatte im Brennpunkt. Wie kann es sein, dass Europa zum Gas Sparen aufruft und gleichzeitig der Gasverbrauch in den deutschen Gaskraftwerken in den letzten Wochen von einem Rekord zum nächsten steigt? Und dies, obwohl aus den russischen Leitungen immer weniger Gas in Westeuropa ankommt? Das Ziel, die Gasspeicher jetzt in Voraussicht auf den Winter zu füllen, rückt damit in immer weitere Ferne. Die Gründe sind – wie so häufig – hausgemacht. Und lassen sich vor allem in Frankreich finden, das mit seinen 56 Atomkraftwerksblöcken über Jahrzehnte das Rückgrat der europäischen Elektrizitätsversorgung gebildet hatte. Doch die Reihen haben sich gelichtet: Von den 56 Blöcken sind gerade noch die Hälfte in Betrieb, 16 davon befinden sich in Wartung, 12 wurden wegen Schadensverdacht vom Netz genommen. Und so müssen nolens volens die deutschen Graskraftwerke die Lücke füllen, die bislang 8 TWh nach Frankreich lieferten, aber auch 10 TWh nach Österreich und einige TWh in die Schweiz und die Benelux-Staaten. Dass vor diesem Hintergrund wieder über eine Laufzeitverlängerung der deutschen AKWs diskutiert wird, scheint geradezu logisch und passiert mittlerweile. Doch die Vorzeichen dafür stehen schon aus technischer Sicht alles andere als günstig. Und die Wasserkraft? Aktuell stöhnen die Wasserkraftbetreiber in ganz Europa unter der Dürre, dem Wassermangel, der gerade in Südeuropa zu veritablen Problemen führt. In Italien und Portugal ist von Einbußen bei der Wasserkraftproduktion um bis zu 50 Prozent die Rede. So manches Kraftwerk im hitze- und dürregeplagten Italien musste gar wegen Wassermangel vom Netz genommen werden. Auch in Österreich liegen – wie es offiziell von Seiten des VERBUND heißt – die Produktionszahlen unter dem langjährigen Schnitt. Allerdings verweist man darauf, dass sie sich dennoch innerhalb der langjährigen Schwankungsbreite befinden würden. Für Kleinwasserkraftbetreiber heißt es in Zeiten wie diesen auch nicht selten, dass ihre Anlagen – unabhängig von klimatischen Entwicklungen – mit weniger Triebwasser auskommen müssen. Dann wenn neue, erhöhte Restwasservorschreibungen umgesetzt werden müssen. Bedingt durch die Erhöhung der Restwasserabgaben sehen viele Kraftwerksbetreiber die Wirtschaftlichkeit ihrer Anlagen bedroht. Doch aus planerischer und technischer Sicht gibt es Lösungen, die den Verlust von Triebwasser mit geeigneten Maßnahmen wirtschaftlich abfedern können. Wir stellen in dieser Ausgabe einige erfolgreiche Beispiele aus der Praxis (S 52-61) vor. Außerdem dürfen wir Ihnen wie gewohnt einige neue Kraftwerksprojekte präsentieren, die sich durch besondere technische Lösungen auszeichnen, wie etwa das neue Kraftwerk Argenbach in Vorarlberg (S 17) oder auch das Kraftwerk Napf in der Schweiz (S 24) oder das neue Kraftwerk Brandstatt in Niederösterreich. Ganz speziell ist das neue Kraftwerk Konfall (S 28) im Südtiroler Schlunders: Es konnte nur aufgrund einer Beregnungsanlage errichtet werden und darf im Jahr gut sieben Monate Strom erzeugen. Abschließend möchte ich mich wieder bei allen bedanken, die am Entstehen der vorliegenden Ausgabe mitgeholfen haben. Ich darf Ihnen, liebe(r) Leser(in) eine gute Zeit mit der neuen zek HYDRO wünschen. Ihr Mag. Roland Gruber (Herausgeber) August 2022

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Zur Sache

April 2016

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Zur Sache

HYDRO

April 2016

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HYDRO

17 KW ARGENBACH

Inhalt

24 KW NAPF

28 KW KONFALL

33 KW BRANDSTATT

Aktuell

08 Interessantes & Wissenswertes SHORT CUTS

03 Editorial 06 Inhalt 08 Impressum

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Standpunkt

Jubiläum

16 Sand und Schotter müssen raus aus dem Triebwasser PELIKAN

32 Energie AG OÖ feiert ihren 130. Geburtstag JUBILÄUM

Projekte

Projekte

17 Neues Kleinwasserkraftwerk liefert Strom für 6.000 Haushalte KW ARGENBACH

33 Kompletterneuerung vervielfacht Leistung und Erzeugung KW BRANDSTATT

24 Neues Kleinwasserkraftwerk zum 125. Jubiläum des GW Beckenried KW NAPF

38 Erstes Wasserkraftwerk in Künstlerstadt versorgt 200 Haushalte KW LANDFRASSGRABENBACH

28 Beregnungsanlage ermöglicht neues Kleinwasserkraftwerk KW KONFALL

Veranstaltung 40 Energie 2022: Wo steht die Kleinwasserkraft? ANWENDERFORUM KWK

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KW


HYDRO

Inhalt

KW STALLERALMBACH

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KW SAGSCHNEIDER

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HYDRO POCKET

Projekte

Schwerpunkt

41 Happy End für MarathonProjekt im Grenzgebiet KW STALLERALMBACH

52 Wirtschaftliche und ökolologische Aufwertung für Fischach-Kraftwerk SP RESTWASSERNUTZUNG

46 Bruck a.d. Mur setzt energiewirtschaftlichen Meilenstein PFEILER-KRAFTWERK

54 Restwassernutzung und Wasserkraftschnecke – die Kombination SP RESTWASSERNUTZUNG

47 Zweite Turbine bringt erheblichen Leistungsschub KW SAGSCHNEIDER

57 Modernisierung mit modifiziertem Denil-Pass und Restwasserturbine SP RESTWASSERNUTZUNG

Technik

60 Restwasser: Dotierturbinen an der Donau und in den Alpen SP RESTWASSERNUTZUNG

50 Hydro Pocket ermöglicht Digitalisierung von Kleinkraftwerken DIGITALISIERUNG

Technik 62 Verbund-Vision eine Plattform für alle Prozesse DIGITALISIERUNG

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RESTWASSERNUTZUNG

Anzeigen

zek HYDRO 04/2022

Schubert Troyer Global Hydro Verbund

Opener U2 U3 U4

AEM Amiblu Andritz Hydro Auma Danner Wasserkraft DIVE Turbinen eco2 Fish Solutions Empl Bau En-co Energie AG Etertec Geos Spezialbau Geotrade GMT-Wintersteller Gufler Metall Hitzinger Hofer Tiefbau Hydro-Connect IB Mosbacher IBL Ziviltechniker Ingenieurbüro Lashofer Ingenieurbüro Sprenger Jank Hydropower Kobel Elektrotechnik KWK Jahrestagung Landustrie Mechmine MGX Automation O&S Bau Ossberger PAM Saint-Gobain Patscheider & Partner Schubert Strasser & Gruber Wasserkraft TES Traunfellner TRM Turkey and Balkans Power Umweltgutachten Petz OEG Vienna Hydro Wild Metal Zöschg & Groß

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HERAUSGEBER

Mag. Roland Gruber

Foto: zek Archiv

VERLAG

Mag. Roland Gruber e.U. zek-VERLAG Brunnenstraße 1, 5450 Werfen Tel. +43 (0)664-115 05 70 office@zekmagazin.at www.zek.at ­­CHEFREDAKTION

Mag. Roland Gruber, rg@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664-115 05 70

Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) begrüßt die Initiative zur UVP-Novelle.

REDAKTION

Mag. Andreas Pointinger, ap@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664-22 82 323 MARKETING

Foto: zek Archiv

Mario Kogler, BA, mk@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664- 240 67 74

Eine Novelle des UVP sei ein wichtiger Schritt, um Verfahren zu konzentrieren und so zügiger Maßnahmen für die Energieversorgung setzen zu können.

GESTALTUNG

Mag. Roland Gruber e.U. zek-VERLAG Brunnenstraße 1, 5450 Werfen Tel. +43 (0)664-115 05 70 office@zekmagazin.at www.zek.at UMSCHLAG-GESTALTUNG

MEDIA DESIGN: RIZNER.AT Stabauergasse 5, A-5020 Salzburg Tel.: +43 (0)662/8746 74 E-Mail: m.maier@rizner.at DRUCK

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zek HYDRO ist eine parteiunabhängige Fachzeitschrift für kleine bis mittlere Wasserkraft im alpinen Bereich. Foto: EKW

WIEDERHERSTELLUNG DER FISCHGÄNGIGKEIT IN DER WASSERFASSUNG VALLEMBER Am 5. Juli lud die Engadiner Kraftwerke AG (EKW) zu einer Vorstellung der Baustelle bei der Wasserfassung Vallember am Eingang zur Val Susauna auf dem Gemeindegebiet von Schanf ein. Seit 1970 in Betrieb, hat sie inzwischen über 50 Betriebsjahre hinter sich. 2021 wurden darum umfassende Revisionsarbeiten notwendig. Zusammen mit diesen Arbeiten hat EKW in Zusammenarbeit mit dem kantonalen Amt für Natur und Umwelt (ANU) sowie dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) das Sanierungsprojekt zur Wiederherstellung der Fischgängigkeit entwickelt, das sich aktuell im Bau befindet. Mit der nun realisierten Bauvariante können die Fische mittels einer Fisch­ treppe vom Unter- ins Oberwasser aufsteigen. Der Fischabstieg erfolgt über eine speziell konstruierte Überfallkante im Entsanderbecken. Diese ist mit einem Coanda-Rechen ausgestattet, der es den Fischen ermöglicht, unbeschadet in ein Becken im Unterwasser abzusteigen. EKW investiert dafür 3,5 Mio. CHF. Als Sanierungsmaßnahme im Rahmen des Gewässerschutzgesetzes werden EKW nach Abschluss der Arbeiten die Kosten vom Bund erstattet. Die Auf- und Abstiegshilfe soll noch vor dem nächsten Winter den Fischen ermöglichen, die bisher unüberwindbare Barriere an der Wasserfassung über die neuen Anlageteile zu durchwandern. Der Lebensraum im Gebirgsbach Vallember wird dadurch erheblich aufgewertet.

Impressum

Die EKW lud Gemeinde- und Kantonsbehörden, Unternehmer sowie Medien zur Vorstellung der Baustelle bei der Wasserfassung Vallember ein.

ABOPREIS

Österreich: Euro 78,00, Ausland: Euro 89,00 inklusive Mehrwertsteuer zek HYDRO erscheint 6x im Jahr. Auflage: 8.000 Stück

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Foto: EKW

UVP-NOVELLE SOLL AUSBAU DER ERNEUERBAREN ENERGIEN BESCHLEUNIGEN Der Entwurf zur Novelle der Umweltverträglichkeitsprüfung geht in Begutachtung und damit ein wichtiger Baustein, um den Ausbau erneuerbarer Energien weiter voranzubringen. „Als EEÖ begrüßen wir die Initiative zur UVP-Novelle, um mehr Klarheit bei der Flächennutzung für Erneuerbare zu schaffen und die Dauer der Verfahren zu verkürzen und effizienter zu machen“, meint Christoph Wagner, Präsident des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ). Der Ausbau erneuerbarer Energie in Österreich trage zur Energiesicherheit, zum Klimaschutz und letztlich auch zum Erhalt des Wohlstands in Österreich bei. Die Novelle des UVP-Gesetzes sei laut Energie- und Klimaministerin Gewessler ein weiterer wichtiger Schritt, nachdem bereits das EAG verabschiedet wurde und derzeit das EWG in Begutachtung sei. Insbesondere doppelte Prüfverfahren könnten durch die Novelle vermieden und Flächen für den Ausbau der Erneuerbaren effektiver ausgewiesen werden bei gleichzeitiger Harmonisierung mit dem Naturschutz.

Aktuell

3,5 Millionen Franken investiert EKW in die Fischdurchgängigkeit an der Wasserfassung Vallember.

Dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserates verpflichtet

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Aktuell

MINISTERIN BESUCHTE KRAFTWERK YBBS-PERSENBEUG Bei einem Besuch des Donaukraftwerks Ybbs-Persenbeug überzeugte sich Klimaschutzministerin Leonore Gewessler im Beisein von Nationalratsabgeordneten Alois Schroll bei VERBUND-CEO Michael Strugl und Wasserkraft-Geschäftsführer Karl Heinz Gruber von der Leistungsfähigkeit der Wasserkraft und den Möglichkeiten, in bestehenden Anlagen durch Modernisierungen zusätzlichen sicheren heimischen Wasserkraftstrom zu erzeugen. Österreichs hoher Anteil an Erneuerbaren beim Strom ist schon jetzt eine wichtige Basis in Sachen Versorgungssicherheit und Klimaschutz. Allerdings gilt es bis 2030 noch einen Ausbau an Erneuerbarer Erzeugung von 27 Milliarden Kilowattstunden zu schaffen. Dies sind fast 50 Prozent mehr als derzeit erzeugt wird, um die derzeit noch notwendigen fossilen Energieträger und den steigenden Bedarf an Elektrizität abzudecken. Ybbs-Persenbeug war das erste Kraftwerk Österreichs an der Donau. CHINA FEIERT 110-JÄHRIGEN KRAFTWERKS-METHUSALEM Wasserkraft nimmt mit einem Anteil von 14,6 Prozent eine zentrale Stellung in der chinesischen Stromerzeugung ein. Dabei kommt auch älteren Anlagen Bedeutung zu, wie etwa dem Kraftwerk Shilongba in der südwestchinesischen Provinz Yunnan, das im Mai des Jahres 1912 seinen Betrieb aufgenommen hatte. Was die Anlage so einzigartig macht: Sie ist zum Teil immer noch mit Original-Ausrüstung in Betrieb und erzeugt zuverlässig Strom. Am Generator prangt heute noch das Emblem von „J.M. VOITH Heidenheim, 1910“. Das Kraftwerk spielte in den Ursprungsjahren eine wesentliche Rolle in der Industrialisierung der Region und erhellte später auch private Gebäude. Nach mehreren Erweiterungen im vergangenen Jahrhundert verfügt das Kraftwerk heute über vier Maschinensätze mit einer installierten Gesamtleistung von 7.300 Kilowatt.

Entgeltliche Einschaltung

Das Kraftwerk Shilongba in der Provinz Yunnan ist seit 1912 in Betrieb, und liefert immer noch eine Leistung von 7,3 Megawatt.

Foto: Wikipedia

Foto: VERBUND Foto: Wikipedia / Walchkraft

Foto: zek

Sanierungsarbeiten Traditionskraftwerk WalchenNR Alois Schroll und VERBUND-CEO Michael Strugl mitam Klimasee am Kochelsee in Oberbayern. schutzministerin Leonore Gewessler im Donaukraftwerk Ybbs Persenbeug.

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Foto: Congress Graz, Krug

Aktuell

Seit sechsundzwanzig Jahren lädt Professor Helmut Jaberg Betreiber, Planer und Hersteller der verschiedensten verfahrenstechnischen Anlagen nach Graz ein, sich mit ausgewiesenen Experten der Industrie auszutauschen und Neues zu erfahren.

26. PRAKTIKERKONFERENZ „PUMPEN" WIEDER IN GRAZ Das überragende Feedback der vorangegangenen Veranstaltung, die als einzige in diesem Fachgebiet im Vorjahr erfolgreich in Präsenz durchgeführt wurde, führt die Teilnehmer diesmal von 12.-14. September 2022 erneut in den Congress Graz – einen höchst repräsentativen Ort mit viel Platz und stets bester Sicht und genügend Raum für persönliche Interaktionen der Beteiligten. Ergänzend wird die Konferenz online übertragen. Nach mehr als 25 Jahren hat sich die Konferenz zur größten und angesehensten Veranstaltung dieser Art im deutschsprachigen Raum entwickelt. Und auch nach all diesen Jahren gilt: In Graz wird das offene Wort gepflegt. Dementsprechend wurden Diskussionen noch nie abgebrochen – weder aus zeitlichen noch aus anderen Gründen. Erneut werden praktisch alle technischen Aspekte der Pumpenbranche abgedeckt. Mehr als ein Drittel der Vorträge wird von Betreibern gehalten, wodurch den Herstellern reale Einblicke ermöglicht werden.

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Veranstaltungsort für den Kongress Pumpen in der Verfahrenstechnik, Kraftwerks- und Abwassertechnik wird einmal mehr Congress Graz sein. In Indien ist noch ein beachtliches Potenzial für den Ausbau der Kleinwasserkraft gegeben.

Foto: Congress Graz, Krug

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Dr. Leonhard Schitter (re., neuer Vorsitzender des Vorstands, CEO) und Landesrat Markus Achleitner.

Foto: Energie AG

Aktuell

Die beiden Generatoren mit jeweils 2 Flügeln, die eine Spannweite von 11 m haben, sind mit einem Schwimmer verbunden, der an einem im Meeresboden vertäuten Ankerseil hängt.

ENERGIE AG: AUFSICHTSRAT BESTELLT NEUEN VORSTAND Der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Energie AG Oberösterreich, Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner, gab nach der Sitzung des Aufsichtsrats bekannt, dass man den neuen Vorstand bestellt habe. Ab 1. Jänner 2023 führen Dr. Leonhard Schitter, Dr. Andreas Kolar und DI Stefan Stallinger den Energie- und Dienstleistungskonzern. Leonhard Schitter wird auch die Funktion des Vorsitzenden des Vorstandes übernehmen. „Es freut mich, dass wir mit Dr. Leonhard Schitter einen hochkarätigen Branchenprofi für die Nachfolge des mit Jahresende ausscheidenden Generaldirektors DDr. Werner Steinecker als Kapitän an Bord der Energie AG Oberösterreich holen konnten. Mit Dr. Schitter gewinnen wir einen sehr erfahrenen Manager, der ein ausgewiesener Experte der Energiewirtschaft ist“, betont LR Achleitner.

Foto: IHI

JAPANISCHE TURBINE „KAIRYU" NUTZT MEERESSTRÖMUNGEN Meeresströmungen in den Tiefen der Küstengewässer lassen sich in Japan zur Energieerzeugung nutzen, wie das Unternehmen IHI und die New Energy and Industrial Technology Development Organization in einem neuen Projekt zeigen. „Kairyu“ ist die erste Anlage, die die Kuroshio-Strömung nutzt. Sie befindet sich 50 m unter der Wasseroberfläche vor der Südostküste Japans. Wäre sie weiter oben stationiert, käme sie auf mehr als die jetzt erreichbaren 100 kW, doch dann wäre der Generator bei den dort häufig tobenden Tornados in Gefahr. Jetzt will IHI eine 2 MW-Anlage in der Nähe des Prototypen platzieren. Das Unternehmen schätzt, dass sich mit Meeresströmungen vor den japanischen Küsten 205 Gigawatt erzielen lassen.

Foto: Axpo

Energie aus dem Wasserkraftwerk Wildegg-Brugg dient zur Gewinnung von „grünem“ Wasserstoff.

H2-ANLAGE BEIM KRAFTWERK WILDEGG-BRUGG SCHREITET VORAN Die von Axpo geplante Wasserstoffproduktionsanlage in Wildegg-Brugg mit einer Leistung von bis zu 15 MW wird jährlich mittels Elektrolyse rund 2000 t grünen Wasserstoff produzieren. Der für die Produktion benötigte Strom stammt vollumfänglich aus dem nahegelegenen Flusskraftwerk Wildegg-Brugg. Mit der direkten Anbindung an das Kraftwerk wird klimafreundlicher Wasserstoff produziert. Dieser wird teilweise direkt über eine Leitung zur nahegelegenen Tankstelle von Voegtlin-Meyer geliefert und leistet so einen Beitrag zur Dekarbonisierung im Mobilitätssektor. Zudem ist geplant, die aus dem Elektrolyseverfahren resultierende Abwärme in einem Wärmenetz zu nutzen und die Energie den Industrienachbarn zur Verfügung zu stellen.

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Foto: Voith

Foto: Vandezande

Aktuell

Anlieferung der 26 t schweren Wasserkraftschnecke zur Wehranlage Jettenbach im Frühjahr 2022. Mit dem stromerzeugenden Fischabstieg können im Regeljahr rund 1,5 GWh Strom produziert werden.

SKANDINAVIER SCHÄTZEN NEUE TURBINENREGLER SERIE VON VOITH HYDRO Der im Mai 2021 am Markt eingeführte HyCon GoHybrid ist eine Hydraulikeinheit für Turbinenregler in der Wasserkraft. Durch die deutlich gesteigerte Energieeffizienz und die geringen Ölvolumina stößt der GoHybrid vor allem in Nord- und Mitteleuropa, wo diese Eigenschaften zunehmend an Bedeutung gewinnen, auf positive Resonanz. Der Turbinenregler wurde erstmals in Deutschland beim Kunden SWU Energie GmbH (einem Tochterunternehmen der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm GmbH) in Wiblingen eingesetzt. Mittlerweile ist der GoHybrid dort seit einem Jahr in Betrieb und stellt den Kunden mit einem Verbrauch des drehzahlvariablen Pumpenantriebs von lediglich 100 kWh seit der Inbetriebnahme sehr zufrieden. Der Kunde Fortum aus Schweden war bereits zu Beginn der Markteinführung am Produkt interessiert und identifizierte daraufhin das Projekt Nain bei Hagfors am Fluß Uvån, als geeigneten Einsatzort. Dort sind Francis Zwillingsturbinen mit einer Leistung von 6,8 MW verbaut. Diese wurden im Jahr 1944 in Betrieb genommen und sind für den Einsatz des GoHybrids in seiner kleinsten Ausführungsgröße geeignet. „Der HyCon GoHybrid ist eine kompakte Einheit, die wenig Öl enthält, einen niedrigen Energieverbrauch und eine exakte Regelung hat. Da der GoHybrid während der Regelung oder beim Betrieb der Pumpe keine Geräusche verursacht und zudem auch nicht viel Platz benötigt, hat er die Arbeitsumgebung im Kraftwerk um einiges verbessert,“ erklärt Fortum Projektmanager Per Jansson. „Seit der Inbetriebnahme im November 2021 hatten wir keine Probleme und schätzen sowohl den Turbinenregler selbst als auch die Unterstützung von Voith."

STROMERZEUGENDER FISCHABSTIEG FÜR NEUES KW JETTENBACH-TÖGING Die Erneuerung des oberbayerischen VERBUND-Wasserkraftwerks Jettenbach-Töging am Inn, mit 250 Millionen Euro Investitionsvolumen das aktuell größte Wasserkraftprojekt Deutschlands, steht kurz vor der endgültigen Fertigstellung. Zum Aufstauen des Inns wurde in den 1920er Jahren in Jettenbach eine 6-feldrige Wehranlage errichtet, von welcher über den 20 km langen Innkanal bis zu 340 m³/s Ausbauwassermenge zum Kraftwerk nach Töging geführt wurden. Damit konnten im Maschinenhaus insgesamt 15 Francis-Turbinen angetrieben werden, die unter Volllast eine gemeinsame Engpassleistung von 85,3 MW erreichten. 2003 wurde bei Sanierungsarbeiten am Ausleitungskanal festgestellt, dass sich dessen Durchflusskapazität im Laufe der Jahrzehnte vergrößert. 15 Jahre darauf startete 2018 die Erneuerung der Traditionsanlage, wobei das neue Maschinengebäude neben dem denkmalgeschützten Altbestand errichtet wurde. Die auf 410 m³/s erhöhte Ausbauwassermenge wird nun von drei Kaplan-Turbinen mit einer gesamten Engpassleistung von knapp 118 MW zur Stromerzeugung genutzt. An der Wehranlage setzten die Betreiber für den sicheren Abstieg der Fische über knapp 9 m Höhenunterschied auf eine Wasserkraftschnecke vom Hersteller Vandezande Aqua Tem GmbH. Die langsam drehende Schnecke mit 26 Tonnen Eigengewicht gewährleistet den Fischen eine sichere Passage ins Unterwasser und nutzt zudem die Restwasserabgabe von 3 m³/s zur Stromgewinnung. Damit schafft die Wasserkraftschnecke rund 200 kW Engpassleistung und kann jährlich ca. 1,5 GWh Ökostrom produzieren. Die offizielle Einweihung Anlage ist für den heurigen Herbst geplant.

5th Annual International Summit and Exhibition

Foto: Vandezande

Zum ersten Mail eingesetzt wurde der neue hydraulische Turbinenregler von Voith 2021 beim Wasserkraftwerk Wiblingen in Ulm.

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Foto: Axpo

Aktuell

Die Swiss Steel Group setzt bei der Stahlproduktion zu 100 Prozent auf nachhaltig erzeugten Strom aus Wasserkraft.

Animation: Bernegger

Der Speichersee für das geplante Pumpspeicherkraftwerk mit einer gesamten Leistungskapazität von 300 MW soll neben der Bernegger-Unternehmenszentrale in Molln enstehen.

AXPO LIEFERT SAUBEREN STROM AUS WASSERKRAFT FÜR STAHLPRODUKTION Axpo, die größte Betreiberin von Wasserkraftwerken in der Schweiz und europaweit führende Vermarkterin von Strom aus erneuerbaren Energien, hat mit dem schweizerischen Werk Steeltec der Swiss Steel Group einen Stromliefervertrag mit einer Laufzeit von drei Jahren abgeschlossen. Das Werk mit Sitz in Emmenbrücke setzt zur Produktion seiner Spezialstähle nur noch Strom aus Schweizer Wasserkraft ein. Mit dieser Vereinbarung unterstreicht Axpo ihre Ambition, mit ihren innovativen Energielösungen eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung der Schweizer Industrie zu spielen. Mit dem Abschluss dieses Vertrages setzt die Swiss Steel Group nicht nur auf Nachhaltigkeit und grünen Strom, sondern sorgt auch dafür, dass die im Vergleich zum Branchendurchschnitt ohnehin schon geringen Emissionen der Gruppe noch weiter gesenkt werden können. Der ökologische Fußabdruck des Werkes in Emmenbrücke ist der geringste innerhalb der Swiss Steel Group.

NEUES PUMPSPEICHERKRAFTWERK IN OBERÖSTERREICH IN SICHTWEITE Nach fast 20 Jahren Planungszeit befindet sich der Bau eines Pumpspeicherkraftwerks im oberösterreichischen Molln auf der Zielgeraden, berichtete orf.at Ende Juni. Das Projekt wurde vom Land Oberösterreich bereits vor 11 Jahren genehmigt. Nachdem letzte Probleme mit dem Netzzugang ausgeräumt sind, steht Bauunternehmer Kurt Bernegger kurz vor der Umsetzung seines Projekts. Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Turbulenzen bei der Energieversorgung hätten die Suche nach Investoren deutlich vereinfach, so Bernegger. Kern des Projekts ist ein Speichersee in einer ehemaligen Kiesgrube, der einmalig mit Wasser aus der Steyr befüllt werden soll. Das Kraftwerk pumpt dann Wasser aus diesem See in fünf Tunnel im Berg, direkt hinter dem bestehenden Steinbruch Pfaffenboden, so der Plan. Dadurch soll der Berg zum Energiespeicher werden. Der Baustart ist zum aktuellen Zeitpunkt für kommendes Jahr geplant, die Fertigstellung soll 2028 erfolgen.

21st International Conference on Hydropower Plants

Hydropower for future generations 09 – 11 November 2022 | Vienna, Austria

Topics: Innovation, trends and future technologies Flexibilisation and smart grids Requirements from electrical grid to power generation and storage Quantum Computing Digitalisation on Machine- and Systemlevel technological aspects Planning and Operation of Varspeed Pumped Storage Plants Operation, Maintenance, Rehabilitation and Modernisation

Design rules, Standardisation and Legal aspects Physical modelling and numerical simulations Experimental Investigations on models and prototypes Cavitation under extreme load conditions Hydraulic systems and transient behaviour Market change, Business Models and Economics of Hydro Power Sustainability and environmental impact Small hydro

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Aktuell

Foto: Jessica Maiwald-Kassner

Die abschließende Exkursion führte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ins Wasserkraftwerk Gersthofen.

Foto: Jessica Maiwald-Kassner

Andrea von Haniel und Fritz Schweiger vom VBEW hielten eine gemeinsamen Vortrag über die VBEW-Initiative „Wasserkraft – Ja Bitte!“

8. BAYERISCHES WASSERKRAFTFORUM IN GERSTHOFEN NACH CORONA-PAUSE WIEDER EIN VOLLER ERFOLG Am 20. Juli fand in der Stadthalle Gersthofen das 8. Bayerische Wasserkraftforum der Bayerischen GemeindeZeitung statt. Der alljährlich stattfindende Branchentreffpunkt im Freistaat genießt als interessante Informationsveranstaltung und Dialogplattform einen grenzüberschreitend guten Ruf. Nach der Absage und den Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie im Vorjahr hatten die Veranstalter für 2022 erneut ein ansprechendes Rahmenprogramm mit hochkarätigen Vortragenden organisiert. Das Team der Bayerischen GemeindeZeitung konnte hierzu rund 120 politische und kommunale Entscheidungsträger, Vertreter aus Wirtschaft, Verwaltung, Verbänden und Medien sowie Fach- und Führungskräfte aus Wasserkraftunternehmen begrüßen. Willkommen geheißen wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von der Chefredakteurin der Bayerischen GemeindeZeitung Constanze von Hassel und dem Gersthofener Bürgermeister Michael Wörle. Im seinem Eröffnungsvortrag „Wasserkraft als unverzichtbare Säule für die Energiewende in Bayern“ richtete Ministerialdirigent Johannes Niggl vom Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie einen Appell an die Umweltverbände, die Genehmigungsverfahren sämtlicher Wasserkraftprojekte auch mit dem Hausverstand zu beurteilen und gesetzliche Spielräume voll auszuschöpfen. Michael Bohlinger von LEW Wasserkraft präsentierte in seinem Vortag „Wasserkraft in Zeiten des Klimawandels“ mehrere Referenz-Projekte von LEW, deren Optimierungen weit über die gesetzliche Pflichterfüllung hinausgehen. Verbund-Geschäftsführer Karl Heinz Gruber setzte sich in seinem Beitrag mit dem Thema „Wasserkraft und Ökologie – Miteinander statt Widerspruch“ auseinander. Gruber hob darin unter anderem die Rolle von Wasserkraftbetreibern hervor, die mit beträchtlichen Investitionen bei ihren Anlagen eine wesentliche Rolle zur Verbesserung der ökologischen Gewässersituation sowie zum Hochwasserschutz beitragen. „Wie kann sich die Wasserkraft im Konzert der erneuerbaren Energien öffentlich besser darstellen?“ fragte der Journalist und Fernsehproduzent Manfred Ahlers. Bei seinem Vortrag gab Ahlers interessant Kommunikationsratschläge für die Branche im Allgemeinen und skizzierte eine spezifische Perspektive für die Zukunft. Im Anschluss hatte Heidrun Benda vom Landesamt für Sicherheit und Informationstechnik einen Vortrag über „IT-Sicherheit in kritischen Infrastrukturen“ mit dem Schwerpunkt auf industrielle Steuerungen vorbereitet. Über „Die großen Leistungen der kleinen Wasserkraft“ referierten Fritz Schweiger und Andrea von Haniel vom Verband der Bayerischen Energie (VBEW), wobei der Schwerpunkt sich um die aktuelle VBEW-Initiative „Wasserkraft – Ja bitte!“ drehte. Den finalen Vortrag „VBEW – Position zur Wasserkraft in der Praxis“ hielt Georg Loy, Vorsitzender des VBEW-Arbeitsausschuss Wasserkraft. Nach den Redebeträgen folgte zum Abschluss der gelungenen Veranstaltung eine geführte Exkursion zum Wasserkraftwerk Gersthofen.

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Standpunkt

Sand und Schotter müssen raus aus dem Triebwasser!

Foto: Pelikan

Die Nutzung feststoffbelasteter Flüsse und Bäche stellt eine große Herausforderung für planende Ingenieure dar. Es beginnt schon mit der gewässermorphologisch korrekten Wahl und Situierung des Wehrbauwerkes. Eine Fehlentscheidung in dieser Phase lässt sich kaum mehr korrigieren. Aber das ist heute nicht das Thema. Vielmehr sollen die Planung und der Betrieb des Sandfanges im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen. Ein Thema, das insbesondere die Betreiber von Mittel- und Hochdruckanlagen interessieren muss. Der Sandfang beginnt nicht erst mit dem Absetzbereich, sondern schon mit dem Zulauf. Zu hohe Geschwindigkeiten oder Krümmungen verhindern eine möglichst gleichmäßige Anströmung des Absetzbereiches, die für die Wirksamkeit des Absetzvorganges essentiell ist. Geringfügige Anhebungen des Wasserspiegels oder Leitbleche können die Funktionsfähigkeit verbessern. Die Dimensionierung eines Sandfanges stützt sich auf physikalisch hinlänglich erforschte Mechanismen und sollte planerisch keine Hürde mehr darstellen. Eine individuelle Betrachtung erfordert allerdings die Festlegung jener Korngröße, die der Turbine zum Wohle ihrer Lebenszeit erspart werden sollte. Und dieser Parameter beeinflusst die Größe eines Sandfanges und damit auch seine Kosten gravierend. Es gibt dafür kein allgemeingültiges Rezept, aber die Fallhöhe, die Sieblinie und insbesondere auch die Härte des Materials sollten den Planer interessieren. Auch der Turbinenhersteller sollte dazu seine Meinung äußern bzw. eine Empfehlung abgeben. Die zufriedenstellende Funktion eines Sandfanges besteht aber nicht nur aus dem Absetzvorgang, sondern auch – und das wird zumeist sträflich vernachlässigt – aus dem Spülvorgang. Kein Betreiber findet es erstrebenswert, in regelmäßigen zeitlichen Abständen den Sandfang auszubaggern. Das bedeutet Zusatzkosten und Stillstandszeiten. Ziel ist es, die Spülung des abgesetzten Materials ohne Betriebsunterbrechung durchzuführen. Forscher und Entwickler haben in den letzten Jahrzehnten eine Reihe von Lösungen entwickelt, die allesamt zur Verbesserung der Situation führen können, aber auch gleichzeitig beweisen, dass die perfekte Lösung noch nicht gefunden wurde. Jedenfalls hält diese Tatsache aber den notwendigen Entwicklungsprozess in Schwung. Erkenntnisse aus viel zu vielen negativen Beispielen aus der Praxis ermöglichen mehrere Aussagen, die eine Wiederholung immer wieder gleicher Planungsfehler verhindern sollen. Wenn immer möglich, sollte eine kontinuierliche Spülung einer intermittierenden Spülung vorgezogen werden. Dadurch kommt das Material gar nicht erst zur Ruhe und eine Packung größerer Materialmengen wird verhindert. Spülwasser kann damit zu Restwasser werden. Die „Sogwirkung“ einer Spülöffnung ist wesentlich kürzer als gemeinhin angenommen. 5-10 m können als grober Richtwert genannt werden. Das bedeutet, dass mit einer einzigen Spülöffnung in einem Sandfang wohl kaum das erwünschte Ergebnis erzielt werden wird. Eine fraktionierte Spülung mit mehreren Spülöffnungen verhindert eine Verdichtung des Materials und ermöglicht leichteren Feststofftransport im Spülvorgang. Die parallele Anordnung zweier oder mehrerer Absetzbecken erhöht zwar die betriebliche Flexibilität – erfordert aber andererseits trickreiche Lösungen betreffend Spülleitungen und Überlaufsektionen. Bisweilen aber nicht grundsätzlich eine gute Lösung. Sandfangplanung ist also sicher nicht trivial. Vielleicht ist der eine oder andere Hinweis für Sie hilfreich. Das wünscht sich Prof. Dr. Bernhard Pelikan

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Nach dreijähriger Bauzeit ging im Mai dieses Jahres das neue Kraftwerk Argenbach der illwerke vkw in Betrieb. Die Anlage erzeugt genug Ökostrom, um im Jahr durchschnittlich circa 6.000 Vorarlberger Haushalte zu versorgen.

Foto: BRAUN

Foto: zek

Projekte

NEUES KLEINKRAFTWERK AM ARGENBACH LIEFERT STROM FÜR CA. 6.000 HAUSHALTE Im Frühling dieses Jahres konnte nach drei Jahren aufwändiger Bautätigkeit das neue Kraftwerk Argenbach im Hinteren Bregenzerwald ans Netz genommen werden. Vorarlbergs größtes Energie- und Dienstleistungsunternehmen Illwerke vkw hatte bereits 2011 ein Vorprojekt entwickelt, das einen Ersatzneubau des bestehenden Traditionskraftwerks Au vorsah – allerdings mit einem Vielfachen an Leistung. 2018 starteten die Bauarbeiten, die mit der Inbetriebsetzung in diesem Frühjahr ihren Abschluss fanden. Ein ungleich großes Maschinenpaar stellt das technische Herz der neuen Anlage dar. Es wird im Regeljahr rund 24 Gigawattstunden Ökostrom erzeugen, genug um sämtliche Haushalte und Gewerbebetriebe der umliegenden Gemeinden Au, Schoppernau und Damüls zu versorgen.

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as Wasser des Argenbachs, ein Zubringer der Bregenzer Ach, dient seit vielen Jahren der Stromerzeugung. Bereits im Jahr 1900 wurde das Gewässer vom neu errichteten Kraftwerk Au genutzt. Nach heutigen Maßstäben allerdings im bescheidenen Umfang: „Sowohl was die Ausbauwassermenge als auch was die Fallhöhe betrifft,

lagen die Dimensionen in etwa bei einem Zehntel des Ausbaugrades der nun realisierten Nachfolger-Anlage“, erzählt Ralph Poschenrieder, Projektleiter von illwerke vkw. Die Anlagen und ihre Konzepte seien nicht zu vergleichen. Ralph Poschenrieder, der das Projekt seit den Anfängen 2011 bis zur Inbetriebnahme begleitete, kennt die Entstehungsgeschichte des Ersatzneubaus natürlich bis ins Detail. „Zu Beginn waren zwei Hauptvarianten entwickelt worden: eine kleinere, deutlich einfacher zu realisierende und eine größere, baulich markant aufwändigere mit einem eigenen Stollen. Dann wurden die beiden Varianten eingehend verglichen, wobei nach Rücksprache mit der Gemeinde und den Behörden die Stollenvariante sich als bessere Option herauskristallisierte“, so der Projektleiter. Nachdem 2012 im Rahmen einer behördlichen Vorprüfung mögliche k.o.-Kriterien ausgeschlossen werden konnten, wurde ein Einreichprojekt entwickelt, das 2013 bei den zuständigen Behörden eingereicht wurde. Zwei Jahre später lag der positive Bescheid für das Kraftwerksprojekt bereits vor. ZURÜCK AUS DER SCHUBLADE „Wir hatten just zu dem Zeitpunkt grünes Licht für das Projekt erhalten, als die Strompreise im Keller waren – wirklich ganz unten. Es war klar, dass das Projekt so viel Geld kosten würde, dass es bestenfalls an die Wirtschaftlichkeitsgrenze kommt. Es wurde daher einmal auf Eis August 2022

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Baustelle im Bereich der Wasserfassung im Oktober '21. Drei Kräne sind im Schutz der umfangreichen Hangnetze im Einsatz. Für die Hangsicherungen zeichnete GEOS Spezialbau verantwortlich.

gelegt“, erinnert sich Ralph Poschenrieder. Nachdem es in 2017 mit den Strompreisen wieder nach oben gegangen war, wurde das Projekt neu ausgeschrieben. Es wurde konkret. Von seinem Konzept her handelt es sich beim neuen Kraftwerk Argenbach um ein Laufkraftwerk. Das heißt, dass kein Speicherbetrieb vorgesehen ist. Nur das aktuell zufließende Wasser wird von den Maschinen abgearbeitet. Die Konzessionswassermenge ist mit 3.500 l/s angegeben. Damit ließen sich 30 Badewannen in einer Sekunde füllen, wie der erfahrene Fachmann anschaulich vergleicht. Gefasst wird das Triebwasser auf 1.031 m Seehöhe in einer höchst unzugänglichen Schlucht, die für die Bautätigkeit über einen eigenen Stollen erschlossen wurde. Durch den rund 5 m breiten und 2 Kilometer langen Stollen führt auch der obere Teil der Druckrohrleitung, die am unteren Stollenportal in eine erdverlegte Gussrohrleitung übergeht. Insgesamt erstreckt sich die Druckrohrleitung über eine Länge von 4,1 Kilometer – von der Schlucht bis zum neuen Krafthaus-Standort – rund 200 m oberhalb

der Einmündung in die Bregenzer Ach. Dabei überwindet der Kraftabstieg eine statische Fallhöhe von 244 Meter. STOLLEN MACHT FASSUNGSBAU MÖGLICH Ende 2018 startete die Stollenbaufirma mit der Baustelleneinrichtung und dem Voreinschnitt am unteren Stollenportal auf 940 m Seehöhe. Im Juni des Folgejahres konnte es dann mit den eigentlichen Vortriebsarbeiten losgehen. Mit einer Steigung von 4,3 Prozent wurde der 2 Kilometer lange Stollen im Sprengvortrieb hergestellt. Dabei hatten die Mineure am Ende insgesamt 60.000 m3 Fels und Gestein ausgebrochen. Gegen Ende 2020 war es schließlich soweit, nach 22 Monaten war der Durchbruch geglückt, und wenig später war der Stollen bereits so ausgebaut, dass er mit schwerem Gerät durchfahren werden konnte. „Uns war wichtig, dass der Ausbruchsquerschnitt durchaus großzügig ist. Mit 30 m2 haben wir einerseits ausreichend Platz für die Rohrleitung zur Verfügung, und können andererseits auch problemlos mit großen Fahrzeu-

Foto: illwerke vkw

Projekte

gen durchfahren. Das machte die Fertigstellung der Wasserfassung sogar während und nach der Verlegung des Druckrohrs möglich“, so der Projektleiter. GESCHICK IM STEILHANG GEFRAGT Während die Ausbruchsarbeiten am neuen Stollen 2019 im Gange waren, wurden zeitgleich auch – von unten beginnend – schon Teile der unterirdischen Druckrohrleitung verlegt. Das Baulos Rohrverlegung wurde an die Firma Oberhauser & Schedler Bau (O&S Bau), ein Hoch- und Tiefbauunternehmen aus Andelsbuch, vergeben, das darüber hinaus auch noch die Errichtung der Wasserfassung und des Maschinenhauses übernommen hatte. „Die Baufirma O&S Bau war für uns ein Glücksfall. Mit großer Flexibilität, Einsatz und viel Erfahrung hat das gesamte Team für perfekte Abläufe auf der Baustelle gesorgt und die großen Herausforderungen mit Bravour gemeistert“, lobt Ralph Poschenrieder. Mit Ende 2020 waren bereits 1.400 m der 2.030 m langen Gussrohrleitung unter der Erde. Dabei gestalteten sich die Verlegearbeiten im Steilhang als äußerst anspruchsvoll, wie der Projektleiter erklärt: „Für die Grabarbeiten kam ein angeseilter Schreitbagger zum Einsatz. Die 8 Meter langen und 4 Tonnen schweren Rohrschüsse wurden zusammen mit dem Bettungsmaterial über einen Mobilkran zur Trasse geliefert. Eine etwas unkonventionelle, aber geschickte Lösung mit dem gewünschten Erfolg.“ ROHRLEITUNG PASST SICH ANS GELÄNDE AN Verlegt wurden die Rohre mittels der so genannten „Auf-Zu-Methode“, was nichts anderes bedeutet als: Künette wird ausgehoben, Rohr mit Bettungsmaterial eingebaut, Künette wird geschlossen. Was banal klingt, hat aber einen wesentlichen Vorteil gegenüber anderen

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Über 2,1 Kilometer verlegen die Fachleute von O&S Bau die 8 m langen und 4 Tonnen schweren Gussrohre von Saint Gobain.

Übergang von Guss auf GFK: Der GFK-Sonderformteil wurde in einen massiven Betonklotz eingegossen.

Foto: illwerke vkw

Die GFK-Rohre von Etertec wurden auf speziellen Rohrsätteln aufgeständert.

Verlegemethoden. Schließlich kann auf diese Weise fast bei jeder Witterung verlegt werden, was gerade im alpinen Bereich enorme Zeitersparnisse möglich macht. Als Rohrtyp kamen für den unteren Trassenteil, also im Anschluss an den Stollen, Gussrohre vom Fabrikat Saint-Gobain der Dimension DN1200 zum Einsatz. „Wir haben mit diesem Rohrsystem zum Glück ein sehr gutes europäisches Qualitätsprodukt erhalten, das auch eine hohe Lebensdauer der Leitung garantiert“, so der Projektleiter. Die Rohre wurden mit speziellen Langmuffen ausgeführt, um eine höhere Flexibilität bei der Verlegung im schwierigen Gelände zu erreichen. Poschenrieder: „Üblicherweise liegt die Abwinkelbarkeit bei Gussrohren dieser Dimension gerade noch bei 1 oder 1,5 Grad. Das hätte für uns aber deutlich mehr Formstücke und Betonfixpunkte – und in weiterer Folge auch einen höheren Zeitaufwand bedeutet. Mithilfe der Langmuffen können diese Rohre bis zu 4 Grad in der Verbindung

abgewinkelt werden, wodurch die Trasse optimal an die Topographie des Geländes angepasst werden kann. Alles in allem haben wir nur zwei Fixpunkte benötigt.“ Wie man die auftretenden Kräfte an den Rohr-Biegungen am effektivsten ins Erdreich ableitet, konnte das Team von O&S Bau demonstrieren. Zu diesem Zweck wurde gemäß den Anregungen des Planungsbüros Bernard Ingenieure ein extrem leistungsstarkes Geotextil über den Fixpunkt gespannt und mit der Erdreich-Überdeckung belastet. AUF ROHRSÄTTELN DURCH DEN STOLLEN Nachdem im zweiten Quartal 2021 der Stollenausbau abgeschlossen und eine Faserbetonsohle eingezogen war, konnten auch die Verlegearbeiten im oberen Teil der Druckrohrleitung beginnen. Über die gesamte Länge des circa 2.000 m langen Stollens wurde eine GFK-Druckrohrleitung DN1400 erstellt, die auf vorgefertigten Rohrsätteln aufgeständert

verlegt wurde. Geliefert wurden die Rohre vom österreichischen Druckrohrleitungsspezialisten Etertec, der sich schon seit einigen Jahren zum Speziallieferanten in Sachen GFK-Druckrohleitungsbau im deutschen Sprachraum entwickelt hat. Heute unterstützt der Systemlieferant aus Österreich seine Partnerunternehmen in Deutschland und der Schweiz in allen technischen Fragen zum Thema Druckrohrleitungsbau bzw. Vertrieb. Sämtliche Sonderformteile fertigt Etertec am eigenen Standort selbst oder lässt sie in zertifizierten Fertigungsstätten herstellen. Auch der Übergangskonus, ein Sonderformstück, das die GFK- mit der Gussrohrleitung verbindet, stammt aus der Fertigung des GFK-Rohrspezialisten Etertec. Um die im Betrieb auftretenden Kräfte bestmöglich aufzunehmen, wurde der Konus in einen mächtigen Beton-Fixpunkt eingegossen. Der direkte Übergang der beiden unterschiedlichen Rohrtypen wurde mit einer hochwertigen Straub-Kupplung fixiert. Dass die O&S Bau sowohl bei der GFK- als auch bei der Guss-Rohrleitung ausgezeichnete

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Fertigstellung der Wehranlage im Juni 2022.

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Keine Sonne für 4 Monate, extreme Minusgrade: Die Winterbaustelle an der Wasserfassung in der Schlucht stellte das Team von O&S Bau vor große Herausforderungen.

Foto: illwerke vkw

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Arbeit geleistet hatte, sollte sich spätestens bei der Druckprüfung im April dieses Jahres zeigen. „Zuerst wurde nur der oberste Bogen im Stollen geprüft, danach erfolgte abschließend noch eine Druckprüfung über die restlichen 3,8 Kilometer, die ebenfalls auf Anhieb positiv ausfiel. Das war zum Glück aber schon absehbar. Denn die Baufirma hatte bereits im Vorfeld Luftdruckprüfungen an der Gussleitung durchgeführt. Eine sehr kluge Maßnahme, denn im Fall der Fälle hätte das sehr viel Zeit gespart“, sagt Projektleiter Poschenrieder. HANGNEIGUNGEN BIS 60 GRAD Noch vor Fertigstellung des Stollens begann die Baufirma im Frühjahr letzten Jahres mit den Vorarbeiten für den Bau der Wasserfassung in der Schlucht. Und die sollten es in sich haben. „Die Hänge in diesem extrem unzugänglichen Areal weisen Neigungen bis zu 60 Grad auf. Hier mussten zuerst Schutzzäune errichtet werden. Danach wurden großflächige Spritzbetonwände errichtet und im Gelände

verankert. Eine der Wände wurde bis hinunter zum Fundament des Entsanders, eine andere bis zum Fundament der Wasserfassung gebaut. Im weiteren Bauverlauf wurden zur Sicherung noch zusätzliche Schutznetze eingezogen. Diese gesamten Maßnahmen haben uns mehrere Wochen Zeitverlust im Projektverlauf eingebracht“, erinnert sich der Projektleiter. Mit drei Partien gleichzeitig arbeitete O&S Bau schließlich am 50 m langen Entsanderbauwerk und an der Wasserfassung. Man habe relativ viel an Material abtragen müssen, bevor man auf massiven Fels stieß, auf dem sich das Fassungsbauwerk verankern ließ, erzählt Poschenrieder. Am Ende flossen rund 2.500 m3 Beton, um das massive Bauwerk in der Argenbachschlucht zu realisieren. Wie diffizil sich die Arbeiten in der Schlucht gestalteten, lassen schon die Witterungsbedingungen erahnen. Ganze vier Monate kein Sonnenstrahl und zweistellige Minusgrade machten die Arbeiten sowohl für die Baufirma als auch für den Stahlwasserbauer zu einer echten Prüfung.

FASSUNG MIT HOHEM AUTARKIEGRAD Das Fassungsbauwerk weist ein kleines Vorbecken auf, in dem sich grobes Geschiebe ablagern kann. Das Wehrbauwerk selbst besteht im Wesentlichen aus einem modernen Tiroler Wehr und einer 4 m breiten Geschiebeklappe, über die das angesammelte Geschiebe bei Bedarf abgeführt werden kann. Gerade weil die Fassungsanlage so abgeschieden situiert ist, wurde von den Betreibern auf einen möglichst hohen Automatisierungsgrad geachtet, wie Ralph Poschenrieder bestätigt: „Diese Wasserfassung ist die bestausgestattete in unserem ganzen Kraftwerkspark. Für den hohen Autarkiegrad dieses Anlagenteils wurde eine Reihe technischer Finessen integriert.“ Im Rahmen der Ausschreibung wurde die gesamte stahlwasserbauliche Ausrüstung an ein Unternehmen vergeben, das seit Jahrzehnten mittlerweile einen hervorragenden Ruf im Alpenraum genießt: die Firma Gufler Metall aus Moos im Passeiertal, die nahezu ihr ganzes Leistungsportfolio dafür abrufen konnte. So wurde etwa

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Die Wasserfassung in der Argenbachschlucht gilt als die am besten ausgestattete im Kraftwerkspark von illwerke vkw. Das Tiroler Wehr ist mit einem vollautomatischen hydraulischen Gegenrechen ausgeführt. Der Hydraulikzylinder der Wehrklappe ist im Wehrpfeiler verborgen.

Der Hydraulikzylinder im Wehrpfeiler treibt die 4 m breite Wehrklappe an.

Foto: zek

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das Tiroler Wehr mit einer modernen Gegenrechenanlage ausgeführt, die von unten – also äußerlich nicht sichtbar – im Reinigungsfall den Gegenrechen gegen das Tiroler Wehr und so allfälliges Geschiebe nach oben drückt, woraufhin es durch das Wasser von den relativ flachen Stahlstäben weitertransportiert wird. Die Rechensegmente werden jeweils über einen eigenen Hydraulikzylinder, die unterirdisch im Wehrköper integriert sind, bewegt. Speziell an der Fassung ist, dass der 4 m lange Hydraulikzylinder für den Antrieb der Wehrklappe ebenfalls komplett unterirdisch im Wehrpfeiler untergebracht wurde. Das hat den Vorteil, dass kein Bauteil nach oben ragt und somit die Verklausungsgefahr minimiert wird. Der hydraulische Antrieb und der Zylinder sind über einen unterirdischen Verbindungsweg vom Wehrhaus aus problemlos zu erreichen. „Dieses System von Gufler Metall eignet sich für diesen Standort hervorragend. Außerdem gibt es aktuell nur ganz wenige Anbieter am Markt, die mit diesem Produkt so viel Routine und Know-how haben wie die Stahlwasserbauer aus dem Passeiertal“, argumentiert der Projektleiter. EFFEKTIVES ABSCHEIDEN VON SEDIMENTEN An der Fassung erfolgt die dynamische Restwasserabgabe, zu diesem Zweck wurde ein massives, rund 3 cm starkes Stahlblech installiert. Von

der Wasserfassung gelangt das Triebwasser in der Folge in das großzügig angelegte Doppelkammer-Entsandungssystem, wo Sedimente bis Korngröße 0,2 mm abgeschieden werden. Auf diese Weise kann effektiv Abrasion an den Laufradbechern der Turbinenlaufräder vorgebeugt werden. Erreicht das Sediment eine gewisse Höhe in der Entsanderkammer, wird automatisch die Spülung ausgelöst. Im Anschluss an das Entsandersystem gelangt das Triebwasser noch zum 2,80 m breiten Feinrechen, wo noch ein letztes Mal das Triebwasser vor ungewünschtem Treibgut gereinigt wird. Zu diesem Zweck wurden in dem Rechenhaus zwei Teleskoparm-Rechenreinigungsmaschinen installiert. Der Feinrechen, ebenso wie die beiden Rechenreinigungsmaschinen stammen wie die 6 installierten Schützen aus dem Hause Gufler Metall. Sie wirken nicht nur massiv, sie wurden auch möglichst langlebig ausgelegt. GROSSE LEISTUNGSSPREIZUNG DER MASCHINEN Rund 250 m tiefer, etwa 200 m vor der Einmündung des Argenbachs in die Bregenzer Ach starteten im April letzten Jahres die Arbeiten am neuen Krafthaus, ebenfalls ausgeführt von der O&S Bau aus Andelsbuch. Das Gebäude beherbergt zwei ungleich große Maschinensätze, die bewusst so angeordnet wurden, dass man noch mit einem LKW ins Ma-

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An der Wasserfassung waren umfangreiche Hangsicherungsmaßnahmen erforderlich.

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Zwei massive RRM von Gufler Metall sorgen für freien Einlauf am Feinrechen.

schinenhaus einfahren kann. Dies macht allfällige Wartungs- oder Reparaturarbeiten in Zukunft einfacher. Die Leistungsspreizung der Maschinen ist durchaus markant – und dies aus gutem Grund, wie der Verantwortliche von illwerke vkw betont: „Während die größere Turbine auf ein Schluckvermögen von 2.900 l/s ausgelegt ist, wurde die kleinere nur für 600 l/s konzipiert. Das hat zwei Gründe: Zum einen handelt es sich bei der kleinen 4-düsigen Peltonturbine um eine sogenannte ‚Winterturbine‘, die eben in der kalten Jahreszeit dafür sorgt, dass die Anlage auch bei ganz wenig Wasser noch am Netz verbleibt, dass Wasser fließt und Wärme im Krafthaus ist. Zum anderen haben wir die Leistungsgrenze so gewählt, dass der zugehörige Generator noch mit 400 V betrieben werden kann. In weiterer Folge bedeutet das, dass der zugehö-

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rige Transformator mit 400 V Unterspannung gleichzeitig für die Eigenversorgung verwendet werden kann. Damit erspart man sich den Eigenbedarfstrafo und ein Abgangsfeld in der Mittelspannungschaltanlage.“ ENGPASSLEISTUNG VON ÜBER 7 MW Beide Turbinen stammen vom bekannten Branchenspezialisten Andritz Hydro, der zwei leistungsstarke, aber eben auch ziemlich unterschiedliche Maschinen lieferte. Während die 6-düsige Peltonturbine über innengesteuerte Düsen verfügt und das Turbinengehäuse komplett einbetoniert wurde, verfügt die kleine 4-düsige Maschine über außengesteuerte Düsen und das Turbinengehäuse ist freistehend. Bei einer Nenndrehzahl von 1.000 Upm erreicht sie ca. 1,4 MW, die große schafft bei einer Drehzahl von 600 Upm eine Leistung von ca. 5,8 MW. Im Zusammenspiel überschreitet die Engpassleistung unter Volllast die 7 MW-Grenze, dies belegten die ersten Tests während der Schneeschmelze im heurigen Frühling. Beide Turbinen sind direkt mit je einem wassergekühlten Synchrongenerator des tschechischen Qualitätsherstellers TES gekuppelt. Die kleinere Maschine ist auf 420 kV ausgelegt, während die große auf 6,4 MV kommt. Besonders imposant das Gewicht des großen Generators, der

Technische Daten • Ausbauwassermenge: 3.500 l/s • Kraftabstieg total: 4,1 km Maschine 1

• Fallhöhe: 244 m • Bauzeit: 3 Jahre Maschine 2

• Turbine: 6-düsige Peltonturbine • Fabrikat: Andritz Hydro • Ausbauwassermenge: 2.900 l/s • Drehzahl: 600 Upm • Nennleistung: ca. 5,8 MW • Generator: Synchron • Fabrikat: TES • Generatorspannung: 6,4 MV • Generatorgewicht: 32 t

• Turbine: 4-düsige Peltonturbine • Fabrikat: Andritz Hydro • Ausbauwassermenge: 600 l/s • Drehzahl: 1.000 Upm • Nennleistung: ca.1,4 MW • Generator: Synchron • Fabrikat: TES • Generatorspannung: 420 V • Generatorgewicht: 8 t

• Druckrohrleitung: Guss • Länge: 2.100 m DN1200 • Fabrikat: Saint-Gobain

• Druckrohrleitung: GFK • Länge: 2.000 m DN1400 • Lieferant: Etertec

• Bau: Oberhauser & Schedler Bau • Hangsicherung: GEOS Spezialbau • Stahlwasserbau: Gufler Metall

• Automation: Andritz Hydro • Planung: Bernard Ingenieure • Regelarbeitsvermögen: 24 GWh

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Froschperspektive auf das bereits montierte Pelton-Laufrad der 6-düsigen Turbine.

32 Tonnen auf die Waage bringt. Sowohl mit den beiden Turbinen als mit den zugehörigen Generatoren zeigen sich die Betreiber nach den ersten Betriebserfahrungen hoch zufrieden. Die Ableitung der hier erzeugten Energie erfolgt über zwei Transformatoren auf der 30 kV-Ebene. Neben der elektromaschinellen Ausrüstung des Kraftwerks lieferte Andritz Hydro auch noch das gesamte steuerungs- und leittechnische Equipment.

Umsetzung des Bauvorhabens. Zu diesem Zweck wurde es permanent durch eine ökologische Bauaufsicht überwacht. Auch das Thema Schallschutz spielte eine gewisse Rolle, da es Anrainer in der Nähe des Maschinenhauses gibt. Aus diesem Grund wurden im Unterwasserkanal vier Lamellenvorhänge und eine Holztauchwand eingebaut sowie ein Schallschutzgutachter eingebunden. Von außen ist heute auch bei Vollbetrieb kaum etwas von den beiden Maschinen zu hören. Ende April dieses Jahres war es endlich soweit: Nach dreijähriger Bauzeit konnten die beiden Turbinen erstmalig angedreht werden. Seither bewähren sich die beiden Maschinensätze be-

Bei tiefwinterlichen Bedingungen im Dezember '21 wird der 32 Tonnen schwere Generator eingehoben.

reits im täglichen Einsatz. Rund 24 GWh Ökostrom wird das neue Kleinkraftwerk in Zukunft durchschnittlich ins 30 kV-Netz einspeisen. Das Fazit der Projektleitung, die sich im Projektverlauf mit Herausforderungen wie Corona, diversen schwierigen Umwelteinflüssen oder Lieferengpässen konfrontiert sah, fällt dennoch erstaunlich positiv aus: „Mit einem harmonischen Team ist alles möglich“, sagt Ralph Poschenrieder und lobt die hohe Identifikation mit dem Projekt, die Flexibilität und die lösungsorientierte Herangehensweise von allen Beteiligten, die damit einen wichtigen Beitrag zur Vorarlberger Energiezukunft geleistet haben.

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HOHE IDENTIFIKATION MIT PROJEKT Über den gesamten Projektverlauf hinweg legten die Betreiber großes Augenmerk auf eine möglichst nachhaltige und naturverträgliche

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Ein leistungsstarkes Maschinenduo, bestehend aus zwei ungleich großen Pelton-Turbinen aus dem Hause Andritz Hydro und direkt gekoppelte TES-Synchrongeneratoren, erzeugt im Regeljahr rund 24 GWh Ökostrom.

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Zu seinem 125. Jubiläum feierte das Gemeindewerk Beckenried im Schweizer Kanton Nidwalden im Juni 2022 auch die Fertigstellung des neuesten Kleinwasserkraftwerks. Die Zentrale des Kraftwerks wurde im Zuge des Austauschs einer 2013 bei einem Erdrutsch beschädigten Hangleitung am Ausgleichsbecken Napf errichtet und in ein bestehendes Wasserkraftsystem integriert. Zusätzlich wurde noch eine zweite Druckrohrleitung von der Wasserfassung Bärlix zum Ausgleichsbecken erneuert und an das neue Kraftwerk angeschlossen. In der Zentrale wird das an zwei verschiedenen Wasserfassungen eingezogene Triebwasser von zwei horizontalachsigen Zwillingsturbinen der Marke ANDRITZ Hydro mit 360 kW Engpassleistung verwertet. Die beiden 3-düsigen Pelton-Maschinen treiben über eine gemeinsame Welle einen Synchron-Generator vom Hersteller Hitzin­ger an. Mit dem neuesten Kleinwasserkraftwerk können die Gemeindewerke Beckenried nun rund 60 Prozent des gesamten Strombedarfs der Ortschaft aus lokalen Ressourcen abdecken.

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n der Gemeinde Beckenried am Südufer des Vierwaldstättersees hat die Stromerzeu­ gung aus Wasserkraft eine lange Tradition, berichtet der Geschäftsführer des Gemeinde­ werks Beckenried René Arnold: „Das erste Wasserkraftwerk in der schon im 19. Jahrhun­ dert als Kurort geschätzten Gemeinde erzeug­ te ab 1897 Strom für die Hotels und Kur­ anstalten. Zur Stromgewinnung wurde der Mühlebach gefasst und das Triebwasser über 350 m Fallhöhe in ein Maschinengebäude zu zwei Pelton-Turbinen geleitet.“ Wenige Jahre nach der Inbetriebnahme des Wasserkraft­ werks wurden schon die Plätze und Straßen der Gemeinde mit Strom beleuchtet, nach und nach hielt die elektrische Energie auch Einzug in die Haushalte der Bürgerinnen und Bürger. Um die Regelbarkeit der Anlage zu verbessern, wurde 1902 ein Ausgleichsbecken im Ortsteil Napf errichtet und das Kraftwerk mit einer weiteren Maschinengruppe ergänzt. In den 1930er Jahren kam noch eine zusätzli­

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In Beckenried am Südufer des Vierwaldstättersees ging am 1. Dezember des Vorjahres ein neues Kleinwasserkraftwerk erstmals in Betrieb. Der Anlass für den Kraftwerksbau entstammt der Erneuerung einer bei einem Erdrutsch beschädigten Hangleitung zum Ausgleichsbecken Napf.

che Turbine hinzu, womit genügend Strom zum Betrieb der ersten Luftseilbahn der Schweiz auf die Klewenalp vorhanden war. Zur ursprünglichen Initiative des ersten Was­ serkraftwerks in Beckenried ist ein Zitat vom damaligen Bürgermeister und Wasser­ kraftpionier Eduard Amstad überliefert, das in der aktuellen Festschrift des Gemeindewerks zu seinem 125-jährigen Bestehen nachgelesen werden kann: „Um die Mitte der 1890er Jahre machte sich in der Schweiz und besonders auch am inneren Vierwaldstättersee das Be­ streben nach Erstellung von Elektrizitätswer­ ken geltend. Wir konnten uns der Ansicht nicht verschließen, dass wir als Kurort recht übel daran wären, wenn das gegenüberliegen­ de Ufer Gersau, Vitznau, Weggis in elektri­ scher Beleuchtung erstrahlte, während wir nach wie vor auf Petrol angewiesen wären.“

Fotos: Gemeindewerke Beckenried

NEUES KLEINWASSERKRAFTWERK ZUM 125. JUBILÄUM DES GEMEINDEWERKS BECKENRIED

HANGRUTSCH FÜHRT ZU NEUBAU Wegen des steigenden Energiebedarfs nach Ende des 2. Weltkriegs wurde das Wasserkraft­ werk Mühlebach zwischen 1953 und 1958 um­ fassend erneuert bzw. erweitert. Der Strom­­ ertrag der Anlage konnte damit um mehr als das Dreifache gesteigert werden. Beim Umbau wurde die Zentrale mit zwei neuen Pelton-Maschinengruppen in den Orts­ teil Sustli ans Ufer des Vierwaldstättersees ver­ legt. Die nun auf Kraftwerk Sustli umgetaufte Anlage wurde nun zusätzlich durch das Was­ser vom Lielibach versorgt, wofür eine neue Was­ serfassung sowie eine Druckrohrleitung zum Ausgleichsbecken Napf erstellt wurden. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurde das Kraft­ werk sukzessive an den jeweiligen Stand der Technik anpasst und optimiert. Anfang der 1990er Jahre wurde die Wasserfassung Mühle­

Vogelperspektive auf die neue Kraftwerkszentrale am Ausgleichsbecken Napf.

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Projekte bach erneuert, ab 2008 wurde zusätz­ liches Wasser vom Autobahn-Entwässerungsstollen Ischen in die Kraftwerksanlage eingeleitet. Ein für die Hangleitung Lielibach-Napf folgen­ schwerer Erd­ rutsch im Jahr 2013 führte schließlich zur Ent­stehung einer neuen Kraft­ werksstufe. Die auf einer Länge von ca. 700 m schwer beschädigte Freispiegelleitung wurde ab 2020 komplett erneuert und das brachlie­ gende Energie­potential von knapp 70 m Hö­ henunterschied zum Bau eines Kleinwasser­ kraftwerks am Ausgleichbecken Napf genutzt. VORAUSSCHAUENDE ENTWICKLUNG Der seit vier Jahren als Geschäftsführer beim Ge­meindewerk Beckenried tätige René Ar­ nold­lässt nicht unerwähnt, dass sein Vorgän­ ger­eine tragende Rolle bei der Projektentste­ hung innehatte: „Peter Feldmann war über 35 Jahre beim Gemeindewerk beschäftigt und hat die Entwicklung derartiger Projekte stets vor­ ausschauend vorangetrieben. Auch der Bau von drei Trinkwasserkraftwerken in der Gemein­de ist zu großen Stücken ihm zu ver­ danken.“ Da das neue Wasserkraftwerk in das bestehende System der Anlage Sustli einge­ bunden wurde, musste um keine neue Kon­ zession angesucht werden. „Es benötigte le­ diglich eine Baubewilligung und eine gewässerschutztechnische Abklärung. Im Ver­ gleich zum Bau eines neuen Kraftwerks war die Genehmigung einfach zu erhalten. Bis auf die Erhöhung der Restwasserdotation an den Wasserfassungen waren keine weiteren ökolo­ gischen Ausgleichsmaßnahmen erforderlich. Die Herausforderungen des Projekts waren eher im bautechnischen Bereich angesiedelt“, so der Geschäftsführer. ROHRE NUN UNTER DRUCK Zu Beginn der Bauarbeiten im Sommer 2020 konzentrierten sich die Arbeiten auf die Er­ stellung bzw. die Anpassungen der Bauwerke am Ausgleichsbecken Napf und der Wasser­ fassung Lielibach. Die Stromproduktion des

An der Wasserfassung Lielibach wurde der Entsander vergrößert. Noch 2022 soll der Einzug von Geschwemmsel durch den Einbau eines selbstreinigenden Coanda-Systems minimiert werden.

Kraftwerks Sustli war von der Anlagenerwei­ terung wenig beeinträchtigt, die meisten Bau­ arbeiten konnten während des laufenden ­Betriebs durchgeführt werden. An der Was­ serfassung Lielibach wurde das Fassungsver­ mögen des Entsanders zur Optimierung des Kraftwerksbetriebs durch eine bauliche Ver­ größerung erhöht. Deutlich aufwändiger ge­ stalteten sich die Baumaßnahmen am Stand­ ort des neuen Maschinengebäudes, die mit dem Aushub einer beachtlichen Baugrube einhergingen. Bei den Arbeiten musste mit entsprechender Vorsicht agiert werden, um die über 120 Jahre alte Bausubstanz des Be­ ckens nicht in Mitlei­ denschaft zu ziehen. Im Anschluss an die ­Betonarbeiten ging ­es an die Verlegung der neuen Kraftwerks­ leitungen, die vom ­Gemeindewerk in ­Ei­genregie durchgeführt wurde. Die alten Frei­ spiegelleitungen wur­ den bei der Neuaus­ führung durch Druckrohrsysteme ersetzt.

Bei der Rohrauswahl der neuen Kraftabstiege hatten sich die Betreiber für duktile Gussroh­ re entschieden, die dank ihrer robusten ­Materialeigenschaften und den schub- und zuggesicherten Muffenverbindungen im an­ spruchsvollen alpinen Gelände bestens zu­ rechtkommen. Zunächst wurde die insgesamt 1.950 m lange Druckleitung Lielibach-Napf verlegt, die seit ihrer Beschädigung beim Er­ drutsch ein Provisorium aus Kunststoffrohren erhalten hatte, und einen Höhenunterschied von 68 m überwindet. Die ebenfalls in der Dimension DN600 neu ausgeführte Druck­ rohrleitung von der Fassung Bärlix am Müh­

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Mit dem neuen Kraftwerk Napf wird das bisher ungenutzte Energiepotential in der bestehenden Kraftwerksanlage Sustli auf umweltschonende und nachhaltige Art ausgeschöpft.

lebach ist mit 260 m zwar deutlich kürzer, wegen des steileren Geländes beträgt die Hö­ hendifferenz zum Ausgleichsbecken dennoch 58 m. ZWILLINGSTURBINEN VOM WELTMARKTFÜHRER Da das neue Kraftwerk von zwei verschiede­ nen Wasserfassungen mit unterschiedlichen Fallhöhen versorgt wird, beschloss man für die elektrohydraulische Ausstattung der Anla­ ge eine nicht alltägliche Sonderlösung. Die Betreiber setzen auf zwei separat durchström­ te Pelton-Turbinen mit horizontalen Achsen, die über eine starre Welle einen einzelnen Ge­ nerator in der Mitte der Maschinengruppe antreiben. Den Auftrag zur Lieferung des Equipments konnte sich im Rahmen der Aus­ schreibung der Wasserkraft-Weltmarktführer ANDRITZ Hydro sichern. Der Geschäftsbe­ reich Service und Rehab von ANDRITZ Hy­ dro Schweiz befindet sich im luzernischen Kriens und ist auf die Optimierung von Be­ triebsführung und Wartung bestehender Wasserkraftausrüstungen spezialisiert. Neben der mechanischen Revisions- und Montage­

abteilung unterstützen Entwicklungs- und Projekt-Ingenieure, Techniker sowie Konst­ rukteure sämtliche Kunden in allen Bereichen rund ums Rehab- und Revisionsgeschäft. Die geografische Nähe und die technische Aus­ richtung des ANDRITZ Standorts Kriens bieten für das KW Napf beste Voraussetzun­ gen für eine erfolgreiche After Sales Betreu­ ung über den gesamte Anlagen-Lebenszyklus. „Es gab auch andere interessant Angebote von namhaften Mitwerbern am Markt, letztend­ lich hat ANDRITZ den Zuschlag aufgrund der langjährigen Erfahrung beim Bau von Zwillingsturbinen erhalten“, so René Arnold. Beide Turbinen wurden jeweils in 3-düsiger Ausführung gefertigt, womit die Maschinen auch bei verringerten Zuflüssen einen effizi­ enten Betrieb gewährleisten. Die Pelton-Lauf­ räder wurden jeweils aus einem Edelstahl-Mo­ noblock gefräst und halten somit auch höchsten Belastungen stand. Die Turbine „Lielibach“ wurde auf eine Ausbauwasser­ menge von 360 l/s und 68 m Bruttofallhöhe ausgelegt, das Gegenstück „Bärlix“ nutzt 280 l/s Ausbauwassermenge und 58 m Fallhöhe.

Unter Volllast schaffen die Maschinen eine Engpassleistung von 360 kW. BEIDSEITIG ANGETRIEBENER STROMERZEUGER Der von zwei Seiten mit jeweils exakt 500 U/ min von den Turbinen angetriebene Syn­ chron-Generator stammt vom österreichi­ schen Hersteller Hitzinger, dessen Maschinen aufgrund ihrer Verarbeitungsqualität und ho­ her Wirkungsgrade branchenweit einen her­ vorragenden Ruf genießen. Das Unternehmen ist wie der Stahlkonzern Voestalpine AG in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz beheimatet und hat bei der Fertigung Zugriff auf hochwertige Stähle und Elektro­ bleche. Sämtliche Maschinen werden von der magne­ tischen Auslegung über das Isolationssystem bis hin zum passenden Verhältnis von Kupfer zu Eisen für den jeweiligen Einsatzbereich an­ gepasst. Durch die individuelle Auslegung sämtlicher Bauteile werden Schäden durch Kurzschlüsse, Kurzunterbrechungen oder Fehlersynchronisationen von Beginn an aus­ geschlossen und ein Maximum an Sicherheit gewährleistet. Dabei sorgen eine ganze Reihe von Schutz- und Überwachungseinrichtungen für ein Minimum an Wartungsaufwand und einen fehlerfreien Dauerbetrieb. Für das Kraft­ werk Napf lieferte Hitzinger eine luftgekühlte Maschine mit 425 kVA Nennscheinleistung. Der mit einer Spannung von 400 V erzeugte Strom fließt von der Generatorwelle zu einem im Außenbereich installierten Transformator und gelangt von dort direkt ins öffentliche Netz. Die Herausforderung des Projekts lag darin, dass beide Wellen­enden des Generators direkt an jeweils ein Laufrad montiert wurden.

Technische Daten Turbine Lielibach

• Ausbauwassermenge: 360 l/s • Bruttofallhöhe: 68 m • Turbine: 3-düsige Pelton, horizontale Achse • Drehzahl: 500 U/min • Engpassleistung: 207 kW • Hersteller: ANDRITZ Hydro

Turbine Bärlix

• Ausbauwassermenge: 280 l/s • Bruttofallhöhe: 58 m • Turbine: 3-düsige Pelton, horizontale Achse • Drehzahl: 500 U/min • Engpassleistung: 146 kW • Hersteller: ANDRITZ Hydro

Generator

Die 3-düsigen Pelton-Zwillingsturbinen von ANDRITZ Hydro treiben von beiden Seiten einen Synchron-Generator der Marke Hitzinger an. Im Regeljahr kann das Maschinengespann mit 360 kW Engpassleistung ca. 1,2 GWh Ökostrom erzeugen.

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• Typ: Synchron • Nennscheinleistung: 425 kVA • Hersteller: Hitzinger

• Jahresarbeit: ca. 1.200.000 kWh

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Projekte Da es sich bei den Maschinen jeweils um 3-düsige Pelton-Turbinen han­ delt, mussten sämtliche Berechnungen in Bezug auf Ein-Turbinenbe­ trieb, Zwei-Turbinenbetrieb bei Volllast und natürlich bei sämtlichen Teillastbetrieben durchgeführt werden. Sämtliche Lastfälle wurden mit­ tels FE-Analyse mit der technischen Simulationssoftware „Ansys“ an der Welle überprüft. Genauestens untersucht wurde auch die Biege­ eigenfrequenz des Rotors. Als Wellenma­terial wurde ein hochwertiger Chrom-Molybdän-Stahl verwendet. Die mit dem bewährten Hitzinger Fett-Schmiersystem geschmierten Lager wurden entsprechend dimensi­ oniert, um eine Lebensdauer von 150.000 Stunden zu überschreiten. VOLLAUTOMATISCHE STROMGEWINNUNG Das elektro- und leittechnische Equipment für den vollautomatischen Betrieb der Anlage stammt vom Schweizer Branchenexperten Kobel Elektrotechnik AG. Dazu zählten sämtliche Komponenten der Steue­ rung und Überwachung sowie die Bauteile für die Netzsynchronisie­ rung und der Generatorschalter. Die beiden Turbinen werden grund­ sätzlich individuell anhand der Pegelsonden an den Wasserfassungen geregelt. Eine übergeordnete Steuerung sorgt für die effiziente Verwer­ tung des vorhandenen Wasserdargebots. Um die Stromproduktion des Hauptkraftwerks Sustli bei Störungen oder Wartungsarbeiten nicht zu beeinträchtigen, wurde jede der beiden neuen Turbinen mit einer Bypassleitung ausgestattet. Durch diese Umleitungen fließt das Trieb­ wasser im Anlassfall automatisch an den Maschinen vorbei zum Aus­ gleichsbecken. Für das Einleiten der erzeugten Energie ins öffentliche Netz wurde in der Nähe des Maschinengebäudes ein neuer Einspeise­ punkt geschafften. NEUES KRAFTWERK ZUM JUBILÄUM Rund 18 Monate nach Baubeginn lieferten die Turbinen der neuen Anlage am 1. Dezember des Vorjahres erstmals Strom ins Netz. Nach­

Der aktuelle Geschäftsführer des Gemeindewerks Beckenried René Arnold (li.) und sein Vorgänger Peter Feldmann, der maßgeblich für die Projektentwicklung zuständig war.

träglich gebührend gefeiert wurde die Fertigstellung bei den Feierlich­ keiten des Gemeindewerks zu seinem 125-jährigen Bestehen Ende Juni 2022. „Die ersten Betriebserfahrungen mit dem Kraftwerk Napf sind grundsätzlich sehr positiv. Bei der Schneeschmelze im Frühjahr konn­ ten die Zwillingsturbinen ihre Leistungsfähigkeit voll unter Beweis stel­ len. Es hat sich allerdings gezeigt, dass an der Wasserfassung Lielibach zuviel Geschwemmsel in die Druckrohrleitung gelangt. Dieses Problem wollen wir noch dieses Jahr mit dem Einbau eines selbstreinigenden Coanda-Rechens in den Griff bekommen“, sagt René Arnold. Das neu­ este Kleinkraftwerk der Gemeinde Beckenried kann im Regeljahr rund 1,2 GWh Ökostrom erzeugen. Ein weiteres Wasserkraftprojekt hat das Gemeindewerk bereits in der Schublade. Bei der geplanten Erschlie­ ßung einer Trinkwasserquelle auf der Klewenalp sollen die knapp 600 m Fallhöhe für die Errichtung eines Trinkwasserkraftwerks genutzt werden. Mit diesem vierten Trinkwasserkraftwerk mit einem potentiel­ len Jahresertrag von ca. 1 GWh könnte die Gemeinde rund 70 Prozent ihres Strombedarfs selber erzeugen.

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Die elektromaschinelle Ausrüstung des neuen Kraftwerks Konfall: Eine 4-düsige Peltonturbine aus dem Hause Troyer, die bis zu 460 l/s maximal verarbeiten kann. Das Maschinengespann erzeugt in einer Betriebssaison – das sind gut sieben Monate im Jahr – rund 7 GWh. Links im Bild das Bypass-System, das auch bei Wartung oder Ausfall der Turbine die Bewässerung sicherstellt.

BEREGNUNGSANLAGE ERMÖGLICHT SÜDTIROLER GEMEINDE NEUES KLEINWASSERKRAFTWERK Mit der Realisierung der Beregnungsanlage „Ebnet“, die eine moderne Bewässerung für circa 200 ha Agrarland sicherstellt, konnte in der Vinschgauer Gemeinde Schluderns ein imposantes Mehrzweckprojekt umgesetzt werden. Im Zentrum dabei: das neue Kleinwasserkraftwerk im Ortsteil Konfall, wo das Beregnungswasser für über 7 Monate eine moderne Turbine vom Fabrikat Troyer antreibt. Damit erzeugt das neue Kleinkraftwerk, das erst kürzlich den Betrieb aufgenommen hat, in dieser Zeit rund 7 Mio. Kilowattstunden sauberen Strom. Was das Projekt so besonders macht: Das neue Kleinkraftwerk trägt nicht nur durch seine Ökostromproduktion zur Ökologisierung der lokalen Infrastruktur bei. Darüber hinaus ist es Bestandteil mehrerer Synergieeffekte, die einerseits eine markante Wasserersparnis durch den Umstieg von Berieselung auf Oberkronenberegnung, anderseits eine ökologische Aufwertung des Saldurbachs durch erhöhte und vor allem kontinuierliche Restwassermengen und nicht zuletzt eine Verbesserung der ökologischen Situation der Schludernser Auen umfassen.

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eographisch gilt der Vinschgau als eine der zentralsten Alpenregionen. Hier erreichen die Alpen ihre größte Breite mit rund 250 km und nehmen die Region, die das obere Etschtal mit seinen Seitentälern umfasst, exakt in die Mitte. Somit liegt der Vinschgau eingebettet zwischen ausgesprochen hohen Bergkämmen, die durchwegs die 3000er-Grenze überschreiten. Und das beschert der Region eine faktische Insellage, sodass heute von einer der klimatisch geschlossensten Landschaften der Ostalpen die Rede ist. Sowohl die klimatischen Strömungen

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vom Norden als auch jene vom Süden werden durch diese Insellage stark abgepuffert. Für die Landwirtschaft des Vinschgaus bedeutet dies vor allem eines: Niederschlagsarmut. Gepaart mit hohen Temperaturen ob überdurchschnittlicher Sonnenscheindauer und den ausgeprägten Föhnwinden macht dies den Vinschgau zu einem der trockensten Täler der Alpen. Nicht einmal 500 mm Niederschlag verzeichnet etwa die Gemeinde Schlanders im Jahr, das ist weniger als in den meisten Regionen Siziliens. Und dennoch ist es den hier ansässigen Bauern gelungen, Ap-

felplantagen anzulegen, die heute Früchte höchster Qualität hervorbringen. Das Geheimnis hinter dem Erfolg liegt natürlich in der Art der Bewässerung. Waale, Stollen, Staubecken und Tiefbrunnen: Die Vinschauer Bauern haben eine einzigartige Strategie entwickelt, um ihr Wasser bestmöglich zu nutzen. Heute werden bereits 99 Prozent der Vinschgauer Agrarflächen mit künstlicher Bewässerung versorgt. Und dabei gibt es immer noch Optimierungspotenzial, wie sich unlängst bei einem hochinteressanten Projekt in der Gemeinde Schluderns zeigte.

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In die bestehende Druckrohrleitung des Alperia-Kraftwerks wurde ein T-Stück eingesetzt, um Wasser für Beregnung und Wasserkraftnutzung zu entnehmen.

HOHE ZUSTIMMUNG FÜR MEHRZWECKPROJEKT Die Gemeinde Schluderns im Obervinschgau, bekannt als Geburtsstätte der Haflingerzucht und für die weithin sichtbare und außergewöhnlich gut erhaltene, hochmittelalterliche Churburg, trug sich schon seit rund zehn Jahren mit den Plänen, in Kombination mit der geplanten Beregnungsanlage „Ebnet“ auch ein Kleinwasserkraftwerk zu bauen. „Spruchreif wurde das Ganze allerdings erst im Februar letzten Jahres, als circa 90 Prozent der Grundeigentümer für den Bau der Beregnungsanlage ‚Ebnet‘ gestimmt hatten. Wir als Gemeinde hatten uns im Vorfeld bereits dazu bereiterklärt, eine Querfinanzierung für die Beregnungsan­ lage über die neu zu gründende Betreiberge­ sellschaft in der Höhe von 750.000 Euro ­sicherzustellen. Vorbehaltlich natürlich der behördlichen Genehmigung für das Projekt“, erzählt der Schludernser Bürgermeister Dr. Heiko Hauser. Nach dem überwältigenden Mehrheitsbeschluss ging es Schlag auf Schlag: Nachdem auch der Gemeinderat offiziell dem

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Vorhaben zugestimmt hatte, wurde am 26. April 2021 die Wasserkraftwerk Konfall Konsortial GmbH (WKK) gegründet, an der die Gemeinde Schluderns 76 Prozent hält. Die restlichen 24 Prozent verteilen sich zu gleichen Teilen auf die SEG – Fernheizwerk Schluderns und weiters auf das VEK – Vinschgauer Energiekonsortium. Als Verwaltungsratspräsident steht der Gesellschaft Alexander Telser vor. PROJEKTPLANER ALS VERLÄSSLICHE KONSTANTE Es galt, keine Zeit zu verlieren. Schon wenige Wochen nach der Gründung der WKK wurden die Baulose vergeben, sodass bereits im Juni mit den Bauarbeiten begonnen werden konnte. Sämtliche Pläne und die gesamte Projektierung wurden vom bekannten Planungsbüro Patscheider & Partner GmbH aus Mals erstellt. Die Projektidee wurde nicht nur im Büro von Patscheider & Partner bis zur Umsetzungsreife entwickelt, das Gesamtprojekt wurde vom verantwortlichen Planungsingenieur, Dr.-Ing. Walter Gostner, auch bis zur Inbe-

BEREGNUNG SPART WASSER Von seinem Konzept her handelt es sich beim Kraftwerksprojekt Konfall nicht um ein klassisches Laufkraftwerk. Es bezieht sein Triebwasser, das zugleich als Beregnungswasser dient, aus dem Kraftabstieg eines bestehenden Kraftwerks. „Bislang konnten die Schludernser Bauern schon 390 l/s für ihre Waale aus der bestehenden Wasserfassung Matschertal des Alperia-Kraftwerks entnehmen. Durch die Umstellung von der herkömmlichen Bewässerung auf moderne Beregnung werden allerdings durchschnittlich nur mehr circa 100 l/s dafür benötigt. Abzüglich der Restwasserabgabe an der Fassung können so dem neuen Kraftwerk rund 310 l/s zugeführt werden, Davon werden ca. 210 l/s an Restwasser konstant an den Saldurbach zurückgegeben, während die restliche Wassermenge von durchschnittlich 100 l /s von der Beregnung benötigt werden“, umreißt Walter Gostner die durchaus komplexen hydraulischen Rahmenbedingungen. MIT DER DRUCKLEITUNG DURCH STEILES GELÄNDE Für die Wasserentnahme wurde am Beginn der bestehenden Stahl-Druckrohrleitung aufgeschnitten und ein neues T-Stück eingeschweißt. Konkret befindet sich der neue Anschluss in der Apparatekammer, rund 150 m tief im Fensterstollen des Alperia-Kraftwerks, der aus den 1950er Jahren stammt. Entlang dieser 150 m im Stollen sowie über knapp 2

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Foto: BRAUN

Foto: Patscheider & Partner

triebnahme begleitet. Ein echter Glücksfall für die Gemeinde Schluderns, dass man in Person des erfahrenen Ingenieurs auch eine unermüdliche Triebfeder hinter dem Vorhaben hatte. „Politisch ist es über die letzten 12 Jahre in Schluderns immer wieder zu personellen Änderungen gekommen. Das hat das Projekt nicht gerade einfacher gemacht“, so Walter Gostner. „Doch Heiko Hauser hat das Projekt ernsthaft in die Hände genommen und letztlich die entscheidenden Weichen gestellt.“

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Projekte Zudem wurde für den Druckleitungsbau ein eigener Forstweg errichtet. „Dieser neue, 600 m lange Weg kann hinkünftig nun auch für die Waldbewirtschaftung genutzt werden. Bisher waren die dortigen Föhrenwälder, die der Gemeinde Schluderns gehören, nicht mit Fahrzeugen erreichbar“, erklärt Bürgermeister Heiko Hauser. Bei der Wahl der Rohrleitung setzten die Verantwortlichen auf die Qualität des Gussrohrsystems aus dem Hause Tiroler Rohre GmbH – TRM. Bei der Verlegung im steilen Gelände kamen die Vorzüge der TRM-Gussrohre – ihre einfache und schnelle Verlegbarkeit bei jeder Witterung – besonders zum Tragen. Im Zuge der Planung der DRL konnte auch ein Wunsch der lokalen Feuerwehr erfüllt werden, indem zwei Löschhydranten integriert wurden. Ein weiterer Beleg dafür, dass man bei diesem Projekt bestmöglich auf die Nutzung von Synergiemöglichkeiten Bedacht nahm. 2 MW LEISTUNG MIT BEREGNUNGSWASSER Das zweite Baulos umfasste die Errichtung des Krafthauses im Ortsteil Konfall, das gemeinsam von den beiden Baufirmen Mair Josef & CoKG aus Prad sowie der Systembau GmbH aus Mals realisiert wurde. Besonders auffällig dabei: die gelungene Integration des Gebäudes in den Naturraum des Ufergebiets des Saldurbachs. Gemäß den Plänen von Patscheider & Partner wurde das Maschinenhaus fast zur Gänze in den angrenzenden Hang integriert und außen mit Natursteinen verkleidet, sodass eine möglichst große optische Harmonie mit der Landschaft im Konfall erreicht wurde. Im Inneren des Krafthauses ist das technische Herz des Ökostromkraftwerks untergebracht: eine 4-düsige Peltonturbine aus dem Hause Troyer AG, die einen direkt gekoppelten Synchrongenerator antreibt. Die Turbine ist optimal an die Gegebenheiten angepasst, kann im Maximum bis zu 482 l/s verarbeiten und kommt bei Volllast und einem Druck von 49,93 bar auf eine Ausbauleistung von 2.086 kW. Die jährliche mittlere Nennleistung wird dabei mit rund 995 kW angegeben. Neben Turbine und Generator lieferte der Südtiroler Wasserkraftspezialist auch die gesamte elektro- und automationstechnische Ausrüstung der Anlage. Da das Kraftwerk ja in den kalten Wintermonaten gemäß Wasserkonzession nicht betrieben wird, verfügt die Maschine über eine automatisierte Kondensheizung. Auch die Überwachung bleibt über die Wintermonate hinweg aktiv. Neben der elektromaschinellen Ausrüstung lieferte die Troyer AG auch das Bypass-System, das bei einem Ausfall oder bei Wartung der Turbine die Versorgung der anschließenden Beregnungsleitung sicherstellt. Sie ist mit einem speziellen Druckminderungsorgan ausge-

Foto: Patscheider & Partner

Foto: C.Theny

Auch im schwierigen Gelände ist ein zügiger Baufortschritt mit dem patentierten Rohrsystem von TRM möglich.

Kilometer im freien Gelände wurde schließlich die neue Druckrohrleitung verlegt. Umgesetzt wurden die Arbeiten durch die Hofer Tiefbau GmbH aus Prad, die schon zuvor den Anschluss hergestellt hatte. Die Errichtung des Kraftabstiegs sollte sich durchaus schwierig gestalten, wie Walter Gostner betont: „Mit der neuen Druckrohrleitung überwinden wir gut 500 Höhenmeter auf circa 2 Kilometer Trassenlänge. Natürlich waren hier sehr steile Abschnitte dabei.“ Im schwer zugänglichen, steilen Gelände wurden die Rohre per Helikopter angeliefert, Hofer Tiefbau setzte seine erfahrensten Schreitbaggerfahrer ein.

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Foto: Massimo Plank

Bgm. Dr. Heiko Hauser beim Lokalaugenschein im neuen Krafthaus. Die gesamte Automation und E-Technik wurden vom Sterzinger Wasserkraftspezialisten Troyer realisiert.

Foto: zek

Der Verwaltungsrat des WKK besucht das neue Maschinenhaus: Bürgermeister Dr. Heiko Hauser, Präsident Alexander Telser, Bernd Stocker und Peter Trafoier (v.l.).

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NEUES LEBEN FÜR DEN SALDURBACH Welche Bedeutung das neue Mehrzwecksys­ tem nun für den hiesigen Saldurbach mit sich bringt, erläutert Walter Gostner etwas näher: „Früher wurden die 390 l/s komplett entnom­ men und über die Waale in die Felder der Landwirte eingebracht. Das bedeutete für den Saldurbach, dass er dann trockengefallen ist, gerade im Mai war dies ab und zu der Fall. Doch das ist nun Vergangenheit. Durch die Umstellung verbleiben konstant 210 l/s im Bachbett plus dem bergseitigen Restwasser. In Summe führt der Saldurnbach damit immer eine Wassermenge von mindestens 400 l/s. Damit ist die ökologische Funktionsfähigkeit des Bachs wieder gewährleistet.“ Gostner spricht damit einen zentralen Synergieeffekt des Mehrzweckprojekts an. Ein anderer Synergieeffekt liegt in der Wasser­ ersparnis an sich, wie Bürgermeister Heiko Hauser betont: „Durch die Umstellung von Waal- auf die effizientere Beregnungsbewässe­ rung wird Wasser eingespart, was in unserer niederschlagsarmen Region von größter Be­ deutung ist. Und außerdem bringt die höhere Wassermenge auch eine Aufwertung der Schludernser Auen durch die Erhöhung des Wasserspiegels im Biotop.“

Technische Daten • Maximale Ausbauwassermenge: 482 l/s

Rund 2 Kilometer Druckrohrleitung, bestehend aus TRM-Gussrohren DN500, wurden vom Team von Hofer Tiefbau erfolgreich verlegt.

KRAFTWERK TRÄGT ZUR ÖKOLOGISIERUNG BEI Während die Beregnungsanlage „Ebnet“ ak­ tuell gerade errichtet wird, ist das Kraftwerk mit allen erforderlichen Schnittstellen zur ge­ planten Beregnungsanlage bereits in Betrieb. Seit 8. April speist die Anlage Strom ins Netz, für die gesamte Betriebssaison werden in Summe 7 GWh erwartet. Und das ziemlich exakt, wie der Bürgermeister unterstreicht: „Da das Wasser konzessionsgemäß sehr kons­ tant zur Verfügung steht – und wir zugleich eine sehr hochwertige Anlage gebaut haben – dürfen wir im Regeljahr mit den avisierten 7 Millionen Kilowattstunden rechnen. Für eine kleine Gemeinde wie Schluderns keine gerin­ ge Strommenge.“ Noch ist das Projekt nicht

fertig abgerechnet, aber alles deute darauf hin, dass man das gesteckte Ziel – die 4-Mio-Grenze – sogar unterschreiten werde, sagt Hauser. Damit ist neben dem techni­ schen Erfolg auch eine Punktlandung bei der wirtschaftlichen Umsetzung des Projekts ge­ lungen. In Anbetracht der steigenden Strom­ preise eine Investition mit hohem Rendi­ te-Potenzial. Generell betrachtet handelt es sich um das herausragende Beispiel eines Wasserkraftwerks, das gleich mehrere positive ökologische Effekte mit sich bringt. Für die Gemeinde Schluderns eines der wichtigsten Projekte der letzten Jahre, das Anfang Sep­ tember in einer offiziellen Feier seiner Be­ stimmung übergeben wird.

Foto: zek

rüstet, das die 50 bar Leitungsdruck auf 0 re­ duziert. Sollte hingegen in Zukunft die Bereg­ nungsanlage auch für Frostbewässerung herangezogen werden, ist ein sekundärer Kreislauf installiert, der es ermöglicht, in die Beregnungsanlage mit einem Druck von 10 bar einzuspeisen, sodass damit eine viel höhere Wassermenge an die zu bewässernden Felder geliefert werden kann.

Foto: Patscheider & Partner

Projekte

• Mittl. Ableitungswassermenge [auf 12 Mon]: 193,16 l/s • Nennfallhöhe: 525,50 m • Turbine: 4-düsige Pelton • Fabrikat: Troyer • Drehzahl: 1.000 Upm • Ausbauleistung: 2.086 kW • Mittlere Leistung: 995,15 kW • Generator: 3-Phasen-Synchron Generator • Leistung: 2.600 kVA • Ableitungszeitraum: 20.03. - 31.10. • DRL: Material: duktiler Guss • Fabrikat: TRM - Tiroler Rohre GmbH • Länge: 2.000 m Durchmesser: DN 500 • E-Technik & Steuerung: Troyer AG • Baulos Krafthaus: Mair Josef & Systembau • Baulos Rohrleitung: Hofer Tiefbau • Planung: Patscheider & Partner • Regelarbeitsvermögen: 7 GWh

Das Maschinenhaus des KW Konfall mit der markanten Natursteinfassade wurde mustergültig in die Vinschgauer Naturlandschaft integriert.

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Foto: Energie AG

Jubiläum

Landeshauptmann Thomas Stelzer, Generaldirektor Werner Steinecker, Technikvorstand Stefan Stallinger, Wirtschafts- und Energielandesrat Markus Achleitner, Finanzvorstand Andreas Kolar (v.l.n.r.) mit der Gedenktafel anlässlich 130 Jahre Energie AG Oberösterreich

EIN STÜCK OÖ. SEIT 130 JAHREN: ENERGIE AG FEIERT GEBURTSTAG Die Energie AG Oberösterreich feiert in diesem Jahr ihr 130-jähriges Bestehen. Mit dem Beginn der Planungen der Dampfzentrale in St. Wolfgang zur Versorgung des Schafberghotels, der neu erschlossenen Wetterlochhöhlen und dem Markt hat 1892 alles begonnen. Die Energie AG und ihre Vorgängerunternehmen waren und sind immer Schrittmacher in Sachen Energie. Sie haben die Herausforderungen angenommen und unser Land gemeinsam mit den Menschen weiterentwickelt. Das Unternehmen hat sich vom Energiepionier zum Schrittmacher der Energiewende mit Dienstleistungen, die über das Thema Energie hinausgehen, entwickelt.

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eit 1892 versorgen die Energie AG und ihre Vorgängerunternehmen das Land mit elektrischer Energie. Mit dem Beginn der Planungen für das Dampfkraftwerk in St. Wolfgang wurde die Ära der öffentlichen Stromversorgung in Oberösterreich eingeläutet. Die Erfolgsgeschichte des Bundeslandes ist somit eng mit der Geschichte des Unternehmens verbunden. Egal ob im Bereich der Wasserkraft, dem Glasfaserausbau oder der Photovoltaik – die Energie AG war und ist stets Vorreiter. Im Sinne des Mottos „Wir denken an morgen“ bestimmen Nachhaltigkeit und ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen über Generationen hinweg das Handeln der Energie AG. 43 Wasserkraftwerke, 19 Photovoltaik-Eigenerzeugungsanlagen und 13 Windkraftanlagen erzeugen CO2-freien sauberen Strom. Der stetige Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern und deren bestmögliche Nutzung ist für die Energie AG dabei selbstverständlich.

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MEHR ALS EIN ENERGIEERZEUGER Heute ist die Energie AG Oberösterreich mit ihren rund 4.600 Mitarbeiter:innen viel mehr als ein reiner Energieerzeuger und -versorger. Mit einem breiten Spektrum an Dienstleistungen und Produkten für Privat-, Gewerbe-, Industrie- und Kommunalkund:innen hat man sich zu einem modernen und leistungsfähigen Umwelt- und Nachhaltigkeitskonzern entwickelt. In den Bereichen Strom, Gas, Wärme, Wasser sowie bei den Entsorgungs-, Kommunikations- und Daten-Dienstleistungen bedient die Energie AG als fairer und verlässlicher Partner die Kund:innen und insbesondere auch die Gemeinden in ihrem Versorgungsgebiet. Die Energie AG ist seit 130 Jahren Schrittmacher in Oberösterreich und hat in dieser Zeit einige Herausforderungen bewältigt. Egal ob im Bereich der Wasserkraft, um die beginnende Industrialisierung elektrisch zu machen oder aktuell die Umsetzung der ambitionierten energiepolitischen Ziele. „Wir

waren und sind immer Frontrunner bei der Einführung neuer Technologien gewesen, das ist Teil unserer Unternehmensgeschichte“, sagt Energie AG-Generaldirektor Werner Steinecker. Das betrifft die Nutzung und Weiterentwicklung neuer Techniken, aber auch die Beratung der Kund:innen, die Entwicklung von Produkten und Serviceleistungen und vor allem auch die Sensibilisierung für Energieeffizienz, saubere Energie und innovative Angebote. „Die Energie AG ist stark in unserem Land verankert und mit den Regionen verbunden. Bei uns wird der Strom dort erzeugt, wo er auch verbraucht wird“, betont Energie AG-Technikvorstand Stefan Stallinger. Auf Erzeugungsseite bekennt sich die Energie AG zu einer nachhaltigen Energieversorgung – für jetzige und zukünftige Generationen. Auch zur Reduktion von globalen Abhängigkeiten und der Beibehaltung der hohen Versorgungssicherheit steht heute der Umbau des Energiesystems auf Erneuerbare noch mehr im Mittelpunkt.

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Kurz vor dem vergangenen Jahreswechsel speiste in der niederösterreichischen Stadtgemeinde Scheibbs das grundlegend erneuerte Wasserkraftwerk Brandstatt an der Erlauf erstmals ins Netz ein. Im Zuge der umfassenden Erneuerung durch die evn naturkraft Erzeugungsgesellschaft m.b.H., eine Tochtergesellschaft der EVN Gruppe, konnte das Leistungs- und Erzeugungspotential des Kraftwerks erheblich gesteigert werden. Als Herzstück der Anlage dient eine vertikalachsige Kaplan-Turbine mit direkt gekoppeltem Synchron-Generator, die unter Volllast eine Engpassleistung von 744 kW erreicht. Für die ökologischen Belange wurde eine Fischaufstiegsschnecke installiert und eine Fischabstiegsanlage errichtet, womit das Querbauwerk für die Gewässerlebewesen nun kein unüberwindbares Hindernis mehr darstellt. Eine ganze Reihe von renommierten Branchenexperten sorgte für die vorbildhafte Modernisierung des Traditionskraftwerks, das sich auch in optischer Hinsicht nicht zu verstecken braucht.

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usammengerechnet betreibt evn natur­ kraft in den Bundesländern Niederös­ terreich und Steiermark mehr als 200 Er­zeugungsanlagen, die aus den nachhaltigen Quel­len Sonne, Wind und Wasser Ökostrom für rund 570.000 Haushalte produzieren. Eine wesentliche Säule in diesem Energiemix bil­­det­ traditionell die Wasserkraft. Neben fünf­ Speicherkraftwerken, die in erster Linie zum Ausgleich von Lastspitzen im Stromnetz die­­ nen, zählen insgesamt 67 Kleinwasserkraft­ wer­ ke­­unterschiedlicher Bauart und Leis­ tungs­­ klassen zum Anlagenpark der EVN. Eine­der ältesten Anlagen der EVN, das Was­ ser­­­kraft­werk Brandstatt an der Erlauf in der nie­der­österreichischen Stadtgemeinde Scheib­ bs,­­ging kurz vor dem vergangenen Jah­res­ wechsel nach einer umfassenden Erneuerung wieder ans Netz. STANDORT MIT TRADITION Das Kraftwerk Brandstatt liegt in der bundes­ länderübergreifenden Region Eisenstraße, ­deren Bezeichnung aus einer jahrhunderte­ langen Tradition des Eisenabbaus und Verar­

Foto: zek

KOMPLETTERNEUERUNG VON KRAFTWERK BRANDSTATT VERVIELFACHT LEISTUNG UND ERZEUGUNG

Das Wasserkraftwerk Brandstatt im niederösterreichischen Scheibbs wurde von der EVN zwischen 2020 und 2021 grundlegend erneuert. Die Gestaltung des Maschinengebäudes und der ebenfalls neu gebauten Heubergbrücke ist eine Reminiszenz an die Region Eisenstraße.

beitung entstammt. „Aufzeichnungen im zum Zeitpunkt der Übernahme in einem Wasserbuch belegen, dass der Standort früher stark sanierungsbedürftigen Zustand. Dies als eine Wagenachsen-Schmiede genutzt wur­ betraf die Bausubstanz und noch viel mehr de und mit einem mechanischen Wasserrad die hydroelektrische Ausstattung. Von den ausgestattet war. 1911 hielt mit dem Einbau beiden Turbinen war aufgrund von techni­ von zwei Francis-Turbinen die Produktion schen Gebrechen nur mehr die größere Ma­ von elektrischem Strom Einzug. Nach dem 1. schine funktionstüchtig. Weltkrieg wurde die Produktion von Wagen­ achsen eingestellt und eine Keramikmanufak­ EVN UND GEMEINDE NUTZEN SYNERGIEN tur, die ihre Produkte in die ganze Welt ex­ „Für die EVN war es von Beginn an klar, dass portierte, hat sich dort angesiedelt. Im Zuge die bestehende Anlage das Ende ihrer Lebens­ der Weltwirtschaftskrise musste auch diese dauer erreicht hatte und einer umfassenden ihren Betrieb einstellen, die Kunstwerke kön­ Erneuerung bedurfte. Dabei war auch die nen aber heute in dem unmittelbar daneben Stadtgemeinde Scheibbs mit dem Neubau der befindlichen Museum besichtigt werden. Da­ vormals hölzernen Heubergbrücke unmittel­ bar fluss­ab des Kraftwerks eng in das Projekt nach wurden viele Werkshallen verkauft und eingebunden. Es ist sehr erfreulich, dass sich mit den Turbinen der Kraftwerksanlage wur­ daraus nützliche Synergien ergeben haben. So den einige Haushalte in Scheibbs mit Strom versorgt“, erläutert der bei der EVN für Bautechnik zuständi­ ge Projektleiter Mar­ tin Scharsching. Et­ was mehr als 100 Jahre, nachdem die Anlage ihre ersten Ki­ lowattstunden Strom erzeugt hatte, wurde das Kraftwerk 2012 von der evn natur­ IBL Ziviltechniker GmbH kraft übernommen. Bauwesen | Kulturtechnik | Wasserwirtschaft Dem fortgeschritte­ IBL Ziviltechniker GmbH nen Alter und der Be­ 3372 Blindenmarkt, Auhofstraße 25 Bauwesen | Kulturtechnik |und Wasserwirtschaft KraftwerksWasserbau I Tragwerksplanung I Abfallwirtschaft triebsdauer entspre­ T 07473 / 21709 Verkehrswegebau I 25 Trinkwasserversorgung I Abwasserentsorgung 3372 Blindenmarkt, Auhofstraße chend war die Anlage T 07473 / 21709 E blindenmarkt@ibl-zt.at E blindenmarkt@ibl-zt.at W www.ibl-zt.at

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Von der Schubert Elektroanlagen GmbH stammt das elektro- und leittechnische Equipment des neuen Kraftwerks.

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Mit der Generalplanung des Projekts wurde das Ingenieurbüro Lang Ziviltechniker GmbH (IBL) beauftragt. Die Umsetzung der anspruchsvollen Hoch- und Tiefbauarbeiten im dicht besiedelten Ortskern erledigte die in Scheibbs ansässige Anton Traunfellner GmbH.

dient beispielsweise eine Wehrwange der Kraftwerksanlage nun als Pfeiler der neuen Brücke, die mit ihren beiden Fahrstreifen und dem Gehsteig nun auch dem Stand der Tech­ nik entspricht. Als Reminiszenz an die alte Fußgängerbrücke wurde durch die Gemeinde Scheibbs beim Neubau ein Aussichtssteg über die Erlauf errichtet und damit dem Wunsch der Bevölkerung entsprochen“, so Schar­ sching. Dieser ergänzt, dass dem optischen Aspekt des Projekts ebenso eine hohe Bedeu­ tung zukam. So wurden das Kraftwerk und die umliegende Peripherie vom Scheibbser Architekten Joseph Hofmarcher gestaltet. Das an ein Schneckenhaus erinnernde Maschi­ nengebäude und die neue Brücke wurden als symbolische Verbindung zur Region Eisen­ straße mit oberflächlich rostendem Corten­ stahl verkleidet. PROFIS AM WERK Die wesentliche Herausforderung des Pro­ jekts war aufgrund der beengten Platzverhält­ nisse im dicht verbauten Ortsgebiet vor allem

im bautechnischen Bereich beheimatet. Mit den komplexen Planungsarbeiten wurde das im Kleinwasserkraftbereich vielfach bewährte Ingenieurbüro Lang Ziviltechniker GmbH beauftragt. Für die Umsetzung der äußerst schwierigen Hoch- und Tiefbauarbeiten sorg­ te das Scheibbser Traditions-Bauunterneh­ men Anton Traunfellner GmbH, welches auch das nötige Know-how sowie die ein­ schlägige Erfahrung mitbrachte und ebenfalls für die Erneuerung der Heubergbrücke ver­ antwortlich war. Der trotz seines Alters gut erhaltene Wehrkörper mit fester Schwelle blieb funktionell unverändert und wurde an die neuen baulichen Gegebenheiten ange­ passt. Zu Beginn der Bauphase des Kraftwerks im Frühjahr 2020 fokussierten sich die Arbei­ ten zunächst auf die Herstellung einer neuen rechtsufrigen Flutmulde, mit der die Hoch­ wassersicherheit am Standort verbessert wur­ de. Die Betonarbeiten folgten einem genauen Schema, wobei die Wasserhaltungsmaßnah­ men dem jeweiligen Baufortschritt an den beiden Gewässerseiten angepasst wurden. Die

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SALZBURGER LIEFERN STAHLWASSERBAU Mit der Kraftwerkserneuerung ging auch eine Erhöhung der Ausbauwassermenge von zu­ letzt 5 m³/s auf 16,5 m³/s einher, die eine Umgestaltung des Einlaufbereichs erforderte. Der gesamte Stahlwasserbau stammt vom Salzburger Branchenexperten GMT Winter­ steller GmbH, der für das Projekt ein maßge­ schneidertes Paket an hydromechanischer Technik schnürte. Der Lieferumfang bestand im Wesentlichen aus dem Grundablassschütz

Eine platzsparende Fischaufstiegsschnecke von der Hydro-Connect GmbH befördert die Gewässerlebewesen über knapp 6 m Höhenunterschied sicher ins Oberwasser.

Foto: zek

Kotzenmühlenwehr

DIE SPEZIALISTEN AM BAU

Brücke und der Einlaufbereich wurden auf mit Beton verfüllten Bohrpfählen gegründet. Zusätzlich wurde das Krafthaus als tiefster Punkt der Anlage auf einen etwa 3 Meter tie­ fen Betonkörper gegründet, der aufgrund der schwierigen Untergrundverhältnisse als „Hochdruckbodenvermörtelung“ ausgeführt wurde. Mit diesen Maßnahmen wurde sicher­ gestellt, dass es sowohl in der Bauphase als auch in der Betriebsphase zu keinen schädli­ chen Setzungen oder Wassereinbrüchen in die Baugrube kam.

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SCHNECKENLÖSUNG FÜR FISCHAUFSTIEG Mit dem Neubau sollte auch eine erhebliche Verbesserung der ökologischen Durchgängig­ keit in beide Flussrichtungen erreicht werden. Bis zum Umbau stellte die knapp 6 m hohe Wehranlage für flussaufwärts wandernde Fi­ sche ein unüberwindbares Hindernis dar. „Bei der optimalen Lösung der Fischaufstiegsthe­ matik wurden mehrere Varianten in Betracht gezogen. Aus Platzgründen kam ein Becken­ pass in Vertical-Slot-Ausführung nicht in Fra­ ge. Schlussendlich entschied man sich für den Einsatz einer Schneckenlösung, um die Fische sicher ins Oberwasser zu befördern“, sagt Martin Scharsching. Geliefert wurde die Fischaufstiegsschnecke (FAS) für die Leit­ fischart Huchen von der niederösterreichi­ schen Hydro-Connect GmbH, deren mehr­ fach patentiertes System mittlerweile bei einer ganzen Reihe von Kleinkraftwerken in Öster­

Einheben des Turbinen-Leitapparats in das neue Maschinengebäude am linken Ufer der Erlauf im Mai 2021.

Foto: EVN

mit aufgesetzter Klappe, dem Einlaufschütz, dem horizontalen Einlaufrechen inklusive da­ zugehörigem Rechenreiniger und den Ab­ sperrschützen für den Fischabstieg. Das vom pegelgeregelten Rechenreiniger entfernte Ge­ schwemmsel wird über die Klappe am Grundablass direkt in den Unterwasserbe­ reich abgegeben. Der wasserdicht ausgeführte Rechenreiniger besitzt eine Antriebskraft von 3000 Newtonmeter und kann bis zu 3 m hoch überflutet werden. Gesteuert werden sämtliche Absperr- und Reguliereinrichtun­ gen von einem zentralen Hydraulikaggregat, wobei die hydraulische Verrohrung ebenfalls von den GMT-Technikern hergestellt wurde. Bei dem Projekt an der Erlauf konnten die Salzburger ihre Kompetenz bei anspruchsvol­ len Gegebenheiten einmal mehr unter Beweis stellen.

reich zum Einsatz kommt. Aus Platzgründen musste auf eine kombinierte Schnecke mit zusätzlicher Energiegewinnung verzichtet werden. Die im Vergleich zu einem Schlitz­ pass bedeutend weniger Platz einnehmende FAS benötigt darüber hinaus auch eine gerin­ gere Dotationswassermenge. Die spaltfrei ver­ arbeitete, langsam rotierende Schnecke ge­ währleistet den Fischen eine absolut sichere Passage ins Oberwasser. Für das Kraftwerk Brandstatt fertigte Hydro-Connect eine 14 m lange, ca. 7,5 t schwere FAS mit einem Durchmesser von 1.320 mm, die bei der Montage mit viel Fingerspitzengefühl in die Betonnische eingehoben wurde. Der Ein­ stiegsbereich der Schnecke wurde bewusst in der Nähe des Turbinenauslauf positioniert, wodurch die Fische anhand der Lockströ­

mung zum Einschwimmen geleitet werden. Nach dem Ausstieg im Oberwasser gelangen die Fische durch einen betonierten Kanal am Maschinengebäude vorbei und können die Erlauf weiter flussaufwärts durchwandern. LEISTUNGSSTARKE KAPLAN-TURBINE Das elektromaschinelle Herzstück der Anlage lieferte der oberösterreichische Wasserkraftall­ rounder Jank GmbH, deren Turbinen seit Jahrzehnten bei einer ganzen Reihe von EVN-Anlagen zum Einsatz kommen. Der Einbau der Maschinenkomponenten orien­ tierte sich am jeweiligen Baufortschritt. So wurde das Saugrohr der Turbine im Februar 2021 einbetoniert, wenige Monate später konnte im Mai die Einlaufspirale montiert und das Gebäude weiter hochgezogen wer­

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EVN-Leiter Bautechnik Martin Scharsching, Leiter der EVN-Betriebsgruppe St. Pölten Christian Strohmayr und EVN-Elektrotechnik Projektleiter Marvin Steinböck (v.l.) beim zek HYDRO Lokalaugenschein in Scheibbs.

Foto: zek

Technische Daten

den. Für das Kraftwerk Brandstatt fertigten die Innviertler eine doppelt-regulierte Ka­ plan-Turbine mit direkt gekoppeltem Gene­ rator, die unter Volllast eine Engpassleistung von 744 kW erreicht. Im Vergleich zu der auf ca. 180 kW limitierten Maximalleistung der noch funktionstüchtigen Francis-Turbine beim Altkraftwerk schafft die nach moderns­ ten strömungshydraulischen Erkenntnissen konstruierte Kaplan-Turbine mehr als ein Vierfaches an Leistung. Selbstredend verviel­ facht sich damit auch das Erzeugungspotenti­ al der Anlage erheblich. Um der Ausbreitung von Körperschall entgegenzuwirken, wurde das Gehäuse der Turbine mit einer schwin­ gungsdämpfenden Verkleidung ummantelt. Der vom Linzer Hersteller Hitzinger geliefer­ te Synchron-Generator überzeugt neben sei­ nen hohen Wirkungsgraden auch mit leisen Betriebsgeräuschen, die der wassergekühlten Ausführung zu verdanken sind. Das erwärmte Kühlwasser wird zudem während der kalten

Jahreszeit zum Heizen des Gebäudes verwen­ det, was die Energieeffizienz der Gesamtanla­ ge erhöht. Der Generator mit 840 kVA Nennscheinleistung wird vom Laufrad ohne zwischengeschaltetes Getriebe mit exakt 214 U/min in Rotation versetzt. Bevor der mit 400 V erzeugte Strom ins öffentliche 20 kVNetz gelangt, wird dieser noch an einem von der EVN neu installierten Transformator um­ gewandelt. E-TECHNIK VOM BRANCHENKENNER Zur Lieferung des gesamten elektro- und leit­ technischen Equipments qualifizierte sich im Rahmen der Ausschreibung mit der Schubert Elektroanlagen GmbH ein weiterer alter Be­ kannter der EVN. Die Branchenexperten aus dem niederösterreichischen Ober-Grafendorf sorgten bereits in den 1980er-Jahren für die Automatisierung von Wasserkraftanlagen der EVN und sind ebenso seit langen Jahren ein professioneller Ansprechpartner für den Netz­

• Ausbauwassermenge: 16,5 m³/s • Bruttofallhöhe: 5,7 m • Turbine: Kaplan, doppelt-reguliert • Welle: vertikal • Drehzahl: 214 U/min • Engpassleistung: 744 kW • Hersteller: Jank GmbH • Generator: Synchron • Spannung: 400 V • Nennscheinleistung: 840 kVA • Kühlsystem: Wasser • Hersteller: Hitzinger • Fischaufstieg: Hydro-Connect GmbH • Stahlwasserbau: GMT Wintersteller GmbH • E- & Leittechnik: Schubert Elektroanlagen • Jahresarbeit ca. 3,3 GWh

bereich des Energieversorgers. „Beim Kraft­ werk Brandstatt war Schubert schon bei der Übernahme des Standorts durch die EVN im Jahr 2012 mit der Herstellung eines sicheren Standards bei den Schutz- und Synchronisie­ rungseinrichtungen zuständig. Zudem wurde ein Mindestmaß an regelungstechnischen Standards hergestellt und die Anlage im We­ sentlichen an das Betriebsschema der EVN angepasst. Angesichts der bevorstehenden Kompletterneuerung zielten die damaligen Maßnahmen weitgehend auf die Betriebssi­ cherheit des Altbestands ab“, sagt Christian Schwarzenbohler, Divisionsleiter Erzeugung bei Schubert. VOLLAUTOMATISCHE ÖKOSTROMPRODUKTION Beim Neubau war Schubert für die Automati­ sierung der gesamten Kraftwerksanlage zu­ ständig, wozu im Wesentlichen die Wehr-, Rechen-, Fischaufstiegsschnecken- und Tur­ binensteuerung zählte. Hinzu kamen unter

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Visualisierung der Kraftwerksleittechnik von Schubert am Bedienpanel im Krafthaus.

(Technische und organisatorische Regeln für Betreiber und Benutzer von Netzen), die es Netzbetreibern ermöglicht, im Anlassfall regulierend in die Steuerung von Erzeugungsanlagen einzugreifen. NEUE LEISTUNGS- UND ERZEUGUNGSDIMENSION Seine ersten Kilowattstunden Ökostrom erzeugte das völlig erneuerte Kraftwerk Brandstatt am 16. Dezember 2021. „Die ersten Erfahrungen seit der Inbetriebnahme hinsichtlich der Leistung und Funktionalität der Anlage sind grundsätzlich als sehr positiv zu bewerten. Natürlich gibt es bei einem Projekt dieser Größenordnung noch diverse Feineinstellungen

Foto: zek

anderem die Erregungs-, Synchronisierungsund Schutzeinrichtungen, die 400 V Generatorabzweigung, die 400 V Schaltanlage, diverse Steuerschränke, die Energie- und Leittechnikverkabelung sowie die Anbindung an den Maschinentransformator und die 20 kV Schaltanlage. Neben der Kraftwerksleittechnik beinhaltete der Auftrag auch die Anbindung an die übergeordnete Fernüberwachung- und Steuerung der EVN. Diese basiert auf dem standardisierten Kommunikationsprotokoll IEC 60870-5-104 und ermöglicht den Betreibern umfassende Fernwirk- und Überwachungsoptionen. Ebenfalls umgesetzt wurde die vorgeschriebene TOR-Richtlinie

Turbinenbau Stahlwasserbau Automation

H ydropower for generations

Die nach der Tochter eines EVN-Mitarbeiters getaufte Kaplan-Turbine „Helena“ von der Jank GmbH erreicht im Volllastbetrieb 744 kW Engpassleistung. Als leistungsstarker Energiewandler kommt ein direkt gekoppelter Synchron-Generator vom Hersteller Hitzinger zum Einsatz.

und Restarbeiten, die sukzessive nach der Inbetriebnahme abgearbeitet werden“, sagt Christian Strohmayr, der als Leiter der EVN-Betriebsgruppe St. Pölten für insgesamt 28 Wasserkraftwerke zuständig ist. Mit einer Investition von ca. 5 Millionen Euro hat die EVN das Erzeugungspotential mehr als verdreifacht und kann mit der Anlage nun den Jahresstrombedarf von rund 1.000 durchschnittlichen Haushalten abdecken. Eine weitere Erneuerung eines EVN-Traditionsstandorts in der Landeshauptstadt St. Pölten – das Kraftwerk Ochsenburg – steht ebenfalls mit einer erheblichen Leistungs- und Erzeugungssteigerung noch in diesem Jahr bevor.

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ERSTES WASSERKRAFTWERK IN KÄRNTNER KÜNSTLERSTADT VERSORGT 200 HAUSHALTE

ERSTES WASSERKRAFTWERK DER KÜNSTLERSTADT In der rund 30 Autominuten von der Malta-Hauptstufe entfernten Stadtgemeinde Gmünd ist Bürgermeister Josef Jury stolz darauf, dass seit dem heurigen Frühjahr das erste Wasserkraftwerk im Ort sauberen Strom erzeugt: „Mit der Leistung der Großwasserkraftwerke vor der Haustür können wir zwar nicht mithalten, angesichts des steigenden Strombedarfs zählen aber natürlich auch die Erträge von kleineren Erzeugungsanlagen.“ Zur Stromerzeugung nutzt das zu 100 Pro-

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Foto: zek

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ie ob ihrer zahlreichen kulturellen und künstlerischen Veranstaltungen auch als Künstlerstadt bekannte Stadtgemeinde Gmünd in Kärnten liegt am Zusammenfluss von Lieser und Malta an einer wichtigen Nord-Süd-Transitroute der Alpen. Die Stromgewinnung aus Wasserkraft durch die Malta-Kraftwerksgruppe spielt in der gebirgigen Region eine wichtige Rolle für die gesamtösterreichische Energiewirtschaft. Der Kraftwerksverbund in den Ausläufern der Hohen Tauern schafft im Turbinenbetrieb eine Leistung von 891 MW, gemeinsam mit den 406 MW im Pumpbetrieb kommt man auf eine maximale Leistung von 1.237 MW, dies entspricht in etwa zwölf Prozent der Lastspitze in Österreich. Dank ihrer flexiblen Betriebsweise kann die „Wasserbatterie“ ­ Spannungsschwankungen im heimischen Stromnetz zuverlässig ausgleichen und darüber hinaus Spitzenenergie liefern.

Unter Volllast erreicht die 3-düsige Pelton-Turbine mit direkt gekoppeltem Synchron-Generator des Kleinwasserkraftwerks Landfraßgrabenbach knapp 250 kW Engpassleistung.

zent im Gemeindebesitz stehende Kleinwasserkraftwerk das hydroenergetische Potential des Landfraßbach. „Das Gewässer war bereits durch bestehende Hochwasserverbauungen für Fische unpassierbar, wodurch dem Projekt von den behördlichen und mit Naturschutz betrauten Stellen nach einer vergleichsweise Zur Baustelle an der Wehranlage wurde der Beton mittels Lastenhelikopter transportiert.

Foto: GEOS Consulting

In der Stadtgemeinde Gmünd in Kärn­ ten erzeugt seit dem heurigen Mai das erste Kleinwasserkraftwerk am Land­ fraßgrabenbach sauberen Strom. Die gesamte bauliche und technische Infra­ struktur der Ausleitungsanlage wurde in weniger als einem Jahr erstellt. Spek­ takulär anzusehen war während der Bauphase die Zustellung des Betons zur Wehranlage, diese erfolgte punktgenau auf dem Luftweg mittels Transport­ helikopter. Im Maschinengebäude des Gemeindekraftwerks sorgt eine 3-düsige Pelton-Turbine in vertikalalachsiger Ausführung für ein Maximum an Effi­ zienz. Mit dem Neubau deckt die Stadtgemeinde den Strombedarf von ca. 200 Haushalten nun zu 100 Pro­ zent aus nachhaltigen Ressourcen.

kurzen Verfahrensdauer grünes Licht erteilt wurde“, so Jury. BETON KAM GEFLOGEN „Die im Oktober 2020 gestartete bauliche Umsetzung der neuen Kraftwerksanlage wich nur geringfügig von der Einreichplanung ab, beispielsweise bei kleineren Anpassungen der Druckrohrleitungstrasse. Eine wesentliche Veränderung gab es bei der Situierung des Entsanders an der Wasserfassung, dieser wurde aufgrund der geologischen Bedingungen nach Absprache mit den Experten der Wildbach- und Lawinenverbauung rund 20 m weiter bachabwärts errichtet“, erklärt Georg Fuchs vom Klagenfurter Zivilingenieurbüro Geos Consulting, das für die Gesamtleitung verantwortlich war. Der Einzug von maximal 120 l/s Ausbauwassermenge erfolgt durch den Grobrechen an einem 2 m breiten Tiroler Wehr. Um den Abflussquerschnitt des Gewässers möglichst wenig zu beeinträchtigen, wurde das Querbauwerk komplett überströmbar ausgeführt. Der mit einer elektrisch betriebenen Spülklappe ausgestattete Entsander wurde entsprechend großzügig dimensioniert, um den bei größeren Abflüssen hohen Geschiebetrieb aufnehmen zu können. „Eine Besonderheit des Projekts war sicherlich der Transport des Betons zur Wehranlage. Dabei wurde aufgrund der für die schweren Betonmischer-Lkws zu steilen Zufahrt auf die Dienste eines Transporthelikopters zurückge-

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An der mit einem Tiroler Wehr ausgestatteten Wasserfassung erfolgt der Einzug von maximal 120 l/s Ausbauwassermenge.

Foto: GEOS Consulting

Rohrverlegungsarbeiten im Steilgelände. Der Kraftabstieg DN300 aus duktilen Gussrohren vom Hersteller TRM erstreckt sich über eine Länge von insgesamt 1,7 km.

Foto: zek

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Projekte

griffen. Dies hat sehr gut funktioniert, der Beton wurde vom Piloten punktgenau eingeflogen und konnte nach der Übergabe direkt verbaut werden“, so Georg Fuchs. Der rund 1,7 km lange Kraftabstieg besteht zur Gänze aus duktilen Gussrohren DN300 vom Branchenexperten Tiroler Rohre GmbH (TRM). Von der Wasserfassung bis zum Eintritt ins Krafthaus überwindet die komplett in zugund schubgesicherter Ausführung verlegte Druckrohrleitung einen Höhenunterschied von knapp 250 m. MODERNSTE TECHNIK IM KRAFTHAUS Als Herzstück der Anlage lieferte die Osttiroler Maschinenbau Unterlercher GmbH eine 3-düsige Pelton-Turbine in vertikalachsiger Ausführung. Die elektrisch geregelten Düsen sorgen dafür, dass die Maschine auch bei reduziertem Wasserdargebot eine effiziente Energieausbeute erzielt. Bei einer Ausbauwassermenge von 120 l/s und einer Nettofallhöhe von 229,7 m erreicht die Turbine eine

Technische Daten

Engpassleistung von 243 kW. Für die Umwandlung der kinetischen Energie sorgt ein direkt mit dem Laufrad gekoppelter Synchron-Generator vom oberösterreichischen Traditionshersteller Hitzinger. Der luftgekühlte Generator mit 300 kVA Nennscheinleistung und 400 V Betriebsspannung wird von der Turbine mit 1.500 U/min angetrieben. Ebenfalls im Krafthaus untergebracht ist das gesamte elektro- und leittechnische Equipment der Anlage. Das Einleiten der vom Maschinensatz erzeugten Energie ins öffentliche 20 kV-Netz erfolgt an einem Transformator, der praktischerweise entlang der Druckrohrleitungstrasse von Netzbetreiber Kelag neu installiert wurde. Somit konnte das Erdkabel zum Einspeisepunkt gemeinsam mit der Druckrohrleitung verlegt werden. ÖKOSTROM FÜR 200 HAUSHALTE Im Mai 2022, ca. 1,5 Jahre nach Baubeginn, lieferte das Kleinwasserkraftwerk Landfraß-

grabenbach zum ersten Mal Strom ins Netz. „Das Einschalten der Turbine war ein sehr freudiges Ereignis. Ich bin überzeugt davon, dass wir mit dem Bau des Gemeindekraftwerks eine richtige Entscheidung getroffen haben, die sich auch in wirtschaftlicher Hinsicht bezahlt macht“, sagt Bürgermeister Jury. Der Projektleiter bestätigt, dass die ersten Betriebserfahrungen die Planungsansätze voll bestätigen: „Die Wehranlage hat ihre erste Bewährungsprobe nach starken Gewittern tadellos überstanden. Aktuell ist man noch mit den Feineinstellungen und Restarbeiten beschäftigt, beispielsweise mit der Einbindung der Kraftwerkssteuerung in die Fernwirkanlage der Gemeinde, mit der auch die kommunale Wasserversorgung geregelt wird.“ In die Realisierung des Projekts flossen rund 1,4 Millionen Euro. Mit ihrer neuen Ökostromanlage kann die Künstlerstadt Gmünd nun den Jahresbedarf von ca. 200 durchschnittlichen Haushalten zur Gänze aus nachhaltigen Quellen abdecken.

Udo Gasser; Technischer Leiter des Wasserkraftwerks, Josef Elbischger; Bauberater des Bürgermeisters, Josef Genser; Wassermeister und Bürgermeister Josef Jury (v.l.) beim Lokalaugenschein von zek HYDRO in Gmünd im Juni.

Foto: zek

• Einzugsgebiet: 3,6 km² • Ausbauwassermenge: 120 l/s • Bruttofallhöhe: 243,7 m • Nettofallhöhe: 229,6 m • Druckrohrleitung: ca. 1,7 km duktiler Guss • Ø: DN300 • Hersteller: Tiroler Rohre GmbH • Turbine: 3-düsige Pelton • Turbinenachse: vertikal • Drehzahl: 1.500 U/min • Engpassleistung: 243 kW • Hersteller: Maschinenbau Unterlercher GmbH • Generator: Synchron • Nennscheinleistung: 300 kVA • Hersteller: Hitzinger • Jahresarbeit: ca. 1.000.000 kWh

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Veranstaltung

Foto: Conexio-PSE

Am 22. und 23. September 2022 wird das „25. Anwenderforum Kleinwasserkraftwerke“ in der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck stattfinden.

INNSBRUCK EMPFÄNGT 25. INTERNATIONALES ANWENDERFORUM KLEINWASSERKRAFTWERKE

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n der Eröffnungssitzung „Energie 2022: Wo steht die Kleinwasserkraft?“ stehen die aktuellen Änderungen in den Rahmenbedingungen für die kleine Wasserkraft und die damit zusammenhängenden Herausforderungen im Fokus der Debatten. Nach Impulsen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien wird intensiv diskutiert, was aus dem aktuellen Stand gelernt werden kann und was verbessert werden muss. An den weiteren anderthalb Konferenztagen können Sie neue Informationen und Innovationen aus spannenden Praxisberichten u.a. zu den Themen Sedimentmanagement, Monitoring, Digitalisierung und verschiedenen technischen Entwicklungen beziehen und sich mit den Referierenden austauschen. Es liegt den Veranstaltern am Herzen, die Stärkung des Gemeinschaftsgeistes in der Branche voranzutreiben. Freuen Sie sich auf eine Veranstaltung mit besonders vielen Diskussionsrunden, Gesprächsmöglichkeiten in den Kaffee- und Mittagspausen sowie beim Bier-Umtrunk und dem gemeinsamen Abendessen. Ein weiteres Highlight des Programms ist am Freitagnachmittag der Besuch von Kleinwasserkraftwerken in der schönen Umgebung Innsbrucks. Mehr Informationen und Anmeldung unter: http://www.kleinwasserkraft-anwenderforum.de/

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Foto: Conexio-PSE

Das Anwenderforum Kleinwasserkraft ist das praxisnahe Forum für Betreiber, Planer und Hersteller von Kleinwasserkraftanlagen. Moderne Kleinwasserkraft-Anlagen sind heute in der Lage, erneuerbaren Strom dezentral, effizient und umweltschonend zu erzeugen. Die anhaltende Debatte zeigt: Es braucht Ideen und Strategien, wie sich die Kleinwasserkraft mit intelligenten Konzepten für den Schutz der Umwelt in Wirtschaft und Gesellschaft am besten durchsetzen kann – und genau diese werden auf dem Forum diskutiert.

Das Peltonlaufrad befindet sich an der großen Zugangsrampe zum Standort Technik der Universität Innsbruck, wo es zum diesjährigen Tagungsort geht.

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Projekte

HAPPY END FÜR EIN MARATHONPROJEKT IM GRENZGEBIET

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ls Anfang der 2000er Jahre gleich mehrere Kleinkraftwerksprojekte an den Bächen Osttirols lanciert wurden, blieb davon auch Armin Ladstätter nicht unberührt. Der Osttiroler, der von 1974 bis 1998 als Bürgermeister die Geschicke der größten Gemeinde des Defereggentals St. Jakob leitete, war zu diesem Zeitpunkt längst ein Freund der Wasserkraft. „Wir hatten daheim schon ein kleines Wasserkraftwerk, das vor ungefähr 35 Jahren gebaut worden ist. Daher kannte ich die Technologie schon ganz gut“, erzählt der mittlerweile pensionierte Landwirt und erinnert sich an die Frühphase des Projekts: „Damals tauchte der Gedanke bei mir auf, hier am Stalleralmbach ein neues, eigenes Kleinwasserkraftwerk zu errichten. Für mich war schnell klar, dass die Topographie und die Wasserführung einen günstigen Wasserkraftstandort ergaben.“ Bestätigt wurde ihm dies vom Planungsbüro Ing. Büro Sprenger aus dem Tiroler Aldrans, das schon damals einen ausgezeichneten Ruf in der Wasserkraftbranche hatte. „Damals – das war im Jahr 2004 – meinte DI Sprenger, dass wohl keine gröberen Probleme für dieses Projekt zu erwarten wären. Doch damit sollte er sich täuschen“, erzählt der rüstige Osttiroler mit

Auf rund 1.800 m Seehöhe, knapp unterhalb des Staller Sattels, wurde die neue Wasserfassung angelegt. Das Tiroler Wehr vom Fabrikat Wild Metal ist mit einem integrierten Gegenrechen ausgerüstet.

Foto: zek

Ganze 17 Jahre brauchte es von der Einreichung der Pläne bis zur Inbetriebnahme des Kraftwerks Stalleralmbach im hinteren Defereggental – unweit der österreichisch-italienischen Staatsgrenze. Selbst in der vielfach von langen Genehmigungsverfahren geprüften rot-weiß-roten Wasserkraftbranche ein rekordverdächtiger Zeitraum. Betreiber Armin Ladstätter bewies nicht nur Beharrlichkeit und langen Atem, sondern war dabei als alleiniger Investor auch wirtschaftlich voll gefordert. Im Advent letzten Jahres war es allerdings soweit: Das neue Kleinkraftwerk am Stallerbach lieferte erstmals Strom ins Netz. Das Maschinengespann mit der 4-düsigen Peltonturbine, die auf rund 1,1 MW Ausbauleistung kommt, wird im Regeljahr zwischen vier und fünf GWh sauberen Strom aus dem hinteren Defereggental für die Osttiroler Gemeinden erzeugen.

einem Lächeln. Heute kann er darüber lächeln, wenn er auf die Odyssee zurückblickt, die damals noch vor dem Projektbetreiber und seinem Planer lag. BEGINN EINER UNENDLICHEN GESCHICHTE 2005 waren sämtliche Einreichpläne des Büros Sprenger fertiggestellt und konnten bei den Behörden eingereicht werden. Doch gleich zu Beginn war man mit einem Widerspruch konfrontiert: Die erforderlichen Rodungsarbeiten wurden nicht genehmigt. Es war der erste Stolperstein einer langen Reihe. „Darauf folgte eine schier unendliche Geschichte. Gutachten, Gegengutachten, Gerichtsverfahren, Instanzenwechsel – das Projekt landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof, der am Ende zugunsten meines Projekts entschied“, erinnert sich Ladstätter. Endlich, im Frühjahr '20 standen alle Ampeln auf Grün, das Bauprojekt konnte beginnen.

Dass das Kraftwerksprojekt letztlich im Wesentlichen genauso umgesetzt wurde, wie es 2004 bis 2005 vom Büro Sprenger geplant wurde, spricht im Grunde für die Qualität des Konzepts, dem auch über 15 Jahre bürokratischer Bewertungen nichts anhaben konnten. Im Wesentlichen wurde eine Wasserfassung auf über 1.800 m mit einem Tirolerwehr und einem Entsander vorgesehen, dem sich eine rund 2 Kilometer lange Druckrohrleitung anschließt, welche wiederum in ein circa 300 Höhenmeter tiefer gelegenes Krafthaus einmündet. Hier sollte eine 4-düsige Peltonturbine zum Einsatz kommen, die das Triebwasser des Stalleralmbachs optimal abarbeiten kann. Was den Betrieb an diesem Standort begünstigt, ist mit Sicherheit der vorgelagerte „Obersee“, ein idyllischer Bergsee direkt am Staller Sattel gelegen, der für Dämpfungseffekte in der Wasserführung des Stalleralmbachs sorgt. August 2022

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Findlinge und Bergsturzmaterial wurden vom Verlegeteam der Fa. Empl Bau fachmännisch aus dem Weg geräumt.

Im steilsten Geländeabschnitt wurden die Rohre per Heli angeliefert und entlang der Künette verteilt.

Bei eisigen Winterbedingungen im Frühling 2021 war das Bauteam der Firma Empl voll gefordert.

GUSSROHRE FÜR SCHWIERIGES TERRAIN Nachdem sämtliche Gewerke ausgeschrieben und vergeben waren, konnten die Bauarbeiten im Herbst 2020 beginnen. „Das Problem war, dass der Winter 2020/2021 bei uns sehr schneereich war, und der Schnee auch noch lange ins Frühjahr hinein liegen blieb. Das erschwerte besonders die Arbeiten für den Leitungsbau“, erinnert sich der Betreiber. Der Auftrag für die Verlegung der Druckleitung war an die Pinzgauer Baufirma Empl Bau vergeben worden, die sich bei zahlreichen vergleichbaren Aufträgen einen sehr guten Ruf erarbeitet hatte. Zudem waren die Spezialisten aus Mittersill bestens mit der Verlegung von Gussrohren vertraut, die auch hier zum Einsatz kommen sollten. „Wir haben uns für ein sehr hochwertiges Rohrsystem entschieden: für Gussrohre von TRM (Anm. Tiroler Rohre GmbH), die innen wie außen mit einem Zementmörtel umhüllt sind. Damit sind die

Rohre bestens vor mechanischen Beschädigungen geschützt“, so der Betreiber. Für eine maximale Standfestigkeit der Druckrohrleitung wurde sie komplett in schub- und zuggesicherter Ausführung, der vielfach bewährten BLS®-/ VRS®-T-Verbindung, realisiert. „Da die Bauphase auf dieser Seehöhe begrenzt ist, war uns wichtig, dass die Rohrverlegung auch schnell geht, dass keine aufwändigen Schweißarbeiten nötig sind. Und das war ebenfalls ein wichtiges Argument für das Gussrohrsystem von TRM“, erklärt Armin Ladstätter. Dank der eingesetzten TRM-Gussrohre konnte mit einer vergleichsweise schmalen Künette gearbeitet werden – und dies bei fast jedem Wetter. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil dieser Rohrvariante.

auf die Talseite der Landesstraße verschoben. Das bedeutete letztlich weniger Unterfangungen und Hangsicherungen, die wir bauen mussten – und folglich auch ein zügigerer Bauverlauf“, erinnert sich Peter Fritzenwanger, erfahrener Projektleiter bei Empl Bau. Die Rahmenbedingungen für den Druckleitungsbau erwiesen sich in der Folge als durchaus anspruchsvoll. Am 19. Oktober 2020 starteten die Arbeiten im unteren Waldbereich, eine rund 650 m lange Strecke, die einige Her­ ausforderungen bereithalten sollte. „Der Abschnitt war sehr schwierig, sehr steil, ­ durchsetzt mit großen Findlingen und ­ Bergsturzmaterial. Einige Rohrschüsse konnten wir über temporäre Baustraßen in diesen schwer zugänglichen Bereich liefern, die Mehrzahl der Rohre wurde aber mit dem Heli eingeflogen“, erzählt der Projektleiter. Bis Anfang Dezember gelang es dem Team von Empl Bau diesen Abschnitt fertigzustellen, ehe ein

VERLEGUNG UNTER ERSCHWERTEN BEDINGUNGEN „Vor Baubeginn konnte im Einvernehmen mit dem Straßenerhalter die Rohrtrasse noch etwas verändert werden – und zwar wurde sie

DANKE für das Vertrauen!

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Verlegung entlang der Passstraße im Frühjahr 2021: Der Boden ist noch bis zu 2 m tief gefroren.

massiver Wintereinbruch sämtliche Arbeiten zum Erliegen brachte. Der Winter 20/21 ließ im hinteren Defereggental nicht so schnell locker. Der Umstand, dass der Schnee so lange liegen blieb, stellte das Bauteam der Firma Empl vor die nächste große Herausforderung: Da die Sperre der Landesstraße nur bis zum 21. Mai vorgesehen war, musste die Verlegung der restlichen Rohrleitung in nur wenigen Wochen erfolgen. Am 6. April startete Empl Bau mit zwei Tiefbaupartien, zwei Baggern und einer Bohrlafette in die Verlegearbeiten. Fritzenwanger: „Durch den langen Winter und die Kälte von bis zu -16 Grad war der Boden circa 2 m tief gefroren. Das bedeutete, dass wir sprengen und über

weite Strecken schrämen mussten, um die Künette in der kurzen Zeit auszuheben. Trotzdem sind wir – nicht zuletzt auch dank dem guten Einvernehmen mit dem Betreiber und dem Planer Thomas Sprenger – sehr gut vorangekommen und haben die Bauzeit exakt eingehalten.“ Dass die Verlegemannschaft von Empl Bau gut gearbeitet hat, bewies letztlich auch die Druckprüfung im August letzten Jahres, die auf Anhieb positiv verlief. TIROLERWEHR MIT INTEGRIERTER REINIGUNG Für Betreiber Armin Ladstätter war ein Punkt beim Konzept seiner Anlage besonders wichtig: Dass sämtliche Komponenten robust und langlebig ausgelegt und umgesetzt werden soll-

ten. Diese Vorgabe wurde auch an der Wasserfassung konsequent umgesetzt, wo die erfahrenen Stahlwasserbauer des Südtiroler Branchenspezialisten Wild Metal den Stahlwasserbau übernommen hatten. Konkret wurde ein bestens bewährtes, klassisches Tiroler Wehr geliefert. Es wurde ursprünglich insbesondere für Gebirgsbäche mit großem Andrang von „Grobgeschiebe“ – also Feststoffe wie Steine, Schotter, oder Geröll, die durch die Strömung auf der Gewässersohle bewegt werden – und starkem Gefälle in den Alpen entwickelt. Neben seiner Robustheit und der hohen Funktionalität zeichnet sich das Tiroler Wehr durch seinen geringen Wartungsaufwand aus. Außerdem wird es aufgrund seiner flachen Bauweise kaum i

Im Maschinenhaus treibt eine 4-düsige Peltonturbine von Sora einen wassergekühlten Synchrongenerator aus dem Hause AEM an, der neben seinen technischen Vorzügen auch mit gediegener Optik punktet.

Wassermantelkühlung. Wenn in einem Wasserkraftprojekt der Fokus auf Design und einem geringen Geräuschpegel liegt, dann ist eine AEM-Maschine mit Wassermantelkühlung die perfekte Wahl. Im Gegensatz zu Maschinen mit Aufsatzkühlern, wird bei wassermantelgekühlten Maschinen das Kühlwasser direkt durch den Gehäusemantel geleitet. Das Wasser umströmt geführt den Rücken des Ständerblechpaketes und führt somit dessen Wärme ab. Flüsterleise und kompakter. Ein wesentlicher Vorteil ist die enorme Reduzierung der emittierten Geräusche, denn die Mantelkonstruktion hat eine stark dämpfende Wirkung. Durch den effektiveren Einsatz des Kühlwassers hat eine Maschine mit Wassermantel einen deutlich geringeren Wassermengenbedarf. Außerdem sind sie deutlich kompakter. Für Wasserkraft mit Zukunft: Senden Sie Ihre E-Mail an wasserkraft@aemdessau.de, www.aemdessau.de WASSERKRAFTGENERATOREN VON DEN SPEZIALISTEN.

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August 2021: Die Druckprobe ist erfolgreich. Polier Hanspeter Enzinger, Betreiber Armin Ladstätter und Empl Projektleiter Peter Fritzenwanger (vl).

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Das neue Wasserkraftwerk Stalleralmbach wurde mustergültig in die Naturlandschaft des Defereggentals integriert.

als störendes Bauwerk in der Natur empfunden. Einen echten Evolutionsschritt hat das Tiroler Wehr in den vergangenen Jahren durch die Integration des darunter situierten Rechenreinigers erfahren. Dabei erfolgt die Reinigung über einen Gegenrechen – quasi einem „Negativbauteil“ –, der vom Unterwasser aus mittels Hydraulikzyinder in den Oberrechen gedrückt

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wird, um Geschwemmsel, das den Rechen verstopft, an die Oberfläche zu schieben. Von dort wird es dann von der Strömung des Fließgewässers mitgerissen und ins Fließkontinuum überführt. Dieser vollautomatische, ölhydraulisch betriebene Tiroler Rechenreiniger aus dem Hause Wild Metal ermöglicht nun, dass der Rechen selbst in Hochwasserperioden sauber und frei von Geschiebe gehalten wird. Zugleich wird sichergestellt, dass jederzeit die gewünschte Menge an Wasser eingezogen wird. Auf diese Weise garantiert der Tiroler Rechenreiniger von Wild Metal eine hohe Betriebssicherheit und minimale Stillstandszeiten der Anlage. DAS TECHNISCHE HERZ DER ANLAGE Das Maschinengespann besteht neben der 4-düsigen Peltonturbine noch aus dem direkt gekoppelten Synchrongenerator des deutschen Qualitätsherstellers AEM, der mit einer Wasserkühlung ausgestattet ist. Der auf 1,3 MVA ausgelegte Generator arbeitet damit nicht nur flüsterleise, sondern punktet dadurch auch mit hoher Lebensdauer. Schließlich sind wassergekühlte Generatoren wie jener der Firma AEM damit bestens vor Feinstaub geschützt, der sich langfristig negativ auf die Lebensdauer eines

Generators auswirkt. Grundsätzlich sind AEM-Generatoren keine Serienprodukte, sondern maßgeschneiderte Sondermaschinen. Die elektrische Auslegung erfolgt nach individuellen Anforderungen und Kundenwünschen, und daraus wird die konstruktive Umsetzung der Maschine abgeleitet. Was die Lager angeht, so verfügt man bei AEM mittlerweile über eigene Berechnungsmethoden und eigene Spezialisten für dieses Thema. Auf diese Weise kann auch für die Generatorlager eine möglichst lange Lebenszeit garantiert werden. SCHNEEDECKE BRINGT MEHR LEISTUNG Im täglichen Betrieb werden an der Wasserfassung konzessionsgemäß bis zu 450 l/s Triebwasser entnommen, die über die 1.960 m lange Druckrohrleitung bis zum Krafthaus geführt werden. Dort wurde eine 4-düsige Peltonturbine des Südtiroler Wasserkraftspezialisten Sora installiert, die auf eine Ausbauleistung von 1,1 MW ausgelegt ist. „Im Winter kann das Wasserdargebot auch unter 100 l/s fallen. Dabei ist es wichtig, dass die Turbine immer noch am Netz bleibt und wir nicht abschalten müssen“, sagt der Betreiber, der sich von einem winterlichen Naturphänomen überrascht zeigte.

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WAS LANGE WÄHRT WIRD ENDLICH GUT Im Rückblick kann Betreiber Armin Ladstätter durchaus zufrieden resümieren, auch wenn das Projekt viel Geduld, Hartnäckigkeit, Nerven und letztlich auch viel Geld erforderte. Der Osttiroler erinnert sich, dass das Projekt sogar kurz vor Baubeginn noch zu scheitern drohte: „Es gibt hier in diesem Gebiet schon eine Stromleitung, doch die war angeblich zu schwach dimensioniert. Daher brauchten wir noch einen Anschluss an das Tiroler TiNetz – und der kostete sage und schreibe 800.000 Euro. Gerade angesichts der ganzen Kosten in der Projektvorgeschichte war das noch einmal ein gewaltiger Brocken für einen einzelnen Privatinvestor.“ Generell war das Thema der Finanzierung für

Technische Daten • Ausbauwassermenge: 450 l/s • Turbine: 4-düsige Peltonturbine • Drehzahl: 1.500 Upm • Generator: Synchron • Fabrikat: AEM • Stahlwasserbau: Wild Metal • Druckrohrleitung: Guss • Länge: 1.960 m DN500 • Planung: ZT Sprenger / Aldrans • DRL-Verlegung: Empl Bau • Inbetriebnahme: Dez. 2021

• Fallhöhe: 300 m • Fabrikat: Sora • Nennleistung: 1.100 kW • Generatorleistung: 1,3 MVA • Kühlung: wassergekühlt • Fassung: Tiroler Wehr • Fabrikat: TRM - Tiroler Rohre GmbH • Verbindung: BLS®-/VRS®-T • Steuerung & E-Technik: EN-CO • Projektbeginn: 2005 • Regelarbeitsvermögen: 4 - 5 GWh

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„Wenn es mehr geschneit und sich eine Schneedecke auf den Obersee gelegt hat, ist die Leistung im Krafthaus merkbar gestiegen. Somit war für mich klar, dass der Schneedruck auf der Seeoberfläche kurzfristig die Triebwassermenge im Winter erhöht.“

Kraftwerksbetreiber Armin Ladstätter bewies Ausdauer und Hartnäckigkeit. 17 Jahre dauerte es von der Einreichung bis zur Inbetriebnahme im Dezember '21.

Armin Ladstätter ein ganz zentrales. Schließlich, so betont er, ist es für Menschen über 80 Jahre heute sehr schwierig, einen Bankkredit zu bekommen. Daher freute es ihn besonders, dass die örtliche Raiffeisenkasse Matrei ihn dahingehend unterstützte und er sein Langzeitprojekt finanzieren konnte. Am Ende sollte sich der lange Atem des Altbürgermeisters doch noch bezahlt machen: Am 16. Dezember letzten Jahres wurde die neue Maschine ans Netz genommen. Sie liefert seither zuverlässig Ökostrom, im Regeljahr zwischen 4 und 5 Gigawattstunden. Damit kann ein Gutteil des Stromverbrauchs im dünnbesiedelten Defereggental mit Ökostrom abgedeckt werden. Manchmal wird eben doch endlich gut, was lange währt.

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BRUCK AN DER MUR SETZT ENERGIEWIRTSCHAFTLICHEN MEILENSTEIN FÜR DIE NÄCHSTEN 100 JAHRE Im Rahmen eines stimmungsvollen Festakts wurde das neue Wehrkraftwerk, das „Pfeiler-Kraftwerk“ der Stadtwerke Bruck an der Mur in Oberaich, im Beisein zahlreicher Ehrengäste offiziell vorgestellt und eingeweiht. 28 Millionen Euro wurden in das Vorzeigeprojekt investiert.

Am 23. Juni fand die feierliche Einweihung des Wehrkraftwerks in Oberaich statt.

AUF DEM WEG ZUR GRÜNEN STADT Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang und Landesrat Hans Seitinger unterstrichen ebenso wie Bürgermeister und Eigentümervertreter Peter Koch die hohe Bedeutung der Nutzung erneuerbarer Energieformen in Zeiten des Klimawandels. Gerade die aktuelle Energiekrise mache deutlich, wie wichtig unabhängige, regionale Energieversorgung ist, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. „Das Projekt ist gerade deswegen so wichtig, weil wir durch die eigene Ökostromerzeugung auch die Energiewende beschleuni-

gen. Bruck an der Mur entwickelt sich damit zu einer grünen Stadt, für die Klima- und Umweltschutz im Mittelpunkt ihres Handelns steht“, so Koch, der das Projekt als weiteren Schritt in Richtung CO2 freie Energiezukunft sieht. Als krönender Höhepunkt des Festaktes setzten Schmidt und Koch mit Vertretern der Energie Steiermark und der Stadtwerke Kapfenberg sowie Projektleiter Pittino eine Zeitkapsel im Krafthaus ein. Darin befinden sich u.a. eine Festschrift, Sondermarken und die Vorwörter der Eigentümervertreter. Danach gab es für alle Festgäste, darunter Vertreter der beteiligten Baufirmen, die Möglichkeit, an Kraftwerksführungen teilzunehmen und sich ein Bild vom imposanten Wehrkraftwerk zu machen.

Als Höhepunkt der Einweihungsfeier wurde im Inneren des Wehrkraftwerks eine Zeitkapsel eingebaut.

Foto: zek

Im Rahmen der Einweihungsfeier ließ man die aufwändigen Projektarbeiten noch einmal Revue passieren.

nung zeichnete das Büro von Karl Michael Pittino verantwortlich. Seit März 2020 waren acht Firmen mit über 100 Beschäftigten sowie 17 Zulieferer am Neubau beteiligt.

Foto: Stadtwerke Bruck/Meieregger

GRÖSSTES INVESTITIONSPROJEKT IN BRUCK Bei einem Festakt am 23. Juni präsentierten die Projektverantwortlichen um Stadtwerke­Geschäftsführer Andreas Bernhard Schmidt mit den Eigentümervertretern stolz das aktuell größte Investitionsprojekt in Bruck. Rund 9.000 Haushalte werden mit der neuen Anlage mit grünem Strom versorgt. „118 Jahre nach Errichtung des damaligen Elektrizitätswerkes wurde in einer pandemiebedingt nicht ganz einfachen Zeit ein energiewirtschaftlicher Meilenstein für die nächsten 100 Jahre ökologischer regionaler Stromerzeugung gelegt“, meinte ein sichtlich stolzer Schmidt, der allen Projektverantwortlichen für die Umsetzung dankte. Für die Projektleitung und Pla-

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it der Nutzung erneuerbarer Energieformen entwickelt sich Bruck an der Mur immer mehr zum Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Ein Vorzeigeprojekt ist in dieser Hinsicht die neue Wehrkraftanlage in Oberaich. Rund 28 Mio. Euro wurden von der Stadtwerke Bruck an der Mur GmbH investiert, um die Brucker Stromversorgung fit für die nächsten Generationen zu machen. Mit der Erneuerung der Wehrkraftanlage ist immerhin die Verlängerung des Wasserrechts auf 90 Jahre bis 31.12.2107 verbunden.

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Das E-Werk Gröbming hat den Ausbau des Wasserkraftpotentials im Oberen Enns­tal in den vergangenen Jahren forciert vorangetrieben. 2021 wurde zeitgleich mit dem Neubau des Kraftwerks Klein­­sölkbach das bestehende Wasser­ kraft­werk Sagschneider um eine zusätzlichen Maschinengruppe erweitert. ­Gemeinsam mit der vorhandenen Diagonal-Turbine erreicht die Anlage mit der neuen Francis-Turbine nun eine Engpassleistung von 1.570 kW. An der Wehranlage mussten wegen der Verdoppelung der Ausbauwassermenge auf 3 m³/s der Entsander entsprechend vergrößert und der Stahlwasserbau adaptiert werden. Mit der Erweiterung des Kraftwerks Sagschneider konnten die Betreiber die Jahresproduktion des Kraftwerks Sagschneider von 4,43 auf ca. 5,7 GWh erheblich steigern. Von diesem Umbau profitiert auch der Neubau am Kleinsölkbach, der im Februar 2022 erstmals ins Netz einspeiste.

Fotos: zek

ZWEITE TURBINE FÜR KRAFTWERK SAGSCHNEIDER BRINGT ERHEBLICHEN LEISTUNGS- UND ERZEUGUNGSSCHUB

Das Kraftwerk Sagschneider im Oberen Ennstal wurde dank der Verdoppelung der Ausbauwassermenge auf 3 m³/s mit einer zusätzlichen Turbine ausgerüstet und kann im Regeljahr nun ca. 5,7 GWh Ökostrom erzeugen.

nutzt wurde. Das damals sanierungsbedürftige Kraftwerk Sagschneider wurde vor gut 20 Jahren vom E-Werk Gröbming und weiteren Gesellschaftspartnern übernommen und bis 2005 umfassend erneuert. Von der Wasserfassung über die Druckrohrleitung bis hin zum Maschinengebäude wurde die gesamte Infrastruktur von Grund auf neu erstellt. Die Konzession des neuen Kraftwerks Kleinsölkbach ging auch mit der Verdoppelung der Ausbauwassermenge beim Oberliegerkraftwerk Sagschneider einher, von dessen Wehranlage am Strieglerbach ein Teil des Triebwassers für den Neubau eingezogen wird. Dieser Zuwachs an Ausbauwassermenge wurde von den Betreibern als Anlass genommen, das Krafthaus Sagschneider mit einer weiteren Turbine zu ergänzen, und die Anlage somit auf ein neues Leistungs- und Erzeugungslevel zu heben.

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stehenden Kleinwasserkraftwerks in Angriff genommen, erklärt der Technische Leiter und Projektkoordinator Gerhard Seebacher: „Im heurigen Frühling ging unser neuestes Kraftwerk Kleinsölkbach mit einer Jahresproduktion von ca. 13 Mio. kWh erstmals in Betrieb. Dessen zwei Francis-Turbinen erhalten ihr Triebwasser durch eine 3,4 km lange Druckrohrleitung, die von einem gemeinsamen Sammelbecken an den bestehenden Kraftwerken Schwarzenseebach und Sagschneider zum neuen Maschinengebäude führt. Mit diesem durchdachten Konzept kann das bereits turbinierte Wasser erneut verwertet werden, ohne eine eigene baulich aufwändige Wasserfassung errichten zu müssen.“ See­bacher fährt fort, dass der Neubau im gleichen Zug für die Revitalisierung bzw. Erweiterung des bestehenden Wasserkraftwerks Sagschneider ge-

GESCHÄFTIGES JAHR 2021 2021 hat das E-Werk Gröbming sowohl einen Neubau als auch die Revitalisierung eines be-

An der Wehranlage am Strieglerbach musste das Fassungsvermögen des Entsanders ebenfalls verdoppelt werden. Für die Anpassungen des Stahlwasserbaus sorgte die oberösterreichische Danner Wasserkraft GmbH.

as 1909 gegründete E-Werk Gröbming zählt zu den ältesten Unternehmen in der obersteirischen Region und genießt als zuverlässiger Partner für alle energietechnischen Belange einen ausgezeichneten Ruf in der Bevölkerung. In seiner über 110-jährigen Geschichte hat sich der Betrieb vom reinen Stromanbieter zu einem Energiedienstleister mit mehreren Geschäftsbereichen entwickelt. So unterhält und betreut die Netzabteilung aktuell ein rund 600 km langes Leitungsnetz in zwölf Ortschaften im Oberen Ennstal. Ebenfalls zum Portfolio des E-Werks zählt der Bereich Elektroinstallationen für gewöhnliche Einfamilienhäuser bis hin zu Großindustrieanlagen. Darüber hinaus können im „Red Zac“-Fachgeschäft bei kompetenter Beratung Elektronikartikel vom LED-Fernseher über Waschmaschinen bis hin zu Glühbirnen erworben werden. Das wirtschaftliche Rückgrat des Unternehmens bildet nach wie vor die Stromerzeugung aus Wasserkraft. Mittlerweile umfasst der Kraftwerkspark 13 Anlagen, die großteils im Eigenbesitz des E-Werks Gröbming stehen.

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Der oberösterreichische Wasserkraftallrounder Global Hydro Energy GmbH lieferte die neue Francis-Turbine mit direkt gekoppeltem Synchron-Generator, die unter Volllast eine Engpassleistung von 938 kW erreicht.

FALLHÖHENVERLUSTE UNVERMEIDBAR Als Generalplaner des Projekts wurde das Grazer Ingenieurbüro für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft Zöschg & Groß GmbH beauftragt, das seine Kompetenz schon in der Vergangenheit mehrfach für das E-Werk Gröbming unter Beweis stellen konnte. „Für die Umsetzung der jeweiligen Bau- und Techniklose haben wir uns bewusst an Unternehmen gerichtet, die uns bereits von früheren Projekten bekannt waren. Im Sinne der lokalen Wertschöpfungskette war es uns zudem wichtig, Betriebe aus der Region zu beschäftigen“, so Seebacher, der noch ergänzend anfügt, dass die Erweiterung des Kraftwerks Sagschneider von behördlicher und naturschutzrechtlicher Seite grundsätzlich positiv aufgenommen wurde. Als ökologische Ausgleichsmaßnahme wurde die verpflichtende Restwasserdotation von 95 l/s auf 150 l/s bzw. jeweils 20 Prozent der jeweiligen Zuflussmenge erhöht. „Ein Wermutstropfen ging mit der Erhöhung der Ausbauwassermenge von 1,5 auf 3 m³/s einher“, so Seebacher: „Zwar können wir bei entsprechenden Zuflüssen nun

das Doppelte an Triebwasser zur Stromerzeugung nutzen. Da aber die bestehende Druckrohrleitung DN1000 nur für einen Durchfluss von 1,5 m³/s ausgelegt ist, führt die verdoppelte Wassermenge wegen der erhöhten Reibung unweigerlich zu Verlusten bei der nutzbaren Fallhöhe. Beim Volllastbetrieb mit beiden Maschinen vermindert sich die effektive Nettofallhöhe gegenüber dem Vorzustand somit von 70 auf 60,3 m.“ WASSERFASSUNG ADAPTIERT Die Verdoppelung der Ausbauwassermenge machte an der Wasserfassung verschiedene bauliche und technische Anpassungen erforderlich. So wurde das Fassungsvermögen des Entsanders durch einen seitlichen Anbau an die bestehende Kubatur ebenfalls verdoppelt, womit die ordnungsgemäße Filterung der Sedi­mente aus dem Triebwasser gewährleistet ist. Zur Sedimentrückgabe in die Restwasserstrecke aus den beiden Entsanderkammern wur­ de das Bauwerk mit einem Spülschütz aus­ gestattet. Für die Erneuerung bzw. die Um­ bauten des Stahlwasserbaus wurde die

ober­österreichische Danner Wasserkraft GmbH­beauftragt. Die Branchenexperten sorg­ten unter anderem für die Erweiterung des bestehenden Grobrechens an der Wehranlage. „Ein 2005 beim Neubau vorgeschriebener Kleintieraufstieg am Tiroler Wehr wurde beim aktuellen Genehmigungsverfahren als nicht mehr erforderlich erachtet. Damit wurden 80 Zentimeter Platz frei, die für den erhöhten Einzug des Triebwassers genutzt werden konnten“, erklärt Seebacher. Der Grobrechen wurde von Danner mit speziellen Rechenstäben verbreitert, deren strömungsoptimiertes Profil die Abfuhr von Geschwemmsel begünstigt. Um den Einzug von insgesamt 3 m³/s Ausbauwassermenge zu ermöglichen, wurde auch der Wintereinlauf der Wasserfassung für den ganzjährigen Betrieb adaptiert und ein automatisierter Schütz installiert. Ebenfalls umgerüstet wurde die Feinrechenanlage vor dem Beginn der Druckrohrleitung. Dabei wurden der bestehende Vertikalrechen und die dazugehörige Rechenreinigungsmaschine verbreitert bzw. der Rechenreiniger neu zentriert. PLATZ FÜR ZWEITE TURBINE GESCHAFFEN Auch das Maschinengebäude bedurfte wegen des Einbaus der zusätzlichen Turbine einer baulichen Erweiterung. Zum Anschluss der neuen Maschinengruppe an die bestehende Druckrohrleitung wurde kurz vor dem Krafthaus ein Hosenrohr gesetzt. Bei der Auswahl des Turbinen-Typs entschlossen sich die Betreiber in erster Linie wegen der veränderten Nettofallhöhe für den Einsatz einer Francis-Turbine vom oberösterreichischen Kleinwasserkraftallrounder Global Hydro Energy GmbH. Die neue Maschine mit einer Engpassleistung von 938 kW ergänzt die bestehende Diagonal-Turbine, die 2005 von der Tiroler Geppert GmbH eingebaut wurde. Als Energiewandler der neuen Francis-Maschine kommt ein direkt gekoppelter Synchron-Ge-

Technische Daten Turbine 1

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• Ausbauwassermenge: 1,7 m³/s • Ausbauwassermenge: 1,3 m³/s • Nettofallhöhe: 60,3 m • Nettofallhöhe: 60,3 m • Turbinen-Typ: Francis-Turbine • Turbinen-Typ: Diagonal-Turbine • Turbinenwelle: horizontal • Turbinenwelle: horizontal • Drehzahl: 1.000 U/min • Drehzahl: 750 U/min • Engpassleistung: 938 kW • Engpassleistung: ca. 790 kW • P 2-Maschinenbetrieb: ca. 670 kW • P 2-Maschinenbetrieb: ca. 900 kW • Hersteller: Global Hydro Energy • Hersteller: Geppert • Generator: Synchron • Generator: Synchron • Spannung: 400 V • Spannung: 400 V • Nennscheinleistung: 1.100 kVA • Nennscheinleistung: 1.120 kVA Regelarbeitsvermögen: ca. 5,7 GWh

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Die Anlagensteuerung und das elektrotechnische Equipment stammen von der steirischen MGX Automation GmbH.

Gerhard Seebacher hat als Technischer Leiter des E-Werk Gröbming die Erweiterung des Kraftwerks Sagschneider von Beginn an begleitet.

nerator in wassergekühlte Ausführung zum Einsatz, der mit 1.000 U/ min angetrieben wird. Die Kühlung der Maschinen mit 400 V Betriebsspannung erfolgt durch einen im Unterwasserbereich platzierten Wärmetauscher. Der größte bauliche Aufwand war laut Seebacher mit der Weiterleitung des abgearbeiteten Triebwassers zum neuen Sammelbecken für das Kraftwerk Kleinsölkbach verbunden. Die rund 140 m lange Anbindung musste teilweise unterhalb des Sölkbachs geführt werden und erforderte die Herstellung einer tiefen Baugrube und aufwändige Wasserhaltungsmaßnahmen. Die Bachquerung erfolgt mit einem ca. 30 m langen Düker, danach verläuft ein rund 110 m langer Freispiegelkanal zum Sammelbecken. Ebenfalls in das neue Sammelbecken eingeleitet wird das turbinierte Triebwasser vom Kraftwerk Schwarzenseebach, das sich nur einen Steinwurf vom Kraftwerk Sagschneider entfernt befindet.

Wasserhaushaltsautomatik, in die auch der Neubau am Kleinsölkbach eingebunden ist. „Ein wichtiger Punkt der Anlagenerweiterung bestand in der Herstellung der Schwarzstart- bzw. Inselbetriebsfähigkeit, die wir seit einem verheerenden Unwetterereignis im Sölktal im August 2017 sehr zu schätzen wissen. Obwohl die Region damals wegen der großfläch­igen Unwetterschäden vom übergeordneten Stromnetz abgeschnitten­war, konnten wir das lokale Netz innerhalb weniger Stunden mithilfe­eines inselbetriebsfähigen Kleinwasserkraftwerks wieder auf­ bauen“, sagt Seebacher. Als physische Stütze der Frequenzhaltung während des Inselbetriebs dient ein massiver, aus Metall gefertigter Lastwiderstand im Krafthaus.

KRAFTWERK FIT FÜR INSELBETRIEB Zur Ausführung des elektro- und leittechnischen Equipments wurde die südsteirische MGX Automation GmbH beauftragt. Mit den Automatisierungsexperten verbindet das E-Werk Gröbming eine langjährige Partnerschaft bei der Ausstattung ihrer Kleinwasserkraftwerke und dem Netzbetrieb. Auch das neue Kraftwerk Kleinsölkbach wurde von MGX mit moderner Elektro- und Regelungstechnik ausgerüstet. Beim Kraftwerk Sagschneider wird der erzeugte Strom der neuen Maschinengruppe von einem eigenen 30 kV-Transformator umgewandelt und im Anschluss direkt ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Durch diese Blockschaltung ersparte man sich eine separate Niederspannungsverteilung. Aus regelungstechnischer Perspektive bestand für MGX die besondere Herausforderung in der Realisierung einer übergeordneten

ERWEITERUNG MACHT SICH BEZAHLT Nach einer Umbauphase von etwas mehr als einem halben Jahr konnte das Kraftwerk Sagschneider im November des Vorjahres seinen Betrieb wieder aufnehmen. „Obwohl die Verdoppelung der Ausbauwassermenge natürlich mit Verlusten bei der Fallhöhe einhergeht, hat sich die Anlagenerweiterung definitiv bezahlt gemacht. Die Engpassleistung hat sich von 870 auf 1.570 kW nahezu verdoppelt, auch die durchschnittliche Jahresproduktion konnte von 4,43 auf 5,7 GWh erheblich gesteigert werden. Am Verstellmechanismus der Diagonal-Turbine ist noch eine kleinere Reparatur ausständig. Wenn diese abgeschlossen ist, kann das Zusammenspiel der beiden Turbinen optimiert und das finale Fein-Tuning der Anlage vorgenommen werden“, resümiert Seebacher. Wenige Monate nach Abschluss der Revitalisierung des Kraftwerks Sagschneider ging mit dem Jahreswechsel auch der Neubau am Kleinsölkbach erstmals in Betrieb, womit das E-Werk Gröbming nun alljährlich insgesamt rund 25 GWh Ökostrom in der Region Kleinsölk erzeugen kann.

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MIT „HYDRO POCKET“ ERMÖGLICHT VOITH HYDRO DIE DIGITALISIERUNG VON KLEINWASSERKRAFTANLAGEN Das Thema Digitalisierung spielt heutzutage eine große Rolle. Es ist aus keinem Bereich des täglichen Lebens mehr wegzudenken. Wir sind es gewohnt, unser Leben per App zu managen und beispielsweise unsere Heizungen oder andere technische Anlagen vom Smartphone aus zu steuern. Auch im Bereich der Wasserkraft ist die Digitalisierung nicht mehr aufzuhalten. Mit der mobilen Anwendung „Hydro Pocket“ hat Voith Hydro eine smarte Lösung für Kleinwasserkraftanlagen entwickelt, die Betreibern mehr Effizienz, Flexibilität und Sicherheit verspricht.

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leine und mittelgroße Wasserkraftanlagen spielen seit Jahrzehnten eine nicht zu vernachlässigende Rolle im Mix der erneuerbaren Energien. Da sie Energie konstant über einen längeren Zeitraum erzeugen, ermöglichen sie eine stabile lokale Stromversorgung. Um Kleinwasserkraftanlagen in die intelligenten Stromnetze der Zukunft einzubinden und das volle Potential in der Anlagenverfügbarkeit respektive Stromerzeugung zu gewährleisten, ist die digitale Anbindung unabdingbar. DIGITALISIERUNG BEDEUTET VERNETZUNG UND VERNETZUNG ERMÖGLICHT EFFIZIENZSTEIGERUNG Die Vernetzung von technischen Anlagen ist nicht neu – in vielen Industrien hat die digitale Transformation längst Einzug gehalten. Menschen, Maschinen und industrielle Pro-

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DIE VORTEILE EINES VERNETZTEN zesse sind intelligent vernetzt. Diese VernetWASSERKRAFTWERKES zung, oft auch Internet of Things (IoT) ge+ Leistungs- und Betriebsdaten jederzeit in nannt, prägt bereits viele Bereiche unseres Echtzeit abrufbar Lebens. Die wachsende Popularität von + Effizienter Betrieb durch Reduzierung unIoT- Anwendungen ist auf die oftmals günsgeplanter Ausfälle und Inspektionsaufwände tigeren oder gänzlich neuen Produkte und + Schnelle Reaktionszeit bei Warnungen und Services zurückzuführen, die durch die VerAlarmen netzung ermöglicht werden. Das Internet der Dinge ermöglicht es, physiDIE ZUKUNFT DES DIGITALEN KLEIN- sche und virtuelle Objekte miteinander zu WASSERKRAFTWERKES – „HYDRO POCKET“ vernetzen und sie durch Informations- und Seit einigen Jahren gibt es bereits AnwenKommunikationstechniken zusammenarbeidungen zur Digitalisierung von Kleinwasserten zu lassen. Es verbindet unterschiedliche Ökosyskraftanlagen. teme. IoT-Anwendungen sind in moderAllerdings stellen installierte Techniken sonen Großwasserkraftwerken heutzutage wie anlagenspezifische Anforderungen oft meist Standard – nun ermöglicht es große Herausforderungen und erschweren „Hydro Pocket“ auch Kleinwasserkraftdie Vernetzung der Anlagen. Entsprechend hat Voith Hydro, mit dem Ziel, nahezu jede anlagen zu vernetzen.

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Foto: Glanzer

Grafik: Voith Hydro

Hydro Pocket, Anwendung auf Smartphone, Tablet und Notebook


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Technik

ALL-IN-ONE-LÖSUNG FÜR IHRE ANLAGE „Hydro Pocket“ stellt eine All-in-one-Lösung dar, die einen messbaren Mehrwert verspricht und vorhandene Abläufe beim Betrieb einer Kleinwasserkraftanlage optimiert. Der Funktionsumfang orientiert sich an den Aufgabenbereichen der Leistungs- und Zustandsüberwachung, Wartung und Instandhaltung sowie der Anlagendokumentation. Für Flottenbetreiber gibt es in jedem Modul eine entsprechende Flottensicht, die Vergleiche und Handhabung mehrerer Anlagen ermöglicht. Durch das Modul „Anlagen- und Leistungsdaten“ werden in Echtzeit wichtige Leistungskennzahlen wie Energieerzeugung, Netzstatus und Anlagenproduktivität aufge-

zeigt. Mit der verknüpften Reporting Funktion lassen sich relevante Daten schnell und einfach teilen. Die Anwendung lässt sich über ein übersichtlich gestaltetes Dashboard intuitiv und einfach bedienen. „Hydro Pocket“ setzt den Fokus unter anderem auf die Überwachung und Analyse des Anlagenzustandes. Das frühzeitige Erkennen von Fehlfunktionen, die Ausgabe von Warnungen und Alarmen bei Grenzüberschreitungen sowie die Möglichkeit einer detaillierten Analyse der technischen Daten gehören zu den Grundfunktionalitäten. Weiterhin sollen Echtzeitdaten und Analysen schnelle Entscheidungen und somit eine bessere Performance der Anlagen bewirken. Im Falle eines Ausfalls oder anderer technischer Probleme kann demnach sofort reagiert werden. IN NUR VIER WOCHEN ZUR DIGITALISIERUNG „Hydro Pocket“ lässt sich auf individuelle Bedürfnisse und Benutzergruppen einstellen und ist, dank schnellem Installationsprozess, einfach zu konfigurieren. Der Weg ist einfach und unkompliziert: Starterkit erhalten, Hardware installieren, durch Voith-Experten konfigurieren lassen und schon können die Vorteile des „Hydro Pockets“ angewendet werden – der Weg in die Digitalisierung dauert also weniger als vier Wochen.

DIE ENTWICKLUNG BASIERT AUF ERFAHRUNG Neben rund 150 Jahren Wasserkrafterfahrung von Voith Hydro basiert die Entwicklung von „Hydro Pocket“ auf der Einbindung und Vernetzung von mehr als 30 Kleinwasserkraftanlagen und deren Betreibern. Die daraus resultierenden Erkenntnisse und Kundenanforderungen prägten das Nutzerlebnis, die Bedienoberfläche sowie die funktionale und technische Leistungsfähigkeit des Produkts. Dank kontinuierlicher Weiterentwicklung bleibt die Anwendung immer auf dem neusten Stand und ermöglicht den Nutzern eine langfristige Optimierung ihrer Anlage. VOITH HYDRO BEGLEITET SIE AUF DEM WEG ZUR DIGITALISIERUNG Die Digitalisierung wird in den nächsten Jahren eine entscheidende Rolle spielen. Sie verspricht in fast allen Bereichen praktische Vorteile. Von der Notwendigkeit, die Effizienz und Flexibilität zu steigern, über die optimierte Nutzung der Arbeitskräfte und den Wissenstransfer bis hin zur Sicherheit und Modernisierung der in die Jahre kommenden Infrastruktur. Mit „Hydro Pocket“ bietet Voith Hydro eine gesamtheitliche, digitale Lösung, die den optimalen Betrieb langfristig garantiert und die Betreiber auf dem Weg zur Digitalisierung begleitet.

Mehr dazu auf: https://hydropocket.de/ Für weiterführende Informationen – sowie Angebote für Hydro Pocket – steht Frau Alexandra Wöss aus dem Small Hydro Kompetenzzentrum in Sankt Georgen gerne zur Verfügung: Alexandra.Woess@voith.com

Foto:Wien Energie

Grafik: Voith Hydro

Foto: Glanzer

Kleinwasserkraftanlage zu vernetzen und sich dabei den Bedürfnissen der Betreiber zu orientieren, die IoT-Lösung „Hydro Pocket“ entwickelt. „Hydro Pocket“ ist eine internetbasierte Anwendung, mit deren Hilfe Besitzer und Betreiber von Kleinwasserkraftwerken ihre Anlagen jederzeit und von überall aus überwachen, analysieren und managen können. Der große Vorteil liegt darin, dass eine einfache und schnelle Vernetzung von Bestandsanlagen ermöglicht wird. Zudem ist die digitale Anwendung anlagenspezifisch individualisierbar und die Nachrüstung für den Betreiber unkompliziert.

Immer mehr Lebensbereiche werden intelligent vernetzt August 2022

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NEUE LÖSUNG BRINGT WIRTSCHAFTLICHE UND ÖKOLOGISCHE AUFWERTUNG FÜR FISCHACH-KRAFTWERK Foto: Strasser

Im Rahmen des Ökologisierungsprojekts zur Wiederherstellung intakter Fließgewässerabschnitte und der Fischdurchgängigkeit konnte die ökologische Gesamtsituation an der Fischach in Lengfelden im Salzburger Flachgau erheblich aufgewertet werden. Die bewährte Schneckentechnik aus dem Hause Strasser & Gruber ermöglicht nicht nur eine exakte Restwasserdotation, sondern auch eine Auf- und Abwanderung der hier ansässigen Leitfischarten. Im Praxistest wurde dies anhand einer Feldstudie des Büros Umweltgutachten Petz mit der Bestnote 1 bestätigt.

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ie Wehranlage der ehemaligen Pappenfabrik DIETZ im Salzburger Flachgau war in die Jahre gekommen, eine Sanierung schien unvermeidbar. Darüber hinaus sah sich der Besitzer auch mit der Forderung nach Abgabe von Restwasser und der Errichtung einer Fischaufstiegshilfe konfrontiert. Vor diesem Hintergrund wurde 2015 eine Fischwanderhilfe in Form eines Vertical-Slot-Fischpasses ohne Restwassernutzung geplant und bei der Behörde eingereicht. In weiterer Folge hatte allerdings die Detailplanung ergeben, dass aufgrund der angrenzenden, steilen Böschung zur Straße die geplante Ausführung technisch kaum möglich ist und man auf diese Weise auch wirtschaftlich an Grenzen stößt. Für den Betreiber eine schwierige Situation. Nach eingehenden Überlegungen kam er schließlich zu der Überzeugung, dass das technische und finanzielle Risiko zu groß wäre. Als Alternative bot sich an, das Kraftwerk inklusive Wehranlage zu veräußern, lediglich das Wasserrecht blieb beim alten Besitzer. Übernommen wurde es schließlich von einem echten Branchenprofi, der Fa. Strasser & Gruber aus Mank bzw. Ramsau, ein bekannter Spezialist für Kraftwerksrevitalisierungen, Wasserkraftschnecken und Fischaufstiegsschnecken.

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Im Zuge der Kraftwerksrevitalisierung des KW Dietz ist die Durchgängigkeit an der Fischach wieder möglich. Die Wasserkraftschnecke von Strasser/ Rehart hat eine Fallhöhe von 3,7 m und produziert mit einer konstanten Restwassermenge von 1,2 m3/s im Regeljahr rund 250.000 kWh CO2-freien Strom.

NEUER PLAN, NEUES KONZEPT Bereits 2017 hatten die Verantwortlichen von Strasser & Gruber den Standort besichtigt und hatten damals schon Ideen, wie sich eine Fischdurchgängigkeit an diesem schwierigen Standort optimal und wirtschaftlich verträglich umsetzen ließe. Konkret wurde die Anlage dann derart umgeplant, dass eine Restwasserschnecke mit 1,2 m3/s konstantem Durchfluss und eine Fischaufstiegs-

schnecke für den Leitfisch Barbe mit einer Bemessungslänge von 70 cm für die Überwindung der 3,7 m Gefällestufe zum Einsatz kommen. Bei der Behörde wurde zusätzlich um Erhöhung der Konsenswassermenge um diese 1,2 m3/s angesucht. Gegen Ende 2017 konnte mit den Bauarbeiten an der Wehranlage begonnen werden. Diese gestalteten sich auch bei der neuen Variante schwierig, weil die Unterbringung von Restwasserschnecke

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Technische Daten Hauptturbine • Ausbauwassermenge: 2,5 m3/s • Fallhöhe: 6,5 m • Leistung: 140 kW • Jahresarbeit: 700.00 kWh • Generalsanierung: SGW/ Jank

Die Restwasserschnecke im Bild links hat eine Leistung von 34 kW. Die Fischaufstiegsschnecke im Bild rechts befördert die Fische mit 7 U/min ins Oberwasser und verbraucht dabei lediglich 1 kW Leistung.

Restwasserschnecke • Ausbauwassermenge: 1,2 m3/s konstant • Fallhöhe: 3,7 m • Leistung: 34 kW • Jahresarbeit: 250.000 kWh • Generalsanierung: SGW/ Rehart

und FAS mit einer Bauwerksbreite von insgesamt 5 m im schmalen Streifen zwischen Fischach und Straße erfolgen musste. Mit der Erfahrung und dem Know-how der Branchenprofis ließ sich diese Herausforderung dennoch gut meistern. LEISTUNGSTEIGERUNG TROTZ RESTWASSERVORSCHREIBUNG Der Wehrkörper wurde einer Betonsanierung unterzogen, und die Einlaufausrüstung wurde generalsaniert. Auch die Hauptturbine, eine Francis-Schachtturbine mit 6,5 m Fallhöhe und 2,5 m3/s Schluckvermögen, sowie der Generator mit 160 kVA wurden in einer Generalsanierung komplett revitalisiert und der Werkskanal ertüchtigt. Ein erster positiver energiewirtschaftlicher Effekt zeigte sich am Output des Maschinensatzes: Dank der Erhöhung der Konsenswassermenge konnte trotz der Abgabe der Restwassermenge an der Wehranlage die Jahresarbeit um mehr als 20 Prozent gesteigert werden.

POSITIVE BEWERTUNG DER FUNKTION DURCH UMWELTGUTACHTEN PETZ Die Fischach beherbergt als sommerwarmer Seeausrinn eine artenreiche Fischfauna. Um festzustellen, welche Arten tatsächlich in der Strecke unterhalb des Wehres zu erwarten sind, erfolgte eine Fischbestandsaufnahme mittels Elektrofischerei. Zur Erfassung der Fischwanderung über die FAS wurde eine Fangbox installiert, die über einen Zeitraum von insgesamt knapp 4,5 Monaten täglich entleert wurde. Dabei wurden 825 Fische aus 15 Arten (Bachforelle, Seeforelle, Regenbogenforelle, Bachsaibling, Aitel, Barbe, Hasel, Laube, Nase, Rotauge, Rotfeder, Schneider, Flussbarsch, Hecht, Koppe) gefangen. Der größte Fisch, dessen Wanderung am Standort dokumentiert wurde, war eine Barbe mit 59 cm, die kleinsten Fische (juvenile Schneider) waren 3 cm lang. Besonders interessant war ein Barbenzug im Herbst, als über 400 Barben die Fischach aufwärts zogen, vermutlich um ihre Wintereinstände aufzusuchen. Die Anzahl an aufgestiegenen Individuen, das große Artenspektrum und das breite Spektrum der Größenklassen belegen eine sehr gute Funktionsfähigkeit der Fischaufstiegsschnecke. Der Vergleich der Fischwanderung über die Schnecke mit dem Ergebnis der Fischbestandsaufnahme zeigt, dass der Aufstieg aller im Unterwasser angetroffenen autochthonen Arten sowie Entwicklungsstadien möglich ist. Außerdem war sowohl für Mittelstrecken- als auch Kurzstreckenwanderer die Teilbewertung des quantitativen Aufstiegs positiv, so dass in Summe die Fischaufstiegsschnecke als voll funktionsfähig und damit mit der Note 1 bewertet wurde. Foto: TB Umweltgutachten Petz

ÖKOLOGISCHE MASSNAHMEN WAREN ERFOLGREICH Ein Teil des abgearbeiteten Wassers der Wasserkraftschnecke wird über eine Klappe zur Fischaufstiegsschnecke geleitet und steht mit ca. 250 l/s direkt als Lockströmung zur Verfügung. Aus gewässerökologischer Sicht sind die positiven Auswirkungen der Maßnahmen nun deutlich sichtbar, da die früher zeitweilig fast ausgetrocknete Ausleitungsstrecke mittlerweile sehr gut durchflossen ist. Die Fischaufstiegsschnecke wurde einem Monitoring unterzogen, das erfreuliche und teilweise erstaunliche Ergebnisse zutage brachte.

Foto: Strasser

Fischaufstiegsschnecke • Durchmesser: 1 m • Länge: 11 m • Drehzahl: 7 U/min • Leitfisch: Barbe 70 cm • Leistungsbedarf: 1 kW • Hersteller: SGW/ Rehart

Eine der ansässigen Leitfischarten an der Fischach ist der Schneider (Alburnoides bipunctatus). Diese Kleinfischart zählt zu den häufigsten Arten beim KW Dietz.

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Foto: Landustrie

Wasserkraftschnecken sind meist schon ab Leistungen von 20 kW wirtschaftlich, bei möglichen Fallhöhen zwischen 1 und 8 m und Durchflüssen von 500 l/s bis 14 m³/s pro Schnecke.

RESTWASSERNUTZUNG UND WASSERKRAFTSCHNECKE – DIE IDEALE KOMBINATION Wasserkraftschnecken haben sich in den letzten 20 Jahren immer breiter durchgesetzt. Wenn sie sauber geplant und umgesetzt werden, können sie ihre vielen Vorzüge ausspielen. Die hohen Teillastwirkungsgrade lassen so manche klassische Turbine alt aussehen. Die exakte Restwasserdotation über die Drehzahl, der gute Wirkungsgrad, der minimale Tiefbau an der Wehranlage und die Durchgängigkeit für absteigende Fische, Treibgut sowie Geschiebe machen sie auch zur idealen Wahl als Restwasserkraftwerk. Obendrein kann man ihr beim Arbeiten zusehen.

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ie archimedische Schraube wurde wahrscheinlich schon von den alten Ägyptern eingesetzt. Allerdings hatte die damalige Pumpe technisch nicht viel mit einer modernen Wasserkraftschnecke (WKS), wie wir sie heute verwenden, gemein – außer natürlich das Zentralrohr und die Helix. Während die hölzerne Hebeschnecke über Jahrtausende durchgängig – unter anderem in spanischen Mienen – im Einsatz war, wurde das Konzept auf breiter Basis erst wieder um die Jahrhundertwende zur Entwässerung in den Niederlanden aufgegriffen. Das Traditionsunternehmen Landustrie aus Sneek/NL baut seit 1913 Anlagen zur Wasserhebung und rüstet Kläranlagen aus, unter dem Handelsnamen „Landy“ sind die Bauteile weltweit geschätzt. Seit 1916 wurden mehr als 10.000 Wasserhebeschnecken gebaut, die noch dazu unter erschwerten Bedingungen zum Pumpen von Schlamm und Abwasser laufen. Im Jahr 2009 hat Landustrie mit der Herstellung

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und der eigenständigen Entwicklung von Wasserkraftschnecken begonnen. Mittlerweile wurden knapp 100 dieser Wasserkraftmaschinen erfolgreich installiert und der Betrieb aus Sneek/NL freut sich mit den zufriedenen Kunden, die sich über ganz Europa verteilen. FRÜHWARNSYSTEM MINIMIERT AUSFÄLLE Die Turbine selbst ist im Vergleich zu klassischen Turbinenkonzepten günstig, ebenso können Kupplungen, Getriebe, Bremse und Generator von der Stange eingesetzt werden, was den elektromaschinellen Strang kosteneffizient und herstellerunabhängig macht. Die Bauteile sind dauerhaft verfügbar. Zentrales Know-how liegt in den dauergeschmierten Eco-friendly-Lagern – hier werden seit über einem Jahrhundert erfolgreich Wälzlager eingesetzt und kontinuierlich mit namhaften Lagerherstellern weiterentwickelt. Die Lager werden mit dem im Haus entwickelten, einzigartigen Frühwarnsystem ausgestattet, das

das Eindringen von Wasser anzeigt. Gerade auch das im Wasser stehende Unterlager der Schnecke, das nur die Radialkräfte aufnimmt, hat die Schnecken zum Teil in Verruf gebracht. Wird hier gespart und fehlen dem Lager Selbstzentrierung, mehrere Dichtungsebenen oder das Frühwarnsystem, kann es zu teuren Ausfällen und Reparaturen kommen. GERINGE BAUKOSTEN , EFFEKTIVER BETRIEB Die Baukosten vor Ort sind aufgrund der einfachen Schalung (Rechteckprofil) und der geringeren Bautiefe (kein Saugschlauch) gerade an Wehranlagen und beim Bau direkt im Gewässer starke Argumente. Landustrie produziert auch dichte, überflutbare Wandlager zur Kraftübertragung ins Gebäude, wenn das Krafthaus im Hochwasserabfluss steht. Wird die Schnecke speziell zur Abgabe von Restwasser genutzt, bietet sich der drehzahlstarre Betrieb an. Dabei läuft die Schnecke mit gleichbleibender Drehzahl und liefert bei

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Foto: Ingenieurüro Lashofer

Foto: Landustrie

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Jede Schnecke ist ein Unikat und wird für den jeweiligen Standort maßgefertigt, um das Beste aus den lokalen Bedingungen zu holen.

konstantem Wehrwasserspiegel gleichmäßi­ gen Durchfluss und eine konstante Leistung. Steigt der Wasserspiegel, wird mehr Wasser in die Schnecke gedrückt und so steigt auch die Leistung merklich. Damit erreicht man sozu­ sagen eine automatische Überwassernutzung. Für saisonal gestaffelte Restwasserabgaben können polumschaltbare Generatoren ein­ gesetzt werden. Dabei wird die verwendete Polpaarzahl gewechselt, je nach Drehzahlver­ hältnis über Dahlander-Schaltung oder ge­ trennte Wicklungen. Will man zusätzlich Überwasser stufenlos nutzen, kann der Was­ serkraftschnecken-Generator auch klassisch mit Frequenzumrichter (FU) stufenlos von­ 15 bis 60 Hz, bei entsprechender Minder-

oder Überdrehzahl, betrieben werden. Die Verluste des FU im Bereich von 2 bis 3 Pro­ zent der Nenn­ leistung werden durch sehr hohe Teillast­wirkungsgrade der Schnecke von bis zu 90 Prozent bei 40 Prozent Beaufschla­ gung ­ wettgemacht. Die Anwendung von Wasserkraftschnecken kann ab Leistungen von ­20 kW wirtschaftlich sein, bei Fallhöhen zwischen 2 und 8 m und Durchflüssen von 0,5 bis 14 m³/s pro Schnecke. Die Wasser­ kraftschnecke schafft auch Fallhöhen unter 1,5 m mit geringen Abstrichen beim Volllast-­ Wirkungsgrad, sinnvoll in diesem Anwen­ dungsfall ab 2 m³/s Durchfluss. ABSTIEGSMÖGLICHKEIT FÜR FISCHE Viele Betreiber freuen sich über den Entfall eines Feinrechens an der Schnecke und damit über den Wegfall von Rechengut. Üblicher­

Die Baukosten vor Ort sind aufgrund der einfachen Schalung (Rechteckprofil) und der geringeren Bautiefe (kein Saugschlauch) gerade an Wehranlagen und beim Bau direkt im Gewässer starke Argumente. Im Bild: Schreckmühle, St.Pölten/NÖ, 55kW

weise werden Rechen zwischen 12 und 20 cm lichter Stabweite verbaut und Treibzeug bis Aststärke kann problemlos über die Schnecke abgeführt werden. Auch die Abstiegsmöglich­ keit für Fische ist ein großes Plus für die Was­ serkraftschnecke. Je nach Bauart kann die Beeinträchtigung von Fischen bei gut konst­ ruierten und gewarteten Schnecken gegen 0 gesenkt werden. In Deutschland gilt die Was­ serkraftschnecke auch ohne Feinrechen als mindestens doppelt so fischfreundlich wie Kaplan- oder Francis-Turbinen. Die weniger als halbe Schädigungsrate ist amtlich doku­ mentiert und wird von den meisten Behörden auch anerkannt und eingefordert. MASSGESCHNEIDERTE LÖSUNGEN Jede Schnecke ist ein Unikat und wird für den jeweiligen Standort maßgefertigt, um

Eckdaten WKS-Produktion • Leistung 20 bis 400 kW • Durchfluss 0,5 bis 14 m³/s • Fallhöhe 1 bis 8 m • Durchmesser 0,5 bis 5 m • Bauform Trog: - hintergossen - selbstragend - kompakt mit Abtrieb • Drehzahl: - starr 50 Hz - polumschaltbar - FU-Regelung, 15 bis 60 Hz

Vorteile WKS • Exakte Wasserabgabe/Dotation • Fischabstieg möglich • Robuste Konstruktion • Einfacher, flacher Bau am Wehr • Kein Feinrechen • Bewährte Technik • Geschiebe- und Treibgutgängigkeit • Hohe Teillastwirkungsgrade

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In Frankreich und Deutschland gilt die Wasserkraftschnecke auch ohne Feinrechen als mindestens doppelt so fischfreundlich wie Kaplan- oder Francis-­ Turbinen. Die weniger als halbe Schädigungs­rate ist amtlich dokumentiert und wird von den meisten Behörden auch anerkannt und eingefordert.

Foto: Landustrie

Video zum Bild:

das Beste aus den lokalen Bedingungen zu holen. Wichtig dafür sind die Dauerlinie, also welcher Durchfluss wie oft übers Jahr ansteht, und die Fallhöhen zu den jeweiligen Durchflüssen. Natürlich wird auf die baulichen Bedingungen vor Ort eingegangen und so kann der Schneckentrog mit Beton hintergossen, als selbsttragender Trog verankert werden und den Abtrieb in einem klassischen Krafthaus haben, oder als Kompaktschnecke aufgestellt, festgeschraubt und fast direkt eingeschalten werden – ganz ohne Krafthaus. Damit ist auch eine gänzlich überflutbare, gekapselte Ausführung des elektromaschinellen Abtriebs für Kompaktanlagen möglich. Eine Abdeckung der Schnecke mit Holzbohlen hilft zum Personenschutz und auch gegen Vereisung, die unter -10°C beginnt und ein Nachteil der offenen Bauweise sein kann. SPEZIALISIERTES UNTERNEHMEN MIT WKS-EXPERTISE Zu den wenigen Büros, die sich mit der optimalen Umsetzung der Wasserkraftschneckentechnologie in konkrete Kraftwerke beschäftigen, gehört das Ingenieurbüro Lashofer aus Wald bei St.Pölten/NÖ. Denn es gilt sowohl das Geschiebemanagement, die Regelungsart, die strömungsgünstige Anordnung und nicht zuletzt die Hochwassersicherheit in einem Projekt zu vereinen. Gerade bei geringen Fallhöhen und viel Treibgut ist es wichtig, die Zulaufhöhe zur Schnecke und die Anströ-

Neu- und Umplanungen Bewilligungen Durchflussmessungen

www.lashofer.at

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Wasserkraftschnecken Fehlerdiagnosen Turbinen Gutachten

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mung des Kraftwerks optimal anzupassen. Häufigster Kritikpunkt ist der Lärm. Laut sind Schnecken aber nur, wenn sie nicht an die Wasserspiegel angepasst sind – und selbst dann kann man noch über die Steuerung nachhelfen. „Keine Schnecke muss laut sein“, sagt Dipl. Ing. Alois Lashofer, der seit 2010 mit der Wasserkraftschnecke arbeitet. Begonnen hat er mit einem dreijährigen Forschungsprojekt am Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau der Universität für Bodenkultur/Wien. Dabei wurden 74 Anlagenbetreiber befragt, 14 Schneckenkraftwerke durchgemessen und sieben Versuchsschnecken im Labor in über einem halben Jahr Messzeit auf Herz und Nieren geprüft. Bei mehr als einem Drittel der Bestandsanlagen konnten Gesamtwirkungsgrade über 75 Prozent gemessen werden, also vom Wasserpotential über Schnecke, Getriebe, Generator und Eigenverbrauch bis zum Zähler. Im Labor wurden bei fast allen getesteten Schnecken über 90 Prozent Wirkungsgrad bei Teillast erreicht. Bei Volllast liegen die Werte zwischen 84 und 86 Prozent. LEHREN AUS BEGUTACHTETEN UND BEHOBENEN FEHLERN ZIEHEN Seit der Gründung des Ingenieurbüros Lashofer 2014 bleibt die Schnecke sein ständiger Begleiter und zahlreiche Gutachten und Revitalisierungen von zum Teil nicht sauber geplanten und umgesetzten Anlagen haben ihn dann 2019 zum Schritt bewogen, sich zum allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Wasserkraft mit der Spezialisierung auf Kleinwasserkraft und Wasserkraftschnecken zertifizieren zu lassen. Sein Ziel ist es, die Lehren aus den begutachteten und behobenen Fehlern unmittelbar in gelungene Kraftwerksentwürfe und optimal angepasste Wasserkraftschnecken umzusetzen. NÄCHSTES „ANLAGENPICKERL“ IM HERBST MÖGLICH Betreiber von Wasserkraftanlagen konnten im Frühjahr 2022 erstmals einen besonderen Service in Anspruch nehmen, um Unterstützung bei der Anlagenprüfung und der Optimierung zu bekommen. Das Ingenieurbüro Lashofer begutachtete in Kooperation mit einem langjährigen Außendiensttechniker der Firma Landustrie vor Ort Schnecken verschiedenster Hersteller. Dabei wurden z.B. Spaltmaß, Kupplungsspiele und Abschaltzeiten gemessen, sowie zu Wasserrecht, Schadenersatz, hydraulischen Problemen und Wartungsfragen beraten. Nach den guten Rückmeldungen und dank der Nachfrage wird es noch im Herbst weitere „Anlagenpickerl“ zum Pauschalpreis geben.

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Foto: zek

Aufgrund einer Vervielfachung der Restwasserabgabe und der Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit wurde die Wehranlage des Kleinkraftwerks Gschaid an der Feistritz aufwändig adaptiert. Mit dem Einbau eines modifizierten eco²-Denilpass wurde eine kompakte Lösung für den Wehrstandort mit knapp 4 m Höhenunterschied zwischen Ober- und Unterwasser gefunden.

WASSERKRAFTWERK GSCHAID MIT MODIFIZIERTEM DENIL-PASS UND RESTWASSERTURBINE MODERNISIERT Die Wehranlage des Wasserkraftwerks Gschaid im oberen Feistritztal wurde zwischen Herbst 2021 und dem heurigen Frühjahr umfassend adaptiert. Begründet war der Umbau mit der Errichtung einer Fischaufstiegsanlage und der massiven Erhöhung der vorgeschriebenen Restwassermenge von 220 auf 1.050 l/s. Für die Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit setzte Betreiber Mario de Monte auf den modifizierten eco²-Denilpass der eco² fish solutions GmbH. Mit der Kombination aus drei Denil-Pässen und zwei Ruhebecken wurde eine ideale Lösung für den begrenzten Platz am Standort gefunden. Eine kompakte Restwasserturbine in Bulb-Bauweise mit 27 kW Engpassleistung sorgt an der Wehranlage für eine Begrenzung der Erzeugungsverluste.

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ie bei vielen traditionellen Wasserkraftanlagen wurde auch am Standort des Kraftwerks Gschaid in der oststeirischen Gemeinde Birkfeld vor der Einführung der Elektrizität das hydro­energetische Potential mit einem mechanischen Wasserrad genutzt. Um die Jahrhundertwende erfolgte die Umrüstung zur Produktion von elektrischem Strom mit einer Francis-Turbine. Nachdem die Bestandstechnik Anfang der 1980er Jahre ihr technisches Lebensende erreicht hatte, wurde die Anlage an der Feistritz von der Betreiberfamilie de Monte komplett erneuert. Dabei wurde das vormals durch ein offenes Holzgerinne ausgeleitete Triebwasser von einem betonierten Druckkanal ersetzt, um Lagerfläche für das ehemalige Sägewerk

zu schaffen. Zum Aufstauen des Gewässers wurde eine mittels Seilzugsystem bewegte Wehrklappe eingebaut. Im Maschinenhaus ersetzte eine Durchström-Turbine mit 5,2 m³/s Ausbauwassermenge und knapp 180

IB MOSBACHER

PLANUNG | AUSSCHREIBUNG | BAUAUFSICHT | BAUKOORDINATION

kW Engpassleistung die ausgediente Francis-Maschine. Ab 2003 wurde mit der Stilllegung des Sägebetriebs fast der komplette Strom­ertrag des Wasserkraftwerks ins öffentliche Netz eingespeist.

| Neuplanung | Umplanung | Bewilligung | Ausschreibung | Bauaufsicht |

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Foto: de Monte

RESTWASSERABGABE VERVIELFACHT Über die Jahre wurde das Wasserkraftwerk bestmöglich in Schuss gehalten und jeweils in kleineren Schritten modernisiert. 2016 wurde am Kraftwerkseinlauf anstelle des fehleranfälligen Kettenzug-Rechenreinigers eine zuverlässige Maschine in Teleskoparmausführung eingebaut. Kurz darauf ereilten Mario de Monte, der den Betrieb von seinem Vater Karl Günther übernommen hat, wenig erfreuliche Nachrichten im Hinblick auf die Stromproduktion seines Kraftwerks: „Im Rahmen einer EU-Richtlinie wurden die vorgeschriebene Restwasserabgabe – wie bei fast allen Kraftwerksanlagen an der Feistritz – deutlich erhöht. In unserem Fall vervielfachte sich die Dotation von 220 auf 1.050 l/s, was natürlich mit erheblichen Erzeugungseinbußen einhergeht. Hinzu kam noch die Vor-

Die komplett überströmte Restwasserturbine in Bulb-Bauweise schafft 25 kW Engpassleistung.

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schreibung, eine Fischaufstiegsanlage zu errichten“, erklärt Mario de Monte. Um den behördlichen Auflagen gerecht zu werden, standen zwei Varianten zur Debatte. Entweder ein kompletter Neubau des Maschinengebäudes neben der Wehranlage inklusive Auflassung der ca. 100 m langen Ausleitungsstrecke. Oder die Erfüllung der behördlichen Vorgaben durch eine bauliche Anpassung der Wehranlage. „Da sich die vorhandene Technik in einem grundsätzlich guten Zustand befindet, habe ich mich für eine zielgerichtete Adaptierung der Wehranlage entschieden“ so Mario de Monte. BEWÄHRTE TECHNIK MODIFIZERT Mit der Generalplanung wurde das niederösterreichische Ingenieurbüro Mosbacher GmbH beauftragt, das seine Kompetenz im Kleinwasserkraftbereich bei dem Projekt an der Feistritz einmal mehr unter Beweis stellen konnte. Für die Ausführung der Betonarbeiten zwischen September und November 2021 sorgte ein Bauunternehmen aus der Bezirkshauptstadt Weiz. Eine konventionelle Fischaufstiegsanlage in Form eines Beckenpasses kam zur Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit wegen den begrenzten Platzverhältnisse nicht in Frage. Nach der Prüfung mehrere Konzepte fiel in Absprache mit dem IB Mosbacher die Auswahl zugunsten des modifizierten eco²-Denilpass, welcher vom Grazer Ingenieurbüro flusslauf e.U. entwickelt wurde. Bei dem System handelt es sich um die Weiterentwicklung eines Gegenstrom­ pass oder Denil-Fischpass, der erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts eingesetzt wurde, und somit zu den ältesten technischen Fisch­aufstiegssystem zählt. EntstanFoto: zek

Foto: zek

Der eco²-Denilpass wurde durch eine Substratgabione und eine spezielle Lamellengeometrie weiterentwickelt. In der Forellenregion kann das System mit bis zu 30-prozentiger Neigung eingesetzt werden.

Das fischökologische Monitoring verläuft sehr positiv.

den ist der modifizierte, sohloffene eco²-Denilpass in enger, mehrjähriger Kooperation mit der TU Graz. Das System unterscheidet sich vom herkömm­lichen Denilpass durch das Einbringen einer Substratgabione und einer neuarti­gen Lamellengeometrie. Die damit einhergehenden Verbesserungen der Strömungseigenschaften wurden im Rahmen mehrerer Versuchsanordnungen im Wasserbaulabor bestätigt. Zudem konnte mit dem in mehreren Ländern patentierten System erstmals der Aufstieg eines breiten Arten- und Altersspektrums in einem Denilpass belegt werden. Mittlerweile stellt der modifizierte eco²-Denilpass seine Praxistauglichkeit bei bereits 16 Kleinwasserkraftwerken unter Beweis. DURCHDACHTES SYSTEM Die wesentlichen Vorteile des weiterentwickelten Denilpass liegen in der kompakten Bauweise und dem geringen Platzbedarf. In einer Forellenregion sind bis zu 30-prozentige Systemneigungen möglich, wodurch die Fische große Höhenunterschied auf kleiner Fläche überwinden können. Nach Hochwässern kann der eco²-Denilpass durch die manuell ausziehbaren Lamellen schnell und unkompliziert gespült werden. Darüber hinaus benötigt der Denilpass im Vergleich zu anderen Fischaufstiegsanlagen erheblich weniger Wasser für eine ordnungsgemäße Funktion und kann weitaus kostengünstiger realisiert werden. Die Stahlwasserbauelemente für den Denilpass beim Kraftwerk Gschaid fertigte die rund 20 Kilometer entfernte Mayrhofer GmbH aus Wenigzell, die 2016 bereits die Rechenreinigungsanlage erneuert hatte. Für den Höhenunterschied von knapp 4 m an der Wehranlage kommt eine Kombination aus insgesamt drei modifizierten Denilpässen und zwei Ruhebecken sowie einem technischen Umgehungsgerinne zum Einsatz. „Obwohl ich anfangs skeptisch war, kann ich, da ich das Monitoring begleitet habe, bestätigen, dass das System in der Praxis sehr gut funktioniert. Trotz des äußerst bescheidenen Fischbestandes im Unterwasser wurden bis zu 22 Fische täglich gezählt. Auch ein größeres Hochwasser hat der Denilpass problemlos überstanden. Das finale Einstellen der idealen Durchflussmenge findet in enger Abstimmung mit dem eco²-Denilpass Entwickler Georg Seidl über einen längeren Zeitraum statt“, sagt Mario de Monte. DOTIERTURBINE SCHAFFT 25 KW Um die Erzeugungsverluste des Kraftwerks durch die vervielfachte Restwasserabgabe in Grenzen zu halten, wurde an der Wehranlage

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Mario de Monte und sein Vater Karl Günther beim zek HYDRO Lokalaugenschein im oberen Feistritztal.

eine zusätzliche kompakte Turbine installiert. Dabei handelt es sich um eine einfach regulierte Kaplan-Turbine mit direkt gekoppeltem Synchron-Generator in Bulb-Bauweise eines französischen Herstellers. Das komplett überströmte vertikalachsige Maschinengespann nutzt eine Ausbauwassermenge von 1.050 l/s und eine Bruttofallhöhe von 3,85 m und erreicht somit eine Engpassleistung von 27 kW. Das gesamte elektround leittechnische Equipment, das in einem

kompakten Schaltschrank untergebracht ist, stammt ebenfalls vom Turbinenbauer. Über ein Touchpanel an der Schaltschrankfront werden die zentralen Daten der Anlage dargestellt. BETREIBER ZUVERSICHTLICH Noch vor dem vergangenen Jahreswechsel konnten der modifizierte eco²-Denilpass und die neue Restwasserturbine erstmals in Betrieb genommen werden. Die abschlie-

ßenden Restarbeiten wurden im heurigen Frühjahr erledigt. „Basierend auf den positiven Monitoring-Ergebnissen des Fischaufstiegs bin ich sehr zuversichtlich, dass die endgültige Kollaudierung der Anlage ohne Probleme über die Bühne gehen wird. Die Einbußen beim Hauptkraftwerk haben wir durch den Einbau der Restwasserturbine, die im Regeljahr ca. 180.000 kWh Strom erzeugen wird, zumindest etwas abgefedert“, so Mario de Monte.

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Schwerpunkt

RESTWASSER: DOTIERTURBINEN AN DER DONAU UND IN DEN ALPEN Die drehzahlgeregelten Propellerturbi­ nen der bayerischen DIVE Turbinen GmbH & Co. KG haben sich seit vielen Jahren als Alternative zu konventionel­ len Turbinen insbesondere zu Kaplan­ turbinen ­etabliert. Neben drehzahlvari­ ablen Turbinen bietet der Hersteller aus Unterfranken inzwischen auch dreh­ zahlfeste, einfach geregelte Turbinen an. Diese eigenen sich sehr gut für Rest­ wasseranwendungen mit konstantem Durchfluss. Zwei Fallstudien in den Al­ pen und an der Donau zeigen aktuelle Einsatzbereiche auf.

Die Turbine wird bereits im Werk in Amorbach fertig montiert und wird vor Ort als ganze Einheit eingehoben. Bereits während der Montage ist die Maschine vollkommen hochwassersicher.

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as Kraftwerk Öpfingen liegt ca. 30 Minuten südwestlich von Ulm in Baden-­Württemberg. Als Ausleitungskraftwerk mit 2,7 MW installierter Leistung versorgt es bereits seit 1923 die Gemeinden Öpfingen, Oberdischingen und Ulm mit Strom aus Wasserkraft. Mehr als 12 Mio. Kilowattstunden werden hier jährlich produziert. Das Mutterbett der Donau wird unterhalb des Wehrs mit einer Restwassermenge beaufschlagt. Diese soll ab Herbst 2022 ebenfalls zur Stromerzeugung genutzt werden und eine zusätzliche Lockströmung am Einstieg des Fischpasses erzeugen. Da die Wassermenge konstant ist, kommt eine einfach geregelte Turbine zum Einsatz. Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm entschieden sich für eine drehzahlfeste DIVE-Turbine mit festen Laufradflügeln und verstellbarem Leitapparat. Ein ausschlaggebender Grund für die Wahl der DIVE-Turbine war, dass diese keinen Hochbau (Krafthaus) benötigt und sich somit unauffällig in die Landschaft integrieren lässt. Darüber hinaus wurde nach einer Lösung gesucht, welche keinen störenden Lärm verursacht, was bei der überspülten DIVE-Turbine garantiert ist: Der Generator befindet sich direkt oberhalb der Turbine im Triebwasser. Ein patentiertes Dichtsystem ermöglicht die dauerhafte, verschleißfreie Dichtigkeit des Systems. Somit ist die DIVE-Turbine auch eine dauerhaft hochwassersichere Lösung. Weiterhin bietet das feste Laufrad den Vorteil, dass keinerlei Schmiermittel (Öl/Fett) von der Turbine in den Fischpass gelangen können. Die Turbine verfügt über fünf fest mit der Nabe verbundene Schaufeln und wird mit konstanter

Drehzahl direkt am Netz betrieben. So erreicht sie maximale Wirkungsgrade bei konstanter Wassermenge. Mit 130 kW installierter Leistung wird die neue, im Juli eingebaute Turbine ca. 1 Mio. kWh/a produzieren und ca. 275 Haushalte mit regenerativer Energie versorgen. Das entspricht 25 Prozent der Öpfinger Haushalte. 400 Ton-

nen CO2 lassen sich so jährlich einsparen. Die gesamte Einheit wurde im Werk der DIVE Turbinen GmbH & Co. KG vormontiert, getestet und war innerhalb weniger Stunden vor Ort installiert. Die vormontierte Einheit aus Generator und Turbine stellt geringe Anforderungen an die Bauwerkstoleranzen vor Ort. Auch bei einem überra-

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Schwerpunkt schenden Hochwasserereignis während der Montagephase besteht keine Gefahr für die Turbinen-Generator-Einheit, da diese das Werk vollständig abgedichtet verlässt. Die Inbetriebnahme des Restwasserkraftwerks Öpfingen ist ab September 2022 geplant. ALPENREGION: DOTIERTURBINE MIT DRUCKKAMMER Bereits seit 2011 ist das Kraftwerk Bruckhäusl an der Brixentaler Ache mit einer ­DIVE-Dotierturbine am Netz. Das Kraftwerk mit ursprünglich zwei Turbinen wurde nach 100-jähriger Betriebszeit generalüberholt, ökologisch komplett saniert und mit einer zusätzlichen Dotierturbine ausgestattet. Hier konnte die damals erst neu entwickelte DIVE-Turbine die Auftraggeber technisch überzeugen: Bei einer Fallhöhe von 9,20 m kam eine Turbine mit 1,15 m Laufraddurchmesser und 360 kW installierter Leistung zum Einsatz. In Kooperation mit dem Kunden und dem IHS der Universität Stuttgart wurden Turbinenkammer und die Turbine selbst hydraulisch optimiert, denn die Einbauverhältnisse waren sehr anspruchsvoll. Turbine und Generator befinden sich in einer betonierten, unterirdischen Druckkammer, über der sich heute ein Parkplatz befindet. Auch Wirkungsgradmessungen durch den Betreiber bestätigten die versprochenen Wirkungsgrade und damit auch das Vertrauen des Betreibers in die damals erst neu entwickelte Technologie der DIVE-Turbine. Ähnliche Projekte wurden in der Zwischenzeit auch mit Druckkammern aus Stahl erfolgreich realisiert. Da die DIVE-Turbine über ein wartungsfreies Dichtsystem verfügt, lässt sich der Betrieb in der Druckkammer mit minimalem Risiko realisieren. FISCHVERTRÄGLICHKEIT ALS ENTSCHEIDENDES KRITERIUM In der Anwendung als Dotierturbine rückt wie in allen Niedergefälleanwendungen das Thema Fischverträglichkeit in den Fokus. Hier bietet die DIVE-Turbine aufgrund ihres Aufbaus mit festen Schaufeln und dem drehzahlvariablen Betrieb handfeste Vorzüge: Die festen Schaufeln garantieren eine spaltfreie Ausführung und verhindern so ein Einklemmen von Lebewesen. Weiterhin sind die Drehzahlen um etwa ein Drittel niedriger als bei vergleichbaren Kaplanturbinen, was sich positiv auf das Kollisionsrisiko auswirkt. Drehzahlvariable DIVE-Turbinen bieten zusätzlichen Schutz in Teillast, da das Kollisionsrisiko mit sinkender Drehzahl abnimmt bei voll geöffneten Schaufeln.

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Turbineneinbau im Kraftwerk Bruckhäusl

Unter dem Deckel am Parkplatz beim KW Bruckhäusl befindet sich die Druckkammer der DIVE-Turbine.

DIVE-Dotierkraftwerk Rives G5, Frankreich: Auch hier spielte das Thema Fischverträglichkeit bei der Genehmigung eine Rolle. Die Turbine wurde mit drei statt fünf Schaufeln und mit verringerter Nenndrehzahl zur Minimierung des Kollisionsrisikos realisiert.

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Technik

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it VISION gestalten wir die Digitalisierung der Energiebranche aktiv mit. Die Plattform ist skalierbar und wird laufend um neue Features erweitert“, so Robert Slovacek, Geschäftsführer VERBUND Energy4Business. „Bereits mehrere hundert Unternehmen aus Deutschland, Frankreich und Österreich nutzen die Plattform, die voll und ganz den Marktanforderungen entspricht. VISION bietet alle wichtigen Services rund um das Thema Strom auf einen Klick.“ ECHTZEIT ALS WETTBEWERBSVORTEIL Die wachsende Einspeisung fluktuierender Energie aus Wind- bzw. Sonnenkraft bedingt

einen immer kurzfristigeren Stromhandel. Im Intraday-Handel wird Strom im Viertelstundentakt gehandelt – und macht Prognosen für die abzuwickelnden Handelsgeschäfte immer komplizierter. Mit zunehmender Dynamik am Energiemarkt gewinnt Digitalisierung und Aktualität immer mehr an Bedeutung. Mit VISION sind Kunden immer up to date. Egal ob es um Marktpreise, den Status von Orders, elektronische Rechnungsabwicklung oder die Verfügbarkeiten der eigenen Anlagen geht. Alles ist immer, überall und in Echtzeit verfügbar. Kommuniziert wird über ein zentrales Medium, für mobile User auch über Smart Devices wie Tablet oder Smart Phone.

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