Stroh zu Gold

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Bibliothek der Zeichenakademie; Glaslüster von J. & L. Lobmeyer in Wien, Vorlageblatt erschienen im J. Engelhorn Verlag Stuttgart, 1885 (rechts)

im Bildungssystem, Verwissenschaftlichung in allen Bereichen der Wissensvermittlung sowie der Kunst zu implementieren.1 Ausdruck dieser akademischen Denkweise wird sehr schnell die inhaltlich weit gefächerte Bibliothek der Zeichenakademie, deren heutiger wissenschaftlicher Nutzen den Intentionen der Gründerväter zu verdanken ist. Das gestalterische Schaffen früherer Dekaden und der letzten zwei Jahrhunderte zeichnete sich durch unterschiedliche Vorgehensweisen aus. Über das rein handwerklich fokussierte Gestalten hinaus versuchte man an der Zeichenakademie schon sehr früh, einen an umfassender Bildung orientierten Gestaltungsdiskurs zu entwickeln, 1 Windholz, Angela, Et in academia ego. Ausländische Akademien in Rom zwischen künstlerischer Standortbestimmung und nationaler Repräsentation (Diss.), Regensburg 2008. 96

der selbstverständlich immer den zeitgeschichtlich orientierten Einfluss berücksichtigte. Akademisch bedeutete schon früh für die ZA – unter diesem Akronym ist die Hanauer Goldschmiedeschule in der Schmuckszene seit langem bekannt – den Blick über den heimischen Feilnagel hinaus auf das gestalterische Geschehen anderer Länder und Epochen zu werfen. Das Archiv der Zeichenakademie umfasst daher auch zahlreiche Fachzeitschriften vor allem aus England und Frankreich im 19. Jahrhundert, sowohl aus den Bereichen der Schmuckund Geräteherstellung als auch der Architektur, Plastik, Malerei, Grafik, Möbelkunst und Kunsthandwerk. Akademisch bedeutete in früheren Zeiten aber auch die Auseinandersetzung mit Kunstwerken vergangener Epochen, so in der Zeit des Klassizismus und Historismus, wofür man einen schier unerschöpflichen Vorrat an Vorlagen beschaffte.


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