9 minute read

Wege aus der Krise gesucht Debatte über Test-Änderungen

Lockdown

Vor allem der Tourismus fürchtet steigende Infektionszahlen und Reisebeschränkungen. Das könnte das wichtige Wintergeschäft treffen.

Advertisement

Corona: Wege aus der Krise gesucht

Die Debatte über Änderungen bei den Tests – zugunsten des Tourismus – zeigt: Die Regierung kämpft um Auswege.

WIEN. Die zweite Corona-Welle droht die Wirtschaft erneut zu treffen. Vor allem der Tourismus zittert vor einem Winter mit Reisebeschränkungen. Gleichzeitig zeigen sich zunehmend die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns, gemischt mit einem Strukturwandel – Stichwort Klimawandel –, der durch die Coronakrise beschleunigt wird. Werksschließungen bei MAN, Mayr Melnhof und ATB verunsichern auch die Regierung.

Wirtschaftsforscher warnen

Neben der Politik haben zuletzt auch die Chefs der Wirtschaftsforschungseinrichtungen Wifo und IHS, Christoph Badelt und Martin Kocher, eindringlich an die Bevölkerung appelliert, zu einem Drosseln der CoronaInfektionszahlen beizutragen. „Verhaltet euch bitte so, dass sich die Infektionszahlen wieder einbremsen“, sagte Badelt bei der Prognosepräsentation. Das Infektionsgeschehen und die wirtschaftliche Dynamik seien direkt miteinander gekoppelt, erklärte auch Kocher. Ein erneuter Lockdown könnte laut Wifo dazu führen, dass die erwarteten BIP-Raten von heuer minus 6,8% und 2021 plus 4,4% um 2,5 bis 4,0 Prozentpunkte tiefer ausfallen.

Die Regierung bemüht sich deshalb, einen neuen Lockdown zu verhindern. Doch in ganz Europa wächst die Sorge. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, rechnet etwa ein zweites Mal mit großen Beschränkungen des Geschäftslebens in Deutschland. „Ich fürchte, wir werden einen zweiten Lockdown erleben. Nicht so rigoros, nicht so stark wie im ersten, aber er wird kommen“, sagte Fratzscher. Viele Unternehmen würden das nicht überstehen – auch, weil im Frühjahr Rücklagen aufgebraucht worden sind und sich Unternehmen verschuldeten, um die Kosten zu finanzieren. Wirtschaftsexperten fürchten eine Insolvenzwelle. Auch regionale Einschränkungen treffen Firmen hart, wie derzeit das Beispiel der Salzburger Gemeinde Kuchl zeigt, wo die verhängte Quarantäne Betriebe zu zeitlichen Schließungen zwingt.

Treffen wird das auch das Gesundheitssystem. Weil bei den Sozialversicherungen die Einnahmen sinken und auch der Bund mit niedrigeren Einnahmen rechnet, steigen die Lücken bei der Spitalsfinanzierung. Diese ist über Pauschalen an die Einnahmen von Bund und Kassen gekoppelt. Allein im Bundesbudget für 2021 werden deshalb rund 130 Mio. € weniger für die

••• Von Katrin Pfanner

Spitäler erwartet.

Verzweifelte Reformen

Die Regierung versichert, die Verluste bei Kassen und Spitalsträgern ausgleichen zu wollen. Und sie stemmt sich gegen die steigenden Infektionszahlen. Das jüngste Beispiel der vom Roten Kreuz vorgeschlagenen Änderungen der Teststrategie, um niedrigere Zahlen auszuweisen, zeigt aber die Verzweiflung.

© APA/Roland Schlager Auch Bundeskanzler Kurz appelliert erneut an die Eigenverantwortung.

Covid-Druck steigt

Die Medizinprodukte- und Medizintechnikbranche kämpft mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Die Reduktion von Operationen während des Lockdowns hat auch die Medizinprodukte-Branche getroffen.

© APA/AFP/Thomas Samson

••• Von Martin Rümmele

WIEN/BERLIN. Von Verbandszeug, über Röntgengeräte bis zum Implantat: Die deutsche Medizinprodukte- und Medizintechnikbranche hatte ein jahrelanges Wachstum hinter sich – bis die Coronakrise kam. Denn obwohl Produkte wie Schutzkleidung und Atemschutzmasken gefragt sind, ist die Branche insgesamt in Schwierigkeiten geraten, teilte der Bundesverband Medizintechnologie nun in Berlin mit. In Österreich ist die Situation ähnlich, wie Austromed-Geschäftsführer Philipp Lindinger bestätigt.

Gewinner und Verlierer

Nach einer Branchenumfrage in Deutschland rechnet gut jedes zweite von 118 befragten Mitgliedsunternehmen damit, dass die Geschäfte dieses Jahr schlechter laufen. Der Bundesverband Medizintechnologie erwartet für heuer ein Minus von 4,9%. „Unsere Unternehmen leiden vor allem unter der Verschiebung planbarer Operationen, unter weniger Arztbesuchen und damit auch weniger Verordnungen“, sagte Vorstandschef Meinrad Lugan. Lindinger sieht das für Österreich ähnlich: „Bereiche wie Corona-Tests, Schutzausrüstung oder auch Impfutensilien, die die Krise kreiert hat oder künftig gebraucht werden, wachsen. Für die Bereiche, die in Spitälern von Verschiebun-

Wenn Therapien und Diagnosen unterbleiben, kommen Patienten später mit schwereren Erkrankungen.

Philipp Lindinger

Austromed gen von Operationen betroffen waren, rechnen wir hingegen mit einem Minus von 30 bis 40 Prozent“, sagt er im medianetInterview. Dazu gehören etwa Medizinprodukte im cardiovasculären oder Endoprothetikbereich, die vom Lockdown betroffen waren. Die Reduktion von Diagnosen und Therapien macht Lindinger auch gesamtwirtschaftlich Sorgen: „Wenn das nicht gemacht wird, schlagen die Patienten später und mit schwereren Erkrankungen im System auf. Das wird dann auch gesamtwirtschaftlich zu Mehrkosten führen.“

Die Lieferfähigkeit der Branche sei hingegen wieder hergestellt, der Preisdruck nehme aber wieder zu. In Deutschland fordert die Branche digitale Bestandsplattformen für wichtige Produkte. „Für weniger als 20 Prozent relevanter Produkte ist ein Krisenlager oder eine KrisenProduktionskapazität erforderlich“, hieß es. Meist gebe es nur ein Verteilungsproblem.

UMFRAGE

Weniger Stress, mehr Sorgen

WIEN. Während der private wie berufliche Stress in der Coronakrise eher zurückgegangen ist, sind die Sorgen deutlich gewachsen. Diese Ergebnisse brachte eine repräsentative Allianz-Umfrage, die vom Market-Institut durchgeführt wurde. Alarmierend: 68% sind fallweise von psychischen oder mentalen Problemen betroffen.

Gesunder Lebensstil

54% der im August repräsentativ 1.000 befragten Personen gaben an, einen gesunden Lebensstil zu pflegen, nicht zu rauchen, wenig Alkohol zu trinken und auf ausreichend Schlaf zu achten. 72% der Menschen fühlen sich insgesamt gesund. „In erstaunliche Höhen“ sei während Corona aber das allgemeine Lebenswertgefühl gestiegen, „nicht zuletzt durch die teilweise entstandene Entschleunigung: 8,26 auf einer zehnstufigen Skala“, berichtete Christoph Marek, Vorstand der Allianz Österreich, bei einem Pressegespräch in Wien.

© Allianz

Corona-Analyse

Allianz-Vorstand Christoph Marek präsentierte Gesundheitsumfrage mit überraschenden Ergebnissen.

© APA/Andreas Westphal Ein Jahr nach dem Start des Rauchverbots in der Gastronomie ziehen Experten nun eine positive Bilanz.

Weniger Raucher

Am 1.11.2019 ist in Österreich das Rauchverbot in der Gastronomie in Kraft getreten. Lungenärzte zogen Bilanz.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Eine erste Bilanz nach knapp einem Jahr des Rauchverbots in der Gastronomie zeigt, dass das Passivrauchen von Gästen und Personal deutlich reduziert werden konnte, die Einhaltung des Rauchverbots vor allem in den Bundesländern aber zu wünschen übrig lässt. Manfred Neuberger vom ZentWIEN. Robert Pfaller, einer der wichtigsten zeitgenössischen deutschsprachigen Philosophen und Denker, wurde mit dem Paul-Watzlawick-Ehrenring der Ärztekammer für Wien ausgezeichnet. Die Überreichung erfolgte – coronabedingt – unter Ausschluss des Publikums im Rahmen einer virtuellen Wiener Vorlesung, die via Facebook live aus dem RadioKulturhaus überrum für Public Health der MedUni Wien wies im Rahmen der 44. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie darauf hin, dass die Jugendschutzgesetze in puncto Rauchen nur mangelhaft eingehalten werden, und kritisierte, dass in etlichen Bereichen – so auch bei der Verwendung von E-Zigarette, Shisha und anderen inhalierten Nikotinprodukten in tragen wurde, in Anwesenheit des Präsidenten der Ärztekammer für Wien, Thomas Szekeres, sowie der Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler. Internationale Beachtung fand Pfaller durch seine Studien über Interpassivität (2000); sie bezeichnet die Praxis, eigene Handlungen und Empfindungen an äußere Objekte, also Menschen oder Dinge, zu delegieren. (red) Lokalen – ausreichende Kontrollen noch fehlen. Immerhin hat es Österreich aber geschafft, nicht mehr Schlusslicht im EU-weiten Vergleich im Hinblick auf die sogenannte Tabakkontrolle zu sein. Erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1972 gab es einen Rückgang bei der Raucherquote der Frauen; bei den Männern wurde diese Entwicklung schon länger beobachtet. Verglichen mit der vergangenen Gesundheitsbefragung im Jahr 2014, rauchten 3% der Männer und 4,3% der Frauen weniger. Insgesamt rauchen 1,5 Mio. Menschen in Österreich, das sind 21% der Bevölkerung ab 15 Jahren, aber 228.000 Personen weniger als 2014. Im Vorjahr ist die Raucherquote in Österreich auf 24% bei den Männern und 18% bei den Frauen gesunken.

Kritik an E-Zigaretten

Sorgen machen den Lungenfachärzten E-Zigaretten und Tabakerhitzer. Diese würden nicht der Tabakentwöhnung dienen, sondern führen dazu, dass „Konsumenten, die sonst nie mit dem Tabakrauchen begonnen hätten, zu diesen neuen, gerade für Junge attraktiven Nikotinprodukten greifen und somit ihre Wahrscheinlichkeit verdreifachen, Tabakraucher zu werden“. Neuberger kritisch: „Der Siegeszug der E-Zigarette in Nordamerika hat die Industrie ermutigt, sie auch in Europa aggressiv zu bewerben und in manchen Ländern wie England schon gesellschaftsfähig zu machen. Auch in Österreich werden E-Zigaretten vermarktet, die in den USA bei der Verführung von Jugendlichen so erfolgreich waren, weil ihre Nikotinsalze den Blutspiegel von Nikotin besonders rasch

Ärzte prämieren Philosophen

Paul-Watzlawick-Ehrenring für Robert Pfaller.

und hoch ansteigen lassen.“

© Ärztekammer Wien/Stefan Seelig Die Wiener Ärztekammer zeichnet den Philosophen Robert Pfaller aus.

Mitglied werden! Der Branchenclub von Experten für Experten

- Branchenaustausch & Networking - Fachvorträge & Workshops - Weiterbildungsangebote im Bereich Digitalisierung - Marketing Gala & Staatspreis Marketing - Marketing Leader Award - Marketing Studien - Podcasts mit MarketingentscheiderInnen - Nachwuchsclub: Marketing High Potentials

www.marketingclub.at

Impf-Kampagne

Österreichs Kardiologen setzen auf Prävention und starten eine wissenschaftsbasierte Online-Plattform.

••• Von Katrin Pfanner

WIEN. Die diesjährige Jahrestagung der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft (ÖKG) Anfang November steht heuer unter dem Motto: „Präventive Herzmedizin – neu definiert. Rechtzeitig vorbeugen, erkennen und behandeln“. Das wurde am Donnerstag bei einer Pressekonferenz bekannt gegeben. Präsentiert wurde dabei WIEN. Bei der Influenza-Impfung könnte es in der beginnenden Grippesaison zu einer Impfstoffknappheit kommen. Die Impfbereitschaft ist „sehr groß“, hieß es am Mittwoch bei einer Pressekonferenz des Verbandes der Impfstoffhersteller (ÖVIH). Mit der Rekordmenge von 1,86 Mio. bestellten Dosen kann die Durchimpfungsrate jedenfalls von unter zehn auf auch die wissenschaftsbasierte Online-Plattform www.impfenschuetzt.at. Entwickelt wurde sie von der Healthcare D3 GmbH und Eipeldauer Consulting.

Impfung als Herz-Prävention

„Zur Prävention allgemein und zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen im Besonderen gehört auch der Impfschutz gegen Grippeviren und Pneumokokken. Deshalb haben wir mehr als 20% gesteigert werden. Die Ärztekammer forderte eine bessere Verteilung „zugunsten der wirklich Schutzbedürftigen“.

Suche nach Lösungen

„Wir wissen, dass es noch Impfstoffe gibt“, betonte ÖVIH-Präsidentin Renee Gallo-Daniel. An einigen Stellen seien jedoch keine mehr vorhanden. Auf Initiative des Gesundheitsministeriums uns als ÖKG in diesem schwierigen Jahr entschlossen, mit der Online-Plattform einen fundierten Beitrag zu leisten, um die Impfrate in Österreich zu erhöhen“, sagte ÖKG-Präsident Peter Siostrzonek vom Ordensklinikum Linz. Man wolle Herzpatienten und grundsätzlich allen, die sich unabhängige Information von Experten wünschen, in verständlicher Sprache Wissen über das Impfen vermitteln. wurde nun eine „Schnittstelle“ eingerichtet, wo Hersteller, Großhandel und der öffentliche Bereich verknüpft sind, um sicherzustellen, „dass es eine Umverteilung gibt“, sagte Maria Paulke-Korinek, die Leiterin der Abteilung für Impfwesen im Gesundheitsministerium. Sie verwies aber darauf, dass regionale Engpässe nicht bedeuten, dass es keinen Impfstoff mehr gibt. (red)

Plattform

Kardiologen präsentierten anlässlich ihrer Jahrestagung eine neue Präventionsinitiative mit Impfaufklärung.

„Wir Ärztinnen und Ärzte wollen nicht nur das leisten, was unter dem Begriff Reparaturmedizin bekannt geworden ist – medizinisch erst einzugreifen, wenn schon eine Erkrankung da ist. Prävention und Vorsorge sind wichtig, Routineuntersuchungen müssen gemacht werden. Unsere Ordinationen und Spitäler haben Sicherheitskonzepte entwickelt. Jeder Patient in Österreich kann sich darauf verlassen, umfassend versorgt zu werden“, betonte ÄrztekammerPräsident Thomas Szekeres.

Nachsorge wichtig

Prävention sei für die ÖKG ein besonders aktuelles und hochrelevantes Thema, erklärte Siostrzonek. „Kardiovaskuläre Erkrankungen gehören nicht nur zu den wesentlichen Todesursachen in Österreich, sie sind traurige Nummer eins – weit häufiger als Krebserkrankungen.“ Seit jeher beschäftige sich deshalb die Kardiologie mit Primärprävention, damit kardiovaskuläre Erkrankungen gar nicht erst auftreten. „Leider müssen wir uns aber auch oft mit der Sekundärprävention beschäftigen, damit ein Infarkt nicht durch Folgeerkrankungen noch prob-

Hohe Nachfrage nach Impfung als Problem

Ärzte und Experten fordern andere Verteilung von Grippe-Impfstoffen.

lematischer wird.“

© dpa/Oliver Soulas Die Verteilung von Grippe-Impfstoffen ist derzeit ein Problem.

This article is from: