Prolog Februar 2014 | Wiener Staatsoper

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DER MANN HINTER DER STIMME M

Michael Blees

an kennt seine Stimme. Man kennt sein Programm. Den Mann hinter Stimme und Programm kennen schon deutlich weniger. Michael Blees, Leiter der Ö1 Opernredaktion ist ein häufiger Gast in den heimischen Wohnzimmern, seine Sendungen werden von Fachleuten und Musikliebhabern ebenso geschätzt wie von Gelegenheitshörern. Wer also ist dieser Mann? Geboren im Saarland entdeckte er schon früh seine Liebe zur Oper, besuchte mit seinen Eltern das heimische Staatstheater, sein Debüt als Zuschauer feierte er mit einem Werk, das nicht unbedingt am Kanon der klassischen Einstiegsopern steht: Abesalom und Eteri von Sacharia Paliaschwili. Wie auch immer, er blieb dabei, studierte Musikwissenschaft, absolvierte ein Gastsemester in Wien, wo er „hängenblieb“ und seither, seit 28 Jahren, lebt. Der berufliche Weg führte ihn zum ORF, bei dem er als freier Mitarbeiter anfing, „mit ganz unterschiedlichen Sendungen“, wie Blees erzählt. „Eine davon war Guten Morgen Österreich, die ich weit über 1500mal gestaltet habe. Nach einiger Zeit landete ich in der Opernabteilung, die damals von Robert Werba geleitet wurde. Er vertraute mir wahnsinnig viele Dinge an, von CDProduktionen bis hin zu neuen Sendungsideen – ich durfte mich an vielen verschiedenen Projekten versuchen. Ja, und irgendwann stand fest, dass er in Pension gehen und ich sein Nachfolger werden würde.“ Zu seinen Aufgaben zählen, berichtet Blees, zum einen die Planung der Redaktion: Welche Sendungen gestaltet welcher Mitarbeiter? Zu welchem Thema? Dazu kommen interne Koordinationsaufgaben, Verhandlungen mit Veranstaltern, das Gestalten eigener Sendungen, die Zusammenarbeit mit Kollegen in der EBU, der European Broadcasting Union. Eine jener Sendungen, die er gestaltet, ist Das Wiener Staatsopernmagazin, das – unter wechselndem Namen – er seit 15 Jahren betreut und in dem aktuelle Ausschnitte aus dem Repertoire des Hauses wie auch Interviews mit Künstlern zu hören sind. „In der europäischen Radiolandschaft ist das etwas Einmaliges“, freut sich Blees. „Kulturjournale

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gibt es zwar überall, aber eine Musiksendung, in der so konsequent Rollen- und Hausdebüts vorgestellt werden, wird man in anderen Sendern kaum finden.“ Dass für jeden, der so viel Zeit mit und in der Oper verbringt, das Haus allmählich zur zweiten Heimat wird, ist eine alte Theaterweisheit. So auch für Michael Blees. „Natürlich wird einem die Wiener Oper nach so vielen Jahren vertraut“, lacht er. „Manchmal, wenn ich im Zuschauerraum sitze, denke ich mir: Aha, das wurde neu einstudiert, denn dieses oder jenes war zuletzt doch anders!“ Vor allem aber fühlt sich Blees mit den Künstlern verbunden, die er oftmals über Jahre begleitet. „Es ist eine schöne Entdeckungsreise: zu sehen, wie jemand sich entwickelt, in dem Haus groß wird. Ileana Tonca ist zum Beispiel ein solcher Fall. Ich durfte miterleben, wie sie von Rolle zu Rolle stieg und höchstes Niveau erreicht hat.“ Fühlt er sich in Wien auch seit langem absolut zuhause, so gibt es noch einen einzigen Punkt, der ihn von einem typischen Wiener maßgeblich unterscheidet: Er glaubt niemals, dass er ein besserer Operndirektor wäre, als der jeweils gerade amtierende. „Diese Operndirektor-Ambition habe ich überhaupt nicht!“, wehrt er bescheiden ab. „Denn man muss sich im Klaren sein, wie schwierig dieser Beruf ist. Man kann es nie allen Recht machen und es gibt so viele Faktoren, die auf eine Planung einwirken!“ Dass sein Kultur-Tag mit Verlassen des Funkhauses bzw. eines Opernhauses oder Konzertsaals nicht zu Ende sein muss, liegt bei Michael Blees auf der Hand. Denn daheim wartet eine beachtliche CDSammlung, die auch allerlei Raritäten bereithält. Faszinierend findet es der Radiomacher, „unterschiedliche Interpretationen bestimmter Opern zu vergleichen. Da kann es schon passieren, dass ich mir nacheinander dieselbe Arie in fünf oder sechs verschiedenen Aufnahmen anhöre – und meine Vergleiche anstelle …“ Oliver Láng


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