Prolog Dezember 2011 | Wiener Staatsoper

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Das Staatsopernorchester Hornist WOLFGANG TOMBÖCK dann für 30 Jahre auf das 1. Horn zu wechseln. Aus familiären Gründen ließ er sich dann freiwillig vor etwa anderthalb Jahren auf die weniger stressfördernde Stelle des 4. Hornes zurückstufen, um aber gelegentlich, wie bei dem jüngsten Philharmonikergastspiel in Japan, wieder „rückfällig“ werdend auf das 1. Hornes zurückzukehren. Dass er in diesem Orchester, das hier obligate weicher und satter klingende Wiener Horn und nicht das weitverbreitete Doppelhorn spielt, ist eine Selbstverständlichkeit. Dass er einigen der immer rarer werdenden Erzeugern dieses Instrumententypes zur Seite steht und bei der Weiterentwicklung des Wiener Hornes aktiv mithilft, vielleicht schon weniger. Was die Präferenzen des Opernrepertoires betrifft, so bevorzugt Wolfgang Tomböck Werke, die mit langen, getragenen Hornsoli aufwarten können, wie etwa I puritani oder L’italiana in Algeri, wo er sich zu hundert Prozent auf den musikalischen Vortrag konzentrieren kann und sich nicht mit technischen Spitzfindigkeiten aufhalten muss. Gemäß seinem Motto „Wer nicht offensiv bleibt und sich nur auf das Erhalten beschränkt, der hat bereits mit dem Abstieg begonnen“ hält er sich aber neben dem Orchesterspiel in der Oper und auf den Konzertpodien durch das Mitwirken in Kammermusikensembles technisch und musikalisch zusätzlich fit. Zuletzt war er etwa am 19. November als Mitglied des Wiener Kammerensembles in der Matineenreihe Kammermusik der Wiener Philharmoniker in der Wiener Staatsoper zu erleben. Und wenn er darüber hinaus auf junge Hornisten stößt, die mit gewissen technischen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, steht er diesen gerne unentgeltlich für einige Zeit als Privatlehrer zur Verfügung, um seine Erfahrungen weitergeben zu können. Ob ihn seine beiden kleinen Töchter, drei- und anderthalbjährig, später auch einmal als Lehrer in Anspruch nehmen und zum Horn greifen – zumal Wolfgang Tomböcks Ehefrau ebenfalls auf diesem Instrument zu Hause ist – steht noch in den Sternen. Die ersten Versuche waren aber schon vielversprechend ... Andreas Láng

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ie so mancher seiner Kollegen im Staatsopernorchester stammt auch der Hornist Wolfgang Tomböck aus einer weitverzweigten Musikerfamilie. Seitens der Mutter, die selbst als Pianistin tätig war, dominieren die Streicher – drei Onkel fanden als Geiger bzw. als Solobratschist den Weg zu den Wiener Philharmonikern, eine Violine spielende Tante kam zum ORF Radiosymphonieorchester. Väterlicherseits spielte man über mehrere Generationen hinweg Horn. Für den noch minderjährigen Wolfgang Tomböck wären daher beide Richtungen offen gestanden. Doch obwohl man für ihn schon das Violoncello ausgesucht hatte, trat auch er später in die Fußstapfen seines Großvaters und Vaters und entschied sich für das Horn. Und das geschah so: Wissend, dass er der Streicherabteilung zugesprochen werden sollte und mit seinem 11. Geburtstag zugleich der Beginn eines regulären Cellounterrichts festgesetzt worden war, kam der damals zehnjährige Wolfgang Tomböck den elterlichen Wünschen zuvor und nahm bei seinem Großvater im Geheimen regelmäßigen Hornunterricht, um seinen verdutzten Vater schließlich vor vollendete Tatsachen zu stellen. Nach anfänglichem Zögern akzeptierte dieser die Entscheidung seines Sohnes und unterstützte ihn von da an in seinen musikalischen Bestrebungen. Ja, mehr noch. Da Vater Tomböck, selbst Mitglied der Wiener Philharmoniker, wusste, dass in den in Frage kommenden Jahren nur eine einzige Hornstelle im Staatsopernorchester vakant werden würde, setzte er alles auf eine Karte: Wolfgang Tomböck wurde mit 15 aus der Schule genommen um sich ganz auf das Hornstudium konzentrieren zu können. Die Sache war zwar riskant, verlief aber ganz nach Plan: musikalisches Talent, viel Fleiß – dem damaligen täglichen fünfstündigen Üben und einem recht scharfen Mundstück verdankt Wolfgang Tomböck eine bis heute gebliebene Narbe auf der Oberlippe – sowie gute Nerven brachten dem 19-Jährigen schlussendlich den Sieg beim Probespiel und damit die ersehnte Stellung im Staatsopernorchester bzw. bei den Wiener Philharmonikern. Zwei Jahre bekleidete er die Position eines 3. Hornisten, um

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