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Der Saubermann

Compliance-Officer. Ab 2016 musste Robert Eichler in der OMV AG kontroversiellere Prüfungen durchführen. Ein Spagat.

Vita Robert Eichler Rechtsanwalt

Robert Eichler (49) war mehr als zehn Jahre Chief Compliance Officer, seit 2016 auch Leiter der Internen Revision der OMV AG, ehe er sich im Februar dieses Jahres mit einer eigenen Anwaltskanzlei (Eichler-Law) selbstständig gemacht hat. Dort arbeitet er mit Erwin Spitzer, einem langjährigen Korruptionsexperten, zusammen. Vor seiner Zeit bei der OMV AG war Eichler Partner bei der Anwaltskanzlei Wolf Theiss und bei der internationalen Sozietät Covington & Burling in New York tätig.

Vor kurzem hat sich Robert Eichler, der langjährige Compliance-Chef der OMV AG, mit einer eigenen Anwaltskanzlei selbstständig gemacht. Die Geschichte einer wechselhaften Konzernkarriere.

Die letzte Hauptversammlung der OMV AG brachte nicht nur für den ehemaligen CEO Rainer Seele die Entlastung, sondern auch für Robert Eichler, den langjährigen Compliance-Chef des Unternehmens. Denn auf dieser Aktionärsversammlung wurde ihm erstmals öffentlich mitgeteilt, dass die vom jetzigen Vorstandschef Alfred Stern veranlasste Sonderprüfung der Ära Seele keinerlei Beanstandung von Eichlers Arbeit zutage förderte. Nachdem ihm das Unternehmen, für das er mehr als zehn Jahre gearbeitet hat, über Monate hindurch auf mehrfache Bitten keine schriftliche Auskunft erteilte, musste Eichler den Weg über das Auskunftsrecht des Aktionärs gehen.

Ein unwürdiges Ende einer langen Konzernkarriere. 2011 wurde Eichler vom damaligen OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer ins Unternehmen geholt, um dort eine Compliance-Abteilung auf die Beine zu stellen. Bereits davor hat sich der Jurist, damals noch als externer Anwalt, im Konzern in Rumänien seine Sporen verdient. Die OMV Petrom wurde damals mit tausenden Klagen von Mitarbeitern und ehemaligen Mitarbeitern eingedeckt, die Forderungen aus deren Arbeitsverträgen geltend machten. Denn im Kommunismus gewährte man häufig Entlohnungen für alles Mögliche, die Dokumentation fehlte allerdings oft. Der Anwalt brachte damals Ordnung ins Chaos und legte letztlich viele dieser Streitigkeiten zur Zufriedenheit der Konzernspitze bei. Es folgte die Übersiedlung nach Wien, und eine eindrucksvolle Unternehmenskarriere begann. „Das war damals meine schönste Zeit bei der OMV, weil in der Zeit sehr viel Aufbauarbeit im Bereich Compliance und Governance geleistet wurde“, so Eichler zum Börsianer. Außerdem war CEO Ruttenstorfer im Unternehmen durch seine faktenbasierte und loyale Art gegenüber den Mitarbeitern bekannt.

Schlechte Stimmung ab Roiss

Die anfängliche Fünf-Mann-Abteilung wurde größer und größer, bald war Eichler für 20 Mitarbeiter zuständig. Die Abteilung war in erster Linie dafür verantwortlich, dass die OMV-Mitarbeiter die zahlreichen kartellrechtlichen, strafrechtlichen und kapitalmarktrechtlichen Regeln einhielten. Mit den Jahren änderte sich aber die Arbeit des obersten Konzern-Saubermanns. „Ab 2016 wurden immer öfter kontroversielle Prüfungen im Unternehmen vorgenommen“, berichtet Eichler, sprich seine Abteilung musste immer häufiger investigativ gegen die eigenen OMV-Mitarbeiter vorgehen. „Da berührt man natürlich auch die persönlichen Interessen mancher Mitarbeiter, auch wenn dies im gesetzlichen Rahmen erfolgt.“ Damit macht man sich nicht unbedingt sehr beliebt.

Bereits unter Gerhard Roiss als Chef der OMV AG sei die Stimmung im Haus schlechter geworden. Das Match lautete oft Upstream gegen Downstream und umgekehrt. Und auch als Seele mit seiner sehr deutschen Art kam, sei es nicht besser geworden. „Die Funktion als Compliance-Chef ist schwierig, da man auch unangenehme Themen aufgreifen muss. Dadurch, dass ich zwei Berichtslinien hatte, an den CEO und an den Aufsichtsrat, ergaben sich häufig Spannungen, man sitzt mitunter zwischen zwei Stühlen“, so der Ex-OMV-Manager. Außerdem kam es immer öfter zu Kontroversen zwischen Management und Betriebsrat, und mittendrin war die Compliance-Abteilung von Eichler. So wurden auch immer öfter Unternehmensinterna an die Medien gespielt. Die Suche nach dem oder den Maulwürfen im Unternehmen beschäftigte Eichler und die Medien. „Problematisch ist, dass Interna an Medien gegeben werden, um Druck auf die Führung auszuüben. Wirklich verhindern kann man das nicht. Es ist eine immer gebräuchlichere Methode, um Unternehmenspolitik zu gestalten“, findet der Jurist.

Millionen-Bonus?

Einer breiten Öffentlichkeit wurde Eichler vor allem deshalb bekannt, weil er von Seele in einem Sideletter zusätzlich zu seinem recht üppigen Gehalt noch weitere kolportierte zwei Millionen Euro zugesprochen bekam. Dafür, so mutmaßten einige Medien, soll der inzwischen auch zum Leiter der Revision beförderte Manager einige von Seeles umstrittenen Sponsoringdeals oder Privatjetausflügen recht rasch als unbedenklich eingestuft haben. Eichler: „Der Sideletter war im Wesentlichen die Zusage des OMV-Sozialplans, die aber nur im Fall der Kündigung durch die OMV AG schlagend wurde, vor einer Versetzung hätte er nicht geschützt. Im Hinblick auf das Risiko, das mit jeder Revisionstätigkeit einhergeht, ist so eine Zusage gerechtfertigt, besondere Absicherungen der Audit-und-Compliance-Funktion sind auch üblich. Sozialpläne gibt es in der OMV AG seit Jahrzehnten.“

Schlussstrich von Stern

Jedenfalls hat der neue CEO Alfred Stern einen Schlussstrich unter die OMV-Karriere Eichlers gezogen. „Über die Gründe kann ich nur spekulieren. Mark Garrett hat bei der Hauptversammlung festgehalten, dass Internal Audit & Compliance die Aufgaben unter meiner Leitung professionell wahrnahm und die Audits objektiv, sorgfältig und unabhängig durchführte. Aber in dem Job muss man damit rechnen, dass die Tätigkeit endet, wenn es zum Wechsel im Vorstand kommt“, meint der Compliance-Mann pragmatisch. Dass es dann zu weiteren

Leaks über seinen Arbeitsvertrag kam, habe ihn aber doch gestört. Für Eichler war nach seinem – eher unerfreulichen – Abgang klar, dass er von nun an selbstständig arbeiten wollte. „Es gibt in Österreich kein mit der OMV vergleichbares Unternehmen. Jedes andere Unternehmen wäre ein Abstieg gewesen. Außerdem wollte ich nicht weiter in einem Angestelltenverhältnis tätig sein. Ich schätze die Freiheit des Anwaltsberufs“, begründet er seine Entscheidung, eine Anwaltskanzlei zu gründen.

Starke Compliance-Welle

Und dabei kommt ihm seine Erfahrung als Compliance-Manager zugute. „Im Grunde mache ich die Themen weiter, die ich auch schon bei der OMV betreut habe“, sagt der 49-Jährige. Ein paar Monate ist Eichler-Law jetzt am Markt. Die Kanzlei zählt bereits vier Manager zu ih- ren Mandanten, die von internen Untersuchungen betroffen sind. „Von ihnen wird offenbar geschätzt, dass ich die Dynamiken in einem Unternehmen gut verstehe“, glaubt Eichler. Dass der Bereich Compliance ein stark wachsender ist, daran besteht für den Jungunternehmer kein Zweifel: „Die Welle wird sich eher noch verstärken, weil durch das neue Hinweisgeberschutzgesetz auch kleinere Unternehmen betroffen sein werden.“ Man kann also davon ausgehen, dass Eichler auch in seiner Zeit nach der OMV nicht langweilig wird.

Ganz gekappt hat er die Fäden zu seinem ehemaligen Arbeitgeber aber ohnehin nicht, denn er will weiterhin Aktionär bleiben: „Die OMV-Aktie ist ja auch ein toller Dividendentitel. Ich habe sogar kürzlich OMV-Aktien zugekauft und glaube an das Unternehmen und seine Mitarbeiter.“ n

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