ThunMagazin 06/19

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MENSCHEN

«Wir sind keine Helden» Seit 2015 sind der Zivilschutz und die Feuerwehr in der Organisation Schutz und Rettung Thun vereint. Oberster Chef ist Kommandant Roland Gfeller. Ein Gespräch über Heldentum, Feuerwehrfrauen und Bilder, die ihm nie mehr aus dem Kopf gehen. Wollten Sie schon als kleiner Junge Feuerwehrmann werden? Nein. Ich hatte keine Beziehung zur Feuerwehr. Als ich mit 20 Jahren in eine neue Gemeinde zog, wollte ich mich integrieren und engagieren. Also ging ich zur Feuerwehr – und blieb. Bei Schutz und Rettung sind die Feuerwehr und der Zivilschutz seit 2015 in einer Organisation zusammengefasst. Was ist der Vorteil davon? Dass man sich in Querschnittfunktionen, Logistik und Administration, ergänzen kann. Mit denselben Ressourcen können wir so mehr Leistung erzeugen. Es können Synergien genutzt und Kosten gespart werden. Thun ist die grösste Stadt der Schweiz, die mit einer Milizfeuerwehr funktioniert. Warum keine Berufsfeuerwehr? Rein von der Einwohnerzahl her ist die Frage berechtigt. Aber wenn man das Risiko- oder Einsatzpotenzial betrachtet, ist Thun vergleichbar mit kleineren Städten. Das liegt daran, dass wir etwa 6

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im Vergleich zu Biel nicht viel Grossindustrie haben, eine viel homogenere Bevölkerungsstruktur aufweisen und auch kein riesiger Verkehrsknotenpunkt sind. Wir haben knapp 300 Einsätze pro Jahr, Biel 500 – 600.

Oberland erfüllen. Personenrettung bei Unfällen, im Verkehr oder auch bei der Arbeit. Und natürlich die Brandbekämpfung oder technische Einsätze. Aber wir retten auch Katzen von Bäumen.

Kommt Ihre Milizfeuerwehr nie an Grenzen? Sie bewährt sich. Die 300 Einsätze können wir problemlos bewältigen. Herausforderungen ergeben sich in der Administration, der Sicherstellung von Kompetenzen und Organisation von Übungen. Hier schaffen wir die nötigen Rahmenbedingungen und fokussieren uns auf das Wesentliche. Auf gewisse Aufgaben verzichten wir. So kümmern wir uns nicht um Insekten und im Bereich Höhenrettung arbeiten wir mit Partnern.

Was braucht es, um bei der Feuerwehr arbeiten zu können? Wir haben relativ viele Anfragen und nehmen nicht alle auf. Grundsätzlich braucht es aber keine übermässigen Fähigkeiten. Ein wichtiges Kriterium ist Verfügbarkeit. Uns nützen die Leute nicht viel, wenn sie in Zürich arbeiten oder abends oft weg sind. Weitere wichtige Kriterien sind Belastbarkeit, Teamfähigkeit. Man sieht nicht nur schöne Bilder. Eine weitere Belastung ist das Ausrücken mitten in der Nacht. Damit muss man umgehen können. Deshalb machen wir immer ein Probejahr.

Was macht eigentlich eine Feuerwehr alles? Grundsätzlich kommen wir immer dann zum Zug, wenn eine Notlage besteht und man nicht weiss, wer sonst helfen könnte. Chemiewehr ist eine wichtige Aufgabe, die wir im ganzen

Im Thuner Corps gibt es drei Frauen. Warum ist die Feuerwehr noch immer eine Männerdomäne? Das ist sicher historisch bedingt und hat auch damit zu tun, dass es eine körperlich sehr anstrengende Arbeit ist. Daher ist vermut-


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