Hotelier 03/22 (Komplett)

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SCHÖN & GUT HILMAR BIT TET ZU TISCH

Bierselig träumerisch oder redselig weinwitzig

W

Hilmar Gernet

as kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch? Das sind vier elementare Fragen, die uns der grosse deutsche Philosoph der Aufklärung, Immanuel Kant (1724–1804) hinterlassen hat. Seine vier Fragen waren zugleich die Basis für eines der bis heute wirkmächtigsten philosophischen Programme. Wenn wir die Sache bedenken, so sind diese Fragen weiterhin aktuell und auch wichtig. Wo liessen sich bessere Antworten auf diese Fragen finden als zu Tisch? Bei einer inspirierenden und amüsierenden Tischgesellschaft. Nicht beim «Fressen», wie Bertold Brecht schrieb. Is(s)t der Mensch alleine und zehrt bei einsamen Mahlzeiten an sich, verliert er seine Munterkeit. An Munterkeit gewinne er, so Immanuel Kant, «wenn ein Tischgenosse ihm durch seine abwechselnden ­Einfälle neuen Stoff zur Belebung darbietet». Für den Philo­sophen ist das einsame Mahl, das in eine Art «einsame Schwelgerei» ausufert, eine «Selbstbetäubung durch Geniessmittel, kurz Versoffenheit und Gefrässigkeit». Wer sich der Gefrässigkeit hingebe, folgerte Kant ­weiter, nähere sich «dem Vieh» an. Der Alkoholisierte dagegen geniesse den Vorzug, «einem tätigen Spiel ­seiner Vorstellungen ausgesetzt zu sein».

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Noch schlimmer als Masslosigkeit bei Fresserei oder Sauferei ist für Kant die Sprachlosigkeit, wenn jemand besoffen ist. «Alle stumme Berauschung, welche die Geselligkeit und wechselseitige Gedankenmitteilung nicht belebt, hat etwas Schädliches an sich.» Kant stellte eine kleine Liste von Wirkungen beim Genuss von Rauschmitteln zusammen. Besonders beschrieben hat er deren Wirkung zur Beförderung der Sprachlosigkeit. Während Opium und Schnaps sich nicht zur «Unterhaltsamkeit im gesellschaftlichen Trinken» eignen, dienten Bier und Wein der «geselligen Berauschung». Er belässt es nicht bei dieser einfachen Unterscheidung, sondern differenziert weiter: «Wobei die ­Trinkgelage mit dem Bierseligen mehr träumerisch verschlossen, oft auch ungeschliffen, die mit dem Weintrinker aber fröhlich, laut und mit Witz redselig sind.» – Prost und zum Wohl.


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